Gummiköder sind auf Zander Spitze, das muss man niemandem mehr erzählen. Etwas in Vergessenheit geraten ist dagegen der Köderfisch. Wer beide Köder gezielt einzusetzen versteht, verfügt über eine Doppelspitze auf Zander.
Fragen Sie zehn Angler, welcher Zanderköder ihnen spontan einfällt, dann werden mindestens neun antworten: Twister oder Gummifisch. Diese Antwort zeigt, mit welchem Erfolg die weiche Welle Anfang der 1980er Jahre von Amerika nach Deutschland geschwappt ist. Der Mister Twister, damals noch ein Exot, eine Spinnerei der Amis, ist heute in aller Zandermunde. Einzel- und Doppelschwänze, Shads und Twisterköpfe: Sie gehören so selbstverständlich in die Kiste des Zanderanglers wie die Sterne an den wolkenlosen Nachthimmel. Und als Lichtblick gesehen, ja angehimmelt, werden die Weichplastikköder ohnehin. Aber wie das so ist mit Lichtblicken: Es besteht die Gefahr, dass man sich blenden lässt. Möchte ich nun abstreiten, wie fängig Twister sind? Natürlich nicht! Vielmehr will ich Ihnen bewusst machen, dass der Twister zwar ein hervorragender Köder ist, aber dass auch ein hervorragender Köder nicht immer die erste Wahl sein muss. Es gibt Situationen, in denen Sie mit einem herkömmlichen Köderfisch oder einem Fischfetzen bessere Aussichten haben. Hier bekommen Sie einen Überblick, welcher Köder in welcher Situation die Nase vorn hat. Damit Sie die Stärken des Köderfisches ausspielen können, müssen Sie allerdings wissen, in welchen Varianten er sich anbieten lässt. Grundsätzlich gibt es vier Möglichkeiten, ihn dem Zander zu servieren: 1. Sie bieten den toten Köderfisch an der Spinnrute mit einem System an. 2. Sie bieten den toten Köderfisch stationär am Grundblei an, entweder direkt am Boden oder mit Auftrieb (etwa durch eingeschobenes Styropor). 3. Sie bieten den toten Köderfisch mit der Pose an, stationär am Grund oder treibend. 4. Sie schneiden Fetzenköder aus dem Fisch, zum Grund-, Posen- oder Spinnfischen. Zwei klassische Situationen können wir unterscheiden: das Zanderangeln im Fluss und das Zanderangeln im Stillwasser. Vor diesem Hintergrund sollten wir die beiden Köder vergleichen.
Zanderangeln im Fluss Wenn es eine Paradesituation für die Gummiköder gibt, dann ist es das Zanderangeln im Strom oder großen Fluss. Ob Elbe, Rhein oder Weser, die meisten dieser Gewässer sind leicht angetrübt. Das bringt Ihnen beim Twistern zwei große Vorteile: Erstens beißen die lichtscheuen Zander auch am hellichten Tag, was bei klarem Wasser nur selten der Fall ist. Und zweitens können die Fische den Köder zwar wahrnehmen, ihn aber nicht so genau inspizieren wie in einem glasklaren Gewässer. Das macht es ihnen schwer, zwischen Fälschung und Original, zwischen Twister und natürlichem Fisch zu unterscheiden. Der Twister ist wie geschaffen dafür, die Löcher am Gewässerboden und zwischen der Steinschüttung abzuklopfen. Man führt ihn in kleinen Sprüngen über den Grund, immer an straffer Schnur, um auch Bisse beim Absinken zu bemerken und durch einen schnellen Anhieb zu quittieren. Gerade beim Angeln mit geflochtener Schnur ist der Kontakt zum Köder so unmittelbar, dass der Hand des Anglers kaum ein Zupfer entgeht. Oft beißen die Zander schubweise. In fünf oder zehn Minuten lassen sich mehrere Fische fangen. Dann herrscht wieder Sendepause. Mit dem Twister können Sie solche Beißphasen optimal nutzen, da der Köder nach dem Fang eines Fisches sofort wieder einsatzbereit ist (im Gegensatz zum Köderfisch, dessen Montage Zeit kostet). Allerdings gibt es auch beim Angeln in Strömen und großen Flüssen Situationen und Zielfische, für die der Griff zum Köderfisch lohnen kann. So habe ich Mitte der 1990er Jahre Edgar Oppel, den Fänger mehrerer Zander von über 15 Pfund, beim Angeln an seinen Lieblingsbuhnen am Rhein bei Kehl begleitet. Diese Stellen wurden auch intensiv von Twisteranglern beackert, aber keiner fing solche Kapitalen wie Zander-Eddi. Tatsächlich werden immer noch unverhältnismäßig viele Zander von über 10 oder gar 15 Pfund mit natürlichem Köderfisch gefangen. Offenbar können die Kapitalen doch zwischen Original und Fälschung unterscheiden. Die Erklärung könnte sein: An den besten Zanderstellen werden die Fische von Twistern fast erschlagen. Kaum ein Zander reift zum Kapitalen heran, ohne sich vorher das Maul an Gummiködern verbrannt zuhaben. Beim Angeln auf kapitale Zander sind Köderfische ein schlauer Schachzug. Edgar Oppel hat 15-Zentimeter-Döbel an einer übertief eingestellten Pose abtreiben und über den Grund schleifen lassen. An interessanten Stellen, zum Beispiel Löchern im Grund, blockierte er die von der offenen Rolle ablaufende Schnur kurz mit dem Zeigefinger, so dass die Strömung seinen Köder nach oben drückte. In diesem Moment kamen die Bisse. Zwei weitere Situationen, in denen der Köderfisch im Fluss der Köder Nummer 1 sein kann: 1. Sie wollen einen bestimmten Punkt im Fluss befischen, zum Beispiel ein Loch hinter einem dicken Felsen im Wasser oder eine bestimmte Stelle in der Kehrströmung einer Buhne. Nun hat Ihr Twister den Nachteil, dass er solche Stellen nur im Vorüberhuschen mitnimmt. Dagegen kann ein stationär angebotener Köder, den Sie an diesem Punkt einwerfen, dort über Stunden den Zander verlocken. Gerade beim Angeln in der Strömung haben sich fingerlange Fetzen aus Fischflanken bewährt, die verführerisch in der Strömung flattern. Auch ein schlanker Köderfisch, etwa eine Laube zwischen 8 und 15 Zentimetern, kann sehr fängig sein. 2. Sie wollen bei Nacht auf Zander angeln. Nun funktionieren Gummiköder zwar immer noch, aber längst nicht mehr so gut wie bei Tageslicht. Offenbar verlagert sich die Konzentration des Zanders bei abnehmendem Licht: Er jagt nicht mehr so sehr mit der Seitenlinie und seinen trüben Augen, sondern nimmt Gerüche stärker wahr. Und nichts riecht so verführerisch wie ein natürlicher Köderfisch. Erst recht, wenn Sie den Fisch mit dem Messer einritzen und ihn seinen Duft auf schnellstem Wege verströmen lassen. Und wie sieht es an kleineren Flüssen aus? Es gilt der Grundsatz: Je kleiner (und je klarer) ein Fluss, desto eher sollten Sie auf den natürlichen Köderfisch setzen. Hier gelten dieselben Argumente wie beim Angeln in klaren Seen. Davon wird gleich die Rede sein.