Vertikalangeln sieht auf den ersten Blick sehr einfach aus: Man sitzt bequem im Stuhl und muss den Köder nur hoch und runter heben. Das dachten auch einige Angelkumpels, als sie zu mir ins Boot stiegen, um das erste Mal vertikal zu angeln. Als erfahrener Spinnfischer sollte es ja schließlich kein Problem sein, auf diese Weise zum Erfolg zu kommen. Doch je länger der Angeltag andauerte, desto mehr mussten die Kollegen erkennen, dass Vertikalangeln doch mehr beinhaltet. Wenn einer im Boot schon zehn Zander gelandet hat und der „Vertikalneuling“ noch ohne Fisch ist, muss es doch Unterschiede geben. Auf den ersten Blick sind das nur Kleinigkeiten, die aber in der Summe den Unterschied ausmachen.
In ruhigen Bereichen, etwa Häfen oder Buhnen, legt man sich mit dem Boot an die gewünschte Stelle. Wegen der fehlenden Strömung wird man hier beim Vertikalangeln kaum verdriftet. Möchte man allerdings eine größere Strecke mitten im Hauptstrom abfischen, wird das Boot quer zur Strömung gestellt und treiben gelassen. So kann man Strecke machen und die hungrigen Fische innerhalb kurzer Zeit ausfindig machen. Nach dem ersten Biss wird das Boot mit dem Bug voran gegen die Strömung gestellt. Mit Hilfe des Bootsmotors oder eines E-Motors wird die Driftgeschwindigkeit verlangsamt. So angelt man länger im „heißen“ Bereich.
5 Top-Tipps zum Vertikalangeln
- Verzögert die Drift mit Hilfe des Elektromotors. Dann kann man den Köder länger in der fängigen Zone anbieten.
- Im Sommer fangen 12 bis 15 Zentimeter lange Gummifische, im Herbst sind große Köder angesagt.
- Flache Bereiche mit einer Tiefe von zwei Meter sind im Sommer fängig. Im Herbst wird der Köder in Tiefen unter 6 Meter präsentiert.
- Angelt hart am Grund. Dort lauern Barsch und Zander.
- Vermeidet ruckartige Sprünge des Köders. Langsames Anheben bringt mehr Bisse.
Schwere Köpfe sind beim Vertikalangeln Pflicht
Damit der Köder auch am Grund ankommt, sind schwere Bleiköpfe mit einem Gewicht von 30 bis 50 Gramm Pflicht. Bei richtig starker Strömung dürfen sie ruhig noch schwerer sein. Es ist zwar etwas gewöhnungsbedürftig, einen 12 Zentimeter langen Gummifisch an einem 50 Gramm schweren Jigkopf anzubieten. Der Fängigkeit tut dies aber keinen Abbruch.
Ich verwende meistens Köpfe mit kurzschenkligen Haken der Größe 2/0 bis 4/0. So hat der Köder große Bewegungsfreiheit und kann verführerisch im Wasser spielen. Weil der Haken so weit vorne sitzt, sollte man einen 2er oder 4er Angstdrilling montieren. Befestigt wird der Zusatzdrilling an einem Stück Kevlar. Wählt kein zu dünnes Material. Die Tragkraft sollte mindestens 15 Kilo betragen. Muss man mit Hechtbissen rechnen, kommt anstellen von Kevlar Stahl zum Einsatz.
Große Köder für Fluss-Räuber
Beim Vertikalangeln kommen Gummifische ab 10 cm Länge zum Einsatz. Im Fluss stehen Barsch und Zander auf größere Portionen. Im Sommer sind Shads zwischen 12 und 15 Zentimeter eine gute Wahl. Ab Oktober setze ich mit Köderlängen von bis zu 23 Zentimeter auf Gummis im XXL-Format. Damit bekommt man zwar nicht so viele Bisse, aber es ist öfter mal ein großer Zander dabei.
Farben spielen eher eine untergeordnete Rolle. Meine Favoriten sind Braun, Krabbenrot, Weiß, Neongelb, Neongrün und verschiedene Glittertöne. Bei klarem Wasser fangen gedeckte Farben, im Trüben sind Schockfarben meist besser. Ich verwende gerne so genannte No Action Shads mit V-förmigem Schwanz, aber auch herkömmliche Gummifische, Twister und Fransenköder bringen Bisse.
Drei schwanzformen für jeden SituationBeim Vertikalangeln kommen drei unterschiedliche Gummifischmodelle zum Einsatz:
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Der Anhieb muss sitzen!
So banal es klingen mag, aber ein großes Problem ist tatsächlich die richtige Haltung der Rute. Beim Vertikalangeln vom Boot verwende ich ausschließlich Triggerruten mit einer kleinen Baitcasterrolle. Viele Uferangler verwenden nur Stationärrollen und sind den Umgang mit Baitcastern nicht gewohnt.
Trotz einer ordentlichen Einweisung von mir neigen die meisten Neulinge zu einer „schonenden“ Rutenhaltung. Die ist zwar angenehmer für die Armmuskeln, aber wenn ein Zander knallhart zupackt, wird er die Rute nach unten reißen, weil das Rutenende keinen Gegendruck aufweist. Dadurch fehlen ein paar Zentimeter, um den Haken sicher ins harte, knochige Maul der Räuber zu treiben.
