ernsthafte Diskussion: "Tierquälerei"

  • Gast: Du magst es nicht, wenn sich der Mensch über Tiere ordnet? Ok rein biologisch gesehen ist der Mensch ein Säugetier, soweit so gut. Nur warum sollte der Mensch dann nicht auich das gleiche Recht wie alle anderen Tiere haben andere Tiere zu töten?


    Zitat

    Gegensatz zur Jagd z.B.) --> viele leidende Tiere (nicht geeignete Fische verenden an Verletzungen) --> finde ich schlech


    Warum siehst u nicht ein, dass über 95% der zurückgesetzten Fische überleben? Ein Fisch ist nunmal viel robuster als ein Mensch.

  • Interessanter Aspekt "Fischer". Mir fällt nun ein Unterschied zwischen Mensch und Tier ein: die Moral. Und letzendlich geht es in der Diskussion um die moralische Vertretbarkeit des Angelns. Ich halte es schlicht für grausam und unfair Fische zum Spaß bzw. als Freizeitbeschäftigung (wie es einige Besucher formulieren) zu fangen. Das diese Prozedur für den Fisch alles andere als gut ist, kann doch nicht bestritten werden. Ich glaube übrigens nicht das 95% der wieder freigelassenen Fische überleben. Wenn aus Gründen der Lebenserhaltung geangelt wird, ist das für mich absolut logisch und nachvollziehbar (z.B. Eskimos). Auch wenn gezielt mit dem Speer geangelt werden würde und nur Fische erbeutet werden, die auch verwertet werden können, wäre das für mich nicht das geringste Problem. Aber aus purem Vergnügen unnötig Fische töten oder verletzen?


    Ich entschuldige mich für meine unbeabsichtigte Beleidigung der vernünftigen Beitragsschreiber. Ich denke die von mir angesprochenen Leute werden meine Kritik erkennen. Natürlich waren nicht alle Beiträge hohl und agressiv.


    Zum Thema Sport: Wird beim Angeln nicht ausgeworfen und dann gewartet. Von mir aus ist es schwer ein 150 Gramm Dingens weit zu werfen, aber einen Großteil der Zeit verbringt ein Angler doch nicht beim auswerfen oder einholen. Deshalb würde ich die Definition als Sport ausschließen.


  • Guten Abend, Gast
    Leider haben Sie meine Frage nach Ihren Ernährungsgewohnheiten nicht beantwortet - also gehe ich zweckmäßigerweise davon aus, dass sie kein Veganer sind und eine Diskussion deshalb sinnvoll ist.


    Bevor ich mein erstes Mammut-Posting vom Stapel lasse, noch ein Wort zu "hinsetzen und warten": Etwa die Hälfte der mir geläufigen Angelmethoden besteht nicht unwesentlich aus ständiger, mehr oder weniger technisch anspruchsvoller Bewegung - alle Arten des Spinnangelns, Vertikalangeln (Zocken, Jiggen, Mormyschkafischen), Schleppangeln (vom Ruderboot aus), Fliegenfischen, Pilkangeln, Trotting, teilweise auch Gig Game und Tiefseeangeln.


