Es ist wohl so drei Jahre her, es war Mitte Mai und mein Sohn und ich waren am Bach unterwegs um mal zu sehen was die Forellen so machten bzw. ob die Maifliegen schon aktiv waren. Außerdem hatten wir etliche Äpfel für die Biber dabei, die wir deponieren wollten.
Es war ein herrlicher Abend fast kein Wind, haufenweise Maifliegen und beißwillige Fische, nur die ebenfalls beißwütigen Mücken störten etwas.
Kein Zivilisationslaut, nur ein paar Vögel und ein bellender Rehbock waren zu hören, ab und zu brummte eine Hornisse vorbei.
Ich hatte mir in den letzten Tagen eine gute Forelle ausgekuckt, die sehr schwierig war, sie stieg zwar an einer deckungslosen Stelle, war aber äußerst sensibel und verschwand beim leisesten Versuch der Annäherung.
Der Fisch war schon oft angeworfen worden nicht nur vom mir, immer vergebens.
In solchen Fällen hilft oft nur eins, beobachten wann der Fisch beginnt zu steigen und zwar über mehrere Tage. Dann vorher Stellung beziehen, sich ins hohe Gras kuscheln einen Probewurf machen und warten, warten, warten und dann muss alles klappen man hat meist nur einen Versuch, komischerweise klappt das recht oft.
Also saß ich da im Gras, mein Sohn Michael verteilte 500m weiter inzwischen die Äpfel für die Biber, das war gut so weil er immer so hibbelig ist und das konnte ich jetzt nicht brauchen.
Plötzlich ging alles ganz schnell, die Forelle stieg, ich warf, der Fisch hing!
Eine kurze Flucht stromauf, dann eine blitzartige Wende und stromab ging es, die Schnur glitt durch die Finger nach 20 Metern stellte der Fisch sich wieder gegen die Strömung und ließ sich etwas heranführen das ging bis der Fisch auf meiner Höhe war und ich ihn zum ersten Mal sah, er mich wohl auch, jedenfalls ging es wieder stromab. Das ganze Spiel wiederholte sich noch ein paar mal, ich kannte das, weil es hier bei fast allen großen Forellen so ist, und ich wusste das da noch was kommt, langsam tat mir das Handgelenk weh, der Fisch stand jetzt 3 Meter vor mir mit dem Kopf zum Grund und war kaum von der Stelle zu bewegen, langsam bekam ich den Fisch an die Oberfläche, der erste Landungsversuch schlug wie erwartet fehl, aber der zweite hat dann geklappt. Michael half mir aus dem Wasser und hatte schon das Bandmaß in der Hand, einen herrlichen Milchner hatten wir da erwischt 69cm,als ich vorsichtig die Fliege löste hörte ich Motorengeräusch direkt neben uns eine Autotür ging auf und er betrat die Szene der "Super".
Ich hatte mich gar nicht umgedreht weil wir mit dem Fisch zu tun hatten, während Michael den Fisch noch einen Moment mit dem Kopf in die Strömung hielt damit er sich schneller erholte tönte es von hinten oben : " det find ick ja nu jar nicht in Ordnung, det son großen Überständer wieder rinnsetzen, wat meen`se wie ville kleene Forellen der wechfrisst!"
Ich hatte nach dem eben erlebten verständlicher Weise recht gute Laune und konnte Michael grade noch davon abhalten seinen Zeigefinger Richtung Stirn zu bewegen.
Das musste ich mir erst einmal anschauen, was da so weise Worte verströmte.
Da stand er nun, so Mitte 50,ziemlich klein und sah eigentlich gar nicht so unsympathisch aus. Alles an ihm war neu, die schicke Angelkluft hatte noch nie Schmutz gesehen, er sah aus als ob er grade einem Katalog entsprungen war.
Der schicke Sportwagen der obersten Preisklasse war auch neu.
Ich fragte ihn höflich ob er beabsichtige hier zu Angeln, worauf er mir sofort seine Papiere präsentierte, auch neu, nahezu taufrisch.
Von ganz alleine fing er an zu erzählen während er auspackte, er war seit kurzer Zeit Witwer und durch bestimmte Lebensumstände zu einer erheblichen Geldmenge gekommen. Er habe lange nach einer sinnvollen Freizeitbeschäftigung gesucht und sei aufs Angeln gekommen, er habe dann schleunigst den Fischereischein gemacht und hätte sich dann für das Fliegenfischen entschieden weil er das für besonders Exklusiv hielt.
Darauf hin präsentierte er mir seine Gerätschaften, mir fielen bald die Augen raus,
4 Einhandruten von Klasse 3 bis Klasse 8 und zwei Zweihandruten der Klassen 10 und 11,von Rollen und Schnüren ganz zu schweigen, dazu noch Transportrohre und allerhand Zubehör.
Michael ließ seinen Blick über die Pracht schweifen und stellte fest "Papa, das ist alles oberste Kajüte, oberstes Regal!"
Jedenfalls hatte der Händler bei dem er das gekauft hatte längere Zeit keine Probleme mehr.
Das Gerät war allerdings ordentlich montiert und ordentliche, zweckmäßige Fliegen hatte er auch und die Machart kannte ich, die waren von meinem Freund Frank.
Aber ein Problem hatte er, angeln konnte er nicht!
Er hatte Werfen geübt das merkte man, das ging einigermaßen mit dem Treffen war es schon schlechter und das Bewegen am Fischwasser ging ihm völlig ab.
Direkt vor uns trieb sich ein Trupp stattlicher Döbel herum, das war doch was zum Üben. Er gab sich Mühe aber es klappte irgendwie nicht, Michael saß grinsend an der Böschung.
Der Mann hatte sicher alles gelesen was es über das Fliegenfischen gab und sich ein eigenes Fliegenfischerweltbild zusammengebastelt.
Er begann mir leid zu tun, ich erinnerte mich an meine Anfänge.
Da musste man versuchen zu helfen!
Und er ließ sich helfen, das machte Ihn mit einem mal sehr sympathisch.
Er kam noch öfter in unsere Gegend und fing seine Fische, auch an anderen Gewässern hab ich ihn getroffen.
Heute ist er kein "Super" mehr, sein Fliegenfischerweltbild hat sich zu recht gerückt.
Ein perfekter Angler ist er nicht geworden, aber wer ist das schon.
Es macht ihm jedenfalls Spaß und neugierig und lernbegierig ist er geblieben.