Es war so Anfang der siebziger Jahre, ich war grade wieder beim Studieren der einschlägigen Angelliteratur und las grade etwas über das Brandungsangeln und dachte mir so, das könnte man ja mal probieren, eigentlich mehr so als Notlösung, ich war damals schon mal an der Ostsee zum Angeln gewesen, allerdings vom Kutter. Und das gestaltete sich damals äußerst schwierig, aber ich will hier nicht weiter auf die damaligen politischen Gegebenheiten der DDR eingehen.
Also fleißig gelesen bei Zeiske und Basan, war eigentlich interessant was die da schrieben und im Prinzip alles richtig, bloß eins wurde nicht erwähnt, nämlich das daß ganze am besten nachts funktioniert, aber das war wohl Absicht, denn da waren ja die schon erwähnten politischen Gegebenheiten und die verwandelten ja die Küste nach Sonnenuntergang in ein Grenzgebiet. Das wusste ich damals allerdings nicht, sollte ich aber schnell lernen.
Nach ausgiebigen Studien schritt ich zur Tat. Also Geräte gepackt, zwei Ruten 2,70m lang Hohlglas 60g Wurfgewicht,ein paar Laufbleie von ca.60g usw.,etwas derberes besaß ich damals nicht. Dazu noch eine Grabeforke für die Köderbeschaffung, das Ganze wurde dann ans Moped gebunden, die Watstiefel zog ich gleich an und los gings. Das man Wattwürmer benötigt hatte ich bei meinen Studien herausbekommen auch wo es welche geben sollte und auch wie man der Dinger habhaft wird, oder besser wie man Ihrer habhaft werden sollte!
Auf ging es zum Wohlenberger Wiek dem vielgerühmten Wattwurm-Mekka, Forke vom Moped, Wurmdose geschnappt und rein ins Wasser und nach den charakteristischen Sandkringeln gesucht, die waren glücklicher Weise massenhaft vorhanden, bis dahin stimmte
also meine Recherge, nun dürfte es ja kein Problem mehr geben!
Denkste, schon bei den ersten Versuchen mit meiner Forke stieß ich auf Probleme, der Schlick rann durch die Zinken und kein Wurm ließ sich sehen, aber ein paar Sandklaffmuscheln konnte ich erbeuten und die sollten ja auch gehen. Da nahte die Rettung! Ein paar Leute gingen ein paar hundert Meter von mir entfernt ebenfalls ins Wasser und schienen mit langen Stangen im Grund zu stochern, das musste ich mir ansehen!
Erst mal raus aus dem Wasser und die Forke verpackt und dann ganz beiläufig mal bei den Leuten vorbeigeschaut und zugeschaut. Jetzt sah ich erst das die Leute solche Gummiplümper" wie man sie bei Abflussverstopfungen verwendet an Besenstiele montiert hatten und damit große Löcher in den Grund "plümperten" und dabei die Wattwürmer freispülten, die dann im Umkreis von etwa 2m um das Loch herumlagen, dabei haben sie welche übersehen, die hab ich Schlingel dann gemopst. Also ein paar Würmer hatte ich, aber die Frage wo man nun am besten angelt war noch nicht beantwortet. Ich dachte mir, das Beste ist man fragt mal so ganz einfach, aber ohne sich eine Blöße zu geben, dazu war ich zu stolz, damals!
Ich hab gefragt, so ganz beiläufig und bekam auch eine Antwort genauso beiläufig. "Meschendorf" war die Antwort, ich hatte keine Ahnung wo das war, also musste ich warten bis sie sich auf den Weg machten und dann hinterher.
Jetzt kam das nächste Problem ,die hatten ein Auto, ich nur ein Moped da war nicht viel mit Verfolgung, aber die Richtung die wusste ich jetzt, also in Wismar erstmal an die Tankstelle ran und eine Straßenkarte gekauft und "Meschendorf" gefunden! Das war noch ein ganz schönes
Ende, mit dem Moped.
Als ich schon ganz in der Nähe war sah ich einen alten Wegweiser, da stand "Metelsdorf" drann und ich war mir nicht mehr ganz so sicher ob ich mich nicht verhört hatte. Also rein in den Weg und frisch gewagt, nach 200 m war der allerdings zu Ende der Rest des Weges war zugepflügt worden, aber ein Zurück gab es nicht mehr, nach einer Prüfung des Mopeds Simson "Star" auf Geländetauglichkeit, welcher positiv verlief erreichte ich wieder eine feste Straße und kam seltsamer Weise nach "Meschendorf"!
Dort am Strand waren schon einige Angler versammelt, und schon auf den ersten Blick sah ich was ich vergessen hatte, brauchbare Rutenhalter!
Ich musste erst einmal Steine sammeln und mir Hilfe meiner Gerätekiste kriegte ich meine Ruten einigermaßen aufgestellt. Schnell wurde das Gerät montiert und die Haken beködert und "haste was, kannste was" wurde das ganze Gebammsel in Richtung Südschweden
gefeuert, dann hieß es warten.
