Mathias Brauch war bisher kein Freund des schweren Jerkens. Von Sascha Weiher und Mathias Holgersson ließ er sich jedoch eines Besseren belehren. Zu heiß waren die Bisse und Drills im kalten Wasser!
Eines muss ich vorweg klarstellen: Der geborene Jerkbait-Spezialist bin ich nicht. Noch nicht. Denn ich habe es bisher immer erfolgreich geschafft, einen großen Bogen um diese Kunstköder zu machen. Aber das sollte sich in diesem Winter ändern! Und irgendwie freute ich mich auch schon auf diese neue Erfahrung. Während draußen die Tage immer kürzer und die Nächte immer länger werden, kündigte sich bei mir angelnder Besuch an. Sascha Weiher (www.beisszeit.com) und sein schwedischer Vollblut-Guide Mathias Holgersson (www.argosactive.se) hatten sich zum gemeinsamen Hechtfischen bei mir angemeldet. Drei Tage am Stück sollte es den Boddenhechten an die Schuppen gehen! Dazu fuhren wir gemeinsam nach Rügen. In einer flachen Bucht des Greifswalder Boddens sammeln sich dort die Hechte im Winter im flachen Wasser, solange kein Eis das Wasser bedeckt. Dort angekommen, beluden wir das Leihboot mit allerhand Tackle und ich bekam auch endlich meine erste eigene Jerkbaitcombo in die Hand!
An meine Roy Fishers Jigbraid 8 mit einer Tragkraft von etwa 24 kg knotete ich wegen des glasklaren Wassers direkt ein 1 mm starkes Fluorocarbonvorfach an. Am Ende des knapp 80 cm langen Vorfachs knotete ich einen großen, stabilen Qualitäts-Einhänger. Zusammen mit der Rute, einer Svartnö aus der schwedischen Kunstköderschmiede Zalt, und meiner Shimano Cardiff 401A hatte ich genau das Gerät in der Hand, was ich eigentlich nie auf Hechte fischen wollte… Ein anderes Kaliber Ich war es sonst immer gewohnt, meine leichten Twitchbaits an feinen Ruten mit kleinen Schlägen aus dem Handgelenk zu animieren. Dagegen war so eine Jerkcombo ein ganz anderes Kaliber. Ob die gesamte Gerätezusammenstellung nicht viel zu grob für die Hechte ist!? Aber ich war bereit, mich gern eines Besseren belehren zu lassen. Schließlich hatte ich doch mit Mathias Holgersson einen versierten schwedischen Guide mit an Bord, der es mir beibringen könnte! Auf der Fahrt zum ersten Spot erklärte ich diesem kurz die Taktik, nach der wir uns über das nur 40 bis 90 Zentimeter flache Wasser treiben lassen wollten. Wie selbstverständlich griff Mathias danach zu einem kompakten Rapala X-Rap Subwalk 15. Nach dem Auswerfen animierte er den Jerk zuerst mit drei schnellen, harten Schlägen nach oben (upjerken), danach folgten zwei längere, weichere Schläge. Je näher der Köder zum Boot kam, desto tiefer führte er dabei die Rutenspitze. So lief der Jerk von Anfang bis Ende in einer etwa gleichbleibenden Tiefe. Als der Jerk fast wieder am Boot war, berührte die Rutenspitze fast die Wasseroberfläche. Immer wieder bekam der Jerk zwischendurch in Spinn-Stops die Gelegenheit, wie ein Suspender auf der Stelle zu stehen. Faszinierender Lauf Schon nach drei Würfen konnte Mathias den ersten Nachläufer registrieren. Die Hechte zeigten also Interesse an den Jerkbaits! Ich montierte derweil einen etwas kleineren TNT the Great Jerk von Monarch. Hierbei handelt es sich um einen schwimmendern Jerk, der sich dank seines mittleren Gewichtes auch für Einsteiger in diese Angelei einfach fischen lässt. Ich schlenzte den Jerk 15 Meter hinaus und beobachtete, wie er im glasklaren Wasser auf meine Rutenbewegungen reagierte. Auf kurze, rhythmische Schläge reagierte der Jerk mit einer langsamen Rechts-Links-Action. Machte ich nach einem Schlag eine kurze Pause, glitt der Jerk auf seiner Bahn noch ein Stück weiter und vergrößerte so seinen Laufweg. Beim nächsten Schlag brach der Jerk dann wieder in die entgegengesetzte Richtung aus. Ich gebe zu: Das Spiel des Köders faszinierte mich schon! Vor allem, wenn man nur kleine Mini-Schläge in die lose Schnur machte. Dann rollt der Jerk auf der Stelle ab. Dabei flankt er immer wieder aufreizend auf. Eine Bewegung, die ich auch bei meinen bislang bevorzugten Hightech-Wobblern zu schätzen gelernt habe. Der nächste Wurf ging dann schräg in die Andrift. Das Boot driftete nur sehr langsam und so konnte ich mich voll auf die Köderpräsentation konzentrieren und im klaren Wasser dabei den Lauf meines Jerks verfolgen. Aber irgendwie machte er nicht wirklich das, was ich mir vorher so alles überlegt hatte. Ich bekam den Jerk einfach nicht über die gesamte Wurfweite zum Laufen. Währenddessen war Mathias neben bereits mit Drillen beschäftigt. Ein mittlerer Hecht kam an die Oberfläche und ich war etwas überrascht wie hart der Hecht den Jerk attackiert haben musste. Immerhin schaute von dem Jerk nichts mehr aus dem Maul heraus! Doch routiniert wurde der Fisch mit einer langen Lösezange von den Drillingen befreit und wieder zurückgesetzt. Erste Nachläufer So langsam fuchste ich mich mit der ungewohnten Jerk-Kombo ein und