Das Deadbaiting ist eine Leidenschaft, die immer mehr Anhänger findet. In den 1970er- und 1980er-Jahren wurde das Angeln mit dem toten Köderfisch ausschließlich in England praktiziert und von Größen wie Mick Brown, Des Taylor oder Neville Fickling über die damaligen Medien nach Deutschland gebracht. Die Printmedien hatten zu dieser Zeit noch den höchsten Stellenwert, aber auch diverse VHS-Videokassetten wurden Ende der 80er, Anfang der 90er in englischsprachiger Originalversion von gut sortierten Angelfachgeschäften zum Verleih angeboten.
Heutzutage können sich die meisten von Ihnen diese Situation wahrscheinlich gar nicht mehr vorstellen, aber ich habe zu der Zeit keine andere Alternative gehabt. Heute – im Zeitalter der sozialen Medien – wird man von Beiträgen und Filmen praktisch überflutet. Diese Tatsache bietet dem Sportfischer unzählige Möglichkeiten, sich sein eigenes Bild zu machen und die erhaltenen Informationen für sich umzusetzen. Ich freue mich, dass mittlerweile so viele Jungangler und auch alte Hasen auf diesen Zug aufgesprungen sind, denn der Erfahrungsaustausch und die Kommunikation untereinander macht alles so viel leichter.
Elementare Dinge – der Rigbau, das Binden von Montagen und das Anbieten des Köders – sind von vielen Anglern experimentell ausgebaut und verbessert worden, sodass auch die ältere Generation davon profitiert. Ich erinnere mich an meine Anfangszeit des Karpfenangelns, in der ich als Jugendlicher alle Informationen nur so aufgesaugt habe, was letztendlich dazu führte, dass ich wesentlich erfolgreicher wurde. Man lernt halt niemals aus!
Hecht-Vorfächer: Umdenken bei der Köderpräsentation
In den zurückliegenden Jahren hat sich für uns Deadbaiter wetterbedingt einiges verändert und dazu geführt, das Angeln mit toten Köderfischen auf Hecht noch einmal neu zu überdenken und mit dem vorhandenen Wissen auszubauen. So haben sich bei mir einige Gewohnheiten ändern müssen, um zum gewünschten Erfolg zu gelangen. Ich spreche hierbei nicht von kleineren Änderungen meiner Angelei, sondern von einschneidenden Experimenten bei der Köderpräsentation. Die Verwendung verschiedener Vorfachmaterialien für Hecht-Vorfächer hat gezeigt, dass der Zielfisch doch nicht so leicht zu überlisten ist wie es viele annehmen. Gerade in stark befischten Gewässern muss der Angler schon tiefer in die Trickkiste greifen.
Die Sensorik im Hechtmaul spielt dabei eine große Rolle, denn häufig gefangene Exemplare lernen dazu und sind nicht so reaktionsgebunden wie zum Beispiel ein Zander. Dieser peilt seine Beute an und schlägt zu. Da liegt es dann eher an der Reaktion des Anglers, die über Erfolg und Misserfolg entscheidet. Ältere Hechte hingegen begutachten ihre vermeintliche Beute sehr genau, bevor sie diese in aller Ruhe aufnehmen. Solche Erkenntnisse konnten wir natürlich nur mit Hilfe einer Unterwasserkamera sammeln und sehr eindrucksvoll in unseren Videos zeigen. Hierbei ist uns aufgefallen, dass die Hechtdamen, nicht wie in der Vergangenheit die tieferen Bereiche des Gewässers aufsuchen. Im Gegenteil, wir konnten in den „Wintermonaten“ gute Erfolge im Flachwasser erzielen und haben dabei quasi gegen jede zuvor bestandene Regel verstoßen.
Wie lassen sich Fehlbisse beim Deadbaiting minimieren?
Ich habe im September 1987 meinen ersten Deadbait-Hecht in unserem Vereinssee auf eine am Grund abgelegte Sardine fangen können. Damals benutzte ich für meine Hecht-Vorfächer ein 12 kg tragendes 1×7-Stahlvorfach in schwarz, weil es bei uns im Ort nichts anderes gab. Stellen Sie sich vor: kein Internet, kein Amazon und schon gar keine Preisvergleichsportale. In diesem Gewässer herrschte kein Angeldruck und so konnte ich innerhalb weniger Jahre sämtliche Vereinsrekorde brechen. Was mir aber schon damals auffiel, war die Tatsache, dass es immer häufiger zu Fehlbissen kam und die Hechte den Köder nach dem Biss wieder losließen.
