Früher war alles anders

  • Vor, nun doch schon einigen Jahren, also Mitte der 60er Jahre begann meine Bekanntschaft mit einem der größten Binnenseen Deutschlands, dem Schweriner See und seinen Nebengewässern, dem Ziegelsee, dem Burgsee und dem Heidensee.
    Der Schweriner See besitzt eine Fläche von ca.61 km² und ist etwas über 50 Meter tief, er liegt in einer Endmoränenlandschaft und ebenso wie die ganze Gegend ist auch sein Grund recht hügelig. Vom Typ her entspricht der See dem Maränen - Hechtsee.
    Eigentlich haben wir nicht einen See vor uns sondern zwei, seit 1840 ist der See durch einen künstlichen Damm, den Paulsdamm in zwei Teile getrennt.
    Es besteht jedoch eine schiffbare Verbindung durch einen etwa 250m langen Kanal.
    Damals war der stadtnahe Innensee stark mit Abwässern belastet und seine Fischwelt entsprach kaum der eines Maränen-Hechtsees, so waren Hechte von sehr großer Seltenheit, dafür gab es recht viele Zander, Weißfische, Barsche und Aale.
    Der Schweriner Außensee war damals um einiges besser drann, er war wesentlich weniger belastet und wies recht klares Wasser auf, hier gab es sehr gute Hechtbestände und auch die Kleine Maräne (Coregonus albula Linné) war reichlich vertreten, vor den ausgedehnten Gelegezonen gab es traumhafte Rotfedern in Masse, besonders beeindruckend waren für mich aber damals die riesigen Barschvorkommen mit Fischen respektabler Größe.


    Damals tat ich mich als ehemals reiner Uferangler, in sehr jugendlichem Alter etwas schwer mit dem Angeln auf einem derartigen Gewässer.
    Wurde ich doch damals noch mit vielen traditionellen Methoden und Techniken konfrontiert, welche heute praktisch ausgestorben sind.
    Damals gab es noch sehr viele alte typische Angelboote auf dem See, etwa 6-6,50m lange schmale Eichenkähne mit geklinkerten Planken, ausgerüstet oft noch mit uralten, recht großen Einzylindermotoren mit sehr geringer Drehzahl und recht bescheidener Leistung, aber zuverlässig waren die Dinger und sparsam im Verbrauch, bei manchen Booten waren allerdings diese Motoren durch die abenteuerlichsten Geräte ersetzt worden, da es keinerlei Ersatzteile für die antiken Vorkriegsstücke mehr gab.


