Gibts große Forellen nur in großen Flüssen? Nein, gerade Mini-Bäche und Gräben -beherbergen die Generation 45 plus. Martin Wehrle verrät seine Tricks.
(Fotos von M. Wehrle und S.Perez)
Ist es schwierig, große Forellen in kleinen Bächen aufzuspüren? Nein, einfach ist es! Suchen Sie nach den tiefsten Stellen dort stehen (fast) immer die kapitalsten Forellen. Meine besten Fische habe ich gefangen in ausgeschwemmten Kurven, unter engen Brücken, in den Rinnen kleiner Zuläufe, ober- oder unterhalb von Wehren und an Stellen, wo umgefallene Bäume oder Treibholz das Wasser gestaut haben.
Solche Plätze ragen aus dem Flachwasser wie ein 8000er Gipfel aus den Alpen. Deshalb sind sie leicht zu finden für mich, aber auch für andere Angler. Und ein zweiter Faktor spielt bei der Platzwahl mit: Wie weit liegt die Stelle vom nächsten Parkplatz entfernt? An überlaufenen tiefen Stellen wächst im Kleingewässer erst gar keine große Forelle heran. Oder die Fische sind stark beangelt und äußerst misstrauisch. Kleingewässer belohnen Einsatzfreude. Meine besten Bachforellen habe ich mir durch lange Fußmärsche, durch Klettermanöver oder durch unfreiwillig intensive Bekanntschaft mit Brombeersträuchern erarbeiten müssen. Dort, wo das Wasser in kleinen Bächen tief ist, aber selten geangelt wird dort sind die Chancen auf eine große Forelle am besten.Platz-Spionage
Einen meiner schönsten Fische habe ich im Oberlauf eines Vereinsbaches abgeholt. Dieser Abschnitt ist so flach und so schmal, dass es sich nicht zu lohnen scheint, ihn zu beangeln. Doch im Frühjahr, vor Beginn der Saison, bin ich als Platz-Spion die komplette Vereinsstrecke abgelaufen und habe, knapp zwei Kilometer vom Parkplatz entfernt, eine spannende Gumpe entdeckt. Sie hatte sich unterhalb eines Baumes gebildet, der ins Wasser gestürzt war. Zu Beginn der Saison schlich ich mich an diese Stelle heran, tief geduckt, in kleinen, vorsichtigen Schritten. Meinen sinkenden Mini-Wobbler ließ ich mit einem Pendel-Wurf auf den Baum zufliegen und stoppte ihn kurz vorher ab. Der Köder tauchte mit einem leisen Ploppen ins tiefe Stauwasser. Kaum hatte ich die Kurbel eine halbe Umdrehung bewegt, war die Rute auch schon krumm. Nur mit Mühe gelang es mir, den Fisch an der Flucht in den Baum zu hindern. Schließlich lag eine fette 54er Bachforelle vor mir im Gras.
Daraus folgt eine weitere Lehre: Gehen Sie (scheinbar) unattraktive Flussstrecken, an denen kaum jemand angelt, mindestens einmal pro Jahr ab. Denn kleine Gewässer verändern sich schneller als große. Es reicht, dass ein Baum umfällt, ein Uferstein ins Wasser rutscht oder ein frisch gereinigter Seitengraben mehr Wasser als sonst in die Strecke trägt und schon entstehen tiefe Standplätze im Ödland.Auf leisen Sohlen
Aber braucht es nicht Jahre, bis an einer solchen Stelle eine große Forelle abgewachsen ist? Nein, meist sind die großen Forellen schon nach ein paar Wochen dort. Als Zeuge einiger Elektrofischen in Kleinstgewässern weiß ich: Auch in flachen, unattraktiven Bachabschnitten halten sich ein paar richtig große Forellen auf. Allerdings verstecken sie sich unter den Ufern und sind mit der Angel kaum zu fangen. Doch wenn sich in ihrer Reichweite eine tiefe Gumpe angestaut hat, dauert es nicht lange, bis sich die dicken Forellen dort einstellen. Dann werden sie fangbar. Ein zweiter Faktor kommt hinzu: In diesen flachen, dünn besiedelten Bachstrecken herrscht kaum Nahrungskonkurrenz. Die Forellen wachsen ausgesprochen schnell ab, zumal es oft vor lauter Kleinfischen und Insekten wimmelt.