Material für Hecht-Vorfächer: Tipps aus dem Angelladen
Zu jener Zeit gab es in meiner Heimatstadt Lingen unglaubliche fünf Geschäfte, in denen man Angelgerät kaufen konnte. Somit hatte man eine entsprechende Auswahl und auch Neuheiten waren ab und an zu bekommen. Nie werde ich eine Aussage meines Angelgerätehändlers vergessen, es war an einem Freitagabend im November: „Jörg, kennst du schon das neue Kevlar-Vorfachmaterial? Super weich und 100 Prozent hechtsicher!“
Mit dieser Begebenheit fing alles an. Ich habe direkt ein paar Hecht-Vorfächer gebunden und am darauffolgenden Samstag ausprobiert. Gegen 8 Uhr morgens kam der erste Biss auf eine am Grund angebotene Sardine – ohne Zögern aufgenommen und abgezogen. Ich war begeistert und konnte nach einem kurzen, harten Drill einen wunderschönen Hecht von 108 cm landen!
Abriss nach dem Drill des Lebens!
Während ich den Fisch versorgte, tauchte meine Pose an der anderen Rute ab. Diese hatte ich auf halber Tiefe im Freiwasser ebenfalls mit einer Sardine beködert. Der Fisch hörte nicht auf Schnur zu nehmen. Ich nahm Fühlung auf, kurbelte an der Rolle bis sich die Rute bog und setzte einen kurzen, aber beherzten Anschlag. Der Drill meines bis dahin jungen Lebens sollte beginnen. Nach einiger Zeit bekam ich das Krokodil zum ersten Mal zu Gesicht. Mir verschlug es die Sprache und glauben Sie mir, ich habe bis heute keinen Hechtschädel in der Größe live wiedergesehen.
Der Kescher lag bereit, und als ich die Chance bekam, den Fisch über den Kescher zu führen, schnellte meine Pose samt Blei und dem Rest des hechtsicheren Vorfachmaterials hinter mir in die Büsche. Der Fisch hatte das weiche, vermeintlich hechtsichere Kevlar-Vorfach durchgebissen! Ich war in dem Moment so perplex, dass ich dabei zusah, wie er in aller Seelenruhe davon schwamm. Sie können sich nicht vorstellen, was in mir vorging. Das Ende vom Lied, um das Szenario abzukürzen: Mein Angelgerätehändler fing diesen Hecht mit 134 cm eine Woche später an der gleichen Stelle auf einen 20 cm langen Gummifisch.
Auf der Suche nach dem besten Material für Hecht-Vorfächer
Die Frage, die ich mir immer wieder stellte: Hätte ich diesen Fisch jemals mit dem gewohnten Stahlvorfach auf einen toten Meeresfisch zum Anbiss überreden können – natürlich dem Vorwurf geschuldet, dass ich besser mal das Stahlvorfach genutzt hätte! Der Hecht mit 108 cm war allerdings auch kein alltäglicher Fang in diesem Gewässer, sodass meine Überlegung dahin ging, in Zukunft ein weniger steifes, geschmeidiges Stahlvorfach zu benutzen, um weiterhin Erfolg zu haben.
Vorfachmaterial Kevlarstahl
Ich machte mich bei allen Händlern vor Ort und in der Umgebung auf die Suche nach einem Material, das meinen Vorstellungen entsprach. Mir fiel eine Rolle Kevlarstahl ins Auge, wobei das Wort „Kevlar“ mir immer noch einen Schauer über den Rücken laufen ließ. Ich fragte den Händler, ob er mir eine Packung öffnen würde, um es eingehend auf seine Abriebfestigkeit prüfen zu dürfen, mit der Bestätigung, es bei Nichtgefallen trotzdem zu bezahlen.
Das Material war dunkelbraun gefärbt, etwas steifer als Kevlar, aber viel geschmeidiger als 1×7-Stahl. Und nachdem ich die ersten 50 cm bis zur Unkenntlichkeit an allem Möglichen zerborsten hatte, ohne es dabei zu zerreißen, wagte ich einen Versuch damit. Es ist unumstritten, dass Fische auf manche Materialen reagieren und man versucht als Angler immer, das optimale End-Tackle zu finden und einzusetzen. Mit diesem Vorfachmaterial gelangen mir etliche gute Fänge in verschiedenen Gewässern.
Schwarzes 7×7 für Hecht-Vorfächer
Eines Tages fand ich bei einem meiner Auswärtseinsätze als Tischler einen Angelladen, der ein 7×7-Vorfachmaterial (49-fädig) der Firma AFW (American Fishing Wire) an seiner Wand hängen hatte. Es war nylonummantelt mit einer Tragkraft von 12 kg und in meiner Lieblingsfarbe Schwarz. Die Stipper unter Ihnen werden es eventuell schon einmal bemerkt haben, wie wenig Scheuchwirkung ein schwarzes Keschernetz auf Friedfische hat.
