Wie wichtig ist die Köderfarbe beim Zanderangeln?

Welche Farbe fängt am besten? Die Meinungen zur Köderfarben gehen auch bei Profis weit auseinander. Angelguide Stephan Gockel und Weltenbummler Olivier Portrat diskutieren, was bei den Zandern wirklich zählt.

Stephan Gockel schwört auf die richtige Köderfarbe: Dieser Zander attackierte den weißen Gummifisch bei Sonnenaufgang. Foto: S. Gockel

Bild: S. Gockel

Stephan Gockel schwört auf die richtige Köderfarbe: Dieser Zander attackierte den weißen Gummifisch bei Sonnenaufgang.

Die Frage nach der richtigen Köderfarbe zum Zanderangeln spaltet die Profis: Stephan Gockel mag es bunt, während Olivier Portrat auf die Lockwirkung natürlicher Köder vertraut.

Stephan Gockel: „Die richtige Köderfarbe entscheidet!“

BLINKER: Welche Rolle spielt die Farbe bei der Wahl von Zanderködern?

Stephan: Für mich eine sehr große. Zwar gibt es Zeiten, an denen die Farbe scheinbar egal erscheint. Die Zander beißen einfach auf alles, was man ihnen vorsetzt, doch leider sind diese Momente die Ausnahme. In der übrigen, langen Zeit reagieren Zander extrem auf bestimmte Köderfarben. Je nach Lichteinstrahlung ins Gewässer geht es mal darum, einfach eine klare, kontrast­reiche Silhouette zu schaffen, oder mit seinem Köder unter allen Beute­fischen einen besonderen Reiz zu setzen.

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Was ist wichtiger: Köderfarbe oder Köderform?

Stephan: Die Köderform muss schon ­passen. Action- und No-Action-Köder ­stellen die beiden Seiten des Bewegungsspektrums dar. Auch ein Wechsel der Angel­art und -technik bringt manchmal den Erfolg. Jedoch halte ich in der Tat die Farbe für fangentscheidend. So gibt es in meinem Lieblingsgewässer sehr oft das Phänomen, dass wirklich eine einzige Farbe die Zander besonders gut an den Haken lockt. Dann ist es relativ egal, ­welche Köderform angeboten wird.

Können Zander Farben denn ­überhaupt wahrnehmen?

Stephan: Oh ja! Das können sie aufgrund ihrer Anatomie sogar noch viel ­intensiver als wir Menschen. Neben unserem Lichtspektrum sehen sie aufgrund ihrer ­zusätzlichen Sinneszellen im Auge auch noch im ultravioletten Bereich.

Wie verändern sich Farben im Wasser?

Stephan: Das Licht, dass wir sehen, ist das Ergebnis aller Farben des Regenbogens. Im Wasser wird das Licht gebrochen und jede Farbe nacheinander absorbiert. Gehen wir mal von einem normalen Gewässer mit leichter Trübung und ein paar Schwebeteilchen aus, so ist die Farbe Rot schon in einer Tiefe von etwa drei Metern komplett absorbiert und zeigt sich nur noch in einem verwaschenen Braun. Als nächste Farbe ist Orange verschwunden, dann Gelb, Grün und am tiefsten reicht tatsächlich der Blauanteil unseres Lichts.

Es ist ­übrigens egal, ob der Fisch den Köder in drei ­Metern Tiefe sieht, oder wir ihn uns von der Oberfläche aus anschauen. Rot wäre braun, denn nach der Reflexion des Lichts auf den Köder würde das Wasser zwischen dem Betrachter und dem Objekt die jeweiligen Farben absorbieren (wichtig für das Angeln mit oberflächennahen Ködern, die den Fisch aus einiger Entfernung ­anlocken ­sollen). Nur das für uns unsichtbare ­UV-Licht geht noch tiefer. Es strahlt auch noch in 100 Metern, wo alles andere in der Umgebung schon fast dunkel erscheint.

Wie passt bei dir die Köderfarbe zur Wassertrübung?

Stephan: Zuerst einmal die Grundregel: Unser Köder muss auffallen und Aufmerksamkeit erregen. Wer aufgepasst hat, weiß nun, worauf es ankommt. Je trüber ein Gewässer, desto schneller werden sämtliche Farben absorbiert. In einer trüben Brühe mit einer Sichttiefe unter 50 Zentimetern kann man eigentlich nur mit Farben, die ansonsten in tiefen Gewässerregionen noch sichtbar sind, farbliche Reize setzen. Ich beachte bei trüben Wasser auch die Stärke der Sonneneinstrahlung. Bei viel Licht nutze ich dezentes UV, dafür gerne Blau- und Grüntöne. Bei wenig Licht gebe ich Vollgas mit Ködern, die extrem viele UV-­aktive Pigmente in ihrer Farbe haben.

Wann sollte man die Köderfarbe wechseln?

