Mein schönster Fang, geboren aus reiner Verzweiflung.
Barschangeln an einem Baggersee, ich war 13 oder so. Einfach zwei Grundmontagen mit 20g-Birnenblei in den Wirbel eingehakt, Vorfach dran, fertig. Durchlaufmontagen kannten wir damals noch nicht.
Wie es so war hatte ich nur 2 Ruten und 2 Rollen: eine leichte Telerute mit 20er Schnur zum Forellenangeln und eine schwabbelige 30-40g-Grundrute mit entsprechender Rolle und 32er Schnur. Eigentlich viel zu schwer zum Barschangeln, die Barsche waren meist unter 30cm, aber mit feinerem Vorfach ging es.
Eines Tages war ich mit meinem Klassenkameraden am See und wollte unsere Angeln aufbauen, aber wir hatten ein Barschvorfach zu wenig.
Nur ein riesiger Wurmhaken am 28er Vorfach war noch im Koffer...
Naja, egal, eine Rute reicht auch. Die leichte Rute genommen, Blei dran, Vorfach dran, Wurm dran und raus damit. Wir fingen auch wenige Barsche.
Da unser Wurmvorrat unproportinal höher zu unseren Fängen war dachte ich mir: Was solls, zweite Angel kommt auch noch raus, wenn ich nix fange ist das auch egal.
Also den Monsterhaken an die Grundrute gemacht, 7 Würmer dran bis der Haken endlich voll war und die Montage ganz traditionell blind mit voller Wucht raus auf den See geknüppelt.
Dann mit der anderen Angel weitergeangelt und nix mehr gefangen. Zu allem Überfluss zog auch noch ein heftiger Sturm auf, da unsere Eltern uns erst in 2 Stunden abholen wollten, mümmelten wir uns hinter den einzigen winzigen Strauch weit und breit, in der vergeblichen Hoffnung wenigstens ein bisschen vom rattenkalten Wind verschont zu bleiben. Brachte aber nix.
Aus dem Augenwinkel sah ich dann, wie die schwerere Grundrute mit Monsterhaken zum Halbkreis gebogen richtung Seemitte zeigte. Natürlich bin ich direkt hingerannt und habe gepumpt wie ein blöder, so einen starken Fisch hatte ich noch nie an der Angel. Wie wild gingen mir alle möglichen Gedanken durch den Kopf, was da wohl dran sein könnte: Ein dicker Aal? Die soll es hier ja geben! Bestimmt ein Dicker Aal! Oder doch ein Karpfen? Die beissen ja auch auf Würmer! Nee es muss ein Karpfen sein! Oder Waller? Könnte doch sein!
Als ich den Fisch dann nach ein paar Minuten richtung Oberfläche gepumpt habe, war ich erst etwas enttäuscht: Doch nur ein Barsch. Schade, Barsche fange ich ja öfter...
Als der Barsch dann aber in etwa 10 Metern Entfernung zum Sprung ansetzte, das Maul aufriss, die Rückenflosse spreizte und wütend mit dem Kopf schüttelte wurde mir erst seine enorme Größe und seine Schönheit bewusst: Was für ein Tier!
Dann bekam ich mit der Angst zu tun: Ich der Fänger eines solchen Fisches? Den bekomm ich doch nie raus! So viel Glück habe ich nieee!
Da ich Angst hatte den Fisch zu verlieren zerrte ich ihn auf Teufel komm raus Richtung Ufer, dank 28er Vorfach und 32er Hauptschnur konnte ich ihn bis auf Griffweite herankurbeln. An der leichten Angel hätte ich ihn nie und nimmer so weit bekommen, da mir damals die Funktion einer Rollenbremse unbekannt war und die Bremse natürlich pottendicht war...
Wo war ich? Ach ja: Der Fisch war auf Armlänge heran, zum Greifen nah. An der Angel einfach herausheben konnte ich den Fisch nicht, einen Kescher hatten wir auch noch nicht, einen wütenden Großbarsch mit aufgerissenem Maul und Zentimerlangen Stacheln Handlanden? Neeee!
Also erfand ich das "stranden" neu und zog den Fisch ans Flache Ufer. Schnell eine Tasche auf den Fisch geworden, damit er nicht wieder ins Wasser kullert und dann war ich mir sicher: ICH HABE IHN!
Selbstverständlich habe ich ihn mitgenommen, ich hatte zwar keine Ahnung was ich mit ihm anstellen sollte, aber für einen 13-Jährigen ist der Gedanke unerträglich, dass ihm zu Hause keiner glauben würde...
Ich war überglücklich, auch Wochen danach ging ich wie auf Wolken.
Der Barsch war übrigens 46 Zentimeter lang und wäre wohl in der aktuellen BLINKER-Hitparade auf Platz 3 gelandet