    Was damals bei den alten Anglern auf dem Schweriner See sehr wenig Anklang fand waren Angelrollen, auch die Angelrute, falls überhaupt eine Verwendung fand, war kaum als Drillgerät ausgelegt.
    Das Gerät war im wesentlichen so ausgelegt, die Angelrute war ein Bambusstock von etwa 2,50m Länge, dessen Spitze oft noch fingerdick war, meist besaßen diese Ruten nur einen Spitzenring, welcher oft aus einfachem verzinktem Draht erheblicher Dicke gebogen wurde, so ein Ring hielt nicht lange und mußte wenn er dann zu rosten anfing gewechselt werden, so wurden die Ringe selten gewickelt, sondern einfach mit Isolierband angewunden. Kurz über dem Handteil war statt der Rolle eine Haspel angebracht, die bestand im einfachsten Fall aus zwei Nägeln, dort befand sich der gesamte Schnurvorrat aufgewickelt.
    Es wurde mit einer festen Pose von etwa 20g Tragkraft geangelt, Laufposen waren unüblich, obwohl oft in Tiefen bis zu 20m und auch darüber hinaus geangelt wurde.
    Das zeigt schon, daß die Rute kaum zu Drillen gedacht war, ihre eigentliche Aufgabe bestand hauptsächlich darin als Abstandshalter zu fungieren, auch der Anhieb erfolgte mit der Rute, war dieser aber erfolgt wurde die Schnur sofort mit der Hand aufgenommen, die Rute wanderte zurück in den Rutenhalter und es wurde ausschließlich mit der Hand gedrillt. Mußte Schnur gegeben werden ließ man die Schnur meist durch die Finger der linken Hand gleiten , während die Rechte die Schnurklänge von der Haspel nachgab.
    Der Drill erfolgte im Sitzen über die Bordwand, für Vorbeifahrende fast nicht wahrnehmbar.
    Das hatte mehrere Gründe, der eine war, die Fänge vor den anderen Anglern zu verbergen, denn sonst war man schnell von den anderen Booten eingekreist, viel wichtiger war es aber auch die Organisation im Boot nicht unnötig zu erschweren, denn die Schnüre wurden ja wie schon gesagt mit der Hand eingeholt und landeten somit auf dem Bootsboden und wenn das "De Fleck wo de Bors bit" war und drei Angler mit je zwei Ruten im Boot waren konnte das Angeln in Arbeit ausarten und es waren etliche Schnüre gleichzeitig im Boot, das ging recht gut, wenn man beim erneuten Ausbringen der Angel die richtige Reihenfolge einhielt und vor Allem nicht großartig durch die Schnüre lief.
    Oft wurde mit kleinen Köderfischen geangelt, was dann eine gemischte Strecke ergeben konnte, man konnte so oft durcheinander Barsche, Aale, Hechte oder Zander fangen.
    Die zweite auch heute noch recht verbreitete Methode war das Angeln mit der Wippe.
    Die Wippe ist eine kurze Angel, die entweder wie der Name schon sagt in speziellen Gabeln wippend aufgehängt waren oder, was öfter der Fall war eine Spitze aus einer alten Uhrenfeder oder Ähnlichem, da Gerät wird ohne Pose gefischt und so eingestellt, daß der Köder ganz kurz über dem Grund schwebt, die Bewegungen des Bootes durch Wind und Wellen verleihen dem Köder zusätzliches Leben, der Biss ist entweder am Wippen des Geräts oder am Ausschlag der Feder erkennbar, also so eine Art vertikale Pickerangel, die Schnur war auch hier auf einer Haspel deponiert, aber es wurden auch vermehrt einfache Gehäuserollen verwendet.
    Spinnfischen so wie wir es kennen war bei den alten Anglern kaum verbreitet, wenn dann wurde geschleppt, gedarrt wie man hier sagt, allerdings war und ist es noch heute verboten.
    Auch das Angeln mit Köderfischen war in bestimmten Teilen des Sees grundsätzlich verboten, so richtig hielt sich aber niemand daran und so ganz scharf wurde selten kontrolliert und wenn dann wußte man sich zu Helfen.
    So bildete sich auf dem See so eine Art Geheimsprache heraus und lag ein Pulk Boote zusammen, dann war immer einer der Angler am Fernglas, wenn dann zum Beispiel jemand laut nach einem Kescher rief, dann kam Bewegung in die Massen, da wurden die Köderfischeimer entleert und die Hechte verschwanden unter den Bodebrettern , Der laute Kescherruf war nichts weiter als das Signal für "Wasserschutzpolizei im Anmarsch".


    Heute sind die alten Angelarten durch modernes Gerät, bis auf die Wippe verdrängt worden.
    Am See selber hat sich auch sehr viel getan, die Abwasserbelastung ist seit etwa 15 Jahren nahezu verschwunden, die Wasserqualität ist deutlich besser geworden.
    Aber man muß auch feststellen, daß die Fischbestände in den letzten Jahren stark abgenommen haben, das liegt nicht zuletzt an der starken Befischung durch die Berufsfischerei die ständig um das Überleben kämpft und nicht in der Lage ist in das Gewässer zu investieren, nur Rausholen mit allen Mitteln geht auf die Dauer nicht, im Moment betrifft das sehr stark den Barsch, der ist zwar kaum ausrottbar, aber die großen Altersklassen fehlen weitgehend, Barschfilet ist teuer und gut vermarktbar, dafür hat es der Hecht besser, der wird kaum von der Fischerei befischt weil er schlechter vermarktbar ist, oft werden die gefangenen Hechte wieder zurückgesetzt.

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