Fragt man einen Fliegenfischer nach den Vorteilen seiner Technik, beantwortet er dies meist mit der langsamen, ruhigen, natürlichen und individuellen Köderpräsentation. Einzelne Komponenten der Fliege sind irgendwie immer sanft in Aktion, fast so wie die natürlichen Bewegungen der Flossen eines Beutefisches. Natürlicher geht es kaum. Leider ist das Werfen mit der Fliegenrute nicht ganz einfach und schnell zu lernen, deshalb fischen viele Spinnangler gar nicht mit der Fussel. ESOX-Autor Matze Brauch will aber auf die Vorteile dieser Köder nicht verzichten und zieht zum Fliegenfischen mit der Spinnrute los.
Die Fliege pulsiert, schillert und verändert immer wieder ihr Erscheinungsbild, wenn wir sie animieren oder einfach nur stehen lassen. Das macht auch sehr misstrauische Fische zumindest neugierig. Der Großteil der Fliegen sind stille Köder. Durch das sich ständig bewegende Material geben sie eine Druckwelle ab, die viele Räuber noch nicht mit Gefahr in Verbindung bringen. Das schwerelose Verhalten der Fliege erlaubt es uns, den Köder „slowly and silently“ in allen Tiefenbereichen anzubieten. Ein Räuber, der die Fliege attackiert, inhaliert diese in den meisten Fällen. Wenn er zubeißt, ist da kein Material, an dem sich die Zähne festhalten können – und so geht die gesamte Kraft des Anhiebs auf die Hakenspitze. Das minimiert das Risiko von Fehlbissen.
Spinn- statt Fliegenrute
Wer jetzt denkt, dass der Einsatz von fängigen Fliegen nur den Fliegenfischern mit passender Fliegenrute und Fliegenrolle mit Schnur vorbehalten ist, der täuscht sich. Ich denke, das ist auch einer der Hauptgründe, warum Fliegen so wenig an unseren Gewässern eingesetzt werden. Ich wedele zwar ab und an auch ganz klassisch mit Fliegenrute, Rolle und Schnur, aber zumeist gehe ich doch zum Fliegenfischen mit der Spinnrute los. Für mich gehört ein Köder ins Wasser, egal wie das Ufer mit Wurfhindernissen beschaffen ist. Selbst kürzeste Wurfweiten reichen dabei aus. Da die Fliege im Wasser nahezu schwerelos ist, können wir sie im Zeitlupentempo im Sichtfeld der Räuber halten. Und selbst große Fische stehen besonders zu Beginn der Saison noch sehr dicht am Ufer.
Der ideale Stock zum Fliegenfischen mit der Spinnrute
Du brauchst zum Fliegenfischen mit der Spinnrute kein spezielles Gerät. Ich verwende in den meisten Situationen einen einfachen, günstigen Stock mit einem hohen Glasanteil. Diese Ruten sind schön weich und geben der Fliege eine sanfte Beschleunigung. Ich halte die Rute gern im 90-Grad-Winkel zum Köder und animiere die Fliege nur mit Hilfe der Rolle. So imitiere ich die Präsentation eines klassischen Fliegenfischers, der die Fliege nur mit Hilfe einer Zugbewegung zwischen seinen Fingern in Bewegung setzt.
Beißt nun ein Räuber, gibt die weiche Spitze nach und der Hecht kann die Fliege einfach inhalieren. Ein leichter Anhieb reicht nun vollkommen aus, die Fliege wandert in den Maulwinkel und hakt den Hecht sicher. Bei einem Fehlbiss wird der Räuber durch eine fehlende unnatürliche Bewegung nicht aufgeschreckt – und so können wir noch auf einen zweiten Biss des gleichen Räubers hoffen.
Zum Fliegenfischen mit der Spinnrute verwende ich eine zirka zehn Kilo tragende, unauffällig gefärbte, geflochtene Schnur. Vor mein dünnes Titanvorfach knote ich noch ein eineinhalb bis zwei Meter langes Fluorocarbon der Stärke 0,37 Millimeter. Ich verbaue in meiner Montage möglichst unauffällige Komponenten. Da sich der Köder sehr lange im Sichtfeld des Räubers befindet, hat dieser auch lange Zeit, den Köder genau zu inspizieren.
Mithilfe des leichten Gerätes kann ich die leichten Köder auch mindestens auf Wurfweite der klassischen Fliegenfischer auswerfen. Das funktioniert natürlich nicht bei Starkwind von vorn, aber doch in den meisten Fällen.
Vom Boot aus könnte ich mich natürlich immer so positionieren, dass ich mit dem Wind im Rücken die Spots anwerfen kann. Diesen Luxus habe ich vom Land aus nicht. Aber hier gibt es einige Tricks, die uns das Ausbringen der Fliege erleichtern. Es gibt Bindematerialien, die Wasser aufnehmen und uns so das nötige Wurfgewicht geben. Meist sind das natürliche Tierhaare. Daneben verwende ich gern scharfe dickdrahtige Haken an meinen Fliegen. Diese schenken uns wiederum ein bisschen Gewicht und geben der Fliege einen schönen Schwerpunkt. Eine weitere Beschwerung der Köder ist mit Zusatzgewichten möglich.
Bisse in den Pausen
Bei der Präsentation ist alles erlaubt, was selbst gefällt. Ich fische die Fliege gern ausschließlich über die Rolle. Wichtig sind mir dabei lange Pausen zwischen den einzelnen Zügen. Wenn sich die Fliege durchs Wasser bewegt, legen sich die Materialien enger an. Wenn die Fliege gestoppt wird, entfalten sich diese wieder und die einzelnen Komponenten bewegen sich noch lange nach. Die Fliege arbeitet also selbst bei Stillstand noch für uns Angler. Und genau in dieser Phase erhalten wir die meisten Bisse. In der Stillphase bewege ich die Rute auch gern ein Stück auf den Köder zu und gebe so einem beißenden Räuber noch etwas Platz, sodass er nicht gleich die Rute spürt – aber keine Angst, den Biss bekommst Du trotzdem mit.
Da man in der Wurfweite etwas eingeschränkt ist, sollte man sich beim Waten vorsichtig und bedächtig bewegen, sonst schreckt man die dicht stehenden Räuber auf und bekommt im schlimmsten Fall keinen Kontakt. Beim Fliegenfischen mit der Spinnrute trage ich gerne eine Polbrille. Dank dieser bemerkt man interessierte Hechte mitunter schon vor dem Biss und kann vielleicht noch zusätzliche Reize in der Führung setzen.
Die Fliege ist vor allem an überfischten Gewässern nicht mehr aus meiner Köderbox zu verdrängen. Probiere es doch auch selbst einmal!