Der Europäische Flusswels war ursprünglich in Italien gar nicht heimisch, sondern wurde durch den Menschen etabliert. Vermutlich wurde er im oder nach dem Zweiten Weltkrieg in einigen Flüssen in Mittel- und Südeuropa ausgesetzt, um der Nahrungsmittelknappheit entgegenzuwirken. Als wärmeliebender Fisch fand der Wels im Po in Norditalien sehr günstige Bedingungen vor und vermehrte sich schnell.
Wallerangeln in Italien: Die Anfänge
Da der Wels als Speisefisch bei den Italienern nicht unbedingt beliebt war, landete er dort mit zunehmendem Wohlstand immer seltener auf dem Teller. Jahrzehntelang konnte der Anpassungskünstler Wels wachsen und gedeihen, und irgendwann tauchten die ersten kapitalen Exemplare im Po auf. Das gezielte Angeln auf Welse begann in Italien vor ungefähr 30 bis 35 Jahren, wobei es in den ersten Jahren keine nennenswerten Entwicklungen gab. Man wusste im Grunde genommen gar nichts über das Welsangeln bzw. den Wels an sich und es gab keinerlei spezielles Material für diese Fischerei. Improvisieren war angesagt; man behalf sich damals meist mit Equipment aus der Hochseeangelei.
Bild: J. Troppacher
Die Geräte und Montagen fürs Welsangeln am Po waren anfangs nicht besonders ausgefeilt. Größtenteils bediente man sich aus dem Bereich des Meeresangelns.
Es gab auch nur wenige Anlaufstellen, bei denen man Boote ausleihen konnte, und mit den Einheimischen musste man sich mit Händen und Füßen verständigen. Ich habe viele, sehr abenteuerliche und unterhaltsame Geschichten aus diesen Anfangszeiten gehört, doch darauf will ich an dieser Stelle nicht näher eingehen. Machen wir stattdessen einen Sprung in die 1990er Jahre: Immer mehr Angler interessierten sich zu dieser Zeit dafür, einen dieser Monsterfische aus dem wilden Po zu landen. Die Nachfrage stieg. Und langsam aber sicher entstand ein Markt rund um das Thema Welsangeln.
Bild: J. Troppacher
Die Fänge waren trotz des Fehlens von speziellem Equipment dennoch nicht zu verachten. Autor Johann Troppacher mit einem seiner Fänge aus den 1990er Jahren.
Die Meilensteine des Angelns auf den Riesenwels aus dem Po
Meilenstein Nr. 1 in der Entwicklung des Wallerangelns am italienischen Po war sicher die Gründung von Camps. Die ersten waren noch sehr spartanisch, mit einem Minimum an Ausstattung. An dieser Stelle betritt der Österreicher Andreas Gutscher die Bühne, der im Jahr 1996 eine Vision hatte: Er wollte es Sportfischern ermöglichen, unter angenehmen Bedingungen auf den Wels fischen zu können. Nach mehrmaligem Testangeln unter schwierigsten Bedingungen entschloss er sich kurzerhand, mit der ganzen Familie nach Italien ins Po-Delta zu ziehen, um dort „Andy‘s Wallercamp“ zu gründen. Seine Idee fand großen Anklang und er ist bis heute erfolgreich damit, auch wenn er nicht der einzige blieb.
Die ersten Produkte speziell für das Welsfischen kamen bald auf den Markt und die Angler entwickelten vor Ort am Fluss laufend neuartige Techniken, parallel dazu wurden wiederum Produkte kreiert. Das Welsangeln wurde populärer und nicht nur der Po, sondern auch der Ebro in Spanien und die Rhone in Frankreich wurden zum Mekka vieler begeisterter Angler. Doch es fehlte eine zentrale Informationsquelle, eine Plattform für den Erfahrungsaustausch.
Bild: J. Troppacher
Nach wie vor gängige Praxis: das Auslegen von Montagen mithilfe eines Schlauchbootes.
Die Spezialisierung des Wallerangelns
Zeit für Meilenstein Nr. 2: 2004 wurde die Website „wallerforum.com“ released und auch prompt zum Erfolg. In kurzer Zeit meldeten sich Hunderte von Usern an, denn auf der Plattform kam man kam endlich zu detaillierten Informationen über die gebartelten Riesen aus dem Süßwasser. Vier Jahre später kam es auch schon zum nächsten, dem 3. Meilenstein: Eine Marke wurde geboren.
Im Jahr 2008 brachte Stefan Seuß, eines der „Urgesteine“ vom Po, in Zusammenarbeit mit Zebco Europe GmbH eine komplette Produktpalette mit Spezialgerät für das moderne Welsangeln auf den Markt. Black Cat ist heute noch die führende Marke in ganz Europa. Natürlich blieb man nicht außer Konkurrenz. Immer mehr innovative Produkte wurden entwickelt und das Equipment wurde schnell umfangreicher.
Mit Boot und Echolot zum Riesenwels
Zeit für Meilenstein Nr. 4: Das Bootsangeln. Welsangler wollen (und „müssen“ mittlerweile) die Zeit am Fluss effektiv und optimal nutzen. Diesem Bedürfnis ist Markus Eule, Betreiber des Camps „ Waller-Welt“ am Po-Mittellauf, nachgegangen und hat 2015 die ersten MEXT-Boote entsprechend der speziellen Anforderungen der modernen Welsangelei entwickelt. Diese bieten die Möglichkeit, mehrere Tage am Stück frei und unabhängig angeln zu können, und zwar mit einem gewissen Komfort.
Bild: J. Troppacher
Mittlerweile steht Welsanglern eine große Auswahl an modernem und perfekt abgestimmtem Equipment zur Verfügung.
Den letzten markanten Sprung und somit den 5. Meilenstein lieferte der Einzug der Livescope-Technologie am Po. Ungefähr seit 2018 werden hochauflösende Echolote für das Wallerangeln – hauptsächlich zum Vertikal- und Aktivangeln – am Po eingesetzt, die in keinem Vergleich zu den bisher verwendeten Geräten stehen. Mit Hilfe dieser neuen Technologie sieht man plötzlich noch nie dagewesene Bilder der lautlosen Giganten, die vieles ändern. Sehen wir uns nun die Entwicklung der Welsangelei am Po im Detail an.