Stephan: Je klarer ein Wasser, desto öfter wechsle ich die Farbe. Im Tagesverlauf zieht die Sonne ihre Bahn, und so verändert sich stetig der Einfallswinkel des Lichts ins Wasser. Habe ich morgens noch hinter steilen Gewässerkanten lange Schatten, in denen es kein direktes Licht gibt, ist es dort gegen Mittag mitunter hell erleuchtet. Morgens, im indirekten Licht, ergibt dann zum Beispiel Weiß als Farbe Sinn, um einen starken Kontrast gegenüber dem dunklen Hintergrund zu bilden.

Mittags erscheint der (Hinter-)Grund durch das Sonnenlicht eventuell auch hell, und so würde dann ein gedecktes Braun oder gar ein Rot sich deutlich besser ab­heben. Auch ziehen Zander gerne in etwas tiefere Bereiche, sobald es zu hell wird. Nun ändert sich natürlich auch wieder die Lichtabsorbtion in der jeweiligen Tiefe. Es geht einfach immer wieder darum, mit unseren Ködern nicht unsichtbar zu werden.

Mit UV-aktiven Punkten bietet Stephan den Zandern präzise Angriffsreize, zusätzlich zur Köderfarbe selbst. Foto: S. Gockel

Bild: S. Gockel

Mit UV-aktiven Punkten bietet Stephan den Zandern präzise Angriffsreize, zusätzlich zur Köderfarbe selbst.

Gegen Abend senkt sich die Sonne, und das Lichtspektrum unter Wasser verändert sich erneut. Nun sind es Orange- und Blautöne, die nochmal Bisse bringen. In der Dämmerung richtet es Pink, um im Dunkeln von Schwarz abgelöst zu werden. Wann man wechselt? Zum einen beobachtet man den Himmel und die Umgebung (Schatten, Wolken, Abendrot, Sonnenstand), und zum anderen merkt man es am Verhalten der Fische.

Hat man mal eine fängige ­Farbe, flauen oft die Bisse schnell wieder ab. Dann wird gewechselt. Im trüben Wasser kommt man hingegen meist mit ein bis zwei knalligen ­Köder­farben den ganzen Tag aus. Bei wenig Licht unter Wasser ändert sich eben wenig.

Was sind deine bevorzugten ­Köderfarben für Zander?

Stephan: Da ich recht häufig den Köder wechsle, habe ich keine Lieblingsfarbe. Ich bevorzuge Köder, die in der Regel mindestens zwei Farben haben und so auch den Übergang zwischen zwei „Lichtphasen“ abdecken, beziehungs­weise beim Flanken einen „On/Off-­Effekt“ haben. Das bedeutet im Klartext: Wenn ich den Köder leicht kippe, soll er sich mal stärker in der einen Farbe, mal in der anderen zeigen. Auch einen Akzent, gerne UV-­aktiv, sollte ein Köder haben. Alles geht darum, einen Reiz zu setzen, den kein Beutefisch bieten kann. Es bringt nichts, wenn der Köder im Getümmel der Brut- und Beutefische untergeht. Trotzdem denke ich, dass Weiß („Salt’N’Pepper“) mit UV-grüner Flosse doch bei mir jeden Tag den Anfang am Morgen macht. ­Wetter und Trübung sind egal, da es einfach um die Silhouette und den Kontrast geht.

Was hältst du von UV-aktiven ­Ködern? Wie erkennt man sie?

Stephan: Zander reagieren extrem auf UV-aktive Köder. UV-Aktivität ist ein Schlüssel zum Erfolg, aber auch zum Misserfolg. Ich nutze ihn in jeder ­Situation. Entweder mit Bedacht im klarem Wasser, oder eben volle Pulle bei wenig Licht. Es geht immer darum, meine Köder ins richtige Licht zu setzen. ­Erkennen kann ich UV-aktive Köder ­übrigens unter einer Schwarzlicht-Lampe, wie sie im Baumarkt zu kaufen ist.

Welche Farben sehen Zander ­eigentlich am besten?

Stephan: Ideal ist ein helles Gelb oder Grün mit einem sehr hohen Anteil an UV-aktiven Pigmenten. Ansonsten ­empfiehlt sich je nach Situation die ­Farbe, die den besten Kontrast zur ­Umgebung bietet.

Stephan malt gern kleine „Eyecatcher“ auf die Köder, um ihre Fängigkeit zu erhöhen. Foto: S. Gockel

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Stephan malt gern kleine „Eyecatcher“ auf die Köder, um ihre Fängigkeit zu erhöhen.

Kannst du einen Tipp in Sachen Ködertuning mit Farben geben?

Stephan: Sorgt dafür, dass ihr immer ­einen kleinen „Eyecatcher“ auf eurem Köder habt. Ich male deswegen sehr ­gerne mit ­UV-Markern kleine Punkte im vorderen Drittel meiner Köder auf, direkt auf Höhe des Jighakens – wenn sie nicht schon von Werk aus mit UV-­Flossen oder -Punkten versehen sind.


Zander am Drachkovitch-System – mit dieser Methode hat Olivier unzählige Fische gefangen. Beim Angeln mit Naturködern zählen als Reize vor allem Geruch und Geschmack.

