Es war einmal..............und so begab es sich........
Daß ich Brandungsangeln war.
Es war wohl so Mitte Oktober in Kühlungsborn West,in der Nähe des Kindergartens mit dem hübschen Namen "Pittiplatsch".
Kühlungsborn West ist eigentlich recht gut auf Dorsch,für Platte allerdings nicht so geeignet.
Ich hatte meine Angelstelle schon recht früh bezogen,es war noch hell und am Strand waren viele Kurgäste und Urlauber unterwegs.
Wattwürmer gab es damals noch nicht zu kaufen,die mußte man sich noch im Schweiße seines Angesichts selber Plümpern.
Transportiert und gehältert habe ich die damals immer in einem 10 Liter Senfeimer(ich glaube jeder Angler in der DDR hatte so ein Ding).
Ich hatte also schon meine Ruten im Wasser und sinnierte so vor mich hin,ab und an gab es dann die typischen Urlauberfragen,viele fragten aber auch nicht sondern musterten nur schweigend die Ausrüstung.
So kamen auch zwei alte Damen in teure Pelzmäntel gehüllt und einen echt sehenswerten Hut auf dem Kopf am Strand herangelustwandelt.
Bei mir angekommen blieben sie dann stehen und musterten lange meine Ausrüstung und taxierten auch mich,immer wenn ich nicht direkt hinsah,mit einem Blick,der bei aller Liebe doch etwas arrogant und herablassend war.
Nachdem sie nun eine Weile getaxt und geschaut hatten,kamen sie auch bei dem Wattwurmeimer an,nach einem ganz kurzen verstohlenen Blick wichen sie gleich einen Meter zurück,worauf die Eine dann,mit leicht verzogenem Gesicht und leichtem Ekel zu der Anderen sagte:" Ih gitt,Frieda,haste gesehen und sowas essen diese Leute!"
Ein anderer Tag,gleicher Tatort.
Diesmal war ich nicht allein da,sondern hatte einen Vereinskameraden mitgenommen weil dessen Auto kaputt war.
Der Mann war Dieselmotorenschlosser,etwa 2 Meter groß und sehr schwer und mit riesigen Händen ausgestattet,der Wattekombi und die dicke Unterwäsche machten ihn auch nicht gerade schlanker.
Man kann sagen er war schon eine ehrfurchteinflößende Erscheinung.
Vom Gemüt her war er allerdings sehr ausgeglichen und völlig friedfertig.
Das in Kühlungsborn auch im Winter viele Menschen unterwegs sind ist eigentlich normal,aber an dem Tag,es war Belegungswechsel in den FDGB-Heimen,war es irgendwie besonders schlimm.
Als erstes waren da die netten Leute die ausgerechnet da wo unsere Ruten standen die Möven füttern mußten,die armen Viecher flogen dann natürlich ständig in unsere gespannten Schnüre,freundliche Hinweise dies zu unterlassen brachten nichts,sondern forcierten die Sache noch zusätzlich. Aber jedes Brot ist mal zu Ende und irgendwann gingen die ja auch dann.
Dann begann die übliche Fragerei,ob es beißt,was da beißt,wo denn die Posen wären u.s.w.
Viele Fragen waren freundlich gemeint,manche schlichtweg dämlich.
Irgendwann kommt dann der Punkt wo man einfach nicht mehr will.
Da hilft es mit der Wathose einige Meter ins Wasser zu gehen und die Augen auf dem Horizont ruhen zu lassen,verschränkte Arme unterstreichen den Ausdruck der Unansprechbarkeit.
Na ja,als es dunkel war ebbte der Urlauberstrom langsam ab und es wurde ruhiger,nur ab und an kreuzte noch mal jemand auf,das ließ sich aber aushalten.
So gegen 23 Uhr schlossen allerdings die meisten Kneipen und ergossen dann ihren Inhalt an den Strand und so nahten sie,schwankende Gestalten.......
Die nächste Runde der Fragerei ging los,die Fragen wurden immer geistreicher,weingeistreicher.....
Ich konnte dann etwa bei der 342.Frage,ob sie denn beißen,nicht mehr und ging wieder ins Wasser.
Mein Kollege saß auf seinem Stuhl,wie ein Fels in der Brandung,der mußte Nerven haben,der war immernoch freundlich.
Aber ich merkte,daß er nach einer Zeit immer stiller wurde,sein Gesicht schien etwas dämonisches zu bekommen,aber das war sicher nur das Mondlicht.
Zwischendurch gabs auch Dinge die lustiger waren,so erschien ein Gruppe zechfreudiger Damen(war bestimmt ein Damenkegelclub) die zufällig unsere im Sand liegenden Dorsche erspäht hatten und nun zu der Überzeugung kamen,nie wieder auch nur den großen Zeh in die Ostsee zu stecken,weil ja so große Fische hier ganz vorn rumschwimmen täten.
Aus einer gewissen Entfernung nahte gerade wieder eine schwankende Gestalt,ein schmächtiges Kerlchen steuert geradewegs auf und zu.
Als er angekommen war blieb er völlig stumm genau zwischen uns stehen.
Die Hände steckte er dann in die Taschen seiner Jeans,seinen Mundwinkel zierte eine nichtbrennende Zigarette.Er stand also,ab und an leise aufstoßend,mit starrem Blick auf die See da und war mächtig am Schwanken,so stand er etwa eine Viertelstunde,bis er plötzlich lautlos in sich zusammensackte und es sich zwischen unseren Rutentaschen im Sand bequem machte,da wo er lag fiel er optisch in der Dunkelheit nicht sonderlich auf.
Wir beschlossen den Kumpel erstmal bisschen schlafen zu lassen.
Dann kam der nächste Kneipenausstoß bei uns an,die blöde Fragerei fing wieder an,es gab auch dumme Bemerkungen,mein Kollege schwieg,er war inzwischen scheinbar völlig reaktionlos geworden,das dämonische in seinem Gesicht aber blieb.
Dann kam ein lautstarke Truppe bestehend aus zwei Männern und einigen kichernden Damen und nahmen bei uns Aufstellung,dem Dialekt nach waren die Herrschaften aus Berlin,irgendwie waren die aber besonders penetrant,die wollten einfach nicht gehen.
Nach einer Reihe dummer Bemerkungen begann dann der eine Mann an zu fragen,er war so Mitte 50 nicht allzu groß und ein wenig schmächtig.
"Sachen se mal wat fangse denn hia für Fische?"
Ich überlegt gerade ob ich antworte oder nicht,da fing plötzlich mein stummgeglaubter Kollege an zu antworten:
"Dorsche,Flundern,Klieschen,Aalmuttern......und weiße Haie!"
Der Mann stutzte und fragte nach:"Wat,weiße Haie och? Aba doch nich mit die Würmer da?"
Mein Kollegen begann langsam aufzustehen,bei seiner Größe dauerte das eine Weile bis er damit fertig war und ging ganz nahe an den Mann heran.
"Nee,auf weiße Haie nehmen wir keine Würmer,da warten wir immer auf einen Urlauber,einen haben wir schon da zu liegen!" Und dann leuchtete er mit der Taschenlampe auf unseren seligen Schläfer.
Das wirkte,wir wurden sehr schnell von der Truppe verlassen.
Ein Streifenwagen erschien allerdings nicht,ich hatte Solches nämlich schon fast erwartet.
Übrigends haben wir unser Schläfer später wieder "erweckt" und in sein Ferienheim gebracht,bevor er sich eine Unterkühlung geholt hat.
Oh Jeh,wieder nix kurz,wieder zu sehr abgeschweift