Es ist nun fast 30 Jahre her,da hatte ich mal ein hübsches Schleiengewässer ausgemacht.
Ausgemacht ist eigentlich das falsche Wort,irgend ein Urlauber bei uns auf dem Zeltplatz hatte das Gewässer entdeckt und mir den Mund wässrig gemacht.
Das Gewässer liegt eigentlich ganz leicht zu entdecken an der Straße von Schwerin nach Wismar,direkt hinter einem Bahnübergang und fällt sofort ins Auge,da man auf der Waldseite viele tote Bäume im Wasser stehen sieht.
Der kleine See soll mal ein ganz winziger Teich gewesen sein,Anfang der 60er Jahre und diente wohl mal als Karpfenteich.
Sein Wasser bezog er als Hangwasser aus der direkten Umgebung und das Wasser verließ den Teich unter der Straße durch in einem Graben.
Wenn man ein wenig sucht findet man den Graben noch heute.
Durch den starken Schwerlastverkehr auf der Strecke,senkte sich die Straße immer wieder ab und drückte die Verrohrung des Grabens zu,irgendwann verlor man das Interesse an dem Teich und seinem verstopften Rohr und so füllte er sich langsam bis zur heutigen Größe auf.
Niemand machte das Rohr wieder frei,obwohl dort größere Straßenerhaltungsmaßnahmen durchgeführt wurden.
Es mag auch daran gelegen haben,daß der See genau auf der Grenze zwischen dem damaligen Bezirk Schwerin und dem Bezirk Rostock lag und sich keiner so richtig zuständig fühlte oder fühlen wollte.
Alsbald erschien der See dann auch im Gewässerverzeichnis des Anglerverbandes und konnte frei beangelt werden.
Auch heute ist er noch Verbandsgewässer.
Damals war es ein typischer Hecht/Schlei-See,ziemlich flach mit üppigem Uferbewuchs.
Hauptfische waren neben den Schleien große Karauschenbestände,einige Karpfen sollte es auch geben und natürlich Hechte.
Den Hechten erging es ein paar Jahre später allerdings mal sehr schlecht,irgendwie war es damals Mode Sumpfgebiete gegen Mücken zu begiften,meist machte man das von Flugzeug.
Man begiftete also den überschwemmten Wald und vernichtete auf diese Weise die Mücken und leider auch den Großteil der Hechte,andere Fische waren komischer Weise kaum betroffen.
Nun sind wir (besser ich!)aber ganz schön am abscheifen......
Nun aber zur der Geschichte!
Ich war damals vom Moped "Star" inzwischen zum Trabant gewechselt,nur so nebenbei.
Also,es war ein schöner warmer Tag,Ende Mai.
Ein Angelkumpel von mir und ich fuhren also zu dem See um geruhsam ein paar Schleien zu angeln.
Auf der ganzen Feldseite waren die besten Stellen allerdings schon besetzt,was uns dazu zwang mit Sack und Pack um den ganzen See zu laufen,bis wir zu einer einigermaßen günstigen Stelle kamen.
Unterwegs mußten wir an der einzigen Badestelle vorbei,dort war es ganz flach und sandig.Genau an der Badestelle saß ein älteres Ehepaar und Opa ließ an Stahlvorfach und Drilling eine Karausche kreisen,was damals noch erlaubt war.
Wir hockten uns 150m weiter hin und brachten unser Gerät zu Wasser,nach einer Stunde ungefähr,stieß mich mein Kumpel an und zeigte auf den Opa.
Dieser stand mit krummer Angelrute bis an den Rand seiner Gummistiefel im Wasser und drillte an irgendwas rum.
Na da wird er wohl einen Hecht erwischt haben,dachte wir und damit war die Sache eigentlich für uns erledigt.
Nach einer Weile schau ich nochmal dahin,Opa steht immernoch im Wasser,Rute immernoch krumm,der machts aber spannend dachte wir so und widmeten uns wieder unseren Geräten.