Langsam wurde es dämmerig, und ich wunderte mich das immer noch Angler ankamen, wie schon gesagt vom Angeln in der Dunkelheit wusste ich bis dahin nichts. Noch ein Problem tauchte auf, ich hatte keine Lampe!
Mein Nachbar hatte die ganze Zeit still auf seinem Stuhl gesessen(er hatte wenigstens einen)mit einem Mal wurde er hektisch und holte eine seiner Angeln ein. Kurze Zeit später konnte er einen schönen Dorsch von ca.3kg landen, das war wohl das Startsignal, es kam
Bewegung in die Sache, überall, nur nicht bei mir.
Ich holte meine Angeln ein und sah die Bescherung meine Haken waren leer! Die Würmer hatten sich sicher schon beim Reinwerfen verabschiedet, weil ich mich nicht getraut hatte die Würmer ganz und gar auf den Haken zu ziehen. Also neu beködert und wieder rein
mit den Angeln. In meiner Nachbarschaft war auch wieder Ruhe eingezogen der Dorschschwarm war wohl weitergezogen. Plötzlich hörte ich Motorengeräusch direkt hinter mir, ein LKW brachte sich in Stellung auf der Düne, der Motor heulte auf und plötzlich war das ganze Geschehen in das gleißende Licht eines riesigen Lichtbogenscheinwerfers getaucht, er war so nahe das es richtig heiß in meinem Genick wurde, ein Stück weiter stand noch so ein Gerät und beide leuchteten den Horizont ab.
Ich war fürchterlich erschrocken, mit
so etwas hatte ich nicht gerechnet, mein Nachbar muss das gemerkt haben und kam zu mir rüber und erklärte mir die Sache und sagte das ist hier immer so, und ich solle mir nichts daraus machen. Der einzige Vorteil der Sache ich konnte das Fehlen meiner Taschenlampe
besser verschmerzen. Ich hab mich dann noch eine ganze Zeit mit meinem Nachbarn unterhalten und nach dieser Weile(bestimmt 1 Stunde) ging ich zu meinen Ruten zurück und erschrak, eine Rute war weg! Spurlos verschwunden!
Im ersten Moment glaubte ich an Diebstahl, denn der Nachbar auf der anderen Seite war inzwischen verschwunden. Meine Laune war hin! Nach einer halben Stunde Pause begann der Scheinwerfer wieder seine Tätigkeit, plötzlich sah ich ein metallisches Blinken im
Bereich der anrollenden Brandung, das machte mich neugierig, ich ging hin und was sah ich, meine Angel wie sie so schön in der Brandung rollt. In den zurückliegenden Tagen war Sturm und der ganze losgerissene Tang war an den Strand getrieben und in dieser Suppe schwamm meine Angel. Ich hab sie dann rausgefischt und endloslang das Pflanzenzeug ausgepflückt, die Rolle drehte sich inzwischen auch wieder, der Sand war ihr nicht bekommen. Nachdem ich auch die Schnur vom "Salat" befreit hatte begann ich einzuholen und plötzlich, was war das, am anderen Ende rumpelte was?
Der Dorsch der meine Angel umgerissen hatte hing noch dran und ich konnte ihn problemlos landen, na ja der war ja auch schon fix und fertig. Ein schöner Fisch von ca.2,5kg,mein erster vom Strand, meine Laune verbesserte sich schlagartig, ich war so etwas von stolz!
Noch stolzer war ich als ich den richtigen Weg nach Hause fand und nicht mehr über den Acker musste.
Was bleibt noch zu sagen?
Meine nächsten Versuche verliefen wesentlich planvoller, den Scheinwerferstrand habe ich fortan gemieden, auch weil ich bessere Strände gefunden habe, mit den Grenzstreifen bin ich gut zurechtgekommen, das waren ganz normale Menschen(bis auf manche Offiziere),es ist eben so wie man in den Wald hineinruft.....
Wenn damals einer rausgekriegt hätte,daß ich mal die Machinenpistolen beider Grenzposten halten musste,weil ich denen ein paar Dorsche geschenkt hatte und sie diese nun mit Hilfe ihres Seitengewehrs ausnahmen,ich weiß nicht wie lange die unter den damaligen Umständen hinter Gittern verschwunden wären.
Damals haben wir beim Brandungsangeln sehr gut gefangen das Durchschnittsgewicht der Dorsche lag bei ca.1kg,bis die Bestände dann zusammenbrachen, jetzt wird seit etwa 10 Jahren wieder gefangen, oft in großen Stückzahlen aber meist kleine und winzige Fische, das
verleidet mir die Sache etwas, wenn man so den 10.Dorsch von 20cm abgehakt hat und genau weiß das er es nicht überleben wird, das ist dann der Moment wo ich meist einpacke oder die Stelle wechsle.