...na ja, zumindest halb.
Der Angeltag selber nicht anders, als man es von mir erwarten kann.
Aber von Anfang an.
Um 13 Uhr aufgeprallt. Etwas Smalltalk mit ein paar netten älteren Anglern, die sehr depremiert waren, weil sie trotz stundenlangen Schleppens noch nichts fangen konnten.
Tolle Aussichten. Bis jetzt bin ich immer Schneider geblieben, und wenn dann schon erfahrene Angler bislang nichts gefangen hatten.....
Ruten ins Wasser gebracht, obwohl ich dem Hungertod nahe war ( der Anblick von Wasser löst bei mir exzessive Freßattacken aus, keine Ahnung warum), jeder zwei Ruten, mit jeweils einer wurde geschleppt.
Zunächst mal mit dem ein oder anderen Fehlbiß, aber eben ohne mal etwas Handfestes.
Linker Hand drei Männer, deren Herkunft ich mal unterschlage, damit es nicht wieder heißt man sei fremdenfeindlich und voreingenommen - obwohl nebeneinander sitzend, ging es anscheinend nicht ohne Brüllen. Im Laufe der nächsten Stunden wurde es immerhin merklich undeutlicher, dank Kumpel Alkohol . Zum Schluß hatte die Gruppe erhebliche Gleichgewichtsstörungen und da abschüssiges Gelände, hatte ich ja ein wenig die Hoffnung.......
Okay, hat nicht geklappt und ich gebe zu, es war ein böser Gedanke.
Zwischenzeitlich hochgeistige Gespräche zwischen Volker und mir :
"Volker, warum macht das eigentlich bei allen so "zisch", wenn die auswerfen, und bei mir nur "surr" ? "
Zur Erklärung : zisch = Rute, Surr = Rolle, für alle, denen meine abstrakte Denkweise unbekannt ist.
Volker :"Weil die mit mehr Schwung auswerfen."
"Aha"
"Ist aber nicht so wichtig."
Da ich dem Surr jedoch auch mal ein Zisch hinzufügen wollte (weil extrem cool, wie ich fand), gab ich beim nächsten Wurf mein Bestes.
Ich weiß, ich hätts nicht tun sollen....
Schon beim Geräusch zog sich mir alles zusammen. Es gab weder ein Zisch , noch ein Surr, sondern das Geräusch das entsteht, wenn viel Nylon in einen Haufen undurchdringlichen Mülls verwandelt wird.
Anklagender Blick zu Volker, über gleich zwei ansehnliche Perrücken hinweg, weil - irgendwer muß ja schuld sein.
Der angelte jedoch unbeirrt weiter, obwohl ich sicher war, daß er meine Notlage mitbekommen hatte, und gönnte mir keinen Blick.
Bitte um Hilfe war aus Erfahrung sinnlos, weil es nur so depremierende Antworten wie "Nö nö, das mach mal selber" zur Folge hat.
Also ran an den Mist, wo ich ja so ein geduldiger Mensch bin dem nichts mehr liegt, als so eine verflixt dünne Schnur zu entwirren.
Einkurbeln war ja nicht mehr möglich, daher waren Haken und Köder noch im Wasser.
Mitten im Entwirren ein deutlicher Zug an der Rute.
Mußte eine Täuschung sein, denn der Köder war sehr nah am Ufer, da beißt doch nix.
Ich habe es so lange beharrlich ignoriert, bis die Forelle mit eindeutig meiner Schnur im Maul vor mir im Wasser hin und hersprang.
"Schaaaahatz ???"
Mitleidloser Blick zu mir rüber.
"Ich hab nen Biß."
"Jooo, ich komme gleich."
Kurz drauf war Ruhe am Ende der Schnur und ich gab Entwarnung in der Annahme, den Fisch verloren zu haben.
Weiter entwirrt, bzw. versucht, aber das Chaos war perfekt, wie nicht anders zu erwarten, also mußte Volker doch kommen und den Schaden beheben.
Ich hab das Stück gekappter Schnur mit einer komischen Ahnung gegriffen und per Hand ein Stück reingezogen.
Und siehe da : die Forelle war tatsächlich doch noch dran und beim Ranziehen kam auch wieder Leben rein.
Irgendwie hatte ich mir den Fang meines ersten Fisches ja ein wenig...öhm...konventioneller vorgestellt, aber gut.
Der Adrenalinpegel war ganz oben und meine Nerven dagegen ganz unten.
