Der oberbayerische Winter hat uns zwar noch immer fet im Griff. Längst trägt die Eisdecke nicht mehr auf den Seen, aber geschlosen ist sie immer noch.
Aber mit dem heutigen Aschermittwoch - ohnedies ein traditioneller Fischtag - ist der 1, März angebrochen. Und damit das Ende der Bachforellenschonzeit. Im letzten Blinker war davon zu lesen, dass dieser Termin für die Salmonidenfreunde und die FLiegenfischer ein lang ersehntes Datum ist. Der Artikel hat mir aus der Seele gesprochen.
Denn auch ich habe dem heutigen Tag entgegefiebert in den langen Wintermonaten.
Da meine dienstlichen Pflöichten als Geistlicher erst auf den späten Nachmittag fielen, konnte ich am Vormittag meine handmade-Fliegenrute aus Lukas Friedls (Planseefischers) Werkstatt endlich an einem richtigen Fließgewässer testen - meinem Vereinsbach unterhalb von Prien am Chiemsee.
Die tiefen Gumpen, in denen sich die Fettflossenträger jetzt dicht am Grund aufhalten, hatte ich in etlichen Schneespaziergängen schon auskundschaftet, mir Strategien und Taktiken für das Präsentieren der Nymphe überlegt, die ich heute endlich anwenden konnte.
Ebenso hatte mir der Winter an zahlreichen langen Abenden genug Gelegenheiten gegeben, die passenden schweren Nymphen für den Saisonauftakt zu binden:
Pheasant Tails und Wooly Worms mit Tungstenkopf, Bachflohkrebse, einige Reiznymphen sowie die Peeping Caddis. Letztere sollte sich heute als der absolute Bringer erweisen.
Nachdem ich meine Tochter um 8.00h im Kindergarten abgeliefert hatte, fuhr ich mit laut pochendem Herzen also meinem ersten Angeltag der neuen Saison entgegen.
An der ersten Gumpe angelangt zunächst ein Versuch mit Bachflohkrebsen, da letztere in großer Zahl in unserem Bach vorkommen und gerade im zeitigen Frühjahr einen erheblichen Teil der Fischnahrung darstellen. Nun ja, das war heute dennoch nicht das Muster der Wahl, wie ich nach einigen Würfen feststellen musste. Weniger, weil die tiefstehenden Fische ihre Nahrung umgestellt hatten, sondern weil die Nymphe einfach nicht schwer genug war, um die noch etwas trägen Fische am Grund des Baches zu erreichen.
Also ummontiert. Der Wooly Worm mit 3,0er Tungstenkopf würde schon tiefer sinken. Und sein rotes Marabou-Schwänzchen würde seinen Reiz sicher nicht verfehlen.
Gleich nach dem ersten Wurf auch der erste Biss: 32er Bachforelle! Der erste Fisch der Saison, den ich nach kurzem und erstaunlich heftigem Drill mit der #5 - Rute sicher landen konnte.
Dann tat sich bei etlichen weiteren Würfen nichts mehr. Und irgendwann hing der Wooly Worm dann doch im dürren Geäst eines der vielen Uferbäume, die unseren Bach so schwer befischbar machen, und das 16er Fluorocarbon-Tippet brach.
Also mit klammen Fingern ein neues angeknotet. Und dann die Peeping-Caddis angebunden. Eine weise Entscheidung. Nach dem zweiten Wurf ein heftiger Biss, dem ein ebenso rasanter Drill folgte: Regenbogenforelle von 42cm! Nun ja, die haben noch Schonzeit. Also schnell abgeködert - bei meinen widerhakenlosen Nymphen geht das mit einem kurzen Ruck - und wieder in die Freiheit entlassen.
Wieder ausgeworfen und mit Achterschlägen eingezupft. Und dann, nur wenige Würfe später, der zweite Biss: 39er Regenbogenforelle.
Nach einer Regenbogenforelle von 36cm und einer weiteren von 37cm beschließe ich die Gumpe zu wechseln. Vielleicht ist ja doch noch eine Bachforelle oder ein Saibling für die Pfanne drin.
Etwas weiter stromab befindet sich die größte und tiefste Gumpe unseres Bachs. In den Pausen zwischen den Auswürfen kann der Fischer dort den Blick auf Kampenwand, Hochgern und Hochfelln genießen, die mit ihren schneebedeckten Hängen von fern grüßen.
Diese Gumpe ist eine Herausforderung. Zum einen befindet sich am gegenüberliegenden Ufer eine Menge Gebüsch und Totholz, das schon so mancher Fliege und so manchem Spinnköder zum Verhängnis wqurde.
Zum Anderen herrschen dort recht abenteuerliche Strömungsverhältnisse.
Das in die Gumpe schießende Wasser bildet zunächst eine Walze, durch die sich unterhalb der Hauptströmung eine Gegenströmung bildet. Im seichteren ufernahen Bereich gibt es ein langes Kehrwasser, in dem man die Fische hart an der Strömungskante mit dem Kopf in Richtung Hauptströmung stehen sehen kann.
Nach einigem Experimentieren mit der Wurfweite habe ich die Richtung und den Anwurfpunkt gefunden, an dem die Peeping Caddis von der Unterströmung erfasst und nach unten gezogen wird. Die DTF5-SChnur wird so durch die Strömung auf den vorderen Metern ebenfalls unter Wasser gezogen und bildet Schnurbögen, was während der dead drift eine zuverlässige Bisserkennung stark erschwert. Ich beginne mit dem Einstrippen, hart an der Strömungskante entlang bis zum Ende des Kehrwassers. Auf einmal geht ein Ruck durch die Leine, und in dem abenteuerliche Gewirr von Strömung, Unter- und Gegenströmung entfesselt sich erneut ein spannender Drill. Der Fisch flüchtet in die Hauptströmung, und meine Rute biegt sich bedrohlich. Nach fünf Minuten unter Adrenalin lande ich eine wunderschöne 42cm lange Regenbogenforellenmilchner mit einem für Satzforellen ganz untypischen lang gestreckten Kopf und ausgeprägtem Laichhaken an Ober - und Unterkiefer. Ein wunderschönes Tier mit auffallend heller Hautfärbung und einem kupfernd schimmernden Flankenband. Schonzeit hin oder her - dieses Tier hätte ich sowieso released! Soll es für reichlich Nachwuchs von ähnlicher Schönheit sorgen!
Ein gelungener Abschluss eines wundervollen Saisonauftakts! Denn leider geht mein Zeit zu Ende, meine Tochter will vom Kindergarten abgeholt werden. Die magere Beute von einer Bachforelle, die ich mit nach Hause bringe, wird niemand erahnen lassen, von welch erfolgreichem Angeltag ich nach Hause komme. Aber der Gentleman schweigt und genießt. Und die herrlichen Erlebnisse von heute kann sowieso keiner nachempfinden, der nicht selbst schon solche Sternstunden mit der Fliegenrute erlebt hat.