    Zum Thema
    Will man die Frage "Ist Angeln Tierquälerei?" ernsthaft und sachlich diskutieren, muss man im wörtlichen Sinne beim "Urschleim" beginnen.
    Wir sollten uns vor Beginn des Disputs jedoch darüber verständigen, dass die Paradies-Vorstellungen der abrahamitischen Religionen im Zeitalter von Quantenphysik, Computertechnik und Raumfahrt nur noch einen metaphorischen Wert besitzen (ich hoffe, damit keine religiösen Gefühle zu verletzen). Das ist wichtig, denn vielfach wird dieser "paradiesische Urzustand" der Schöpfung vor dem Sündenfall als Argument für insgesamt recht dubiose "grüne" Ideologien herbei gezogen.
    Die Beziehungen zwischen Mensch, Tier und Natur - um die es in unserer Diskussion letztlich geht - können nur verstanden werden, wenn wir ihre Entwicklung betrachten. Dabei ist Religion in trivialtheologischer Auslegung wenig hilfreich, weil sie insbesondere den Beginn der Genesis auf ein einziges allmächtiges, zudem noch transzendentes Prinzip reduziert und damit die fundamentalen Wirkprinzipien der Evolution leugnet oder sie sogar zum satanischen Prinzip deklariert.
    Erkenntnis ist in diesem Fall nur mit wissenschaftlicher Methodik zu erlangen. Wir können von verschiedenen Denkansätzen ausgehen:
    1. Sehr interessant und originell ist die Betrachtungsweise aus thermodynamischer Sicht. Dazu hat der weltberühmte deutsche Quantenphysiker Erwin Schrödinger (bekannt durch das missverstandene Gedankenexperiment mit der Katze) ein großartiges Büchlein mit dem Titel "Was ist Leben?" geschrieben. Er beweist in dieser exzellenten Schrift, dass Leben nur so entstehen und sich weiterentwickeln konnte, wie es letztlich geschehen ist. Das mag trivial klingen, ist für unsere Diskussion aber hochrelevant, weil Schrödinger damit die Konsistenz der Evolutionstheorie beweist - und damit die Prinzipien, die uns und unser Verhältnis zur Biogeozönose bzw. unseren Platz in ihr bestimmt haben.
    2. Das führt uns folgerichtig zur Betrachtungsweise aus darwinistischer Sicht, der wir hier um der Einfachheit willen den Vorzug einräumen sollten. Die Wirkprinzipien der Evolution sind verblüffend simpel: Auf der untersten Ebene Mutation und Selektion mit dem Katalysator Sexualität, darüber das jegliche Verhaltensmuster formende algedonische Prinzip (Lohn-Strafe-Prinzip) im Zusammenwirken mit den Basistrieben Arterhaltungs- und Selbsterhaltungstrieb.
    Das wäre es beinahe schon, würde man die Individuen und Arten isoliert voneinander betrachten. Aber im Rahmen der Biogeozönose (der Gesamtheit allen Lebens und des ganzen Planeten) entdeckt man problemlos ein weiteres, sehr mächtiges Prinzip: Es hat sich eingebürgert , es etwas salopp das "Gesetz vom Fressen und Gefressenwerden" zu nennen und zur Rechtfertigung aller möglichen menschlichen Schwächen und Atavismen zu zitieren. Daher klingt es in unseren Ohren negativ, schlecht, böse, verwerflich.
    Zu unrecht. Die Taten, die damit für gewöhnlich entschuldigt werden, entspringen schlicht und einfach einem eklatanten Sozialisierungsdefizit der entsprechenden Individuen - aber ich will hier nicht "politisch" werden.
    Das Gesetz vom Fressen und Gefressenwerden hat der Evolution den ersten, entscheidenden Beschleunigungsimpuls verpasst (den zweiten erhielt sie durch das sexuelle Prinzip der Rekombination von Genen). Im Maßstab der Biogeozönose gesehen, handelt es sich bei diesem Gesetz um eine hochdifferenzierte Arbeitsteilung. Indem nieder organisierte und strukturierte Organismen höher organisierten bereits erschlossene Energie zur Verfügung stellen, deren Qualität von Ebene zu Ebene der Artenhierarchie zunimmt, werden die höher organisierten befähigt, zielgerichteter und effizienter auf die Biogeozönose rückzuwirken. Konkret bedeutet das z.B., dass dank größerer Energiereservoire kompliziertere Nervensysteme ausgebildet werden können. Vielleicht wussten Sie es ja nicht: Beim Menschen verbraucht das Gehirn allein sagenhafte 40% der vom Organismus umgesetzten Energie! Nerventätigkeit ist extrem energieintensiv. Deshalb konnte nur ein Fleischfresser der Biogeozönose - meinetwegen können wir sie auch "Schöpfung" nennen - Geist, