Wels als ungeliebter Angelfisch

  • Hallo Olivier,
    wir diskutieren im Hechtfieberforum, ob der Wels im Rhein eine Gefahr für den Zander, Hecht und Rapfenbestand darstellt.
    Der Wels ist von den meisten Anglern noch nicht gefangen worden und wird entsprechend verteufelt. Viele plädieren für die Aufhebung jeglicher Schutzmaßnahmen für den Wels, da er nach Meinung der Funktionäre überhand nimmt.
    Wer dann gezielt auf Wels angelt, fängt nur mit viel Glück wenige Fische.


    Frage 1:
    Wie gefährlich ist der Wels wirklich für die anderen Fische im Rhein?
    Frage 2:
    Wie sieht es in anderen Gewässern aus, wie z.B. dem 20ha Vereinssee, wo angeblich die ominösen 2m Welse den gesamten Besatz auffressen und der Schleienbestand durch den Waller vernichtet wird?
    Bei uns im Verein muss jeder Wels entnommen werden.


    Die Frage gilt für deutsche Gewässer. Wir wissen, dass am Po und Ebro der Wels offensichtlich gut mit den anderen Fischarten auskommt und für den Karpfenbestand ein Segen ist, da der nicht mehr verbuttet.


    Viele Grüße


  • Hallo rheinfischer70,


    ja, Fragen wie Deine kenne ich zur Genüge. Es ist erstaunlich, wie Raubtiere mit großen Mäulern im Menschen längst vergessen geglaubte Ängste wieder wach werden lassen!
    Gleich vorab: Es gibt keinen Grund, dem Wels gegenüber negativ eingestellt zu sein. Lediglich in Kleingewässern von unter einem Hektar ist er keine Bereicherung - ansonsten schon! Warum? Wie Du erwähnt hast beugt er als einziger potentieller Räuber für großgewachsene Weißfische deren Verbuttung vor - unser Großhechtbestand ist so jämmerlich, daß die Hechte diese Aufgabe nicht wahrnehmen können.
    Am Ebro gab es vor 15 Jahren Millionen verbutteter Kleinkarpfen, das Durchschnittsgewicht lag unter einem Kilo. Heute liegt es - durch die Aufräumarbeit der Welse! - bei 6 bis 10 Kilo, die größten Brocken wiegen gar 30 Kilo! Dank der Welse ist der Karpfenbestand des Ebro wieder gesund geworden! Die Biomasse Karpfen hat sich nicht geändert, lediglich das Durchschnittsgewicht, das viel gesünder geworden ist.
    An Po und Ebro haben sich die Zander über 20 Jahre nach den Welsen mit gigantischem Erfolg breit gemacht. Beide Gewässersysteme gehören mittlerweile zu den ersten Adsressen Europas was das Zanderangeln angeht. Und das, obwohl die Zander Raubfische (Nahrungskonkurenten???) sind und sie sich bevorzugt just dort aufhalten, wo die Welse am liebsten stehen! Erstaunlich, nicht wahr?
    Je weiter man in die Urheimat der Welse vorstößt, d.h., je weiter man in den osteuropäischen Raum gelangt, desto länger sind die Welse dort heimisch. Gerade komme ich wieder einmal vom Donaudelta zurück, wo noch heute 73 Süßwasserfischarten leben. Die Artenvielfalt ist in diesem einen Biotop viel größer, als alle Süßwasserfische Deutschlands zusammengenommen. Und das, obwohl es dort immer schon Unmengen Welse gab und nach wie vor gibt.
    Es ist immer leicht, einen Sündenbock zu finden. Das war immer schon so und scheint ein Phänomen zu sein, an dem die Menschheit Gefallen findet. Durch meine empirischen Beobachtungen in aller Herren Länder kann ich von der Praxisseite mit Recht behaupten, daß die Welse keine Bedrohung für unsere heimische Fischfauna darstellen, im Gegenteil. Wenn es Zander und Hechte im Rhein schwer haben, dann sind die Gründe nicht bei den Welsen zu suchen.
    Übrigens haben sich die Rapfen im Rhein (aber auch im Po) erst lange nach den Welsen breit gemacht ...
    In Frankreich ist gerade eine Studie erschienen, die von der obersten Fischereibehörde in Auftrag gegeben wurde. Es ging darum, den Einfluß der Welsexpansion auf die übrigen Süßwasserarten Frankreichs festzustellen. Das Ergebnis der Studie, die auf 30 Jahre Wels in Frankreich zurückblickt? Keine Gefahr!!! Dasselbe dürfte für Euer Vereinsgewässer gelten ...


    Liebe Grüße, Olivier

Jetzt mitmachen!

Sie haben noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registrieren Sie sich kostenlos und nehmen Sie an unserer Community teil!