Räuber auf Wanderung: Warum wandern Fische?

„Warum wandern Fische?“ – Dieser Frage hat sich Philipp Haubrock angenommen. Denn wer weiß, wie die Fische ticken, hat es leichter, den richtigen Angelspot zu finden.

Die flachen Zonen eines Gewässers werden im Winter oft von Hechten belagert. Ist das Wasser trüb, stellen sich aber auch Zander ein. Foto: G. Schade

Bild: G. Schade

Die flachen Zonen eines Gewässers werden im Winter oft von Hechten belagert. Ist das Wasser trüb, stellen sich aber auch Zander ein.

Was treibt unsere Räuber um, warum nehmen sie Wanderungen auf sich? Wie können wir als Angler dieses Verhalten besser verstehen, um bei der nächsten Angeltour gleich die richtige Ecke des Sees anzusteuern? Phillip Haubrock hat das Verhalten von Fischen auf Wanderung untersucht und liefert interessante Einblicke.

Die drei Wanderungs-Typen bei Fischen:

1. Fress-Wanderung

Barsch und Rapfen verfolgen ihre Beute „auf dem Fuße“. Zander, Welse und Hechte lassen es in der Regel deutlich ruhiger angehen. Foto: W. Pölzer

Bild: W. Pölzer

Barsch und Rapfen verfolgen ihre Beute „auf dem Fuße“. Zander, Welse und Hechte lassen es in der Regel deutlich ruhiger angehen.

Raub- und Friedfische müssen, besonders wenn ihre Bestände groß sind, ständig neue Futterquellen suchen. Im Laufe der Entwicklung sind Fische wegen ihres veränderten Nahrungsbedarfs ebenfalls zu Wanderungen gezwungen. Räuber brauchen Beute. Daher ist es immer eine gute Idee, nach Beutefischen zu suchen. Doch unsere Raubfische reagieren unterschiedlich flexibel auf sich bewegende Futterfisch-Schwärme. Barsche und Rapfen folgen ihrer Nahrung oft auf dem Fuße und stehen oft den ganzen Tag lang in deren Nähe. Zander und Welse sind auch relativ flexibel, suchen aber eher im Tagesverlauf, meist in der Dämmerung, die Nähe ihrer Beute auf. Hechte sind ziemliche Trantüten und reagieren langsamer auf umherziehende Schwärme. Sie kommen meist erst richtig in Bewegung, wenn ihnen der Magen knurrt.

2. Laichwanderung

Auch Hechte unternehmen Laichwanderungen von etlichen Kilometern. Foto: J. Piecha

Bild: J. Piecha

Auch Hechte unternehmen Laichwanderungen von etlichen Kilometern.

Fische brauchen nicht nur einen Partner, sondern auch oftmals spezifischen Bodengrund oder passende Pflanzen oder Wassertemperaturen. Einen enorm starken Wander-Drang löst der Fortpflanzungstrieb von Fischen aus. Allein das Beispiel Lachs zeigt, welche Strapazen Fische bereit sind, auf sich zu nehmen, wenn es um die Arterhaltung geht. Auch unsere Raubfische unternehmen zum Teil ganz beachtliche Wanderungen. Hechte im Brackwasser der Ostsee zum Beispiel unternehmen in Schweden nicht minder spektakuläre Wanderungen als Meerforellen, überwinden dabei sogar Wasserfälle. Oft reichen unseren Raubfischen jedoch kurze Zugwege, um passable Laichgründe zu finden. So machen sich Barsch in großen Strömen zum Beispiel gern in angeschlossene Seen auf, wenn die Laichzeit naht.

3. Umweltbedingte Wanderung

Das Wasser in flachen Altarmen ist wärmer und ruhiger als das Wasser im Fluss – ein idealer Winterplatz, den viele Fische auf Wanderung ansteuern. Foto: Blinker-Archiv

Bild: Blinker-Archiv

Das Wasser in flachen Altarmen ist wärmer und ruhiger als das Wasser im Fluss – ein idealer Winterplatz.

Fische spüren, wenn das Wasser für sie zu kalt oder zu warm wird. Sie merken, wenn ihr (Mineralien- oder) Salzhaushalt gestört wird und bewegen sich im Brackwasser zwischen Meer- und Süßwasser hin und her. Auch eine sich änderte Lichtintensität bringt viele Fische dazu, sich in Gewässer zu bewegen. Letztlich kann auch Wasserbewegung durch Strömung oder Wellen selbst ein Grund für Fische sein, sich auf die Socken zu machen. Grundsätzlich werden Fische mit niedrigeren Temperaturen empfindlicher gegenüber nicht optimalen Bedingungen. Entscheidende Faktoren sind Temperatur, Lichtintensität, Salzgehalt und Strömung. Nicht alle Fischarten reagieren dabei auf die unterschiedlichen Parameter gleich.

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Auf einen Blick: Wie reagieren Hecht, Barsch und Zander auf unterschiedliche Bedingungen? Grafik: Scholz / Blinker

Bild: Scholz/Blinker

Auf einen Blick: Wie reagieren Hecht, Barsch und Zander auf unterschiedliche Bedingungen?