Während Volker die Schnur übernahm, holte ich den Kescher und gemeinsam haben wir dann meinen Allerersten ( der damit ja dann nicht mehr wirklich alleine meiner war) rausgeholt.
Volker :"Petri Heil - kannst du nicht wenigstens normal angeln ?" "
Cheffe wies mich dann erstmal an, evtl. Schnurreste einzusammeln und dann ein paar Maden an den Haken zu machen.
Also, mittlerweile bin ich ja in der Lage, Bienenmaden draufzuziehen, ohne zwischen Brechreiz und Heulkrampf zu schwanken, aber diese kleinen Maden boten dann nochmal einen extra Schwierigkeitsgrad.
Meiner Meinung nach schlicht unmöglich, die Dinger auf den Haken zu bekommen. Setzte ich irgendwo an, wuselten sie mir durch die Finger, zogen sich zusammen, oder taten sonst eine Schweinerei, die mich behinderte. Zweimal steckte der Haken statt in dem Würmelvieh in meinem Finger. Als ich zwei Maden endlich (nach einer Viertelstunde ) dran hatte, sahen sie eigentlich eher aus, wie Madengulasch, aber sie hingen.
Ich also an Volker vorbei und zu meinem Platz.....bzw. wollte ich das, nur hing ich auf einmal fest ohne zu wissen wo, und komisch , Volker stand plötzlich ganz still.
Nach einem klitzekleinen Weilchen , in dem Cheffe eine merkwürdig negative Aura verbreitete, kam ziehmlich dumpf und grollend :"WENN ICH JETZT KEINE KAPPE AUFGEHABT HÄTTE !!!!!!!"
Uuuuuuups
Ich möchte an dieser Stelle anmerken, daß ich seinen berechtigten Zorn absolut ernst genommen habe und mich nicht darüber lustig mache, aber wie er da so stand, und an seiner Kappe die zwei Maden rumwuselten vor dem idyllisch blauen Nachmittagshimmel, das hatte was. Erinnerte stark an die Medusa.
Ich habe mich also bemüht, angemessen zu reagieren, und NICHT zu lachen.
Es ist mir kurz darauf ohnehin vergangen. Ich legte nämlich meine Angel kurz ab, um meinen bereits gefangenen und Volkers Fisch in den Schatten zu legen, stieg über Volkers zweite, ebenfalls kurz abgelegte Angel hinweg und wurde ziehmlich unsanft ausgebremst. Der Haken hatte sich in meinem Schnürsenkel verfangen.
Es schien mir nicht ratsam, in der gegenwärtigen Situatin Volker davon etwas merken zu lassen. Hinsetzen und das Ding rausfummeln ging also auf keinen Fall. Ich weiß nicht, obs dann wirklich so dolle unauffällig war, mit dem Fisch in der Hand auf einem Bein zum anvisierten Schattenplatz zu hüpfen, das andere Bein kunstvoll nach hinten gestreckt, da die Schnur nicht weiter nachgab.
Doch da nur das Ergebnis zählt, und es tatsächlich nicht auffiel, war das ja nicht so schlimm.
Nach einer Weile eifrigen Schleppens :"Kirsten, deine Angel."
Alles sagende Bewegung mit dem markanten Kinn Richtung meiner zweiten Angel.
Verständnislosigkeit meinerseits.
Noch ein verkappter Kommunikatiosversuch, etwas lauter diesmal :"Deine Angel !!"
Verständnislosigkeit machte offener Begriffsstutzigkeit platz.
Daraufhin in einer Lautstärke, daß es fast noch die Männer unbekannter Herkunft hinter mir wegpustete :"Leg verdammt nochmal deine Angel endlich hin !! Du hast an der anderen einen Biß !!!"
Na also, warum nicht gleich in ganzen Sätzen ? Geht doch.
Das war dann die zweite erste Forelle, aber auch nicht wirklich alleine meine, weil Volker ausgeworfen hatte.
Macht ja nix. Zwei halbe eigene sind ja irgendwie rein rechnerisch wenigstens ein ganzer eigener.
Kurz darauf die zweite dunkle Wolkenfront des Tages mit drohendem Donner und starkem Wind. Der darauf folgende sintflutartige Regen, durchsetzt mit Hagel machte dem Angeltag dann ein Ende.
Aber mit zwei Forellen und außerdem vier super leckeren Laugenbrötchen, die eigentlich Volker gehörten, jedoch ordnungsgemäß in meinem Magen landeten, war ich wunschlos glücklich, nachdem ich am letzten Wochenende schon fast aufgeben wollte.
Ein Anfang, würd ich sagen.