Ganz wichtig auf flachen Bachstrecken: Die Fische dürfen Sie erst dann bemerken, wenn sie am Haken hängen. Nähern Sie sich den Forellen auf leisen Sohlen. Ducken Sie sich, achten Sie darauf, dass Ihr Schatten nicht aufs Wasser fällt. Und werfen Sie Ihren Köder, wenn möglich, nicht direkt am vermuteten Standplatz ein, sondern immer ein Stück über die Fische hinweg.Gefragte Kleinkunst
Was die Köder angeht, so werden Sie an Mini-Gewässern mit Kleinkunst am erfolgreichsten sein. Vor allem Spinner der Größen 0 bis 2 und Wobbler, die nicht länger als ein kleiner Finger sind, haben sich im flachen Wasser bewährt passend zur kleinen Beute, die Forellen hier überwiegend schlagen.
Solche Mini-Köder gleiten beim Einwurf unauffälliger ins Wasser und werden aufgrund des engen Raumes genauso gut wie große Köder wahrgenommen. Eine fängige Alternative ist der Streamer, den ich auch gerne an der Spinnrute mit einem vorgeschalteten Bleischrot anbiete. Vor allem auf weiße Marabu-Streamer habe ich schon prächtige Forellen in Mini-Bächen gefangen. Der beschwerte Streamer hat den Vorteil, dass man ihn in tieferen Gumpen längere Zeit spielen lassen kann. Gerade in kleinen Bächen verteidigen die Forellen ihr Revier, sodass manchmal zwar ein Durchreisender, niemals aber ein Eindringling geduldet wird. Oft habe ich die entscheidenden Bisse erst nach minutenlangem Zupfen am Grund einer Gumpe bekommen. Das Fischen mit der Fliegenrute hat den Vorteil, dass man durch geschicktes Mengen der Schwimmschnur den Köder auch an der Kante des Ufers gegenüber exakt entlangführen kann. Vor allem in ausgeschwemmten Kurven sind immer große Forellen zu erwarten. Allerdings hat der Streamer auch einen Nachteil: Die Zahl der Fische, die im Drill aussteigt, ist deutlich höher als bei Spinnern oder Wobblern.Nicht zu dünn
Das Angeln mit Naturködern ist eine sinnvolle Ergänzung (wo erlaubt). Gerade wenn es in der Bachstrecke einzelne Wehre gibt, wo das Wasser stark beschleunigt. Oft stehen die Forellen direkt hinter der Wehrstufe. Dort sind sie mit Kunstködern kaum zu erreichen. Meine Lieblingsmethode ist dann ein Wurmbündel, dem ich ein oder zwei Bleischrote vorschalte. Diese Bündel lasse ich direkt über die Wehrstufe gleiten und spüre dann in der feinen Rute, wie es am Boden herumgewirbelt wird. Oft folgen energische Bisse. Ein schneller Anhieb sorgt dafür, dass der Haken weit vorne sitzt.
Manchmal höre ich die Meinung: Je kleiner ein Bach, desto dünner darf die Schnur sein. Das Gegenteil ist wahr! In größeren Flüssen bleibt mehr Spielraum für den Drill, man kann eine Forelle auch mal abziehen lassen. In Mini-Bächen dagegen ist das nächste Hindernis, in das sich ein Fisch verkrümeln könnte, oft nur Zentimeter entfernt. Gerade bei großen Forellen kommt es zu einem Drill auf Biegen, dem ich das Brechen nicht unbedingt hinzufügen möchte. Ich verwende mindestens 0,25er Mono-Schnur oder 0,12er Geflecht. Damit lassen sich auch Forellen der 50-Zentimeter-Klasse bändigen. Ich beginne den Drill hart, hole den Fisch vom Hindernis weg und lasse ihn dann ein wenig toben aber nicht lang, denn der Weg zum Kescher ist im Mini-Bach immer kurz!5 Tipps für Rinnsale:
1. Am Morgen Bevorzugen Sie die Morgen- und die Abenddämmerung. Dann wagen sich die Forellen auch in kleinen Gewässern aus der Deckung. 2. Tiefe Stellen Suche Sie nach tiefen Stellen, die weit vom Parkplatz entfernt liegen und deshalb selten beangelt werden dort lauern große Forellen. 3. Vorsicht! Bewegen Sie sich äußerst vorsichtig am Wasser. Gerade auf Strecken, wo sonst kaum Angler sind, reagieren die Fische scheu. 4. Nicht zu dünn Fischen Sie nicht mit allzu dünnem Gerät. Gut möglich, dass Sie einen großen Fisch auf engem Raum drillen und von einem Hindernis abhalten müssen. 5. Wiederholung Kehren Sie an Erfolgsplätze immer wieder zurück. Neue Großforellen werden sich nach einigen Wochen oder spätestens Monaten einstellen.