Barsch: Der flexible Vagabund

Barsche legen im Spätherbst bis zu elf Kilometer pro Tag zurück, zudem ist ihr Verhalten strukturiert und gut vorhersehbar. Während sich in Großseen Barsche im Sommer grundsätzlich in flacheren Zonen mit Tiefen bis zu zehn Metern finden, schwindet die Anzahl der Individuen in diesen flachen Bereich spätestens ab November kontinuierlich, bis sie im Winter in tiefere Regionen mit bis zu 25 Meter abwandern. Ist der See hingegen mit anderen Gewässern verbunden, kann es zu komplexeren Wanderverhalten kommen.

Interessanterweise haben einige Untersuchungen gezeigt, dass ein Teil der Barsche dem Beutefisch ins sogenannte Winterlager folgt, während der andere Teil des Bestandes entgegen der Wanderung von Beute in tiefere Regionen des Sees zieht. In unterschiedlichen Untersuchungsgewässern waren die jeweiligen Anteile von Fern- und Kurzstrecken-Wanderern recht unterschiedlich. Zwischen den Jahren schienen die Anteile wiederum recht konstant zu bleiben.

Manche Beobachtungen deuten an, dass Barsche andere Wandermuster zeigen, wenn viele Hechte im Gewässer vorkommen, da sie versuchen den Räubern aus dem Weg zu gehen. Insbesondere in Verbindung mit klarem Wasser ist dieses Verhalten sehr ausgeprägt. In den Rügener Bodden zum Beispiel neigen Barsche im kalten Wasser dazu, sich deutlich tiefer als Hechte einzustellen. Die offenen Flachwasserbereiche sind dort im Winter voller Hechte – kein guter Ort zum Verweilen für einen Barsch von 30 Zentimetern. In strukturell ähnlichen Gewässern ohne Hechte und gegebenenfalls mit trüberem Wasser unternehmen Barsche bei langen milden Temperaturen im Winter hingegen gern Wanderungen ins Flachwasser.

In klaren Gewässern verziehen sich Barsche im Winter auf große Tiefen. Foto: W. Krause

Bild: W. Krause

In klaren Gewässern verziehen sich Barsche im Winter auf große Tiefen.

Zander: Der lichtscheue Wärmeliebende

Fällt die Temperatur, ziehen sie sich in ruhigere Zonen zurück, stehen aber nicht unbedingt tief. Die Lichtintensität scheint auch im Winter ein entscheidender Faktor zu sein. Nachts suchen Zander auch im Winter explizit flachere Zonen bis hin zu einem Meter auf und suchen dort Futterfische. Gibt es im Gewässer wärmere Bereiche, ist dies ein Garant dafür, dass sich dort die Zander bei kaltem Wasser ballen – aber nur, wenn es dort nicht zu hell unter Wasser ist.

Im Brackwasser wandern die Zander mit sinkenden Wassertemperaturen gezielt in Richtung süßeres Wasser. Zur Not ziehen sie dabei auch in sehr flaches Wasser – solange es trüb genug ist. Mit steigender Wassertemperatur nimmt die Salztoleranz dann, wie bei Hecht und Barsch auch, wieder zu. In den Boddengewässern wandert zum Beispiel ein Teil der größeren Zandern jährlich nach dem Ablaichen in Richtung Ostsee ab.

Viele Fischarten verlassen im Winter die Strömung großer Flüsse und „flüchten“ auf ihrer Wanderung in beruhigte Bereiche. Foto: W. Krause

Bild: W. Krause

Viele Fischarten verlassen im Winter die Strömung großer Flüsse und „flüchten“ in beruhigte Bereiche.

Hecht: Der unempfindliche Salzintolerante

Sie verhalten sich in verschiedenen Gewässern ganz unterschiedlich: So wurde in manchen Flüssen festgestellt, dass Hechte zum Winter hin eher flussabwärts in ruhigere, tiefere Regionen wandern, wo sie bis zum Frühjahr verbleiben. Somit sinkt im Winter die Anzahl von Hechten in Flüssen und steigt in Seen. In anderen Flüssen bleiben die Hechte einfach an Ort und Stelle. Die Hecht beginnen in manchen Seen bereits im November ins Flachwasser zu ziehen, wo sie bis nach der Laichzeit verbleiben. In anderen Seen, die mitunter nur ein paar Kilometer entfernt liegen, begeben sich die Hechte hingegen mit sinkenden Temperaturen auf Wanderung ins tiefere Freiwasser.

Ohne daher Kenntnisse über das Gewässer zu haben, ist es schwierig, den Aufenthaltsort der Fische vorherzusagen. Hechte sind neben Forellen die unempfindlichsten unserer Räuber, was niedrige Wassertemperaturen angeht. Selbst Temperaturstürze im Flachwasser können sie gut überstehen. Strömung scheinen Hechte grundsätzlich und im Winter besonders wenig zu schätzen. Wellenbewegung im Flachwasser größerer Gewässer hingegen macht ihnen nichts aus und veranlasst sie nicht dazu, einen Bereich zu verlassen.

Auch plötzlich aufklarendes oder eintrübendes Wasser macht sie nicht nervös – in der Regel werden solche Änderungen vom Hecht schlichtweg ertragen. Wenn allerdings Salzwasserim Spiel ist, sind die Prognosen für uns Angler deutlich einfacher: Sie vermeiden die Kombination von kaltem Wasser und Salz, so gut es geht.

Dieser Artikel erschien zuerst in Blinker 12/2018. Hier geht es zur aktuellen Ausgabe!


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