Eine Zanderrute muss hart wie ein Brett sein und darf nur eine Spitzenaktion haben. Diese Aussage ist beim Zanderangeln weit verbreitet aber stimmt sie auch? Ich habe den harten Peitschen mittlerweile längst den Rücken gekehrt. Denn für mich bleibt bei diesen Rutenmodellen eines ganz klar auf der Strecke: der Spaß! Und der sollte schließlich beim Angeln nicht zu kurz kommen.
Ungewohnte Zanderrute
Es war ein Schlüsselerlebnis, dass mich vor wenigen Jahren zum Wechsel auf eine deutlich sensiblere Rute gebracht hat. Während ich zuvor eine lange Zeit glücklich mit einer wirklich harten Rute an den großen Flüssen stand, und dort die Zander aus dem trüben Wasser holte, bekam ich eines Tages den Tipp eines Arbeitskollegen, mal eine etwas weichere Rute einzusetzen. Skeptisch hielt ich das Stöckchen in der Hand und die Aktion war im Vergleich zu meinem alten Zanderrute wirklich weich. Das lag aber vor allem daran, dass die andere Rute sehr straff und dieses Gefühl plötzlich eine sensiblere Rute zum Zanderangeln einzusetzen, sehr ungewohnt war.
Während ich die Rute in der Hand hielt stellte sich mir vor allem die Frage: Bekomme ich damit auch einen Anschlag durch und kann ich den Gummi immer noch so beschleunigen, wie es die Zander lieben? Denn die neue Rute hat eine sehr ausgeprägte Spitzenaktion (progressive Aktion) und ein breites Wurfspektrum von 20 bis 80 Gramm.
Aufgeladen zum Spot
Nun stand ich wieder an der Elbe. Alles war wie sonst auch immer. Die Strömungskanten wiesen mir den Spot, die Möwen drehten am Himmel ihre Runden und die Krabben lugten neugierig hinter kleinen Felsspalten hervor. Nur eins war anderes: meine Zanderrute. An ihr hing ein 17 Gramm Bleikopf mit einem 12 Zentimeter langen Gummi. Die Spitze bog sich deutlich mehr durch, als ich es von meinem alten Knüppel gewohnt war.
Nun stand zunächst das Auswerfen auf dem Programm. Optimistisch legte ich die Rute nach hinten an und holte zögerlich Schwung. Trotz wenig Kraftaufwand flog mein Köder eine beachtliche Strecke, bevor er ins Wasser tauchte. Das ist aber noch mehr drin, oder? Also das Ganze noch einmal von vorne aber jetzt mit deutlich mehr Schwung. Und siehe da: Dieses Mal flog der Gummi deutlich weiter und landete genau dort, wo ich ihn haben wollte. Perfekt. Diesen Vorgang wiederholte ich auch noch mit schweren Jigs bis 21 Gramm und auch hier: kein Problem für die weichere Zanderrute.
Zanderangeln mit breitem Grinsen
Nun musste nur noch ein Zander beißen, damit man einmal das richtige Gefühl für den Anschlag und Drill bekommt. Einige Spots später war es dann auch soweit. Ein Fisch vergriff sich am Gummi und der Anschlag folgte prompt. Die Spitze bog sich deutlich mehr durch als ich es gewohnt war aber das kräftige Rückgrat sorgte dafür, dass der Haken sicher im Zandermaul griff. Bockt da etwa ein 80 plus Fisch am anderen Ende? Es fühlt sich zumindest so an. Typisch für einen Zanderdrill sind die Kopfschläge der Fische, die man deutlich über den Rutenblank spürt. Diese wurden von der weicheren Spitze wunderbar abgepuffert und sorgten bei mir für extremen Spaß. Das kannte ich eigentlich nur vom Barschangeln mit einer 7 Gramm Rute, bei der wirklich jeder Fisch einem ein Grinsen ins Gesicht zauberte.
Nun stand noch das Ergebnis aus, welcher Fisch da am anderen Ende herumzappelte. Zwischen Biss und Landung verging vielleicht nur eine Minute aber es fühlte sich deutlich länger an, da ich diesen Drill mit einem weicheren Modell in dieser Intensität noch nicht erlebt hatte. Als der Fisch an der Oberfläche auftauchte, staunte ich nicht schlecht. Es war nicht der anfangs erhoffte kapitale, sondern ein deutlich kleineres Exemplar von schätzungsweise 55 Zentimeter. Durch die weichere Spitzenaktion fühlte sich der Fisch gleich deutlich größer an und machte im Drill wirklich richtig Spaß.
Später ging mir dann auch ein 88er Zander an den Haken. Hier war das Drillvergnügen noch ausgeprägter und die Rute zeigte, selbst als der Fisch in den Hauptstrom schwamm, keine Schwächen, obwohl sie schon deutlich bis zum Mittelteil durchgebogen war. Kraftreserven waren noch vorhanden und somit kann man bedenkenlos auch auf Großfischjagd gehen.
Fazit Zanderrute
Erfahrene Zanderangler sollten auf jeden Fall einmal ihre harte Zanderrute gegen ein weicheres Modell mit einer progressiven Aktion austauschen. Denn neben der Freude den Fisch zu fangen, macht auch der Drill jede Menge Spaß – und das selbst bei kleineren Fischen. Ein weiterer Vorteil einer weicheren Zanderrute ist das bessere Wurfverhalten. Der Blank lädt sich beim Wurf optimal auf und befördert den Köder genauso weit, wenn nicht sogar noch einige Meter weiter, als eine normale Zanderrute.
Auch beim Meerforellenangeln kommen nicht grundlos weichere Spinnruten zum Einsatz. Da es hier oft entscheidend ist, den Köder auf Weite zu bringen. Und keine Bedenken wegen des Köderkontaktes. Auch bei diesem Rutenmodell spürt man jedes Aufkommen des Jigs auf dem Grund und natürlich auch die Bisse. Wichtig ist nur, dass die Rute keine parabolische Aktion aufweist. Denn damit ist man beim Zanderangeln definitiv nicht gut aufgestellt.
Scharfe Haken als Ausgleich
Um den Verlust eines Zanders durch Ausschlitzen bei weicheren Rutenmodellen entgegenzuwirken, sollte man auf wirklich scharfe Haken zurückgreifen. Diese dringen beim Anschlagen problemlos in das harte Zandermaul ein und hängen dort sicher. Vorausgesetzt natürlich, dass die Schnur die ganze Zeit auf Spannung gehalten wird.
Ein weiterer Pluspunkt für das weichere Rutenmodell ist, das man sie nicht zwangsläufig zum nächtlichen Wobblerangeln auf Zander austauschen muss. So hat man eine Rute für alles. Denn durch die sensiblere Rutenaktion lassen sich Hardbaits mit Gefühl an Steinpackungen und Strömungskanten führen.
Angler, die erst mit dem Zanderangeln anfangen, sollten auf ein Standart-Zanderrutenmodell zurückgreifen. Denn es ist am Anfang wichtig, ein Gefühl für Anschlag und Drill zu entwickeln, bevor man sich auch bedenkenlos an weichere Rutenmodelle wagt. Das Wurfgewicht sollte sich bei harten und weicheren Zanderruten zwischen 50 und 60 Gramm Wurfgewicht bewegen.