konnte endlich auch die ersten Nachläufer verbuchen. Jetzt war es nur eine Frage der Zeit, bis ich den ersten eigenen Jerkbait-Biss verbuchen konnte! Irgendwann war es endlich soweit aber der erste Anhieb ging ins Leere! Das war mein Fehler gewesen! Anstatt seitlich anzuschlagen und so die Schnur immer unter Spannung zu halten, schlug ich nach oben an. So hing für einen kurzen Moment die Schnur locker durch. Und das nutzte der Fisch, um den Jerk wieder loszuwerden. Das sollte mir nicht noch einmal passieren! Mathias und Sascha als geübte Jerkbait-Angler fingen hingegen einen Fisch nach dem anderen. Die Jerks wurden vor allem gegen Abend kompromisslos attackiert und auch die Durchschnittsgröße der gelandeten Hechte konnte sich sehen lassen. Kurz vor Ende des Tages blieb dann auch endlich mein erster Jerkbaithecht hängen. Damit platzte dann auch bei mir der sprichwörtliche Knoten, denn schon am nächsten Tag konnte ich eine sehr erfolgreiche Jerkbait-Angelei verzeichnen. Vorzüge des Jerkens Doch worin liegen die Vorzüge der Jerkbaits? Ich denke, zum einen ist es einfach ihre Erscheinung unter Wasser. Sie sehen von ihrer Form und ihrer Silhouette einem echten Beutefisch sehr ähnlich. Selbst die kleineren Modelle von 12 Zentimeter sind bauchig genug, um auch für einen großen Räuber eine ansehnliche Beute darzustellen. Dank seiner großen Wasserverdrängung spricht ein Jerkbait auch das Seitenlinienorgan stark an. Das seitliche Ausbrechen und Flanken sorgt zusätzlich noch für einen starken visuellen Reiz. So kann der Räuber den Köder auch über große Entfernungen orten. Das Gleiche gilt über tiefem Wasser. Die Schweden fischen viel mit ihren Jerks im Mittelwasser über tieferem Wasser und die Hechte überbrücken dann vor dem Biss erst einmal einige Meter Wegstrecke, bevor sie in den höheren Wasserschichten den Köder erreichen. Hat sich ein Hecht einmal für eine Attacke entschieden, so tut er dies mit aller Entschlossenheit. Die Bisse können dabei unterschiedlicher nicht ausfallen. Entweder die Schnur bricht zusammen oder es reißt einem fast die Rute aus der Hand! Nach dem Biss müssen wir den Haken ins Maul treiben. Das gelingt uns nur dank der kurzen, brettharten Ruten. Dank ihnen bewegen wir bei einem kompromisslosen Anhieb den Köder noch im Maul des Hechtes und die Drillinge können fassen. Mancher Hecht nimmt den Jerk aber auch gleich so aggressiv, dass ein Anhieb kaum notwendig ist. Und trotzdem sind Fehlbisse nicht selten. [box_block_title]Wichtige Pausen Ich fischte den zweiten Tag dann fast nur den Strike Pro Buster Jerk als Shallow Runner. Dieser Glider hat ein ausgeprägtes Rechts-Links-Laufverhalten. So konnte ich mich an die fängigen Schläge gewöhnen und musste mich nicht dauernd mit neuen Führungseigenarten auseinandersetzen, sondern konnte mich mehr aufs Drillen konzentrieren. Wichtig beim Jerken waren die Spinnstopps. Im klaren Wasser konnten wir oft beobachten, wie die Hechte den Köder verfolgten und entweder direkt in der Pause oder bei der nächsten Bewegung zuschlugen. Der Strike Pro Buster Jerk und der Gliding Rap von Rapala flattern in den Pausen außerdem langsam nach unten, wobei der Körper immer wieder aufreizend aufblitzt.[/box_block_title] Zusammenfassend noch ein paar Tipps, die ich während meiner dreitägigen Jerkbait-Exkursion mit auf den Weg bekam: Sucht euch einen erhöhten Standpunkt. Zum einen könnt ihr dann die Rute nach unten führen und zum anderen könnt ihr das Laufverhalten eures Köders immer im Auge behalten. Auch Nachläufer könnt ihr früher erkennen und reagieren. Fischt ihr in sehr flachem Wasser, jerkt am besten mit einer Rutenbewegung nach oben, da ansonsten Euer Köder mehr Kraut fängt als Hechte. Wir fischten alle mit brettharten, sehr kurzen Ruten und sehr dicken Schnüren. So kam auch alles, was wir aus dem Handgelenk zauberten, unverfälscht bei unserem Köder an. Die dicken Schnüre geben euch Sicherheit bei Fehlwürfen mit der Multirolle und auch beim Fischen. Denn die Schläge gehen im Laufe des Tages schon aufs Gerät. Probiert es auch ruhig einmal mit großen Jerks über tiefem Wasser. Die Hechte bemerken eure Köder auch noch in einigen Metern Tiefe und sind gern bereit, für einen so großen Happen ein paar Meter nach oben zu steigen. Immerhin stellen große Jerkbaits eine lohnenswerte Beute für sie da. Fakt ist: Nach drei Tagen Jerkbaitfischen im flachen Wasser fühle ich mich zwar immer noch nicht als Profi, aber ich bin mir jetzt sicher, dass ich es nicht zum letzten Mal gemacht habe. Jerken ist eine sehr spannende Angelei mit einem Köder ohne eingebaute Eigenaktion, dem erst der Angler fängiges Leben einhaucht. Den Experten muss ich es sicher nicht mehr raten, aber allen anderen kann ich nur ans Herz legen: Probiert es doch einfach selbst einmal aus! Die Fische werden es Euch mit harten Bissen und heißen Drills danken.