Wallerangeln in Italien: Evolution einer Angelmethode
Jährlich pilgern tausende Welsangler an den „Grande Fiume“, den „Großen Fluss“, um ihren Traumfisch zu fangen. Doch das ist gar nicht mehr so einfach, wie es früher einmal war. Denn nicht nur wir, sondern auch die Fische haben in den vergangenen Jahrzehnten dazugelernt. Genügte es anfänglich noch, irgendwo am Fluss irgendwelche Köderfische an einfachen Posenmontagen gleich direkt neben dem Boot zu präsentieren, um in kurzer Zeit mehrere kapitale Welse zu fangen, musste man mit den Jahren immer mehr Aufwand betreiben und mitunter sehr kreativ werden, um Fangerfolge verbuchen zu können.
Bild: J. Troppacher
In früheren Jahren genügte es häufig, seine Köder direkt neben dem Boot abzulegen, um Welse im Po zu fangen.
Aktiv auf Wels angeln
Zum gut funktionierenden Posenangeln kam zunächst die erste Form des aktiven Angelns auf Wels dazu. Es hatte sich herumgesprochen, dass die Tiere sich oft am Grund des Flusses aufhalten, und natürlich musste man auch irgendwie an sie herankommen. Das sogenannte „Schleifen“ war geboren, bei dem man einen Köder hinter dem treibenden Boot nachschleift, um bei abliegenden Welsen einen Beißreflex zu provozieren. Dann „erfand“ man die erste Methode des stationären Grundangelns auf Wels, bei der man mittels Seabooms und Blei(en) seinen Köderfisch in beliebiger Tiefe anbieten konnte.
In weiterer Folge entwickelte man die Steinmontage, wie wir sie heute noch angeln. Auch das altbewährte Posenangeln wurde weiterhin praktiziert, brachte jedoch schon längst nicht mehr die gewünschten Erfolge. Einige Angler versuchten ihr Glück mit Sideplanern, Strömungsschwimmern, Drachenposen und Drachenplanern. Die Teile wurden damals teilweise selbst gebaut und im Wallerforum tauschte man Erfahrungen sowie Bauanleitungen aus.
Gerät für das Wallerangeln in Italien
Doch was helfen alle kreativen Angelmethoden, wenn das Tackle nicht hält? Die Welse, die gefangen wurden, waren immer größer und man benötigte möglichst hartes Gerät, um die Riesenwelse vom Ufer des Flusses mit der Rute ausdrillen zu können. Vor rund 25 Jahren, als ich selbst meine ersten Reisen an den Po antrat, gab es wie bereits erwähnt noch keinen eigenen Markt für Produkte speziell zum Welsangeln. Man musste sich das Tackle aus anderen Angelbereichen holen und entsprechend adaptieren.
Ruten und Rollen kamen hauptsächlich aus dem Bereich des Hochseeangelns, sowie auch die Schnüre und Haken. Diese Produkte erfüllten ihren Zweck, da sie die nötige Stärke für harte Drills mit großen Welsen hatten, außerdem verfügten die Rollen über eine ausreichende Schnurfassung. Teilweise war das Equipment natürlich komplett überdimensioniert. Auch die Köder zum Spinnfischen auf Wels kamen damals aus dem Hochseeangelbereich.
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Das Spinnfischen auf Wels fand schnell Anhänger und wird auch heute noch gerne praktiziert.
Ungarinnen erfanden das Wallerklopfen
Was aktive Angelmethoden betrifft, wurde damals bereits auch das Klopfen mit dem Wallerholz praktiziert. Kurzer Exkurs zum Thema Klopfen: Zwei Welsangler aus Ungarn haben mich vor kurzem darüber aufgeklärt, wie eigentlich das Klopfen auf Wels entstanden ist. Sie erzählten: „Als vor vielen Jahren die ungarischen Frauen ihre Wäsche noch in Flüssen wuschen, stellten sie fest, dass sie scheinbar die Welse anlockten, wenn sie mit ihren Waschhölzern auf die Wasseroberfläche schlugen. Die Männer schauten sich das ab und entwickelten die ersten Wallerhölzer.“
Schnüre wie Schranken: Bootsunfälle beim Abspannen
Als meine Freunde und ich die ersten Trips an den italienischen Po unternahmen, wurden bereits unterschiedliche Methoden zum Welsfischen praktiziert. Das Angeln mit Posen und/oder Steinmontagen war angesagt, sowie auch das Bojenangeln. Da jedoch sehr viele Angler (mich eingeschlossen) den Fluss mit den Bojen komplett kreuz und quer zugespannt hatten und dementsprechend viele Unfälle mit vorbeifahrenden Booten passierten, wurde der Einsatz von Bojen bald verboten. Die Steine für unsere Steinmontagen klauten wir damals noch von den angelegten Schüttungen an den Außenkurven weg, was heutzutage ein absolutes No-Go ist, denn immerhin wurden diese Schüttungen zum Schutz vor schlimmen Überschwemmungen errichtet.
Bild: J. Troppacher
Noch vor 15 Jahren war das Uferfischen mit Bojenmontagen eine der am häufigsten eingesetzte Methode am Po. Inzwischen ist es verboten.
Waller-Equipment: Extremes Gerät für extreme Geräte
Nach unseren ersten Jahren am Po, in denen wir so viel improvisieren mussten, änderte sich schließlich etwas. Entsprechend der Techniken und Methoden, mit denen die Angler am Po die ersten Jahre notdürftig auf Wels geangelt hatten, wurden endlich gezielt Produkte entwickelt. Zunächst haben bestehende Firmen aus anderen Angelbereichen vereinzelt Produkte speziell zum Welsangeln verkauft. Schließlich entwickelte die Firma Zebco gemeinsam mit Stefan Seuß die erste reine Welsmarke, die ein komplettes Sortiment zum Angeln auf Großwelse anbot. „Extremes Tackle für extreme Fische“. Die Produkte von Black Cat sprachen mich sofort an, und ich und meine Freunde rüsteten auf.
Seitdem hat sich in Sachen Techniken und Methoden an sich nicht mehr viel geändert. Wie auch? Es gibt nur entweder Oberflächen- oder Grundmontagen, das Schleppen, das Vertikalangeln, sowie das Blinkern und Spinnfischen. Die ersten Hersteller von speziellem Wels-Equipment griffen die vorhandenen Praktiken auf und gingen bei der Produktentwicklung ins Detail. Bald gab es verschiedenste Posen und U-Posen, Haken und Schnüre und mit diversem Kleintackle versuchte man die Techniken zu perfektionieren, denn man merkte schon, dass die Welse langsam aber sicher immer misstrauischer wurden und es bereits schwieriger wurde, sie zu überlisten.
24 Stunden für den 2-Meter-Riesenwels
Diese Entwicklung, bzw. einen Teil davon konnte ich selbst auch sehr gut beobachten. Seit ungefähr 2010 angle ich regelmäßig und intensiv am großen Fluss. In meinen ersten Jahren als Guide verwendete ich standardmäßig das Kombi-Rig und meine Gäste hatten zu 95 % innerhalb der ersten 24 Stunden den ersten Ü-2-Meter-Wels an der Angel. Diese Zeiten sind definitiv vorbei.
Permanentes adaptieren der Rigs und Montagen und der Einsatz von gewissen Triggern, wie beispielsweise Rassel-U-Posen, Knicklicht- Montagen, Liquids, Sprays und so weiter sind mittlerweile fast schon notwendig, um die Fische zum Biss zu animieren – zumindest zu gewissen Zeiten und in bestimmten Phasen, in denen unsere gebartelten Freunde nicht sehr beißwillig sind. Doch nicht nur in Sachen Tackle hat sich vieles getan.
Erste Boote für das Angeln auf dem Po
Ich kenne den Po noch aus den Zeiten, in denen es nur wenige deutschsprachige Anlaufstellen für Welsangler gab. Neben Andy’s Wallercamp entstanden zunächst weitere Camps entlang des Unterlaufs und im Po-Delta, und schon bald wurde auch der Mittellauf für Welsangler erschlossen. Heute gibt es um die 15 deutschsprachige Wels-Camps am Po. Ich selbst war in meinen Anfangszeiten mit meinem Vater meistens beim „Walter in Serravalle“. Bei ihm gab es Boote und Blockhütten zu mieten, wobei wir in der Hütte im Prinzip immer nur unser Zeugs verstaut haben, weil wir auch damals schon die meiste Zeit am Fluss oder auch im Boot geschlafen haben. Nur war das zu der Zeit noch alles andere als komfortabel oder praktisch.
Woran ich mich noch sehr gut erinnern kann, war der giftgrüne Filzstoff, mit dem Walters Boote innen bezogen waren. Vor allem kann ich mich an das Putzen desselben am Ende der Woche erinnern. Es hat jedes Mal Stunden gedauert, mit dem Staubsauger den Sand, den Welsschleim und vor allem die Haare unserer Hunde aus dieser verflixten Stoffauskleidung rauszubekommen. Fairerweise muss ich sagen, dass mein Vater immer die meiste Arbeit gemacht hat.
Schleppen und schlammige Uferangelei
Auch die Zeit, in der ich am Mittellauf in der Gegend von Cremona geangelt habe, war in gewisser Hinsicht eine Challenge. Dort haben wir fast ausschließlich von Uferplätzen aus geangelt und mussten ständig das ganze Tackle, Zelt, Liege, Stühle, Tisch und so weiter über die – je nach Wasserstand – oft meterhohen und steilen Ufer rauf und runter schleppen. Im schlimmsten Fall war auch noch alles schlammig und der ganze Dreck klebte am Equipment und am Boot. Auch nicht das Wahre. Es wurde somit Zeit für was Neues!
Bild: J. Troppacher
Schlammschlachten wie diese gehören mittlerweile der Vergangenheit an.
Luxus pur: Wallerangeln in Italien mit Eules MEXT-Booten
Seit den Anfängen der Welsangelei hat sich in Sachen Camps und Boote einiges geändert. Der Begriff „Camp“ ist im Grunde genommen nicht mehr zeitgemäß. Die meisten Angler benötigen heutzutage lediglich eine Base, wo ihnen gewisse Serviceleistungen geboten werden, und wollen die Zeit am Wasser effektiv nutzen. Sie wollen vor allem auch unabhängig sein, was die Platzwahl betrifft. Der steigende Angeldruck sorgt schon lange dafür, dass die Fische sensibel auf Boote reagieren und immer misstrauischer werden. An viel beangelten Plätzen am Fluss halten sich oft länger keine Welse auf.
Die Platzwahl kann über den Riesenwels entscheiden
Hat man jedoch die Möglichkeit, an Stellen zu angeln, die selten angefahren werden, oder gewisse Hotspots aus anderen Winkeln anzufischen, kann das heutzutage ein entscheidender Faktor für den Fangerfolg sein. Außerdem soll auch ein gewisser Komfort am Fluss nicht fehlen, denn nur so kann man sich auch wirklich auf das Angeln konzentrieren. Entsprechend dieser Entwicklungen hat Markus Eule in Zusammenarbeit mit verschiedenen Experten in Sachen Bootsbau die modernen MEXT-Boote entworfen. Er hat damit einen ganz neuen Bootstyp kreiert und das Angeln und Schlafen am Boot hat für viele einen ganz neuen Stellenwert bekommen.
Dank MEXT-Boot durchgehend am Wasser
Die Boote wurden speziell für Angelzwecke entwickelt und sind bestens dafür geeignet, ein paar Tage und Nächte durchgehend am Fluss zu verbringen. Dies bringt einerseits eine immense Arbeitserleichterung mit sich, da man das ganze Equipment nicht mehr ständig ein und ausladen muss. Im Zeitalter der MEXT-Boote richtet man sich einmal ein, fährt zum gewünschten Platz und fängt an zu angeln. Außerdem bringt es den großen Vorteil mit sich, dass man nicht mehr an die Ufer gebunden ist und sich quasi mitten im Fluss verankern kann.
Bild: J. Troppacher
Das Welsangeln am Po findet heutzutage größtenteils nicht mehr am Ufer statt. Auf modernen MEXTBooten lässt es sich auch mehrere Tage lang gut aushalten.
