Fliegenfischen ist ja auch mal interessant, aber ......

  • ...wie geht das?



    Schon als Anfänger haben mich Fließgewässer immer irgendwie fasziniert.
    Das hatte für mich etwas ganz besonderes.
    Damals hatten wir kein Auto, mein Vater hatte nichts im Sinn damit.
    So kam ich auch nicht so sehr weit herum in der Gegend und im direkten Umkreis, den ich zu Fuß oder mit dem Drahtesel erreichen konnte gab es keine Fließgewässer.
    Aber manchmal besuchten wir meine Oma, welche in Harzgerode im Harz wohnte, dort plätscherte das Flüsschen Selke durch die Gegend und ich hatte darin so manche Bachforelle beobachtet, wunderschöne Fische, wie ich auch heute noch finde.
    Damals war ich gerade 13 oder 14 Jahre alt, hatte zwar einen Angelschein, aber das Angeln an Salmonidengewässern bedurfte damals bei uns einer gesonderten Prüfung.
    Da das Angeln auf Salmoniden bei uns in Mecklenburg scheinbar nicht so verbreitet war fanden kaum oder besser gar keine derartigen Lehrgänge statt.
    In den Salmonidengewässern war nur das Fliegenfischen und das Spinnangeln erlaubt, jegliche natürlichen Köder waren verboten.
    Zum Geburtstag hatte ich eine kleine Spinnrute mit Stationärrolle geschenkt bekommen und den Umgang mit dem Gerät hatte ich schon einigermaßen drauf.


    Und so kam dann, was da kommen mußte, ich schlich mich an den Bach auch ohne Schein.
    Na ja so richtig wohl hab ich mich nicht gefühlt, aber nach einer Weile ging es dann aber, niemand schien Notiz von mir zu nehmen.
    So latschte ich also unverdrossen, ohne jegliches schlechtes Gewissen durch den steinigen Bach, Watstiefel oder gar eine Wathose besaß ich natürlich nicht.
    Da ich kurze Hosen anhatte war das nicht so ein ganz großes Problem, meine Socken steckte ich in die Hosentasche, die Sandalen ließ ich wegen der Steine aber an. Da ich also völlig unbehelligt blieb wurde ich leichtsinnig und latsche auch durch die etwas bevölkerten Bereiche im Ortsteil Alexisbad.
    Gefangen hatte ich bis dahin allerdings noch nichts.
    Kurz vor dem Bahnhof der an der Selke entlang führenden Kleinbahn hat es dann plötzlich doch geklappt, nach kurzem Drill hielt ich eine etwa 35cm lange Forelle in den Händen, die erste meines Lebens. Vorschriftsmäßig und mit einer gewissen Ehrfurcht versorgte ich den Fisch.
    Ich war so aufgeregt, daß ich es am liebsten in die ganze Welt hinaus geschrien hätte. Ich brach das Angeln ab und eilte nach Hause zurück.
    Dort bekam meine gute Laune erstmal einen Dämpfer, die Forelle fand in den Augen meiner Eltern kaum Beachtung, mehr Beachtung fanden allerdings meine durchgeweichten völlig deformierten Sandalen, oh je !
    Ich mußte gleich mit meiner Mutter in die Stadt neue kaufen, unter ständigem Gemecker.
    Ein Gutes hatte die Sache ich besaß jetzt ein paar "Watschuhe"!
    So trieb ich mein illegales Werk einige Tage, niemand nahm irgendwie daran Anstoß.
    Ich bewegte mich inzwischen völlig sicher am Bach.
    Und dann kam was kommen mußte, ich hatte gerade gute Beute gemacht, zwei Forellen wanderten in meine Tasche auch beide so um die 35cm, da brach es über mich herein, der Krug, nee der Bengel geht solange ans Wasser bis....... der Fischereiaufseher kommt.
    Da standen wir nun, ich das kleine Sünderlein und der Mann mit dem schrecklichen Ausweis........
    "Zeig mal her was du eben gefangen hast!"
    Mit zittrigen Fingern öffnete ich meine Tasche, der Mann sah hinein.
    "Guck an und gleich sone Guten! Weißt du nicht, daß du hier nicht so einfach angeln darfst?"
    Die Nerven jetzt den Dummen Unwissenden zu spielen hatte ich nicht, ich holte meinen DAV-Ausweis raus und beichtete.
    "Pass mal auf mein Junge, ich weiß ja wie das alles ist, hier verschwindest du jetzt und gehst weiter runter, da wo der Fluß........... und da kontrolliert keiner! Verstanden?"
    Klar hatte ich verstanden und machte mich auf die Socken, eigentlich mehr auf die nassen Sandalen.
    Mit zusammengepacktem Angelzeug lief ich nun auf der Landstraße etwa 1,5km weiter stromab. Dort wuselte der Bach dann weiter von der Straße weg und der Wanderweg auf der anderen Seite trennte sich auch vom Flußlauf.
    Scheu schaute ich mich um, es dauerte eine Weile bis ich mich wieder richtig auf das Angeln konzentrieren konnte, aber ich fing noch zwei Fische.
    Am nächsten Tag fuhr ich gleich mit dem Bus bis da unten und fischte fröhlich drauf los.
    Wie ich da so fröhlich drauf los fischte, ich hatte wieder mein altes Sicherheitsgefühl, da bemerkte ich einen Schatten hinter mir, ich drehte mich um, da stand er wieder der Aufseher, komische Gedanken gingen mir durch den Kopf, hatte er mich reingelegt?
    "Na mein Junge, hast du schon was gefangen?"
    Nein ich hatte noch nichts gefangen, da erst sah ich, daß der Aufseher sein Angelzeug dabei hatte, eine Fliegenrute, so etwas kannte ich bisher nur aus dem Buch, das hatte für mich etwas mysteriöses.
    Der Mann fing also an sein Gerät startklar zu machen, ich hörte mit meiner Angelei auf und sah nur noch zu.
    Der Mann konnte das irgendwie, mit größter Leichtigkeit hielt er die Schnur in der Luft und mit großer Genauigkeit landete die Fliege da wo sie hin sollte, lange brauchte er nicht bis er einen Fisch drillte.
    Es war unser letzter Tag im Harz ,am nächsten Tag ging es nach Hause, während der ganzen Zeit ging mir dieser Fliegenfischer nicht mehr aus dem Kopf.
    Das muß man doch lernen können, sagte ich mir.
    Bei uns in der Stadt gab es mehrere Angelläden, da begann ich nun nach Fliegenfischerutensilien zu suchen, das einzige was ich auftreiben konnte war eine einfache Parallelschnur für 12,50, was mein bisschen Taschengeldkonto ganz schön schröpfte.
    Also sone Strippe hatte ich jetzt, eine einfache größere Gehäuserolle organisierte ich mir von einem Klassenkameraden, ich hatte mir sogar schon einen Schnurfetter gekauft und Schnurfett, bloß eine Fliegenrute hatte ich nicht.
    Ich hatte schon mal auf dem Hof mit meiner Vollglasspinnrute probiert, aber das haute nicht so hin, da kam mir der Zufall zu Hilfe. Ein Klassenkamerad hatte eine dreiteilige Rute aus Hohlglas zerbrochen, das war so etwas ähnliches wie eine Matchrute, das Handteil hatte einen Sturz mit den Fahrrad nicht überstanden.
    Das Mittelteil und die Spitze wechselten im Tausch gegen eine Handvoll Gummiindianer und einige bunte Glaskugeln (aus dem Westen!) den Besitzer.
    An das untere Teil bastelte ich aus Flaschenkorken einen Griff, solche Korken bekam man in verschiedenen Durchmessern damals in jeder Drogerie, einfache Schieberinge als Rollenhalter gab es auch für ein paar Pfennige im Angelladen, die Ringe ließ ich wie sie waren, die stimmten einigermaßen.
    So stellte ich mir also mein Gerät genau nach Buch zusammen, die Vorfächer knotete ich mir nach Vorfachtabellen von Ritz, welche in meinem Buch abgedruckt waren zusammen, als Fliege diente ein Stück Nabenputzring vom Fahrrad.
    Dann begann ich auf dem Hof meine Wurfübungen, lustig knallte die Schnur in der Luft wie bei einer Peitsche, die exakten Ritzvorfächer verwandelten sich in Knotensammlungen, der Fahrradladen kam mit den Nabenputzringen kaum nach.
    In meinem Kopf drehte sich alles von Uhrzeiten wie 10-2, von Streckphasen, engen und weiten Schlaufen, Schießenlassen, Vor- und Rückschwüngen.
    Ich habe lange probiert heimlich, damit mich keiner sah, bin sogar an den See gegangen an eine menschenleere Stelle, aber richtig gepackt habe ich es damals nicht. Schlimm war, daß ich niemanden fragen konnte, als Fliegenfischereleve war ich ein absoluter Exot in Schwerin.
    Irgendwann, ich war mal wieder am See, da kamen doch welche vorbei und blieben verdutzt stehen, ihr Erstaunen hielt aber nicht lange vor sondern ging in dumme Bemerkungen und Gelächter über.
    Es kam dann auch eine Weile später der Tag an dem ich meine Versuche einstellte, sagen wir besser zurückstellte, denn gänzlich aus dem Sinn ging mir das Fliegenfischen nicht mehr.
    Es sollte auch der Tag kommen an dem ich meine Tests wieder aufnahm, aber das ist eine ganz andere Geschichte.

