Wollt mal wissen,wie man so über das Thema Kormoran denkt,Abschuss,ja oder nein ??
Abschuss von Kormoranen im Naturschutzgebiet ??
Der Kormoran ist eine europäische Vogelart, die nicht dem Jagdrecht unterliegt. Der Kormoran gehört nach der Richtlinie 79/409/EWG (Vogelschutzrichtlinie) und § 20 a Abs. 1 Nr. 7 Buchst. b, bb Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) zu den besonders geschützten Tierarten. Strengen Schutz genießt er dagegen nicht. Es ist insbesondere verboten, wildlebenden Tieren der besonders geschützten Arten nachzustellen, sie zu fangen, zu verletzen, zu täten oder ihre Nist- oder Brutstätten zu zerstören (~ 20 f Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG).
§ 20 g Abs. 6 BNatSchG ermächtigt die Landesregierungen, durch Rechtsverordnung Ausnahmen von den genannten Verboten zuzulassen, sofern es sich nicht um streng geschützte Arten handelt. Solche Ausnahmeregelungen sind gerechtfertigt, soweit sie unter anderem zur Abwendung erheblicher fischereiwirtschaftlicher Schäden oder zum Schutz der heimischen Tierwelt erforderlich sind. Auf dieser Grundlage hatte die Bayerische Staatsregierung im Anschluss an eine auslaufende Regelung die Zweite Verordnung über die Zulassung von Ausnahmen von den Schutzvorschriften für besonders geschützte Tierarten (Kormoranverordnung) vom 28. Juli 1998 (GVBI 5. 479) erlassen. Diese Verordnung galt bis zum Ablauf des 31. Juli 2000. Sie gestattete Personen, die zur Ausübung der Jagd befugt sind, den Abschuss von Kormoranen ohne Einzelfallgenehmigung in der Zeit vom 16. August bis 14. März in einem Umkreis von 100 m von Gewässern. Neben anderen Einschränkungen war bestimmt, dass unter anderem Naturschutzgebiete von der generellen Abschussgestattung ausgenommen sind.
Der Streitfall:
Eine Fischereigenossenschaft hatte bei der zuständigen Regierung die Erlaubnis zum Abschuss von Kormoranen in einem Naturschutzgebiet beantragt. Die Genossenschaft, die für die Hege in den Fischgewässern ihres Gebiets zuständig ist, begründete ihren Antrag wie folgt:
o Im Naturschutzgebiet befinde sich das letzte Vorkommen der Flussperlmuschel in Unterfranken. Für die Vermehrung sei als Wirtsfisch die Bachforelle unentbehrlich. Die Flussperlmuschel selbst sei konkret vom Aussterben bedroht. In den vergangenen Jahren hätten Kormoranschwärme den Forellenbestand im Naturschutzgebiet und auch den dortigen Äschenbestand schwerstens geschädigt.
o Die Klägerin habe in den letzten 10 Jahren für vierstellige Beträge Bachforellensetzlinge eingesetzt. Das hauptsächlich betroffene Fließgewässer sei bisher auch ein sehr gutes Äschengewässer gewesen.
o Eine Verweigerung der Kormoranabschüsse entwerte die in der Genossenschaft zusammengefassten Fischereirechte. Auch die Genossenschaft selbst sei in ihrem Bestand gefährdet, weil sich der Beitrag der Mitglieder nach dem Wert des Fisch-wassers richte.
Die Regierung lehnte den Antrag der Genossenschaft auf Abschuss von Kormoranen aus folgenden Gründen ab:
o Der von der Genossenschaft vorgebrachte "fischereiwirtschaftliche Schaden", der nach dem Naturschutzgesetz eine Abschusserlaubnis rechtfertigen könnte, sei nicht nachgewiesen. Im übrigen könnten Kormorane außerhalb des Naturschutzgebiets geschossen werden.
o Auch der Schutz der Flussperlmuschel könne einen Kormoranabschuss nicht rechtfertigen. Aus diesem Schutzziel ergebe sich nicht zwingend die Notwendigkeit einer entsprechenden Bachforellenpopulation, vor allem nicht das Erfordernis, den Forellenbestand durch den Abschuss von Kormoranen im Naturschutzgebiet zu sichern. Der Zielkonflikt zwischen dem Kormoranschutz einerseits und der Sicherung des Forellenbestands andererseits müsse grundsätzlich durch Verbesserung der Naturnähe des jeweiligen Lebensraums gelöst werden.
