Vier Millionen Aale für Niedersachsen!

Der Aalschutz durch Angelvereine erreicht seinen historischen Höchststand.

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Bild: Florian Möllers/AVN

Glasaale beim „Pausemachen“: Um nicht gefressen zu werden, verstecken sich junge Aale zum Ruhen im Sediment. © Florian Möllers (AVN)

Angelvereine setzen sich aktiv für den Aalschutz ein. In Niedersachsen ist das Engagement nun auf einem Rekordniveau angekommen: Rund 4.000.000 Aale werden bis Juni durch Anglerinnen und Angler niedersachsenweit in rund 250 Flüsse und Bäche gebracht. Am 5. März startet die diesjährige Besatzkampagne mit dem Besatz von 2,5 Millionen Mini-Aalen, den sogenannten Glasaalen. Das Ziel des Programms: Der seit vielen Jahren ständig zurückgehende Aalbestand in Niedersachsen soll gestoppt und umgekehrt werden. Eine Vielzahl von Faktoren, wie Stauwehre, Gewässerausbau oder illegaler Aalschmuggel nach Asien haben den schlangenförmigen Wanderfisch auf die Rote Liste gefährdeter Arten gebracht. Auch deshalb wurde der Aal zum „Fisch des Jahres 2025“ gekürt. Der Anglerverband Niedersachsen koordiniert in Niedersachsen das von Land und EU geförderte Aalbesatzprogramm und hat zum Aal-Jahr 2025 spannende Materialien zu seinem Lebenszyklus erstellt. 

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Bild: Florian Möllers/AVN

Projektkoordinator Ralf Gerken vom Anglerverband Niedersachsen (AVN) bringt kleine Glasaale aus. © Florian Möllers (AVN)

Aale wandern bis zu 6.000 Kilometer, um sich zu paaren!

Jedes Jahr, zumeist zwischen Januar und März, geschieht in der Nähe der Bermudas ein Naturwunder, das bis zu uns in Norddeutschland zu spüren sein wird: Große Aale von bis zu 1,5 m Länge paaren sich. Blankaale werden die Elterntiere aufgrund ihrer hellen Färbung genannt. Für den Liebesakt in der Sargassosee sind sie bis zu 6.000 km durch Europas Bäche, Flüsse, Meere und schließlich den Atlantik geschwommen, um danach im Alter von 10-30 Jahren Millionen von Eiern zu legen und ihr Leben zu beschließen.

Aal-Nachwuchs reist drei Jahre lang zurück nach Europa

Der Aal-Nachwuchs macht sich gleich nach dem Schlupf auf den Weg nach Europa. Die millimeterkleinen Larven entwickeln sich nach einigen Wochen zu sogenannten Weidenblattlarven – ein Name, den sie aufgrund ihres Aussehens erhalten. Zwei bis drei Jahre lassen sich die Jungtiere vom Golfstrom treiben. An den europäischen Küsten angekommen haben sich die Weidenblattlarven dann zu sogenannten Glasaalen gewandelt. Diese sehen ausgewachsenen Aalen von der Form schon ganz ähnlich, sind aber nur rund acht bis zehn Zentimeter lang und – wie der Name bereits verrät – durchsichtig.

 

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Bild: Florian Möllers/AVN

Glasaal auf Wanderschaft. © Florian Möllers (AVN)

 

Die feinste Nase im Tierreich

Glasaale wandern Flüsse und Bäche herauf, wo sie zu stattlichen Gelbaalen heranwachsen. Auf ihrer langen Reise nutzen die Tiere erstaunliche Fähigkeiten: Aale können so gut riechen, dass sie einen Tropfen Parfüm in der dreifachen Menge Wasser des Bodensees ausfindig machen könnten. Und wenn sich ihnen ein Hindernis in den Weg stellt, können sie kleine Strecken sogar schlängelnd über Land zurücklegen und dabei Luftsauerstoff über ihre Haut atmen. Doch seit einiger Zeit nimmt die Reise der Glasaale an Europas Küsten ein jähes Ende.