Mit dem Echolot zum Waller
„Das Beobachten und Lesen der Natur ist ein wichtiger Faktor, wenn man erfolgreich auf Wels angeln will!“, so lautete bislang die Devise. Im Moment scheint es jedoch so, als wäre das Bedienen und Lesen eines technischen Gerätes, eines Echolots, entscheidend für den Fangerfolg. Doch schön der Reihe nach.
In den allerersten Jahren des Welsangelns am Po wusste man so gut wie nichts über das Verhalten dieser Fischart. Da ihr Habitat vorzugsweise trübes Wasser ist, waren sie weitgehend vor Aufnahmen mit Unterwasserkameras geschützt und es gab lange sehr wenige Informationen über die Lebensweise des Europäischen Flusswelses. Das ist vermutlich auch der Grund dafür, dass es so viele Mythen über die Ungeheuer aus dem trüben Wasser gab. Das mangelnde Wissen ließ viel Platz für Spekulationen.
Anfänge der Echolottechnik in der Wallerangelei
Vor 25 Jahren hatte man bereits Echolote zum Wallerangeln am Po im Einsatz, doch die Qualität der gelieferten Bilder war noch sehr primitiv. Man verwendete sie hauptsächlich, um zu sehen, wie tief das Wasser ist und wo sich markante Strukturen zeigen, wie Sandabrisse oder Kanten. Mit den Echoloten, die ich vor etwa 10 Jahren verwendete, konnte man bereits Silhouetten von Fischen erkennen, doch was genau man am Display sehen konnte, das waren größtenteils nur Spekulationen.
Es gab bestimmt Angler, die diese Echolote bereits so gut lesen konnten, dass sie wirklich große Welse erkannten, doch ich gehörte (wie die meisten, denke ich) definitiv nicht dazu. Um Bereiche zu finden, wo sich Welse aufhalten, musste man also wie bereits erwähnt die Gegebenheiten am Fluss gut beobachten und einschätzen.
Im Verlauf der letzten Jahre wurde das Vertikalangeln immer beliebter am Po. Kein Wunder, denn diese Methode entspricht ganz unseren modernen Zeiten. Das Motto lautet: Größer, schneller, weiter. Man benötigt wenig Tackle, kann in kurzer Zeit viel Strecke machen und vor allem kann man gezielt die großen Fische beangeln. Außerdem ist diese aktive Angelmethode sehr aufregend. Entsprechend der steigenden Beliebtheit des Vertikalangelns wurde die Weiterentwicklung von Echoloten extrem beschleunigt und so kam schließlich vor einigen Jahren die Livescope-Technologie auf den Markt.
Das Livescope: Fluch und Segen zugleich
Diese Geräte lieferten erstmals wirklich deutliche und flüssige Bilder der Welse – und das änderte vieles. Man kann die einzelnen Exemplare sowie deren Bewegungen deutlich erkennen und man sieht auch genau, wie groß die Fische sind. Und ich sage euch, es ist zermürbend. Nun ja, zunächst ist es faszinierend und fast schockierend zu sehen, wieviel eigentlich los ist im trüben Wasser des Po! An gewissen Hotspots halten sich oft mehrere Welse auf und es ist Nervenkitzel pur, wenn man am Bildschirm genau sieht, wie sich die Fische dem Köder nähern. Auch das Anlocken der Fische mit dem Wallerholz funktioniert (überraschenderweise) zumindest bei mir am Oberlauf des Flusses noch sehr gut.
Bild: J. Troppacher
Spannend: Die Livescope-Technologie ermöglicht ganz neue Einsichten ins Wasser – und bietet die Möglichkeit, das Verhalten der Welse zu ergründen und zu verstehen.
Es ist jedoch absolut frustrierend zu beobachten, dass die Fische zu 99 % wieder abdrehen und den Köder nach einem kurzen Anflug von Neugier dann doch links liegen lassen. Man sieht also ganz deutlich, dass die Po-Welse bereits dazugelernt haben und jeden Köder genau prüfen. Abgesehen von Fangerfolg oder nicht, finde ich es persönlich sehr interessant, mittels der Livescope-Technologie das Verhalten der Flussgiganten zu beobachten. Zu sehen, wie sie sich einem Köder nähern, wie lange sie oft mitschwimmen, wie sie sich verhalten, wenn ein anderer Wels die Bühne betritt, und vieles mehr.
Wallerangeln in Italien mit dem Bellyboot
Die Königsdisziplin in Sachen Vertikalangeln ist derzeit das pelagische Angeln vom Bellyboot mit dem Livescope. Peter Hutting ist ein niederländischer Angler, der mit seinem Bellyboot bereits öfter bei mir in der „Waller-Welt 2.0“ zu Gast war. Er ist eine absolute Ausnahme auf dem Gebiet des pelagischen Angelns auf Wels. Peter betreibt lediglich diese Form des Wallerangelns und hat bereits hunderte Welse über zwei Meter zum Biss animiert, darunter einige jenseits der 2,50 m. Vergangenes Jahr konnte er sogar den Oberlauf-Rekordwels mit 2,68 m überlisten.
Bild: J. Troppacher
Der Niederländer Peter Hutting ist wohl einer der extremsten Angler auf dem Po. Er fischt ausschließlich vom Bellyboot und hat sich auf kapitale Welse eingeschossen.
Für die Bellyboot-Angelei ins Fitnessstudio
Manche denken jetzt vielleicht: „Mit dem Livescope kann das doch jeder“. Aber ich kann Ihnen garantieren, so einfach ist das gar nicht! Seinen Erfolg hat Peter nicht alleine der Technologie zu verdanken. Für ihn ist Welsangeln harte Arbeit, sowohl für den Körper als auch den Kopf. Er trainiert regelmäßig seine Oberschenkel- und Rückenmuskulatur, damit ihn während der Drills im Belly-Boat die Kraft nicht verlässt. Zudem macht er stundenlanges „Trockentraining“ in seinem Bellyboot auf Gewässern mit starkem Wellengang, ohne wirklich zu angeln – nur um zu lernen, wie er die Angel bzw. den Köder auch bei Wind absolut ruhig halten kann.
