Die Rutenspitze zittert kurz, der Bissanzeiger piept ein- bis zweimal. in der Schnur entsteht ein gleichmäßiger Zug. Kaum ist der Freilauf der Rolle abgeschaltet, warte ich auf Widerstand, während die Rute gerade zum Fisch weist. erst als die Schnur recht straff gespannt ist, hebe ich die Rute allmählich an – der Haken sitzt, schwere Rucke durchfahren die gekrümmte Rute. Die leuchtend rote Schnur weist mir den Weg zum Fisch. Sekundenbruch- teile später schraubt sich ein Urian aus dem Wasser. Der ganzen Länge nach steht der Beluga schüttelnd in der Luft, um lautstark wieder in sein Element einzutauchen – was für ein gewaltiger Anblick! in der Luft er- innert mich dieser Fisch an Weiße Haie, die sich bei der Robbenjagd hoch aus dem Wasser schleudern …
„Vater“ dieser Fische ist Robert Raduta. Vor mehr als zehn Jahren hat er mir ein- mal einen Donauhausen gezeigt, den Berufsfischer im Donaudelta erwischt haben – 136 Kilo hat das Vieh gewogen und dennoch war sein Fänger unglücklich: Nun hat er schon eines der letzten Tiere dieser Art erwischt und dann entpuppt es sich als Milchner. Kein Kaviar! Der Kaviar des Beluga gilt als der Beste der Welt, doch leider ist er auch der seltenste – und damit der teuerste. Überfischung, Verschmutzung und Gewässerverbauung haben dem Beluga den Garaus bereitet.
10.000 Euro für ein Kilo Kaviar
Die letzten nennenswerten Bestände haben sich im Kaspischen Meer bis in die Mitte der 90er Jahre behauptet, doch das waren die letzten Generationen, die noch in den 60er und 70er Jahren aus dem Ei geschlüpft sind, zu einer Zeit, in der diese Kolosse noch ihre Laichgründe in der Wolga und im Ural erreichen konnten. Danach haben Wasserkraftwerke ihnen den Zugang verbaut und ab 1996 wurde so gut wie kein Stör mehr gesehen. Die ganz wenigen letzten Belugas leben scheinbar vor der iranischen Küste, doch sind sie so selten, dass ihr Kaviar bei uns für 5.000 bis 10.000 Euro das Kilo gehandelt wird. Kein Wunder, dass der Beluga von einigen Fachleuten als der „Milliarden-Euro-Fisch“ bezeichnet wird.
Langes Warten bis zur Ernte
Und dann kommt Robert. Fast über Nacht beschließt er, Störzüchter zu werden und so den Genpool der letzten Donaustöre zu erhalten. Seine Zucht produziert nicht nur Belugas, nein, er züchtet alle Donaustörarten nach. Sein wichtigster Kunde ist der rumänische Staat, der mit EU-Subventionen die Jungstöre aufkauft, um sie in den Unterlauf der Donau zu setzen. Nur so kann Robert seine Störzucht auf den Beinen halten, denn gerade was die Donauhausen betrifft, so ist deren Nachzucht aus kaufmännischer Sicht ein geradezu irrwitziges Unterfangen, denn es dauert 15 bis 18 Jahre bis die Rogner Eier ansetzen. Eine lange Zeit, um auf die Ernte zu warten.
Lang schon deshalb, weil es sehr kostenintensiv ist, die immer größeren und hungrigeren Hausen satt zu bekommen. Robert hat vorausschauend gedacht und einen 45 Hektar großen See mit Belugas besetzt, wo nun bereits Tiere von über 150 Kilo herumschwimmen – auch wenn das Gros der Fische bei 30 bis 50 Kilo liegt. Angler dürfen diese lebenden Fossilien – immerhin sind die Hausen 200 Millionen Jahre alt – nun nachstellen, sodass die Störe noch vor der ersten Kaviarernte ein wenig Ertrag bringen und so zu ihrer Zucht und ihrem Überleben beitragen.
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Der Beluga ist der größte Süßwasserfisch der Welt
Belugas bzw. Donauhausen gelten mittlerweile als die größten Süßwasserfische der Welt. Sie sind mit einer Lebenserwartung von über 100 Jahren sehr langlebig und haben das Potenzial, zwei Tonnen schwer zu werden. Lange Zeit galten sie nicht als reine Süßwasserfische, da sie anadrom leben. Sie laichen im Süßwasser, wachsen aber nach kurzer Kinderstube im Süßwasser im Meer heran. Mittlerweile haben rumänische Wissenschaftler jedoch Belugabestände in der Donau gefunden, die dort ihr ganzes Leben verbringen, weshalb diese Tiere heute als Süßwasserfische gelten.