 

Wasserkraftwerke werden zur Todesfalle

Von den vor 40 Jahren in vielen Flüssen zu beobachtenden riesigen Schwärmen von Abermillionen Glasaalen ist heute fast nichts mehr geblieben. Seit den 1980er Jahren ist das Glasaal-Aufkommen an den europäischen Küsten um mehr als 95% zurückgegangen. Wasserkraftwerke und Wehre versperren wandernden Aalen ihren Weg flussaufwärts. Auch Blankaale, die den Rückweg antreten wollen, werden davon nicht verschont. Einmal in eine Turbine geraten, helfen den Tieren auch ihre bereits beschriebenen Fähigkeiten nicht weiter. Quetschungen, Stauchungen, Wirbelbrüche, Verstümmelungen und Tod sind die Folgen. Aktuell werden in deutschen Flüssen nach moderaten Schätzungen jährlich rund 270 Tonnen abwandernde Blankaale durch Wasserkraftanlagen und Kühlwasserentnahmen getötet. Das entspricht einer Zahl von rund einer halben Million getöteter Tiere. Fischtreppen und andere Wanderhilfen erfüllen häufig nicht ihren Zweck, weil sie von den Tieren beispielsweise nicht gefunden werden.

 

einmalige Verwertung

Bild: Matthias Emmrich (AVN)

Verendeter Blankaal nach Passage einer Wasserkraftturbine in der Weser. © Matthias Emmrich (AVN)

Aal als Schmuggelware: Teurer gehandelt als Kokain! 

Damit nicht genug: Es werden zig Millionen Glasaale für den seit 15 Jahren illegalen Export nach Asien gefangen. Dort gelten die Tiere als Delikatesse. Das Geschäft ist lukrativ, die Strukturen mafiös:  Der Schwarzmarktpreis für einen Kilogramm Aale liegt teils über dem von Elfenbein oder Kokain.

Und noch mehr Probleme…

Auch haben Aale natürliche Feinde: Krankheiten wie der Aalherpes, unappetitliche Parasiten wie der Schwimmblasenwurm oder Fressfeinde wie Kormorane oder Robben gehören beispielsweise dazu. Weitere menschengemachte Probleme sind Schadstoffe, wie Dioxine und nachteilige Veränderungen von Gewässerlebensräumen durch Begradigungen von Fließgewässern. Natürlich hat auch die Fischerei einen Einfluss. Doch gibt es seit dem Jahr 2023 in Niedersachsens Küstengewässern ein Aalfangverbot. Und: In Niedersachsen tun Angelvereine viel für den Arterhalt von Aalen.

Hoffnung für den Aal

Um dafür zu sorgen, dass in Norddeutschlands Flüssen trotzdem noch Aale vorkommen, koordiniert der Anglerverband Niedersachsen ein besonderes Programm: Glasaale werden in Frankreich von zertifizierten Fischereibetrieben mit streng regulierten Quoten gefangen und dann per Lastwagen an allen Hindernissen vorbei bis nach Niedersachsen gefahren. Dort werden sie von Angelvereinen wieder in die Freiheit entlassen. Die Kosten übernehmen zu 60% die EU und das Land Niedersachsen. Den Rest stemmen die Anglerinnen und Angler aus ihren Vereinskassen. Die ganze Aktion läuft im Rahmen des niedersächsischen Aalförderungsprogramms seit fast 15 Jahren. In diesem Jahr kommt noch eine großzügige Spende des Vereins Aalinitiative e.V. dazu. Angler Verband Niedersachsen (AVN)-Biologe Ralf Gerken konstatiert: „Im Jahr 2025 haben wir ein Rekordhoch an Aalbestellungen unserer Angelvereine für den Arterhalt. Angler sind somit wichtige Stützen für den bedrohten Fisch und bringen weit mehr Tiere aus, als sie für den Eigenbedarf entnehmen.“ Diese Aussage wird auch durch den aktuellen Umsetzungsbericht zum nationalen Aalbewirtschaftungsplan unterstützt: Dieser scheint – auch dank der Besatzmaßnahmen der Angelvereine – endlich ein Ende des Abwärtstrends vom Aalbestand festzustellen.  Trotzdem ist die Maßnahme nur eine Krücke und der Aalbestand alles andere als rosig. „Dauerhaft müssten Gewässer wieder durchgängig werden und illegaler Aalschmuggel unterbunden werden“, so Gerken.

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