Der Fokus ist auf dem Riesenwels
Außerdem ist er komplett fokussiert auf das Angeln, sobald er am Fluss ankommt. Anders als die meisten, die nicht nur zum Angeln an den Po kommen, sondern auch ein bisschen Urlaub machen wollen, kommt Peter nur, um zu angeln – und zwar „nur die großen Fische“, wie er mit seinem sympathischen holländischen Akzent und einem Lächeln im Gesicht sagt. Ist er am Po, verbringt er täglich viele Stunden mit der Jagd nach Rekordfischen und ist dabei voll und ganz auf den Bildschirm konzentriert. Pausen macht er nur, wenn es unbedingt sein muss, entweder zum Schlafen oder zum Essen. Dann geht‘s sofort wieder raus. „Es ist wie ein Computerspiel, mit dem man nicht aufhören kann“, sagt er selbst.
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Einer der gigantischen Po-Waller, die Peter Hutting (rechts) im Laufe der Jahre bändigen konnte.
Militantes Markendenken? Wir sind alle Angler!
Was hat sich noch geändert in Punkto Wallerangeln in Italien? Das Wallerangeln ist für viele zum Lifestyle geworden. Sprüche wie „No fishing, no life“ (von Thomas Axthaler, Campbetreiber in Spanien), oder „F*** the world, catch a catfisch“ wurden ins Leben gerufen und sprechen für sich. Natürlich haben auch die einschlägigen Marken diese Entwicklung – sagen wir mal vorsichtig – „unterstützt“.
Bild: J. Troppacher
Mit fortschreitender Perfektionierung entwickelte sich das Welsangeln für viele zum Lifestyle.
Mehr gegenseitige Akzeptanz am Wasser
Man kann sich heutzutage von oben bis unten mit Markenware einkleiden und ausrüsten, es gibt alles zu kaufen, was das Anglerherz begehrt. Das ist ja alles schön und gut, doch leider hat sich im Laufe der letzten Jahre ein gewisses Markendenken in der Szene eingeschlichen, welches teilweise nicht mehr gesund ist. Manche übertreiben es einfach mit der Affinität zu ihrer Lieblingsmarke und gewisse Einstellungen wie „du bist blöd, weil du angelst für XY“ kann ich gar nicht nachvollziehen.
Egal, welches Team und welche Herkunft – wir sind alle Angler und sitzen im selben Boot. Diese Einstellung lebe ich in der Waller-Welt 2.0 vor und ich schätze den Meinungsaustausch, der bei mir im Camp jeden Tag stattfindet. So gut wie jeder Gast spricht hier ganz offen darüber, was er wo und wie gefangen hat, ohne auf irgendwelche Markensymbole beim anderen zu achten. Es kommt höchstens vor, dass man sich gegenseitig scherzhalber aufzieht, wenn es um das Thema geht.
Das Wallerangeln in Italien verbindet
Natürlich stehe ich persönlich hinter der Marke, die ich vertrete, genauso wie auch alle anderen Personen, die ich im Zuge der Erstellung dieses Artikels befragt habe. Doch ich sehe andere nicht als Konkurrenz. So eine Einstellung blockiert einen nur und sorgt für Unmut. Der Fluss ist groß genug für uns alle. Und wenn man das ganze unnötige Neidgeplänkel beiseite lässt, kann man sich doch viel besser auf das Wesentliche, nämlich das Angeln und die Natur konzentrieren.
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Auch ein gewisses Markendenken schlich sich in das Wallerangeln in Italien ein.
Von Fachzeitschriften zu YouTube, Facebook & Co.
Wer kann sich noch an die Zeiten erinnern, in denen ein paar wenige Fachzeitschriften die einzige Quelle für (halbwegs) aktuelle Informationen zum Thema Wallerangeln waren? Der Blinker war damals wie eine heilige Schrift für mich. Ich habe viele der alten Ausgaben gesammelt und besitze sie heute noch. Vor rund 25 Jahren gab es das Internet zwar schon, aber man fand lange nicht diese Fülle an Informationen, die uns heute zur Verfügung stehen.
Wie bereits erwähnt war das „Wallerforum“, das im Jahr 2004 online ging, die erste Plattform, wo man sich Informationen holen, gezielt Fragen zum Thema stellen konnte und wo Meinungen und Dinge interaktiv diskutiert wurden. Social Media war geboren und veränderte nicht nur das Welsangeln, sondern einfach alles. Als schließlich auch noch das Videoportal YouTube auf der Bildfläche erschien, ging es Schlag auf Schlag. Man entdeckte das Potenzial dieser Plattform zur öffentlichen Weitergabe von Informationen. Und das noch dazu gratis!
Bald schon waren erste Erklärvideos zu jedem erdenklichen Thema online, so auch speziell zum Wallerangeln am italienischen Po. Natürlich fanden sich schnell haufenweise Fangbilder von Riesenwelsen aus dem Fluss im Netz. Der Konkurrenzkampf, den es vermutlich vorher auch schon gab, wurde dadurch nochmal ordentlich angefeuert und das sorgte immer mehr dafür, dass viele Angler unter immensem Druck standen. Doch das muss nicht sein. Jeder ist für sich selbst verantwortlich, entscheidet für sich selbst und es ist kein Muss, bei der Selbstdarstellung im Internet mitzumachen, oder sich auch nur in irgendeiner Weise davon beeinflussen zu lassen. In erster Linie geht es um das Wohl des Fisches und darum, Spaß an der Sache zu haben.
Wasserqualität und Artenvielfalt des Po
Durch den Bau des Wasserkraftwerkes und der Stauanlage von Isola Serafini wurde in den 1950er Jahren, im Zuge der Industrialisierung der Po-Ebene, massiv in das Ökosystem des größten italienischen Flusses eingegriffen. Diverse Fischarten, wie beispielsweise der Stör oder auch der Aal galten seitdem im Po als ausgestorben. Beide sind Wanderfische, die zum Laichen entweder vom Meer ins Süßwasser oder umgekehrt, vom Süßwasser ins Meer ziehen müssen. Die Staustufe stellte für sie eine unüberwindbare Barriere dar.
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Die in den 1950er Jahren erbaute Staustufe bei Isola Serafini wurde besonders Wanderfischarten wie Stör und Aal zum Verhängnis.