o Die Genossenschaft könne letztlich nur allgemeine Gründe des "Fischschutzes" vorbringen. Diese seien jedoch durch die landesweit geltende "Kormoranverordnung", die im Naturschutzgebiet gerade keinen Kormoranabschuss zulasse, ausreichend berücksichtigt. Spezielle Gründe für die beantragte Einzelgenehmigung seien nicht ersichtlich. Einen gewissen Schaden durch wild-lebende Tiere müsse die Genossenschaft hinnehmen.
Mit dieser Begründung wies die Regierung auch den Widerspruch der Genossenschaft zurück. Die Fischereigenossenschaft erhob daraufhin Klage.
Die Entscheidung
Das Verwaltungsgericht Würzburg hat der Klage mit Urteil vom 03.02.2000 Nr. W 5 k 99.244, das inzwischen rechtskräftig ist, stattgegeben. Dafür waren folgende Gründe ausschlaggebend:
1. Das Gericht hat sich davon überzeugt, dass der Genossenschaft durch den Kormoranbefall im Naturschutzgebiet "erhebliche fischereiwirtschaftliche Schäden" entstanden sind. Diese verpflichteten die Regierung, die beantragte Abschusserlaubnis nach § 20 g Abs. 6 Satz 1 Nr. 1 BNatSchG zu erteilen.
o Der vorher gute Aschenbestand wurde durch den Kormoraneinfall "bis an den Rand der Vernichtung dezimiert." Dies wurde durch Gutachten eines Diplombiologen überzeugend belegt. Die Regierung hatte für ihren gegenteiligen Standpunkt keine eigenen Ermittlungen angestellt. Darüber hinaus konnte der beigezogene Sachverständige andere denkbare Ursachen für die Dezimierung des Aschenbestands wie Uberpopulation, Kleinwüchsigkeit, Krankheitserreger, Gewässerverschmutzung und Nahrungsmangel etc. klar ausschließen. Auch insoweit hatte die Regierung keine eigenen Untersuchungen oder Beobachtungen vorzuweisen.
o Der Zusammenbruch des Äschenbestands stellt nach Auffassung der Gerichts "ohne Zweifel einen fischereiwirtschaftlichen Schaden" im Sinn des Gesetzes dar. Vergleichbare Schäden drohen der Genossenschaft in jedem Winter. Das schließt das Gericht aus dem sprunghaft angestiegenen Kormoranbestand in Europa und aus dem Vorhandensein von etwa 2000 Kormoranen an drei großen Brutplätzen in Unterfranken.
o Nach dem Urteil ist der Genossenschaft durch den Kormoran auch am Forellenbestand beachtlicher Schaden entstanden. Der Sachverständige hat dem Gericht zeigen können, dass der Kormoran äußerst effektiv jagt und nicht nur sehr viele Fische fängt, sondern zusätzlich eine große Zahl von Fischen erheblich verletzt.
o "Fischereiwirtschaftliche Schäden" liegen nicht erst dann vor, wenn ein Wirtschaftszweig als solcher fühlbar beeinträchtigt wird. Entgegen dieser verbreiteten Auffassung betont das Gericht, dass auch einzelbetriebliche Schäden den Begriff erfüllen und eine Abschusserlaubnis rechtfertigen können. Darüber hinaus vertritt das Gericht die Auffassung, dass auch die Ausübung der Freizeitfischerei zur Fischereiwirtschaft im Sinn des § 20 g Abs. 6 Satz 1 Nr. 1 BNatSchG gehört. Es gehe nicht an, die erheblichen ökonomischen Schäden bei der Genossenschaft und den zusammengeschlossenen Fischereiberechtigten "als unbeachtliche Verluste von Hobbyfischern abzutun." Dies entspreche weder der sozialpolitischen Bedeutung noch den Hegeund Pflegeleistungen der Genossenschaft und der Fischereiberechtigten.
