Wenn der Vater mit dem Sohne...

  • ... einmal zum Fliegenfischen geht. :D


    Da nun das Ende der Forellensaison unweigerlich ins Haus steht, habe ich mir gestern noch einmal die Fliegenrute geschnappt, meinen kleinen SOhn ins Auto gepackt und bin an unseren Vereinsbach gefahren.
    Es sollte ein Tag werden, wie man ihn sich wünscht, wenn man kleine Kinder dabei hat, die Angeln dann toll finden, wenn auch was beißt.


    Für seine noch nicht ganz drei jahre ist mein Kleiner schon ein richtiger kleiner Fischexperte, der auf Bildern und in natura Hechte, Zander, Bachforellen, Regenbogenforellen und Aale sicher bestimmen kann. Seit gestern wird er noch einen weiteren Fisch sicher erkennen, aber davon gleich.


    An meinem Lieblingsplatz an der WEhrrausche einer alten Mühle angekommen, sehen wir die Fische reglos in ziemlicher Tiefe stehen. Da das erste Herbstlaub über den Kehrwässern im Kreis treibt, scheint es kein Tag für die Trockenfliege zu sein - was sich später dann doch in wenigstens einem Fall als Irrtum herausstellen soll. Aber erst ein Versuch mit der Goldkopfnymphe, fast schon in Streamergröße.
    Meine selbstgebundenen Wooly Worms auf 8er Haken waren an dieser Stelle schon erfolgreich, also wähle ich dieses Muster, von dem ich nicht sicher weiß, was die Fische darin eigentlich sehen: eine Köcherfliegenlarve im Köcher? ODer einen kleinen Egel? Oder eine Raupe? Egal.


    Die ersten Fische, zumeist Bachforellen, denen ich den schwarzen Fussel vor die Nase serviere, zeigen sich wenig beeindruckt. Dann ein Nachläufer, der kurz vor der Nymphe wieder abdreht. Nun ja...
    Ich werfe mit einem Airmendwurf in die andere Richtung aus, stromab, über den Wehrschuss in ein sehr weit zurückströmendes Kehrwasser. Die Nymphe ist zum Glück so schwer, dass sie durch die Blätter hindurchsinkt, ohne eins zu haken. Solange die Hauptströmung den SChnurbogen wegtreibt, sinkt die Nymphe zum Grund. Ich beginne mit kleinen Achterschlingen einzustrippen, hebe die Rute langsam an, als die Strömung meine Schnur erfassen will, und kann so noch ein paar Meter an der Strömungskante entlang fischen.
    Rumms! Die Schnur wird nicht von der Strömung stramm gezogen, sondern von einer schönen Bachforelle von 32 cm. Da der Fisch nun von der starken Strömung erfasst wird, gestaltet sich der Drill dennoch spannend. Ein paar heftige Sprünge, dann habe ich ihn am Ufer und lande ihn mit der Hand. Mein Sohn ist aus dem Häuschen: "Hihi, Papa, wir haben einen Fiss!" - "Und was für einen?" - "Bachforelle." - "Sehr gut!"


