Anegln mit Uli Beyer: Buchten und Landzungen

Jedes Jahr im Frühjahr machen wir Schwedenurlaub im schwedischen Schärengarten und schon Wochen vorher liegen wir grübelnd und suchend über den Gewässerkarten:

„Welche Bucht wird wohl die beste sein?“ In Schweden hängt die Gewässerkarte dann an der Wand und wir beratschlagen dann auch jeden Abend, wie sich der aktuelle Wetterbericht wohl auf unsere möglichen Fangplätze auswirken könnte… Tatsächlich sind flache Buchten und Ausbuchtungen im Frühjahr ausgezeichnete Angel- und Hechtfangplätze, die jedoch einige Wochen später wie leergefegt sind. Ab und zu fahren wir auch im Herbst nach Schweden und Buchten sind dann weitgehend uninteressant. Vielmehr sind es spitze Landzungen und Erhebungen unter Wasser, die dann die besten bzw. meisten Fische hervor bringen. Ich habe viele Jahre untersucht, woran die wechselnden Fangqualitäten dieser beliebten Angelplätze liegen. Buchten Buchten ziehen nicht nur Fische, sondern auch so manchen Angler in ihren Bann. Ich betrachte sie (natürlich übertrieben) immer wie ein gut isoliertes Wohnhaus. Sie sind besser vor äußeren Wettereinflüssen, starken Strömungen und Wasserzirkulationen geschützt. Deshalb neigen sie eher zur Verlandung als andere Bereiche eines Gewässers, denn Schwebstoffe lagern sich dort leichter am Gewässerboden ab. Buchten sind deshalb oft auch flacher und wärmen sich durch Sonnenstrahlen im Frühjahr deutlich leichter auf. Meist ist auch die Vegetation unter Wasser besser ausgebildet bzw. auch teilweise anders. Durch höhere Temperaturen durch die Frühjahrssonne kommt der Biomotor natürlich auch eher in Gang, sowohl Futtertierchen und Kleinfische als auch die Räuber folgen in diese für längere Zeit gemütliche Wohnung. Häufig werden hier auch neue Familien gegründet, die meisten Fische nutzen solche Orte oft auch gern, um abzulaichen. Erst laichen meist die Räuber, dann die Futterfischchen und es gibt für etliche Wochen für alle Fische einen reich gedeckten Tisch.. Buchten scheinen alles zu bieten, was sich ein Räuber für ein erfülltes Leben bietet. Offene Buchten sind im Frühjahr sogar richtige Warmwasserstationen, wenn an einem sonnigen Tag das erwärmte Oberflächenwasser in einer solchen Bucht regelrecht gesammelt wird. Insbesondere Hecht- und Meerforellenangler wissen diesen Umstand sehr zu schätzen. Auch Angler lieben die oft idyllische und ruhige Lage, den Windschutz und das häufig deutlich ruhigere Wasser.Nichts treibt weg und ein gewählter Angelplatz kann gemütlich beangelt werden. Extrem gute Fangerfolge im Frühjahr verleiten viele Angler dazu, ganzjährig auf diesen tollen Angelplatz zu bauen, was aber sehr verkehrt sein kann. Im Jahresverlauf ändern Fische und vor allem kapitale Räuber ihre Vorlieben für Standplätze.. Buchten sind klassische Flachwasserreviere mit den entsprechenden Angeltechniken. Jerkbaits, flach laufende Wobbler, Blinker und Spinner kommen hier zum Einsatz! Meine Favoriten sind Buster-Jerksin klein sowie Delong Gummiaalefür sehr flaches Wasser. Stehen die Fische über etwas tieferem Wasser, sind auch die großen Buster Jerks sowie Nils Master Wobblerausgezeichnet. Da man teilweise Krautkanten und -lücken anwerfen sollte, ist es sehr sinnvoll, eine Polarisationsbrilledabei zu haben, mit der man die Hotspots und im Idealfall sogar die Räuberattacken erkennen kann! Landzungen Landzungen sind sozusagen der Balkon des Hauses, von dem aus ein Räuber gute Übersicht im Gewässer bekommt. Spätestens, wenn die Wassertemperaturen über 15 Grad C schreiten, zieht es viele Räuber aus den warmen Buchten wieder heraus „an die frische Luft“. Das stark erwärmte Flachwasser mit häufig mulmigem Boden bietet dann zu wenig Sauerstoff. Die „Luft“ wird stickig und der Fisch muss „raus“. Das, was es im Frühjahr zu meiden galt, wird von den Räubern jetzt gezielt gesucht: Bewegtes, zirkulierendes Wasser und damit ein „erträglicher Standort“ mit strategisch günstigem Umfeld. Landzungen ragen in den Gewässerkörper hinein und „brechen“ damit die im Wasser existierenden Strömungen und Zirkulationen. Dort liegen also immer verschiedene Temperaturzonen dicht beieinander und es gibt deshalb ein deutlich breiteres Spektrum an Wohlfühlbereichen für Räuber UND ihre Beutefische. Immer hoch interessant für kapitale Räuber sind Bereiche, die neben einem guten „Wohlfühlbereich“ auch ein ordentliches Futterangebot bieten. Gerade im Sommer lieben die Futterfische nämlich häufig das wärmere Wasser, wogegen die Räuber etwas dunklere bzw. kühlere Zonen vorziehen. Landzungen sind deshalb ausgesprochen gute Plätze, denn hier gibt es neben häufig ausgedehnten warmen Plateaus unter Wasser (die Landzunge über Wasser verläuft meist unter Wasser flach weiter!) auch meist tiefere Gewässerbereiche in der Nähe. Das