Olivier Portrat: „Köderfarbe beim Zanderangeln? Völlig unwichtig!“

BLINKER: Wirkt sich deiner Meinung nach die Farbe von Kunstködern auf den Fangerfolg aus?

Olivier: Nein, das tut sie nicht.

Woher nimmst du diese ­Gewissheit?

Olivier: Mit dem Thema Zander habe ich mich wahrscheinlich intensiver befasst als fast alle meine Kollegen. Ich stelle Raubfischen und besonders Zandern seit über 40 Jahren nach, teilweise sogar bis zu acht Monate pro Jahr. Wer auch immer in dieser Zeit mit mir das Boot geteilt hat, der weiß, dass man sich bei mir immer festlegen muss, mit welchem Köder man den ganzen Tag angelt. Ein ständiges Köderwechseln, wie es das auf nahezu allen anderen Booten den lieben langen Tag gibt, ist bei mir ­ausgeschlossen.

Ausgeschlossen? Warum das?

Olivier: Langfristig ist das die einzige Möglichkeit, Unterschiede zwischen den Führungsweisen, Ködertypen und ­Farben herauszufinden. Wenn den Angeltag hindurch von allen anwesenden Anglern ständig Köder und Farben gewechselt werden, kann man keinen fundierten Rückschluss über deren Fängigkeit ziehen!

Haben die Fische schließlich gebissen, weil man sie endlich gefunden hat? Oder war es die Farbe, die den Unterschied gemacht hat? Über die Jahre habe ich zehntausende ­Zander in ihrem gesamten Verbreitungs­gebiet gefangen, immer nach diesem Schema. Die Köderfarbe, das kann ich mit absoluter Sicherheit sagen, spielte dabei nie eine Rolle.

Wenn die Köderfarbe keine Rolle spielt, gibt es deiner Meinung nach einen ­idealen Zanderköder?

Olivier: Meine schreibenden, fast ­immer auch Köder verkaufenden oder ­gesponserten Kollegen, loben Kunst­köder in den Himmel – logisch, denn so lässt sich mehr verdienen als wenn man Köderfische propagiert. Legt man seinen Kunden ­darüber hinaus nahe, dass sie diese Kunstköder noch in einer Reihe verschiedener Farben brauchen, um erfolgreich zu sein, dann lassen sich noch mehr Kunst­köder an den Mann bringen.

Ihrer Meinung nach sind Kunst­köder den Natur­ködern klar überlegen. Meine Erfahrung hat mich jedoch gelehrt, dass es den idealen Zanderköder schlicht und ergreifend nicht gibt. Es stellt sich nicht die Frage, ob nun Natur- oder Kunstköder beim Spinnfischen besser sind. Diese beiden Ködergruppen ergänzen sich nämlich perfekt. Nur wer die Vorteile beider Ködergruppen nutzt, wird über das Jahr wirklich erfolgreich sein.

https://www.blinker.de/angelmethoden/raubfischangeln/angeltipps/drachkovitch-system-aktiv-mit-koederfisch-fuer-mehr-faenge/ Foto: O. Portrat

Bild: O. Portrat

Diesen Zander überlistete Olivier mit einem Gummifisch am System. Die Köderfarbe war zufällig gewählt.

Mit welcher Methode hast du die besten Erfahrungen gemacht?

Olivier: Wir beginnen beim Angeln nahezu immer mit einem echten Köderfisch am Drachkovitch-System. So bieten wir den Zandern in puncto Aussehen und Geruch genau das, worauf sie die Natur ohnehin fixiert hat. Stellen wir dabei fest, dass sie überdurchschnittlich beißfreudig sind, dann schalten wir auf Gummiköder um – weil wir mit ihnen einfach schneller sind.

An manchen Tagen sind Zander so gierig, dass sie nicht mehr mit natürlichem Geruch gereizt werden müssen. Und da sich ­Gummi schneller montieren und wieder in Form bringen lässt, sind sie für solche „gesegneten“ Tage genau die richtige Wahl.

Ist es deiner Erfahrung nach egal, zu welcher Köderfarbe man beim ­Zanderangeln greift?

Olivier: Um die Frage direkt zu beant­worten: Ja, beim Spinnfischen auf Zander spielt die Köderfarbe keine Rolle. In der Natur stellt sich diese Frage ja praktisch eh nicht. Es gibt nur das Original als Beutefisch. Mir ist klar, dass meine verkaufenden und gesponserten Kollegen aufschreien werden – aber sei’s drum. Mir geht es ­darum, das Angeln generell zu promoten. Nur dann hat unsere Branche eine Zukunft!

Ich habe Artikel gelesen, in denen Autoren ihren Lesern bis zu 64 verschiedene Köderfarben ans Herz legen. Gibt es so viele Farben überhaupt? Ein frischge­backener Angler, der das liest, ist doch schnell frustriert und die Chancen stehen gut, dass er das Angeln für ein weniger kompliziertes Hobby sein lässt. Angeln ist nämlich viel einfacher, als die meisten vermuten.


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