    Weitere Würfe mit dem Wooly Worm bringen nicht den Erfolg, so dass ich beschließe, die Nymphe zu wechseln. Mein Kleiner hat die Fliegendose in der Hand, schlägt mir natürlich die größte und bunteste vor, aber Libellenlarven fangen um diese Jahreszeit nun wirklich nicht mehr.
    Stattdessen probiere ich jetzt lieber eine Goldkopfnymphe aus, die ich am Tag vorher aus cremfarbenen und orangem Antron, Silberdraht und einem Schwänzchen aus Spectraflash auf 12er Haken gebunden habe. "Schau ma mal, ob die was fängt", sage ich zu meinem Sohn, als ich sie mit dem Grinnerknoten ans Fluorocarbon-Tippet anbinde.
    Wurf stromab, erneut mit Airmend, diesmal etwas weiter, bis fast an den Beginn des Kehrwassers. Es gelingt mir, den Schnurbogenscheitel auf einem Stein abzulegen, der aus dem Wasser ragt, und so die Schnur gänzlich aus der Strömung des Wehrschusses herauszuhalten. Die Nymphe sinkt unter dem leichten Gegendruck des Kehrwassers bis zum Grund, die Loop-on-junction neigt sich. Nun wieder Einstrippen mit Achterschlingen. Tack, Tack, Tack... Rumms! Ein Hammerbiss! Der Fisch geht ab wie ein rotes Moped, zieht in Richtung Hauptströmung. Die Rute krümmt sich bedenklich, so dass ich den Fisch erst einmal den Rest meines Schnurvorrates, mit der Rutenhand als Schnurbremse, abziehen lasse. Als die Schnur gespannt ist und ich über die Rolle zu drillen beginne, ein Sprung über die Strömungskante ins schnelle Wasser. Was für ein Fisch! Goldsilbrig leuchtend, keine Forelle! Eine ziemlich große Äsche hatte der Nymphe nicht widerstehen können.
    Nun beginnt der Kampf gegen Fisch und Strömung. Hoffentlich hält das 0,17er Tippet! Mein Sohn verfolgt den Drill mit der Hand im Mund, schaut bang zu mir herüber: "Papa, kriegst du den Fiss?"
    Ich lasse den Fisch über die Strömung hüpfen, immer wieder ein Sprung. FÜnf Minuten dauert es, bis ich ihn über den Wehrschuss hinweg in einem kleinen Kehrwasser auf meiner Uferseite habe. 42cm hat die edle Fahneträgerin, die unschwer als Rogner zu erkennen ist. Meine erste maßige Äsche überhaupt!
    Mein Kleiner ist hin und weg. Und der Papa ebenso.


    Ermutigt durch den Erfolg der Nymphe werfe ich sie noch ein paarmal in die gleiche Richtung aus. Nach einer Weile habe ich erneut einen heftigen Drill: Regenbogenforelle mit 37cm.


    Es sollte dennoch nicht allein der Tag der Nymphe bleiben. Denn auf einmal sagt mein Kleiner: "Papa, ssau, da springt ein Fiss!" Tatsächlich! Zwischen den im Kehrwasser kreisenden Laubblättern steigen ein paar Bachforellen. Da lohnt sich ja doch noch ein Versuch mit der Trockenen! Nur gut sichtbar sollte sie sein.
    Also wähle ich eine Rehhaar-Sedge, die klassische G&H Sedge, ebenfalls am Vortag gebunden, und serviere zwischen die Herbstblätter. Ein paar Versuche braucht es schon. Denn hin und wieder bleibt eben doch ein Blättchen am Haken hängen und verhindert ein Fischen der Fliege. Doch dann: der klassische Schwall, mit dem eine steigende Forelle die Trockenfliege nimmt! Sachter Anhieb und sitzt! Eine 31cm lange Bachforelle kann ich noch landen, bevor mein Sohn meint, dass er nun nach Hause wolle, natürlich mit einem Umweg in die Eisdiele, deren Saison wohl mit der Forellensaison ebenfalls zu Ende gehen wird.
    Aber welcher stolze Fischerpapa wird seinem Sohn, der so aufmerksam und engagiert "mitgefischt" hat, ohne ein Zeichen von Langeweile, diesen Wunsch nach einem so erfolgreichen Angeltag verwehren?

  • Loop-on-junction, Spectraflash, Airmendwurf... Es ist wirklich nicht meine Welt, das Fliegenfischen :D


    Aber super Story! Macht Spaß zu lesen und steigert sich in der Dramatik. Bei uns in der Techno-Szene spricht man von einem Spannungsbogen, ich denke das passt hier ganz gut ;) Prima!

  • Ja, sowas. Und ich dachte, der erste Zischlaut, den kleine Schwabenkinder lernen, sei das "sch"... :D
    Ganz herzlichen Dank für eure Rückmeldungen auf meine Story.