lieben große Räuber im Sommer, wenn Sie am Tage dem grellen Sonnenlicht in tiefes Wasser ausweichen können und zur Jagd am Morgen oder Abend auf die Plateaus bzw. deren Kanten einen schnellen Imbiss zu sich nehmen können. Speziell Zander lieben Landzungen auch deshalb häufig, weil dort tendenziell härterer Bodengrund vorliegt. Meist sind Landzungen harte Bergrücken, die sich im Wasser fortsetzen. Durch die Zirkulation bzw. Strömungen des Wassers lagert sich hier auch deutlich weniger Schwebmaterial ab und Schlammbildung ist weniger stark ausgeprägt als in anderen Gewässerbereichen. Zander lieben harte Untergründe und stellen sich deshalb auch mit Vorliebe auf solche strategisch günstigen Erhebungen. Landzungen beangle ich äußerst gern vom verankerten oder driftenden Boot aus mit Gummiködern, da hier meist festere Untergründe vorherrschen und diese Bereiche häufig auch freier von Vegetation sind. Je nach Wassertiefe fische ich mit Bleiköpfen von 10-33 Gramm (10 Gramm für 3 Meter Tiefe, 33 Gramm für Tiefen über 12 Meter und bei Starkwind). Die Gummifische und Twister für Hecht und Zander können ruhig 15 cm, zum Herbst hin sogar 20 – 25 cm groß sein. Barsche sollten natürlich mit kleineren Twistern und Shads (7-15 cm) beangelt werden. Sie lassen sich aber auch sehr gut mit Zockern und Cycadenvon den harten Untergründen am Tage wegzupfen! Wenn sie früh oder spät zur aktiven Jagd ins Flachwasser kommen, sind kleine Wobbler und Spinner (ich fische den Myranmit rotem Püschel am Haken besonders gern) wahrscheinlich die beste Wahl. Wer die Wurfangelei nicht gern mag, kann die Landzungen natürlich auch schleppend absuchen. Vor allem die ganz kapitalen Hechte machen nämlich häufig auch einen kleine Ausflug ins Freiwasser vor den Landzungen. Dort sind sie mit der Schleppangel besser zu erbeuten. Castaic-Köder oder Schleppsysteme mit totem Köderfisch bringen dabei meist sehr gute Fangresultate. Tiefenlinien kennen Ob in Buchten oder auf Landzungen ist es für Angler immer sinnvoll, die genaue Bodenstruktur zu kennen. Schon kleinste Kanten und Strukturen legen bessere und schlechte Plätze fest und insbesondere an Landzungen gibt es häufig dicht beieinander völlig unterschiedliche Tiefenverläufe. Hierzu sollte man wissen, dass viele Fische sehr gern am Ufer auf einer konkreten Tiefenlinie entlang ziehen – ähnlich, wie Taucher das auch mal tun. Tiefenänderungen mögen Fische oft nicht so gern. Kennt man also die bevorzugten Tiefen der Fische, so braucht man auf der Suche nach Räubern „nur“ starke Richtungsänderungen der Tiefenlinien zu suchen (also Buchten und Landzungen), weil sich Futterfische hier etwas länger aufhalten und deshalb Räuber hier gern lauern. Kennt man die bevorzugte Tiefe der Räuber nicht, so wählt man einen Angelplatz, an dem besonders viele Tiefenlinien sehr dicht zusammen liegen, weil man dann einfacher in den Wahrnehmungsbereich eines Räubers gelangen kann. Wichtig ist hier, dass man Köder möglichst flacher anbietet, als man die Räuber vermutet. Eine Jagd aus dem Dunkel der Tiefe, von unten nach oben ist normal, von oben nach unten eher selten bei Räubern. Bei uns am Möhnesee gibt es z.B. eine Landzunge, die weit in den See mit einem Flachwasserplateau herausragt. Seitlich daneben fallen die Kanten steil bis auf über 25 Meter Tiefe ab. Es ist ein echter Hotspot, um den herum regelmäßig im Sommer und Herbst wirklich kapitale Räuber gefangen werden. Hechte, Zander, Barsche und Seeforellen lieben diesen Platz, weil er einfach alles bietet, was sich ein Räuber wünscht: „Frische Luft“, dicht zusammen liegende Tiefenlinien mit vielen Richtungsänderungen, Futterfische und kurze Wege vom Tiefenwasser in flacheres Wasser. Wir haben dort regelmäßig beobachtet, dass sich die Räuber auch gern vor die Landzungen ins Freiwasser stellen und sozusagen beobachten, was um die Kanten herum passiert. Schleppangler, die teilweise auch dutzende Meter entfernt vorbei fahren, sind ebenfalls recht erfolgreich. Faktor Zeit Neben der jahreszeitlichen Betrachtung der Angelstellen spielt auch das Tageslicht und damit die Tageszeit eine große Rolle. Gerade Zander, aber auch kapitale Hechte und Barsche habe ich immer wieder am Tage an sehr tiefen Plätzen auf dem Echolot entdeckt. Sie waren dort aber oft auch schwer oder gar nicht fangbar. Später am Abend wanderten sie dann aus der Tiefe entweder auf die Plateaus der Landzunge oder sogar in die ruhigen Buchten mit flachem Wasser, wo sie sich dann kräftig die Bäuche voll schlugen. Angler, die also mit der richtigen Zeit kommen und gehen, werden deutlich erfolgreicher sein, als diejenigen, die immer wieder die gleichen Plätze „aussitzen“… Zeichnung: R.Jahnke. Bericht von Uli Beyer, vor Mai 2009

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