Das Rutenende muss immer gegen den Unterarm drücken, damit beim Anhieb maximaler Druck aufgebaut werden kann. Darüber hinaus stehe ich im Moment des Anhiebs auf, um die Rute noch weiter anheben zu können. Auf diese Weise übe ich genügend Druck auf die Hakenspitze aus.
Ich fische eigentlich grundsätzlich mit einem Zusatzdrilling. Sehr oft werden die Gummifische brutal zusammen gefaltet, sodass der Schwanz auf den Einzelhaken gedrückt wird und die Hakenspitze verdeckt. In einem solchen Fall hat man keine Chance, den Fisch zu haken.
Richtige Köderführung und Platzwahl beim Vertikalangeln
Meistens beangle ich Flussabschnitte mit einer Tiefe von 3 bis 7 Meter. In der warmen Jahreszeit lassen sich Barsch und Zander auch in flachen Zonen bis 2 Meter fangen. Fällt die Wassertemperatur unter 10 Grad sollte man seinen Köder tiefer als 6 Meter anbieten. Es ist wichtig, dass der Köder immer dicht am Boden bleibt. Er wird höchstens 10 bis 30 Zentimeter angehoben, ein paar Sekunden in der Schwebe gehalten und dann wieder abgesenkt.
Ruckartiges Hochreißen des Köders steigert die Anzahl der Bisse nicht, sondern verscheucht gerade in der kalten Jahreszeit die Fische eher. Die Rutenspitze sollte sich immer knapp über der Wasseroberfläche befinden. Dann hat man beim Biss genügend Raum, um einen wirkungsvollen Anhieb zu setzen.
Vier Schritte zur richtigen Köderführung beim Vertikalangeln
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Kurze Ruten
Die optimale Rute zum Vertikalangeln ist kurz und hat ein Wurfgewicht von 14 bis 28 Gramm. Ob man eine Multi- oder eine Stationärrolle einsetzt, ist Geschmackssache. Da ich meist eine Hand an der Motorpinne habe, verwende ich eine kleine Baitcasting-Rolle mit einem „Twitchin’ Bar”. Das ist ein Druckknopf, der bei Betätigung dafür sorgt, dass etwas Schnur eingeholt wird. So kann ich den Köder mit der Hand, die die Rute hält, ein wenig anlupfen und habe die andere frei für den Motor.
Nie ohne Angsthaken
Mit einem zusätzlichen Drilling erhöht man dagegen die Chance, auch solche Bisse zu verwerten. Sehr wichtig ist dabei die richtige Position des Drillings im Gummifisch. Grundsätzlich hänge ich den Drilling in den Rücken des Köders. Dadurch verringere ich die Hängergefahr enorm und sammle weniger Unrat vom Grund auf. Der Angsthaken sollte auch nicht zu dicht am Jighaken befestigt sein, da sich ansonsten die zusätzliche Hakmöglichkeit einschränkt.
Wer jetzt denkt, ich setze den Drilling einfach direkt auf den Schwanz des Köders, um die spitz beißenden Fische zu erwischen, den muss ich enttäuschen. Der Drilling würde die Bewegung des Köders einschränken, was weniger Bissen zur Folge hätte. Außerdem könnte das Gewicht des Drillings zu einem unnatürlichen Köderlauf führen, was den Fangerfolg einschränkt.
Ob man Stahl, Fluorocarbon oder Kevlar nimmt, um den Angstdrilling am Bleikopf zu befestigen, würde ich von der Hechtgefahr abhängig machen. Sehr wichtig ist allerdings, dass der Drilling nicht zu straff am Gummi montiert wird. Dadurch würde der Gummifisch in seinem Lauf eingeschränkt.
Ideal sind so genannte Twinexhaken, diese besitzten eine kleine Hakenflunke in umgekehrter Richtung am Schenkel. So gewinnt man ein paar Zentimeter und sorgt dafür, dass der Köder maximal spielen kann. Falls Ihr kein Stahl, sondern Geflecht als Stingermaterial verwenden, dieses möglichst dick wählen.
Beim Vertikalangeln Ruhe bewahren
Um den Köder richtig zu führen, sollte man sich zuerst bewusst machen, wie Zander jagen. Hecht und Barsch stürzen sich deutlich schneller auf unsere Köder und reagieren sehr gut auf eine aktive Köderführung. Bei Zandern kann ein zu aggressiv geführter Köder allerdings genau das Gegenteil bewirken und die Fische abschrecken!
Beim Vertikalangeln im Freiwasser konnte ich sehr viel über das Beißverhalten der Zander lernen. Es war für mich neu, wie lange es dauern kann, bis das Glasauge endlich zupackt, obwohl der Köder nur einen Meter über ihm wartet.
Oft pirschen sich die Zander an und beäugen den Köder genau, sodass Köderanzeige und Fischanzeige auf dem Echolot verschmelzen. Wer nun in diesem Moment einen zu großen Hüpfer mit der Rute macht, kann anschließend im Display sehen, wie sich der Zander aus dem Staub macht.
Im Fluss haben Zander zwar nicht so viel Zeit zur Köderbetrachtung wie im See, aber zu aggressiv geführte Köder haben trotzdem einen negativen Effekt. Vertikalnovizen neigen häufig dazu, eher zu pilken als zu vertikalen! Die zu aggressive Führung wird von den Zandern mit Nichtachtung bestraft.