Ein freundlicher Zunftgenosse oder ein Angeltag an irgendeinem See im Alpenvorland !
Mühsam hatte ich mir den Weg durchs Gestrüpp gebahnt und dann die Enttäuschung - an meiner Lieblingsstelle wirft schon einer !
Naja, der Einlauf des Voralpenflüsschens in den See ist weitläufig genug um zwei Fliegenfischern ausreichend Platz zu bieten. Wir musterten uns gegenseitig , seine Fischerklamotten waren gediegen, die Rute hatte auch schon einige Jahre auf dem krummen Buckel genau wie seine „quietsching reel“ !
Mein Gruß wurde freundlich erwidert:
„na, beißen sie ?“
„Leider nein, bin schon zwei Stunden da“
„Na dann versuche ich mal mein Glück“
Die neue Prickington Super XQ 7 limited edition sollte zu ihrem ersten Einsatz kommen, das Weihnachtsgeschenk meiner Frau, mehr als ein paar Würfe auf der Wiese hatte ich noch nicht machen können.
Vielleicht konnte ich ordentlich Eindruck schinden, damit er in seinem Verein was zu erzählen hätte:
-Mensch da habe ich einen werfen gesehen, am Einfluß, ich sage euch, das waren mindestens 35m, die der locker auslegte !-
„Wo sind Sie denn her ?“
„Aus München“
Mein Wolley Bugger sauste nur so durch die Luft:
„da habe ich noch nie gefischt !“
Er lachte !
Doppelzug war angesagt, verflixt, jetzt kam auch noch Wind auf !
Eine Windbö fuhr ins Vorfach und drückte es, irgendwie kam mir der freundliche Zunftgenosse in die Quere, das Vorfach schlang sich um seinen Kopf, ein kurzer Schrei und der Wolley Bugger saß in seinem Ohr, bis über den Widerhaken, wie gepierct !
„Um Gottes Willen ist etwas passiert !“
„Naja“ meinte er „ das scheint ihr Wooley Bugger in meinem Ohr zu sein ,
da bin ich Ihnen wohl in die Quere gekommen“
„Haben Sie eine Schere dabei ?“
„Leider nein, aber kommen Sie ich fahre Sie sofort zum nächsten Arzt“
Während der Fahrt erkundigte ich mich immer wieder nach seinem Zustand und erhielt stets die gleiche Anwort: es täte nicht weh und außerdem sei das doch nicht so schlimm, da er ja Tetanus geimpft sei. Endlich kamen wir beim Doktor im nächsten Ort an .
Das Wartezimmer war ziemlich voll , schon die Sprechstundenhilfe schaute misstrauisch, ich konnte ihr jedoch glaubhaft machen, dass es sich nicht um eine Tropenkrankheit handelt.
Der kleine Bub, der am Schoß seines Vaters herumturnte krähte lautstark :
„Was hat denn der Mann am Ohr ?“
„Weiß ich auch nicht“
Eine ältliche Dame neben mir fasste sich ein Herz und fragte:
„Was ist denn das ?“
„Was ?“
„Das bei Ihrem Freund am Ohr hängt!“
„Ach, das ist ein Fliege“
„Eine Fliege ?“
„Zum Angeln!“
Die Information machte flüsternd die Runde.
Der Arzt schaute wenig vertrauenserweckend aus, ein kleines Männlein uralt, dicke Hornbrille und Nikotinfinger vom Kettenrauchen :
„Wie ist denn das passiert ?“
Nach meiner Erzählung :
„ Wo war denn das und was wollten sie denn fangen ?“
„Seeforellen !“
„Aber das ist doch ein Wooley Bugger ?“
Er ging zum Fenster und wühlte in einer Schachtel :
„Am Seeeinlauf haben Sie um diese Zeit mit einem Wooley Bugger keine Chance, da geht nur die Alexandra !“
Er hielt triumphierend das Objekt in die Höhe.
„Und ausschließlich in Größe 6 !“
in diesem Augenblick änderte sich der Ton meines Zunftgenossen zum ersten Mal an diesem Tage und er legte lautstark los :
„Verdammt noch mal, macht doch erst die Fliege raus aus meinem Ohr, dann könnt ihr euch immer noch über darüber unterhalten, was man am See nimmt!“
Nach gelungener Operation nahm mich der Arzt auf die Seite und flüsterte hinter vorgehaltener
Hand: „die spinnen, die Münchner! “
Royal Coachman