Nach einer weiteren Weile sehe ich so im Augenwinkel,wie bei Opa Bewegung in die Sache kommt,besser gesagt bei Oma,Oma war nu inzwischen auch im Wasser und fegte mit dem Kescher in der Hand immer um Opa rum.
"Dat irgendwie putzig!" sagte mein Kumpel,"Da gehn wa ma gucken!"
Also gingen wir mal so langsam gucken,wie wir so gingen und guckten sahen wir plötzlich zwei Kieferspitzen aus dem Wasser ragen,die waren nicht so sehr groß.
"Wat macht der mit dem lütten Hecht da für ein Gewese?" sagte mein Kumpel.
Wir gingen und guckten etwas schneller,man wurde ja langsam neugierig.
Als wir dann nun endlich da waren,bot sich folgendes Bild,
Opa mit etwas verzerrtem Gesicht und mit krummer Rute im Wasser,dort nix zu sehen,auch keine Bewegung,Oma schon etwas genervt stand mit dem Kescher neben Opa im B1(Bereitschaft 1.Stufe,Roter Alarm für Enterprisefans).
Ich fragte: "Wo liegt das Problem?
Opa presste durch die Zähne:"He will nich!
Opa ließ die Spannung auf die Schnur nach und der Fisch kam plötzlich auf uns zu,Opa brachte wieder Spannung auf die Leine und der Fisch zog wieder von uns weg,komische Sache,zumal das ganz langsam erfolgte,quasi in Zeitlupe.
Opa ließ wieder locker und rief Oma zu :"He kümmt!"
Nun wollten wir auch sehen wat da kümmt und gingen auch ins Wasser.
Da war er dann,der Fisch,kein Hecht,nein ein Aal und was für einer,ich habe nie wieder so einen gesehen.
Der Aal benahm sich eigentlich mehr wie ein lahmer Sack,kam Zug auf die Leine schaltete er auf Rückwärtsgang,fehlte der Zug,gings vorwärts.
Und das nun schon ne halbe Stunde.
Ein paar Mal war der Aal auch schon im Bereich des Keschers,aber ein Ende ragte immer über und er schlenzte sich wieder raus,dazu war er noch nicht zu lahm.
Wir haben den Fisch dann langsam mit den Füßen Richtung Ufer gedrängt und ihn mit den Händen an das Ufer geschlenzt,da lag er dann,dick wie ein Unterarm und etwa 1,20m lang.
Der Fisch hatte nichts drahtiges,kräftiges an sich,wie man es von Aalen eigentlich kennt,er war eher ein fettes wabbliges Ding mit wenig Explosivität,alle seine Bewegungen waren sehr langsam.
Opa verstaute das Riesenvieh,setzte sich auf seinen Campingstuhl,fingerte sich eine neue Karausche aus dem Eimer,warf die Angel aus und ließ sich von Oma ein Bier reichen.
Er nahm einen großen Schluck,schnaufte kräftig und gab die folgenschweren Worte von sich: "Dat iss nu de dritte!"
Er hatte noch nicht ausgesprochen,da rannte mein Kumpel wie wild Richtung Auto um die Köderfischsenke zu holen,so bekam er den zweiten Teil von Opa´s Ausspruch nicht mehr mit,welcher lautete : "In 15 Jahren!"
Der Aal erschien übrigends nie in irgendwelchen Hitparaden oder in Zeitungsmeldungen.
Ein paar Jahre lang aber hörte man von ganz vereinzelzten Fängen solcher Riesenaale aus diesem See.
Heute ist der See nicht mehr ganz so attraktiv,der Schleienbestand ist gering geworden,von den Karauschen kaum noch etwas zu bemerken,dafür sind Karpfen besetzt worden,sogar Zander soll es geben und verbuttete Barsche machen das angeln mit Würnern und ähnlichem manchmal zur Qual.
Aber Aale sollen ja steinalt werden,wenn sie nicht abwandern können,also vielleicht sind noch paar so dicke Dinger drinn,wer weiß?