    Diese Nachricht entspricht dem deutschen Forenreinheitsgebot von 2005, besteht aus 100 % chlorfrei gebleichten, FCKW-freien, wiederverwendbaren, geschmacksneutralen, nicht genmanipulierten Bits und ist frei von jeglichen Editierungen!©

  • Hallo Wolfgang,


    ich wurde gerade gefragt, was ich denn da lese;
    ich würde strahlen wie ein kleines Kind.


    Kompliment für deine Geschichten!
    Sobald es ein Buch von dir gibt (oder hab ich es verschlafen?) bekommt es einen Ehrenplatz neben Chris Yates Werken in meinem Bücherschrank.


    Gruß,
    Manfred

  • Hm,Ausdrucken,Zusammenheften......???
    :lol:

    Diese Nachricht entspricht dem deutschen Forenreinheitsgebot von 2005, besteht aus 100 % chlorfrei gebleichten, FCKW-freien, wiederverwendbaren, geschmacksneutralen, nicht genmanipulierten Bits und ist frei von jeglichen Editierungen!©

  • Bei solchen Geschichten muss ich zwangsläufig immer an den Inhalt meiner Hosentaschen in der Bubenzeit denken. Vorzugsweise steckte mich meine Mutter in Lederhosen. Die hielten meinem Tatendrang noch am ehesten Stand und konnten im Bedarfsfall auch mit dem Hammer von den Anhaftungen befreit werden. Ich mochte diese Ledernen eigentlich nie besonders. Lediglich die großen Hosentaschen waren sehr praktisch. Darin fand sich neben dem obligatorischen Taschenmesser, ich verlasse auch heute nie das Haus ohne ein Taschenmesser, auch immer eine Spule mit Platil und ein Sortiment an Haken. Kein Wasser und kaum ein Fisch war vor uns sicher. Das ging seinerzeit auch noch recht unkompliziert von statten. Wurden wir erwischt, dann gabs halt eine Watsch'n und die Angelegenheit war bis zum nächsten Mal erledigt.

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