spontane Angelei

  • Wieder ging ein Tag zu Ende, und ich dachte über dass nun folgenden Wochenende nach.
    Spontan entschloss ich mich meine Frau und Töchterchen sich selber zu überlassen, schliesslich sind beide ja friedlich im Umgang mit einander. (zumindest meistens)


    Ebenso spontan wurde das gesamte Angelzeug in den Kofferraum geworfen und ab zu den Großeltern. Diese haben einen Bungalow an einem schönen Flüsschen mitten in Mecklenburg.
    Als ich ankam war es bereits dunkel, und wie die Tradition es gebietet, wurden sofort 3 Angeln scharf gemacht. Alle auf Grund, mit Köderfischlein die ich mehr zufällig per Senke an Land buchsieren konnte.
    Dann folgte der obligatorische, auch traditionelle, Umtrunk mit den Großeltern. Nebenbei wurde noch das Zelt aufgebaut. Während des Genusses „leicht“ geistiger Getränke (Goldkrone und Nordhäuser *lechz*) tischte mir mein mittlerweile 75jahre alter Opa seine alten Storys auf. Die vom Krieg, kurz davor und auch danach + Anglerlatein ;)
    Auf meine Ansage am nächsten Tag den Fisch meines Lebens zu fangen, hörte ich das für ihn typische, „jetzt hast du es wieder vergeigt!!!“. Mein Großvater meint nämlich, wenn man über das Angeln vorher redet, und sich die Fische an Land denkt, dann wird’s nix. Und er hat Recht, meistens!


    Es ist ca. 1.00Uhr am Morgen, die Glöckchen klingeln, der Bissanzeiger springt sporadisch an. Aber das kenne ich schon. Fledermäuse bahnen sich ihren Weg durch den aufsteigenden Nebel. Begleitet von unkenden Fröschen, röhrenden Hirschen und paar nervenaufreibenden Wildschwein- Grunzern. Aber auch das kenne ich, es ist halt ein Moorgebiet, da hört man eine hustende Mücke auf 20km.


    Da sich nichts wirklich an den Angeln tut, beschliesse ich ins Bettchen (besser gesagt Schlafsack) zu hüpfen. Paar KöFi&s sind noch im Eimer, natürlich tot und abgedeckt.


    5 Uhr morgens


    Ich hüpf elegant aus dem Schlafsack, stürme aus dem Zelt, und hab scheinbar vergessen, das ein Zelt Spannleinen hat. Zum ersten mal an diesem Tag das ich mit dem Gesicht im Dreck liege. Macht aber nix, dass lässt sich ja als Tarnung verkaufen. Ein Blick auf den Fluß und ich bin hin und weg. Der Nebel hält sich immer noch über dem Fluß, undurchdringlich liegt er auf dem Wasser und nur vereinzelt hört man Fische springen. Und auf meiner Rute? Ein Eisvogel, dessen Gefieder von den ersten Sonnenstrahlen glitzert. Wahnsinn, wenn man nen Fotoapparat braucht, hat man keinen zur Hand.


    Eine Weile beobachte ich ihn, und er mich. Wir verstehen uns „blind“. Es ist sein zu Hause, und dass respektiere ich. Also geh ich erstmal nach hinten, den Korn vom Vorabend entsorgen. Danach kontrolliere ich die Angeln, wie erwartet nichts, hätte ich ja auch gehört.


    Bis zum Mittag bleibe ich relativ gelassen neben meinen Ruten sitzen. Bastel neue Montagen, saniere die ein oder andere Angel, schleife Blinker, lese und beobachte natürlich die Angeln.


    Nach dem Mittag, packe ich leicht verzweifelt die Angeln zusammen, ich kenne da ja noch eine Stelle, an der ich früher immer gut gefangen habe. 3 Ruten + Spinnrute suche ich mir aus, bissl Verpflegung und nichtalkoholische Geränke eingepackt und ab geht’s. ein 2km Fußmarsch, wobei ich mir die letzten 100 Meter durch meterhohes Schilf freischlagen muss.


    Dann bin ich da, MEINE Torfkuhle, seid Jahren scheinbar unbeangelt. Beim aussuchen der Angelstelle packe ich mich wieder aufs Gesicht. Eine alte Baumwurzel meinte da lang wachsen zu müssen, wo meine Füsse lang laufen....


    Das ganze Gerödel wird erstmal klar gemacht. Rutenhalter aufstellen, Angel 1 fertigbauen, Köder ran und ab ins Wasser, Angel 2 aufbauen... Verdammt... Montage liegen lassen, also improvisieren. Gleiches gilt für Rute 3.


    2 Stunden später, ich wache auf, die Angelzeitschrift in der Hand mit dem Gesicht in ner Brennessel... mein verbaler Gewaltausbruch an der Stelle lass ich mal aussen vor.


    Rutencheck. Rute 1 ok, Rute 2 ok, Rute 3? Häh? Die Spitze beschreibt eine Kurve da wird Pamela Anderson neidisch. Aber warum ging der bissanzeiger nicht los? Man sollte ihn halt auch einschalten.....[unkommentiert].
    Ich mach einen Satz an die Rute, noch immer ziemlich benommen vom Kurzschlaf, setze einen völlig überzogenen Anhieb, und spüre das sich da was wehrt.
    Was soll das nun sein? Ich kurbel und Drille und drille und kurbel und der Fisch ist kurz vorm Ufer, als mir einfällt das ich den Kescher vergessen hatte. Also Handlandung?...Nee ging nicht, ich kam nicht weit genug ran. Also Hand aufs Herz und raus den Hund. Ein 25cm Barsch, hat mich völlig verausgabt. Das musste belohnt werden, vorsichtig abgehackt und zurück in den Teich. (Feederrude mit 16er Mono)


    Die nächsten Stunden waren unspektakulär, paar bisse, paar Fische aber nix aussergewöhnliches.
    Dämmerung, ich warte immer noch. Und wieder um mich herum alle Geräusche die unsere Mutter Natur zu bieten hat. Einzig das besagte Wildschein sorgt für ein ungutes Gefühl in meiner Bauchgegend. Plötzlich zerreißt eine lauter schriller Ton die „Stille“, ich springe auf, und...ihr dürft raten wieder Gesicht im Dreck. Gestolpert über die eigene Angelsehne.
    Die Sehne der Rute zieht wilde Bahnen durch das Wasser. Die Hände an die Angel, die Rute bäumt sich auf, und Ruhe.... langsam beginge ich einzukurbeln... es fühlt sich an als wäre da was. Aber einordnen kann ich es nicht. So schnell kurbeln kann ich nicht, wie auf einmal die Sehne an auf mich zu „schwimmt“. 15m noch. Der Fisch dreht ab und schwimmt mit ca. 1mio. Stundenkilometer auf das gegenüberliegende ufer zu. Meine Sehne vibriert, noch etwas mehr und sie reißt. Ich kurbel den Fisch meter für Meter auf mich zu, ab und an gebe ich etwas nach, damit sich das Tierchen auspowert. Nach gefühlten 3 Stunden (waren wohl max. 5 min) hebe ich ihn aus dem Wasser, den größten bis jetzt. MEIN Fisch aus MEINER Torfkuhle, ca. 72cm lang. MEIN größter Hecht bis dato.


    Marcus

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