Fischwanderung von der Adria bis in die Schweiz
Glücklicherweise setzten sich in den letzten Jahren viele Menschen in Italien für die Natur ein und ein umfangreiches ökologisches Projekt wurde initialisiert. Nach jahrelanger Arbeit wurde im Jahr 2017 die gigantische Fischtreppe in Betrieb genommen. Dank dieser Installation ist nun eine durchgehende Fischwanderung vom Delta des Po über den Fluss Tessin bis zum Lago Maggiore und sogar zum Luganer See in der Schweiz möglich. Im Zuge des Projektes wurden außerdem an verschiedenen Stellen des Po rund 3000 Störe ausgesetzt. Diverse Sichtungen lassen bereits vermuten, dass die Bemühungen zur Wiederansiedelung erfolgreich waren.
Bild: J. Troppacher
Dank einer gigantischen Fischtreppe können Fische seit 2017 die Staustufe ungehindert passieren.
Dreckbrühe war gestern!
Die Meinung, dass der italienische Po ein dreckiger Fluss ist, ist weit verbreitet und hält sich immer noch hartnäckig. Nicht selten kommen Angler an den Po, die mich fragen, ob ich mich überhaupt traue, in das Wasser zu gehen. Vor ein paar Jahrzehnten war es wohl auch noch so, dass dieser Fluss eine sehr schlechte Wasserqualität hatte. Die Po-Ebene war (und ist) das größte Industriegebiet in ganz Norditalien und sämtliche Abwässer der zahlreichen Industrieanlagen, die man entlang des Po gebaut hatte, liefen früher vermutlich komplett ungefiltert in den Po. Darunter auch schwer giftige und gefährliche Substanzen.
Doch nicht nur für große Firmen, auch für Privatpersonen diente der Fluss sozusagen als Mülleimer und man versenkte einfach alles, insbesondere jedoch Dinge, die schwer zu entsorgen waren. Zum Glück veränderte sich in den letzten Jahren das Umweltbewusstsein der Menschen und die Industrieanlagen in der Region werden viel strenger kontrolliert.
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Im Zuge der verbesserten Wasserqualität nimmt auch die Artenvielfalt im Po zu. Barben sind heutzutage in vielen Bereichen reichlich vorhanden.
Wasserqualität im Po heute bedeutend besser
Aktuelle Wasserproben des Po zeigen einen deutlichen Rückgang der Schwermetall- und Chemikalienbelastung, was sehr erfreulich ist. Nicht zuletzt durch den Bau der Fischtreppe bei der Staumauer von Isola Serafini, sondern auch aufgrund der Tatsache, dass die Wasserqualität des größten italienischen Flusses im Lauf der letzten Jahre viel besser wurde, ist im Po wieder eine Artenvielfalt entstanden, wie es sie schon lange nicht mehr gab. Vor allem am Oberlauf des Flusses. Für den Wels bedeutet das natürlich eine immense Verbesserung, was vermutlich dazu beitragen wird, dass sein Vorkommen in Zukunft ansteigen wird. Eine gute Aussicht.
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Auch die Zanderpopulation im Po ist dank verbesserte Wasserqualität wieder gestiegen.
Wallerangeln in Italien: Was bringt die Zukunft?
Welsangler am Po genießen sehr viele Freiheiten. So ist am Fluss beispielsweise das Lenken eines Motorbootes bis 40 PS ohne Bootsführerschein erlaubt. Das Angeln mit Lebendködern ist legal (zumindest in den meisten Regionen), genauso wie die Verwendung von Drillingen und Widerhaken. Wenn man möchte, kann man Tag und Nacht durchangeln und im Prinzip sind alle Angeltechniken erlaubt, oder werden zumindest geduldet. Außer, wie bereits erwähnt, das Bojenangeln und das Abspannen quer über den Fluss.
Man kann also im Grunde genommen alles tun, worauf man Lust hat, solange man auf seine Mitmenschen und die Natur achtet. Am Po in Italien kann man wirklich noch richtige Abenteuer erleben – und das ohne große Einschränkungen. Deshalb plädiere ich auch immer dafür, dass die wenigen Regeln, die von den diversen italienischen Behörden vorgegeben sind, am Fluss eingehalten werden, und dass man sorgsam mit der Natur umgeht. Es ist durchaus möglich, dass sich die Gesetzeslage am Po in Italien irgendwann ändert, wie es auch an anderen Gewässern bereits geschehen ist.
Bild: J. Troppacher
Der Po ist bekannt für extreme Hochwasser. In den letzten Jahren blieben sie immer mal wieder aus.
Was, wenn beispielsweise das Angeln mit Lebendködern generell verboten wird? Oder das Nachtangeln? Alles ist möglich. Und wenn sich Gesetze ändern, kann man nichts dagegen machen. Meine persönliche Vermutung ist, dass früher oder später eventuell die Verwendung der Livescope-Technologie verboten wird. Jedenfalls ist die Zukunft des Wallerangelns in Italien ungewiss.
Dürrekatastrophe am Po?
So gut wie jeder hat im vergangenen Jahr die Meldungen einer anstehenden Dürrekatastrophe am Po mitbekommen. Die Bilder vom Fluss waren teilweise erschreckend. Noch vor ein paar Jahren hätte ich niemals gedacht, dass der Po irgendwann einmal austrocknen könnte. Die Lage war definitiv ernst, ich muss aber auch dazu sagen, dass die Situation von den Medien dramatischer dargestellt wurde, als es in Wirklichkeit war. Natürlich gab es in Norditalien wie auch in anderen Gegenden Europas extrem wenig Niederschlag. Der Wasserstand des Po war bzw. ist sehr niedrig und es gab 2022 weder im Frühjahr noch im Herbst ein nennenswertes Hochwasser.
Doch Fakt ist auch, dass sowohl bei mir in der Waller-Welt 2.0 am Oberlauf des Flusses als auch im Bereich des Po-Deltas (laut Campbetreiber Andy Gutscher) der Pegelstand das ganze Jahr über im Normbereich lag. Die Medien veröffentlichten natürlich nur die schlimmsten Fotos, die sie auftreiben konnten und verzerrten so die Wirklichkeit. Ich will jetzt aber auf keinen Fall irgendwas beschönigen. Dürreperioden und Wasserknappheit sind vielerorts leider bittere Realität. Ich will lediglich darstellen, dass zumindest am Oberlauf des Flusses die Situation nicht gefährlich erschien.