  • Zitat

    Es ist wirklich nicht meine Welt, das Fliegenfischen


    Sag aber niemals "nie", Tinca.
    Fliegenfischen kann man lernen.
    Ich kann dir garantieren: Wenn du's mal probiert hast und den ersten Fisch an der Fliegenrute gedrillt hast, bist auch du süchtig!

  • Zitat von TincaTinca

    Bei uns in der Techno-Szene spricht man von einem Spannungsbogen, ich denke das passt hier ganz gut ;) Prima!


    :lol: :lol: :lol: Tinca, 100 Punkte (Sie haben eine Waschmaschine gewonnen ;) )
    Das passt wie die Faust aufs Auge!


    reverend:
    Super Story, obwohl ich manche Ausdrücke das erste Mal im Leben gehört habe bekommt man selbst tatsächlich Lust auch mal an einem Bächlein zu stehen und Salmoniden zu drillen ;)


    Dein Sohnemann scheint dabei ja auch in seinem Element zu sein! {ß*#

  • Petri Reverend !


    Schöne, aber unglaubliche Story 8) ;)


    Der Sohnemann mit knapp 3 Jahren guckt dir in aller Ruhe beim Fliegenfischen zu ? Ich weis noch wie meine Tochter in dem Alter war :lol:
    Die Fliegendose wäre nach 15 bis 20 Minuten selbst zum Spielzeug geworden, und Fiss hätte Fiss bleiben können.


    Nun da hab ich ja wohl allen Grund zum Neidisch sein. :D


    Gruß und weiterhin soviel Angelspaß
    für Dich und deine Familie !

  • Nun ja, die Fliegendose hat er mir bei einem der früheren Male auch schon ausgeschüttet. War ein Heidenspaß, so ca 100 in vielen Stunden selbstgebundene Fliegen aus dem tiefen Gras rauszupfriemeln. Hat er natürlich aus Übereifer gemacht, nicht aus Langeweile.
    Aber sonst ist er halt einfach ein wirklich gut erzogener Fischersbub.
    Und ich hatte ihn schon oft dabei; fast immer war es eine Freude mit ihm.

  • Danke Revernd für die tolle Story....
    wie so viele kenn auch ich rein gar nichts vom Fliegenfischen, und daher ist mein Interesse an dieser Angelart auch nicht gerade hoch, aber durch Deinen wirklich unterhaltsamen Beitrag kriegt mal auch als "Fliegenfischer-Mokel" glatt mal Lust die rute zu Schwingen...

  • Schöne Story.mein kleiner wird jetzt zwei ich freue mich schon auch wahnsinnig drauf Ihn denn mit nehmen zu können.Ganz mal neben bei ich war im Urlaub und war an einem Privatzuchteich meines Onkels auf Karpfen angeln den kleinen hatte ich bei.
    Und als er nach dem ich ne Karpfen gedrillt hatte im Wasser verschwunden ist,und ich nur noch die Füsse aus dem Wasser ragen sehen habe, habe ich mir geschworen nach dem ich Ihn aus dem Wasser gehollt habe den Bub erst wenn er 6 oder 7 Jahre alt ist zum angeln mit zu nehmen.Gott sei dank ist nichts passiert aber wäre es der Rhein oder die Oder ich möchte garnicht dran denken was hätte alles passieren können.
    Der Schreck sitzt heute noch ganz schön tief.

  • Was du erlebt hast, Didi (Gott sei Dank ist es gut ausgegangen!), hab ich anfangs zumindest befürchtet. Aber dann hat mich mein Kleiner von seinen Überlebensinstinkten, bzw. seinem Gefühl für Gefahren überzeugt.
    Noch heute ist es so, dass er sich erst an meinem Bein festhält, bevor er sich nah ans Ufer stellt. Das geht auch gut mit dem Werfen, solange er auf meiner linken Seite steht.
    Und wenn erst einmal ein Fisch gefangen ist, ist er damit beschäftigt.
    Es kommt sicher sehr auf das jeweilige Kind an. Mit meinem Sohn klappt es wunderbar. Meinen gleichaltrigen Neffen würde ich niemals mit auf eine solche Tour nehmen. Und schon gar nicht beide miteinander.

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