2. In der mittelbaren Gefährdung der Flussperlmuschel
durch die Dezimierung der Wirtsfische, die für die Vermehrung der Muschel erforderlich sind, sieht das Gericht keinen relevanten fischereiwirtschaftlichen Schaden. Es neigt jedoch dazu, in dieser zusätzlichen Existenzgefahr für die vom Aussterben bedrohte Flussperlmuschel eine Rechtfertigung für die Erlaubnis zum Kormoranabschuss nach § 20 g Abs. 6 Satz 1 Nr. 2 BNatSchG (Schutz der heimischen Tierwelt) zu sehen. Das bleibt letztlich offen, weil jedenfalls die Voraussetzung "erheblicher fischereiwirtschaftlicher Schaden" erfüllt ist.
3. Das Gericht hat "keinen Zweifel" daran, dass die von der Genossenschaft beantragte Erlaubnis zum Kormoranabschuss für die Abwendung des weiterhin drohenden fischerei-wirtschaftlichen Schadens erforderlich ist.
o Der Abschuss von Kormoranen ist durch die Kormoranverordnung als geeignetes Mittel der Vergrämung und damit der Schadensabwendung grundsätzlich akzeptiert.
o Andere, weniger einschneidende und ebenfalls geeignete Abhilfemaßnahmen gibt es nicht. Untauglich ist sowohl das Verscheuchen als auch der Abschuss von Kormoranen außerhalb des Naturschutzgebiets.
4. Im Naturschutzgebiet ist es verboten, freilebenden Tieren nachzustellen oder diese zu töten. Für den beantragten Abschuss von Kormoranen ist nach dem Urteil jedoch eine Befreiung von diesem Verbot zu gewähren. Der Schutzzweck des Naturschutzgebiets werde dadurch "ersichtlich nicht tangiert." Das Gericht weist darauf hin, dass im Naturschutzgebiet Jagd und Fischerei ausdrücklich zugelassen und damit nach Einschätzung des Verordnungsgebers mit dem Schutzzweck vereinbar sind. Nichts anderes gelte für den beantragten Abschuss einer geringen Zahl von Kormoranen. Dieser sei mit dem Schutzgebietszweck nicht nur vereinbar, sondern trage zur Erhaltung des Bestands der heimischen Tiergesellschaften und des für die Artenvielfalt notwendigen Lebensraums bei. "Die Vergrämung des Kormorans sichert die vom Verordnungsgeber als erhaltenswert angesehenen, gegebenen Standortverhältnisse."
Nach Auffassung des Gerichts geht ein Naturschutz, der bereit ist, "zugunsten eines sich immer weiter verbreitenden und vermehrenden Wirbeltiers landschaftstypische, gewachsene Lebensformen und Lebensgesellschaften wie Asche, Forelle und Flussperlmuschel preiszugeben," von einem unzutreffenden Ausgangspunkt aus. Es sei nicht (mehr) ohne Weiteres angängig, die Natur in einer so dicht besiedelten und weitgehend kultivierten Region wie Unterfranken sich selbst zu überlassen.
Vor Erlass des Erlaubnisbescheids hat die Regierung noch die Verbandsanhörung nach § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BNatSchG (Anhörung des anerkannten Naturschutzverbands vor Ausspruch einer Befreiung) durchzuführen. Deshalb hat das Gericht den Freistaat Bayern nicht unmittelbar zum Erlass der beantragten Erlaubnis verpflichtet, sondern zur Entscheidung über den Antrag "unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts."
Schlussbemerkung
Inzwischen hat die Bayerische Staatsregierung die neue Kormoranverordnung vom 18. Juli 2000 (GVBI 5. 494) erlassen. Sie gilt vom 1. August 2000 bis 31. Juli 2004. Die Neuregelung erweitert die allgemeine Gestattung zum Abschuss von Kormoranen in Schonbezirken und geschlossenen Gewässern i. 5. des Fischereirechts grundsätzlich auf die Zeit bis 31. März. Die räumlichen Ausnahmen von der generellen Abschusszulassung gelten im Wesentlichen unverändert fort.
Quelle: AFZ-FISCHWAID 5/2000 o Verband Deutscher Sportfischer e. V