Welse sind die größten Raubfische in unseren Gewässern. Sie können Längen von mehr als zwei Metern erreichen, und große Exemplare wiegen teils um die 100 Kilogramm. Wenn ein solcher Fisch einen kleinen See bewohnt, müsste der doch schnell leer sein. Aber was frisst ein Wels, und wie viel eigentlich?
Kommt es wirklich vor, dass ein Wels einen Hund frisst?
Regelmäßig liest man in den Nachrichten – auch bei uns – von besonders großen Welsen über der Zwei-Meter-Marke. Manchmal geht es nur darum, dass ein Angler einen solchen Riesenfisch gefangen hat. Gelegentlich ist aber auch davon die Rede, dass ein Wels einen Hund gefressen haben soll. Passenderweise ist in solchen Berichten oft von einem „Vielfraß“ die Rede, von einem Monster im See. Doch die Vorstellung, dass ein großer Wels ein ganzes Gewässer leerfressen kann, gehört ins Reich der Mythen.
„Monster“-Meldungen über Welse sind nicht immer falsch
Zunächst einmal sollte man aber festhalten, dass die Berichte natürlich nicht immer falsch sind. Welse sind Raubfische, und Raubfische müssen fressen, um zu überleben. Allerdings zeigen diese Sensationsmeldungen immer Ausnahmen. Sie sind Einzelfälle. Würden Welse regelmäßig Jagd auf Dackel machen, dann wäre das ja normal und niemand würde noch darüber berichten.
Was fressen Welse denn genau?
Als Räuber haben Welse vor allem eins im Visier: andere Fische. Da ein ausgewachsener Wels so gut wie jeden Fisch in „seinem“ Gewässer überragt, stehen sie alle auf seiner Speisekarte. Außerdem ernährt er sich von Insekten, Krebstieren, Amphibien und grundsätzlich allem, was ihm ins Maul passt. Da Welse, wie alle Fische und eigentlich jeder, Aufwand scheuen, fressen sie auch am liebsten das Futter, welches am häufigsten vorkommt. In den meisten Gewässern gibt es viel mehr Weißfische, als Edelfische. Diese trifft der Wels demnach bei seiner Futtersuche auch am häufigsten an. Ein Wels wird demnach auch mit größter Wahrscheinlichkeit meist Rotaugen, Güstern und Brassen vertilgen, anstatt sich gezielt über Karpfen, Schleien und Hechte herzumachen.
Der Wels ist zudem sehr anpassungsfähig bei seiner Nahrungssuche. Werden in einem Gewässer Karpfen mit kiloweise Boilies und Pellets gefüttert, kann man sich ebenso sicher sein, dass der Wels sich dieses protein- und energiereiche Mahl nicht entgehen lässt. Leckere Pellets vom Gewässergrund schlürfen ist schließlich noch weniger Arbeit, als auf die Jagd zu gehen.
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Gelegentlich kommt es vor, dass sie auch Wasservögel oder auch Tauben angreifen, wie man an einem Fluss in Frankreich beobachtet hat. Es ist auch vorstellbar, dass sie kleine Hunde attackieren, die an der Wasseroberfläche paddeln. Allerdings ist selbst ein kleiner Dackel mit Krallen und Zähnen bewaffnet, mit denen er mächtig austeilen kann. Dass ein Wels also einen Hund frisst, ist die absolute Ausnahme. Außerdem hätte er an Försters Waldi lange zu kauen, wie wir gleich sehen werden.
Wie viel frisst ein Wels denn wirklich?
Kein Angelverein, der einen Wels in seinem See bemerkt, muss um die sorgsam gehegten Fischbestände fürchten. Zwar fressen Welse so gut wie alles, was ihnen vors Maul kommt – aber das heißt nicht, dass sie ständig eingeschaltete „Futter-Staubsauger“ sind. Welse fressen ihre Gewässer nicht leer, es sei denn, sie hätten die Größe eines Aquariums.
Der Futterquotient: 10 Kilo Fisch für 1 Kilo mehr Gewicht
Die Erklärung dafür liefert der sogenannte Futterquotient. Er liegt beim Wels, ähnlich wie bei allen Raubfischen, bei etwa 1 zu 10. Das heißt, der Wels muss 10 Kilo fressen, um 1 Kilo Gewicht zuzulegen.
Klingt dramatisch? Ganz und gar nicht! Stellen wir uns einen 4 Jahre alten Wels vor. Er ist zwischen 60 und 90 Zentimeter lang und wiegt 2,5 bis 5 Kilogramm. Um dieses Gewicht zu erreichen hat er also zwischen 25 und 50 Kilogramm Fisch gefressen. Über einen Zeitraum von 4 Jahren sind das, kurz nachgerechnet, zwischen 6 und 12 Kilo pro Jahr. Mit ein paar kapitalen Brassen im Jahr wäre der Hunger eines solchen Welses also schon gestillt.
Größere Exemplare bräuchten natürlich entsprechend mehr, doch hier muss man auch bedenken, dass ihre Wachstumsrate mit steigendem Alter abflacht. Ihr Hunger wird also niemals so groß, dass sie alles in ihrem Umfeld verschlingen.
Der Futterquotient ist keine feste Größe
Welse sind also keine „Gierschlunde“, sondern sehr gute Futterverwerter. Außerdem sind sie wechselwarme Tiere, ihre Körpertemperatur entspricht also der Wassertemperatur. Je wärmer das Wasser, desto aktiver der Wels. Bei kalten Temperaturen flacht sein Stoffwechsel hingegen ab. Er frisst weniger, weil er weniger Energie verbraucht.
Der oben genannte Futterquotient (wie gesagt, etwa 10 Kilo Fisch für 1 Kilo mehr Gewicht) ist daher keine feste Größe. Neben der Wassertemperatur hat auch die Nahrung selbst darauf Einfluss. Ein Wels, der ein einem Gewässer mit nur wenig Beute lebt, verwertet jeden Fisch effizienter als ein fettleibiges Exemplar, das sich vor Futter nicht retten kann. Auch die Größe der Beute ist entscheidend. Es gilt: Je größer der Futterfisch, desto ineffizienter verwertet der Räuber ihn. So gesehen ergibt es für den Wels sogar weniger Sinn, sich gezielt große Beute zu suchen, wenn er auch einfach ein paar kleine Fische einsaugen und diese dann besser verwerten kann.
Wie viel ein Wels frisst, ist also von mehreren Faktoren abhängig. Grundsätzlich kann man aber sagen, dass sie wirklich sparsame Räuber sind, die sich schon mit wenig Beute zufrieden geben. Mit „gierigen Fressmaschinen“, als die sie in Sommerloch-Nachrichten dargestellt werden, haben sie nichts zu tun.