Bild: J. Troppacher
Im Sommer 2022 sorgte der Fluss aber auch mit extremem Niedrigwasser für Schlagzeilen. Vielerorts war die Situation jedoch entspannt.
Die Waller werden immer schlauer
Manchmal wünschte ich mir, wir würden uns alle mal besinnen und auf den ganzen technischen und sonstigen Firlefanz verzichten, den wir Welsangler heutzutage verwenden. Ganz nach dem Motto „Back to the roots“. Aber das wird leider nicht passieren. Wenn man Erfolg haben will, muss man einfach mit der Zeit gehen, das ist beim Angeln nicht anders als in allen anderen Bereichen des Lebens. Im Moment scheint es so, als wäre der Mensch dem Waller einen Schritt voraus – Stichwort Livescope. Aber die Tiere lernen schnell, ganz besonders die Welse. Die „Siluri“, wie sie in Italien genannt werden, sind wahre Überlebenskünstler. Sie kommen mit jeglichen Umweltbedingungen gut zurecht, können sich gut anpassen, scheinen aus Erfahrungen zu lernen und diese auch weiterzugeben.
Ich kann mir vorstellen, dass die Welse in Zukunft noch viel sensibler auf die Schallimpulse diverser Echolote reagieren, dass sie generell noch viel vorsichtiger und misstrauischer werden und beim kleinsten Zweifel sofort das Weite suchen. Künftig wird es also vermutlich noch schwieriger werden, einem Wels erfolgreich eine Falle stellen zu können. Fakt ist, die Fische lernen dazu und uns muss bewusst sein, je mehr wir die Fische sensibilisieren, desto vorsichtiger und misstrauischer werden sie zukünftig reagieren. Ich denke, es wird nicht lange dauern, bis der Wels die Nase bzw. die Barteln wieder vorne hat.
Lasst uns gemeinsam Wallerangeln in Italien
Ich bin ehrlich gesagt froh darüber, dass sich zum Glück (sorry!) nicht jeder ein hochwertiges Livescope leisten kann. Beziehungsweise dass es nicht viele Welsangler gibt, die denselben Ehrgeiz beim pelagischen Angeln entwickeln, wie beispielsweise Peter Hutting. Zwar nutze ich selbst die Technologie zwar auch, aber ich bin vor allem daran interessiert, die Verhaltensweisen der Welse zu sehen und daraus zu lernen. Ich persönlich werde weiterhin hauptsächlich stationäres Welsangeln betreiben, denn für mich ist das Welsangeln am Po soviel mehr, als man auf einem kleinen Bildschirm sehen kann.
Was ich persönlich hoffe, ist, dass der Angeldruck am Fluss in Zukunft so halbwegs überschaubar bleibt. Am Oberlauf sorge ich selbst mit einer stark begrenzten Anzahl von Booten dafür. Es werden pro Woche nur vier Mietboote und drei private Boote zugelassen. Man kann hier nicht von Angeldruck sprechen – und so soll es sein und auch bleiben. Und was ich mir wünsche, ist, dass am italienischen Grande Fiume, am großen Fluss Po ein Miteinander von begeisterten Anglern herrscht, dass wir alle gemeinsam darauf Acht geben, dass die Welse mit Respekt behandelt werden und wir im Einklang mit der Natur und mit den heimischen Anglern bleiben. Dann kann es funktionieren, dass das Welsangeln am Po in der Form wie wir es kennen, noch lange weiter bestehen bleibt.
Bild: J. Troppacher
Hochsommer am Po: Auch bei relativ niedrigen Wasserständen sind gute Fänge möglich.
Expertenstimmen zum Wallerangeln in Italien
Stefan Seuß
Der Angeldruck hat sich verändert, die Montagen sind ausgeklügelter, der Bestand an Welsen ist kleiner und die Dichte an Großfischen hat zugenommen. Man muss für Angeltrips heute mehr Zeit einplanen, bzw. die Zeit besser nutzen. Früher verbrachte man noch viel Zeit im Camp, einer Hütte, oder sogar in einem Hotel. Heute wird das Boot beladen so schnell es geht und im Idealfall ist man die ganze Woche durchgehend draußen am Wasser.
Der Po hat in den letzten Jahren sehr viel an Fisch-Biomasse dazugewonnen. Dadurch gibt es für die Welse ein breites und üppiges Nahrungsangebot, was natürlich bedeutet, dass man weniger Fische fangen kann als früher. Aber dafür sind sie größer! In den letzten Jahren wurden sehr viele große Welse am Po gefangen, das macht das Angeln an diesem Fluss schon sehr speziell. Das Welsangeln am Po ist generell etwas ganz Besonderes. Man muss sich vorstellen, hier werden seit rund 20 Jahren, seit Beginn der modernen Welsangelei, permanent Montagen und Angeltechniken entwickelt und weiterentwickelt. Die Welse sind hier einfach am schwierigsten und am speziellsten zu beangeln. Und dadurch war man am Po immer schon Vorreiter für das Welsangeln in ganz Europa.
Bild: J. Troppacher
Der Waller-Profi Stefan Seuß hat die Wels-Marke Black Cat mit ins Leben gerufen.
Und was diesen Fluss auch noch so außergewöhnlich macht, ist die Tatsache, dass man hier wirklich noch ein Abenteuer erleben kann. Es gibt im Vergleich zu anderen Gewässern nur wenige Regeln, und wenn darauf geachtet wird, dass man die Flora und Fauna nicht schädigt und immer eine Mülltüte dabei hat, kann man am Po noch einen unbeschwerten Angeltrip erleben.
Benjamin Gründer
Die Techniken sind anders als vor 25 Jahren. Generell wird viel mehr Technik verwendet. Die Angler sind spezialisierter und fahren nicht mehr nur einmal im Jahr an den Po, und das im Sommer. Die Häufigkeit und auch die Zeiten, in denen geangelt wird, haben sich definitiv geändert. Ich kann mich noch gut erinnern, wie verwirrt ein Campbetreiber vor einigen Jahren reagierte, als ich ihm sagte, dass ich gerne Anfang März zum Angeln kommen würde. Das war damals noch sehr unüblich.
