Nicht Karpfen in Bierteig, sondern im Mantel...

  • Es muß so um 1970 herum gewesen sein,wir waren mal wieder bei meiner Großmutter im Harz in Urlaub,es war sehr heiß und an der Selke ging nicht so richtig was mit den Forellen.Also kam ich auf die Idee es mal an einem anderen Gewässer zu versuchen.Ein großes Problem war,daß wir kein Auto besaßen und ich dort auch kein Fahrrad zur Verfügung hatte.
    Als nächstes Gewässer erwies sich der Teufelsteich,alles andere war einfach zu weit.
    Also stiefelte ich die 4 Kilometer bei brütender Hitze zu dem Teich.
    Der Teufelsteich war, wie viele Gewässer dort ein künstlich aufgestauter Teich welcher der Trinkwasserversorgung diente.
    Das Wasser war sehr klar und die Ufer fielen in manchen Bereichen ziemlich steil ab, obwohl der Teich an sich nicht besonders tief war.
    Der Untergrund am Ufer war mir einem Rasen kurzwüchsiger Wasserpest bedeckt, was wie ein Teppich wirkte.
    Ich hatte nur eine leichte Spinnrute dabei und begann nun fleißig werfend um den Teich zu laufen.
    Es dauerte nicht lange und es rappelte an der Rute, das zittrige Schlagen des Fisches deutete auf einen Barsch hin, tatsächlich hielt ich wenige Sekunden später einen Barsch von 250g in der Hand, eigentlich nichts Besonderes, doch dieser Fisch sah merkwürdig aus, er war goldgelb mit tiefroten Flossen, hatte den barschtypischen schwarzen Fleck in der Rückenflosse, aber er besaß keinerlei Streifen.
    Beim genauen Hinsehen konnte man bei einem bestimmten Betrachtungswinkel jedoch ein ganz schwaches Streifenmuster erkennen, aber diese Streifen waren nicht dunkel sondern heller als der übrige Fisch.
    Ich schlug den Fisch ab und nahm ihn mit, nach einer Weile gesellten sich noch einige der seltsamen Barsche dazu, alle mit der gleichen Färbung.
    Eine Weile später fing ich noch einen Barsch, der sah nun wieder ganz normal aus.
    Als ich so etwa um den halben Teich herum gegangen war entdeckte ich auf der Uferböschung einen Angler, ein älterer Mann saß dort im Schatten eines kleinen Busches.
    Den Mann steuert ich nun an, da ich annahm, daß es sich um einen Einheimischen handelte, der mir vielleicht erklären konnte warum die Barsche so eigenartig aussahen.
    Ich ging nun also hin und grüßte freundlich, der Mann reagierte aber irgendwie nicht, sondern kramte in seiner Angeltasche rum.
    Dann drehte er sich um und schrak zusammen,"Hast du mich aber erschreckt!" sagte er.
    Der Mann war nicht unfreundlich, sondern stark schwerhörig, wie er mir dann selbst erzählte. Dafür konnte er gut von den Lippen ablesen und wir kamen ins Gespräch.
    Er war ein pensionierter Rentner und naturwissenschaftlich sehr gebildet, nachdem ich ihm meine Barsche gezeigt hatte, erklärte er mir, daß diese Färbung für dieses und noch für ein weiteres Gewässer typisch sei, es handele sich um Goldformen, wie man sie vom Goldfisch, der Goldorfe und anderen Fischen kenn, das käme auch bei Barschen vor und durch die Isolation hätte sich ein nahezu reinerbiger Bestand dieser Fische gebildet, mein normal gefärbter Barsch sei hier eher eine Seltenheit.
    So saßen wir dann eine Weile herum un schwatzten über dieses und jenes.
    Bei dem Gespräch erfuhr ich, daß er auch aus Harzgerode kam, dem Ort wo meine Großmutter wohnte und da er bei seinen Erzählungen öfter mal auf sein Auto kam, mit dem er auch jetzt da sei, hegte ich Hoffnung auf eine bequeme Rückreise.