Ich dachte mir, dass dieses 7×7-Vorfach in klaren Gewässern sicherlich eine gute Alternative ist, und nahm eine 5-m-Spule davon mit. Der eigentliche Clou dieses Materials war allerdings, dass man es knoten konnte. Der Albright-, Clinch-, Uni- und Nail-Knot sowie der Perfection und Surgeon’s Loop waren hierfür geeignet. In den folgenden Jahren sollte mir dieses Vorfachmaterial sehr gute Dienste leisten. Ich lernte es zu schätzen, denn auch bei für den Zielfisch sehr sichtigen Verhältnissen half es mir, zum gewünschten Erfolg zu gelangen.
Welche Hauptschnur-Farbe zum Hechtangeln?
Die Farbe des Vorfachs veranlasste mich auch dazu, nach dunklen bis schwarzen Hauptschnüren Ausschau zu halten. Damals war die Auswahl noch nicht so groß, und ich musste sehr viel ausprobieren, um eine Schnur zu finden, die allen Anforderungen entsprach. Heute bin ich der Ansicht, dass farblich unterbrochene Schnüre (Camo) für den Fisch noch schwerer zu erkennen sind. In der Vergangenheit experimentierte ich sehr viel mit Fluorocarbon, was an sehr stark befischten Gewässern immer noch meine Nummer eins ist.
Gerade als zweiteiliges – aus zwei unterschiedlichen Materialien hergestelltes – Scharnier-Rig, dass Sie bereits aus meinen YouTube-Videos kennen könnten, ist es eines meiner Favoriten. Ich kann mit ruhigem Gewissen zahlreiche Artikel für das Deadbaiting empfehlen, doch eines ist sicher: Jedes Gewässer ist anders und jeder Angeltag ist nicht auch gleichzeitig ein Fangtag. Ich hoffe, dass ich Ihnen einen kleinen Einblick in meine Erkenntnisse geben und damit dem einen oder anderen ein wenig helfen konnte.
Gerät vom Hecht-Profi
Autor Jörg Rubbers ist ein ausgewiesener Deadbaiting-Experte, seit weit mehr als drei Jahrzehnten angelt er gezielt und äußerst erfolgreich mit toten Köderfischen auf Hechte. In dieser Zeit hat er viel mit Montagen und Material experimentiert. Für einen erfolgreichen Ansitz empfiehlt er heute folgendes Gerät:
Ruten
- Pike Bank 12‘, 3,25 lb, Jörg Rubbers Deadbait Range
- Pike Stalk 10‘, 3 lb, Jörg Rubbers Deadbait Range
- Elite Deadbait X 12‘, 3,25 lb, Fox Rage Predator
Rollen
- Fox EOS 12000 FS
- Fox FX 11
Schnur
- Sufix Super Soft, 0,35 mm
- Fox Exocet Trans Khaki, 0,35 mm
- Mikado Nihonto Octa 8-Braid, 0,30 mm (schwarz)
- Elite 8-Braid, 0,34 mm (schwarz/ grün), Fox Rage Predator
Material für Hecht-Vorfächer
- 49-Strand Anti Kink Wire 12/18/29 kg, Fox Rage Predator
- Fox Rage Fluorocarbon Leader, 0,90 mm
- 7×7 Surflon Micro Supreme, 12 kg (schwarz), American Fishing Wire
Haken für Hecht-Vorfächer
- X-Strong Trebles Semi-Barbed, Gr. 6 & 4, Fox Rage Predator
- Gamakatsu Trebles 18NS 2 x Strong Short Shank, Gr. 4 & 2
- Gamakatsu LS-3423F, Gr. 1/0 & 2/0
- Gamakatsu LS-3424F, Gr. 1/0 & 2/0
Bissanzeige
- Back Bite Indicator PSR, Fox Rage Predator
- Fox RX+
- Pike Swinger MK2, Fox Rage Predator
Zubehör für Hecht-Vorfächer: Endtackle von Fox Rage Predator
Unschätzbares Hilfsmittel beim Hechtangeln: Das Futterboot
Das Futterboot, mit dem wir in der Vergangenheit lediglich die Scharkanten aufsuchten, ist mittlerweile nicht nur mit Sonar, sondern auch mit Down- und Side- Scan zu bekommen, um uns nicht nur die Standplätze der Futterfische zu verraten. Es ist einfach ein unschätzbares Utensil bei unserer Angelei. Ich weiß, dass viele von Ihnen darüber schmunzeln, doch warum sollte man sich heutzutage dieser Hilfsmittel nicht bedienen, wo doch die Zeit unser kostbarstes Gut geworden ist?
Das Beobachten des Gewässers sollte dabei jedoch nicht außer Acht gelassen werden. So kann uns zum Beispiel ein Haubentaucher ebenfalls viele hilfreiche Informationen geben. Jeder halt, so wie er mag – wobei ich denke, dass der Kostenfaktor eher der abschreckende Grund sein dürfte. Die Aussage „Das hat ja nichts mehr mit Angeln zu tun“, kann ich als alter Hase sogar nachvollziehen. Doch eines ist sicher, ohne diese Hilfsmittel hätte ich nicht den aktuellen Wissenstand über diese Angelart erlangt.
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