Außerdem wurde bei Hochwasser nicht geangelt. Da wurde sofort abgebrochen! Heutzutage wissen die meisten, dass die Zeiten der Pegelanstiege, wenn das Wasser eintrübt und die Welse in die Überschwemmungsgebiete ziehen, mitunter die produktivsten sind. Im Allgemeinen war früher das komplette Wissen über den Wels anders.
Bild: J. Troppacher
Benjamin Gründer präsentiert einen Riesenwels aus dem Po.
Nico Magdic
Ich selbst angle erst knapp 10 Jahre am Po in Italien, aber was ich persönlich im Laufe dieser Jahre beobachten konnte war, dass die Inszenierungen der Angler innerhalb der Sozialnetzwerke extrem zugenommen hat. Teilweise wurde dort auch das falsche Bild vermittelt, nämlich, dass die Fischerei am Po extrem einfach ist, was rein faktisch nicht der Fall ist. Darüber hinaus ging es ab einem gewissen Punkt nur noch um „höher, schneller, weiter“!
Mittlerweile ist die Entwicklung diesbezüglich wieder etwas rückläufig. Betreffend der Angelmethoden ist aktuell ganz klar die Live-Technik im Fokus und findet immer mehr Anklang innerhalb der Szene. Ich bin gespannt, was die Zukunft noch alles für uns bereit hält!
Bild: J. Troppacher
Nico Magdic kommt bereits seit zehn Jahren zum Wallerangeln nach Italien.
Markus Eule
Was sich beim Welsangeln am Po verändert hat? Gar nichts! Es ist alles gleich. Wir angeln immer noch mit Haken und Schnur. Nur die Haken sind schärfer geworden! Die Leute sagen oft, alles sei schlechter geworden und schwieriger. Aber in Wirklichkeit ist alles immer gleich und so wird es auch in Zukunft bleiben. Nur die Waller werden größer und schlauer.
Bild: J. Troppacher
Markus Eule released einen schönen Wels im Grande Fiume.
Simone Cipelletti
Das Welsfischen am Fluss Po wurde bereits in den 1990er Jahren betrieben, aber es gab keine spezifischen Informationen und Geräte, nur klassisches Grundfischen mit Regenwürmern oder lebenden Ködern wurde praktiziert. Sehr oft wurden Welse versehentlich gefangen und ohne C&R getötet. In den 2000er Jahren begannen wir, das Welsangeln intensiver zu praktizieren, neue Techniken wie Vertikalangeln und Breakline wurden entwickelt, genauere Informationen und spezielle Ausrüstung wurden verfügbar.
Alles ist stetig gewachsen. Die Herausforderung, Großwelse zu fangen, hat begonnen, viele Fischer sowohl in Italien als auch in anderen Ländern wie Frankreich und Spanien zu faszinieren. Der Angeldruck wird deutlich erhöht, die Fische werden viel mehr gestört und das Angeln wird viel schwieriger. In Zukunft wird sich das Welsangeln ständig weiterentwickeln. Es wird größere Fische geben, aber viel klüger und schwerer zu fangen.
Bild: J. Troppacher
Simone Cipelletti mit einem toll gefärbten Fisch aus dem Po.
Piero di Lodi
Vor 25 Jahren war alles anders am Po. Der Angeldruck ist immens gestiegen, früher waren nur wenige Boote am Fluss, heute ist der Po voll mit Anglern. Die Anzahl der Welse im Fluss war um ein Vielfaches höher, es gab sehr viele kleine Exemplare. Man konnte in vier bis fünf Stunden immer sieben oder acht Welse fangen. Ich weiß noch, im Jahr 1995 habe ich 300 Welse gelandet! Dafür gab es damals weniger Fischarten. Es gab keine Karauschen, keine Barben, keine Rapfen und nur wenige Äschen und Karpfen. Heute ist der Fluss, insbesondere der Oberlauf voll mit kleinen Karpfen.
Die Inbetriebnahme der Fischtreppe im Jahr 2017 hat den Fluss verändert und auch die Tatsache, dass das Wasser des Po im Verlauf der letzten Jahre viel sauberer wurde. Im Prinzip hat sich der Fluss in diesem Zeitraum komplett verändert. Die Angler, die Fische und auch das Wasser selbst haben sich verändert. Ich denke in Zukunft werden die Welse weniger, größer und intelligenter.
Bild: J. Troppacher
Das Wels-Urgestein Piero di Lodi zeigt stolz eine Wallerstrecke.
Andreas Gutscher
Als ich 1996 zum ersten Mal am Po auf Welse fischte und bemerkte, was für ein unglaublicher Bestand an Welsen der Fluss beherbergt, war ich so fasziniert, dass ich bereits sechs Monate später nach Italien zog, um mir meinen Lebenstraum zu erfüllen. Damals war es tatsächlich schwieriger, einen Köderfisch zu fangen als einen Wels. Wir haben beim Klopfen mit dem Wallerholz vom treibenden Boot unglaubliche Stückzahlen gefangen. Bei unserem besten Trip 1996 fingen wir in fünf Tagen 128 Waller, davon vier Stück über 2 m! Und das, obwohl wir mit unserem 4 PS-Boot genauso lange gefahren sind, wie wir gefischt haben. Die Durchschnittsgröße lag damals bei ungefähr 140 cm. Es gab Tage, an denen wir bis zu 100 Bisse hatten, davon kann man heutzutage natürlich nur träumen. Damals hat fast jeder Waller, den man zum Köder gelockt hat, auch gebissen.
Ich denke, dass der größte Unterschied zur heutigen Wallerfischerei einfach der ist, dass die Welse ständig dazulernen und einfach immer schlauer werden. Der Angler, der sich nicht weiterentwickelt, wird über kurz oder lang nichts fangen. Anfang 1997 eröffnete ich dann Andy’s Wallercamp. In den ersten drei Jahren konnten wir mit dem Wallerholz super fangen, bis plötzlich die Fänge stark einbrachen. Der Grund war nicht, dass die Welse weniger wurden. Sondern die gefangenen Fische, die allesamt zurückgesetzt wurden, sind einfach immer schlauer geworden. Also versuchten wir es mit neuen Methoden. Man muss den Welsen immer einen Schritt voraus sein. Der einzige Weg ist immer, nie stehen zu bleiben!
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