Problematisch beim Angeln auf Donauhausen ist, dass jeder einzelne dieser Fische viele tausend Euro wert ist. Die Störfischerei an Roberts See kann nur dann nachhaltig funktionieren, wenn so gut wie kein Stör durch das Beangeln den Tod findet. Und genau das war meine Aufgabe – eine Angeltechnik zu finden, mit der die Angler erfolgreich sind, die aber die Fische maximal schont. Und das hat mit „Circle Hooks“ (Kreishaken) sehr gut funktioniert. Diese Haken sind nicht dem Geiste eines Sportanglers entsprungen. Es war eine Idee von Berufsfischern, die in tropischen Meeren mit Langleinen ihrem Handwerk nachgehen. Langleinen können 200 Kilometer lang sein, alle paar Meter hängt ein mit Naturköder bestückter Haken. Inhaliert ein Marlin oder Thun diesen Haken zu tief, so geht er ein und ist, wenn er am Fangboot angelangt, bereits keine frische Handelsware mehr.
Kreishaken können nicht im Schlund, sondern nur um einen Winkel herum greifen – etwa im Maulwinkeln bzw. im Unterkiefer. Die dort entstehenden Verletzungen sind minimal und keineswegs letal. Nun können die Langleinenfischer ihre Beute lebend und in Top-Qualität anlanden. Deshalb bin ich mit Kreishaken nach Rumänien gereist. Wahrscheinlich sind meine Kreishaken die ersten, die in diesem Land zum Einsatz gekommen sind. Und ganz erwartungsgemäß haben sie ihren Sinn und Zweck erfüllt: Auf 50 in einer Woche gefangene Donauhausen schluckt kein einziger, stets hängen die Kreishaken im Maulwinkel bzw. in der Unterlippe.
Angeln auf Beluga: Nur keinen Anhieb setzen
Gewöhnungsbedürftig ist für uns Angler die Art, wie man Kreishaken optimal greifen lässt, denn ein klassischer Anhieb führt nur gelegentlich zu gehakten Fischen. Wichtig beim Angeln mit diesen eigenartigen Haken ist, nur ganz allmählich Druck aufzubauen und sich dabei einen Anhieb völlig zu verkneifen. Der geschluckte Köder wird so recht langsam aus dem Magensack bzw. Schlund gezogen, bis der Haken um die Unterlippe oder den Maulwinkel kippt, wo dann die scharfe Hakenspitze automatisch greift. In der Praxis hat das dazu geführt, dass drei meiner Fische bereits gesprungen sind, bevor ich die Rute überhaupt in Händen gehalten habe.
Was ist passiert? Um den Fischen ein optimales Inhalieren des Hakenköders zu ermöglichen, verwende ich überdurchschnittlich lange Vorfächer, die ich aber an einem festsitzenden Blei anbiete. Kaum hat der Fisch den Köder im Maulinneren, so schwimmt er leicht davon, wobei sich das Vorfach strafft und schließlich auf die Trägheit des Bleies trifft. Diese Trägheit sorgt dafür, dass die Hakenspitze greift, worauf der Fisch die Festbleimontage ziehen muss, sie dabei als Widerstand empfindet. Das wiederum provoziert das Springen der Belugas, die sich so des Hakens zu befreien versuchen – was aber letztlich nur dazu führt, dass die Hakenspitze tiefer in das Maulgewebe eindringt, gewöhnlich bis über den Widerhaken hinaus. Nach den ersten Fängen habe ich die Widerhaken meiner Kreishaken an den Schenkel gepresst, was in der Praxis die Rate der Aussteiger nur unwesentlich erhöht hat. Für die Fische ist das Angeln mit angedrücktem Widerhaken schonender, die Hakenwunde bleibt deutlich kleiner.
Mehr Fänge mit Naturködern
Wichtig ist auch, die Hakenkrümmung der Kreishaken frei zu lassen, da ansonsten das Kippen und Greifen des Hakens beeinträchtigt wird. Ideal funktioniert das, wenn man den Köder an einer Haarmontage befestigt. Als Köderfische habe ich kleine Brachsen verwendet, die ich einseitig filetiert habe, um sie dann mit Hilfe einer Ködernadel durch die Augen einzuschlaufen. Das hat sich als höchst praxistauglich erwiesen, denn so konnte ich mehrere Belugas mit ein- und derselben Brachse fangen. Dient nur das Filet als Köder, so reißt es spätestens bei den Sprüngen ab…
Belugas sind echte Raubfische – lebende und tote Fische ihre Nahrung. Sie lassen sich auch mit der Spinnrute fangen. Auffällig ist aber, dass sie eine große Vorliebe für Naturköder haben, scheinbar möchten ihre Barteln mit leckerem Fischgeruch betört werden, während die Augen der Hausen nur eine ganz untergeordnete Rolle spielen. Kunstköder bringen viel weniger Erfolg, können aber funktionieren.
Ich bin zuversichtlich, dass ich in Rumänien in absehbarer Zeit Hausen von über 500 Kilo erleben werde! Ein Gedanke, der auch mir vor ein paar Monaten noch verrückt erschienen wäre. Aber mit dem, was ich jetzt erleben durfte, ist dieser Gedanke alles andere als verrückt – alle gefangenen Hausen waren kerngesund, parasitenfrei und wohlgenährt. Warum sollen sie nicht auch weiterhin zügig abwachsen?
Dieser Artikel erschien ursprünglich im BLINKER 08/2014 – hier geht es zur aktuellen Ausgabe.
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