    Ich blieb also da hocken und sah ihm beim Angeln zu.
    Er angelte dort auf Karpfen, mit recht derbem Gerät und eigenartigen harten Grießklößen, die er selber gekocht hatte, der Begriff Boilie war damals zumindest bei uns noch ziemlich unbekannt.
    So hart wie heutige Boilies waren seine Klöße auch nicht, sondern sie waren eher zähelastisch, wie kleine Gummikugeln, wurden aber auch an einer Art Haarmontage angeködert, dazu band er einen Zwirnsfaden kreuzweise um die Murmeln, wie als wenn man ein Packet einpackt und hängte den Haken einfach in den Faden ein.
    Die Klöße waren sehr groß, ich schätzte sie auf 4cm Durchmasser.
    Er brachte seine Murmeln dann zu Wasser und bemerkte, daß jetzt noch nichts beiße, erst so gegen halb Neun wäre mit einem Biss zu rechnen.
    Nachtmann, so hieß der Angler erkläte mir darauf hin seine Angeltaktik welche aus langer Gewässerbeobachtung erwachsen war, er war ja Rentner und fast jeden Tag an dem Teich.
    Rechts von uns war quasi der Anfang des gestauten Teiches, dort war eine völlig verkrautete flache Bucht, in dieser sollten sich nach seiner Meinung die Karpfen am Tage bevorzugt aufhalten.
    Wo wir nun saßen war es schon etwas tiefer, aber in der Mitte war eine große Krautbank, nur rechts und links davon war eine Rinne freien Wassers, an einer der freien Rinnen saßen wir nun.
    Er sagte, es sei so, die Karpfen gingen abends aus der flachen Bucht auf den Teich hinaus auf Nahrungssuche und müßten dabei zwangsläufig diese Rinnen passieren und nur dann hätte man eine Chance zumindest einen von ihnen an den Haken zu bekommen.
    Ich zweifelte ein wenig an seinen Worten, hatte ich doch bei meiner vorhergehenden Teichumrundung einige Karpfen an ganz anderen Stellen zweifelsfrei beobachten können, wie sie träge in der Sonne dümpelten.
    Auf meinen Einwand hin lächelte er nur, na ja, meinte er, aber das "Kleinzeug" was ich da gesehen habe wolle er eigentlich nicht beangeln.
    So saßen wir dann da und harrten der Dinge die da kommen sollten, in der Zwischenzeit erklärte er mir seine Gerätezusammenstellung, er hatte recht kräftige Ruten, schwer zu sagen was die für ein Wurfgewicht hatten, auf den Rollen befand sich 0,45 Mono, vorn waren etwa 2,5m gezwirnter Fesselflugstahldraht aus dem Modellbaubedarf angebracht, der Draht war sehr dünn und hatte durch die Verlitzung eine strukturierte Oberfläche, das war seine Krautsäge, daran befand sich ein Festblei von etwa 100g und das Vorfach.
    Dann kam noch der spezielle, nicht unbedingt nachahmenswerte Nachtmanntrick, damals bestand die Bremse bei den Rollen eigentlich nur aus einer dicken Filzscheibe und einer Unterlegscheibe, welche auf der genuteten Spulenachse saß, die Unterlegscheibe hatte eine kleine Nase, welche in der Nut der Achse saß um zu verhindern, daß die darübersitzende Bremsmutter sich verdrehte.
    Der Nachtmanntrick bestand nur darin diese Scheibe einfach wegzulassen.
    Zog nun ein Fisch ab drehte sich die Mutter unweigerlich fest bis die Bremse also zu war.
    Er machte das weil er so schwerhörig war,die Knarre der laufenden Bremse konnte er nicht hören,die sich fürchterlich biegende Rute aber sehen. Also ich finde da könnte man sich was besseres einfallen lassen.
    Nun gut aber das war nun mal seine Methode, gedrillt wurde nicht über die Bremse sondern die Schnurgabe erfolgte duch Rückwärtskurbeln bei ausgeschalteter Rücklaufsperre.
    Es war ziemlich genau halb Neun, da klatschte es in der anderen krautfreien Rinne als wenn jemand ein Brett auf´s Wasser schlägt.
    "Jetzt kommen sie!" kommentierte er, er hatte die Spritzer gesehn.
    Tatsächlich, mit einem Mal lief die Bremse, ich konnte es ja hören, da war die Bremse auch schon dicht, der Knüppel zerrte an seiner Verkeilung.
    Nachtmann rutsche einfach auf dem Hosenboden die Böschung runter, mit einer Behändigkeit die man so einem alten Herrn nicht zutraute.
    Rute aus den gesicherten Haltern, Rücklaufsperre raus und Drillen was das Zeug hielt, Drillen war ein sanftes Wort für das Gezerre was dann abging, der Karpfen war natürlich sofort im Kraut, dort tat aber die Nachtmannkrautsäge ihr Werk, er hielt das Gerät auf maximaler Spannung, "Der muß den Kopf oben behalten, sonst ist alles zu spät!" kommentierte er lautstark.
    Die "Entkrautung" dauerte geraume Zeit, ich wunderte mich, daß der Haken nicht ausschlitzte, dann zeigte der Karpfen öfter schon mal die Seitenlage und wurde aus dem Kraut bugsiert.
    Die Landung in dem riesigen Kescher verlief unspektakulär.
    Das Hochzerren auf die Böschung war recht beschwerlich, der Fisch wurde abgeschlagen und versorgt, das Releasen großer Karpfen war damals nicht üblich.
    Nachtmann packte nun sein Zeug ein, ich half ihm das ganze Zeug zu seinem Auto zu bringen, denn ich hegte ja die schon beschriebene Hoffnung...........
    Der Karpfen wurde in einen alten Kunsledermantel gewickelt abtransportiert.
    Dann sah ich die Bescherung, Nachtmanns Auto !
    Es hatte nur 2 Räder und einen 50cm³ - Motor und war ein einsitziges Moped von Typ Spatz.
    Also wieder zurücklatschen !
    Nun war ich aber gespannt wie sich Nachtmanns Heimreise gestalten sollte, das Angelzeug war schnell festgebunden, aber wie sollte das mit dem Karpfen gehen?
    Was jetzt kam war wie aus einem anderen Film!
    Nachtmann breitete den alten Kunstledermantel neu aus, und legte darauf den Karpfen und zwar längs, dann legte sich der Mann mit dem Rücken auf den Karpfen, zwängte mühsam seine Arme in die Ärmel, knöpfte den Mantel zu und würgte sich dann den Gürtel um den Leib. Dann rollte er sich herum und stand auf.
    Der Kopf des Karpfens ruhte unten da wo der Gürtel war und der Schwanz schaute an Nachtmanns Genick heraus.
    Er startete den Motor setzte sich auf die Karre und schnurrte los, ab und an ging ein Ruck durch seinen Körper, immer dann, wenn der zwar abgestochene Karpfen noch einmal zuckte.
    Ich latschte nun die 4 Kilometer wieder zurück, es war glücklicherweise auch nicht mehr so warm, irgendwann in schwarzer Nacht kam ich zu Hause an.
    Den Karpfen von Lehrer Nachtmann konnte ich einige Tage später in der Tageszeitung bewundern, es war einer von vielen die dieser Mann gefangen hat, 21kg hat er immerhin gewogen.

    Diese Nachricht entspricht dem deutschen Forenreinheitsgebot von 2005, besteht aus 100 % chlorfrei gebleichten, FCKW-freien, wiederverwendbaren, geschmacksneutralen, nicht genmanipulierten Bits und ist frei von jeglichen Editierungen!©

  • Gute Storys schick sie doch mal an einen Verlag. Wolfgangs Angelstorys.ICh zumindest kann mich von den Geschichten nicht abwenden wenn ich sie Lese und vertiefe micht richtig dortdrinn.Echt verdammt gute Storys die du schreibst. RESPEKT :D

Jetzt mitmachen!

Sie haben noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registrieren Sie sich kostenlos und nehmen Sie an unserer Community teil!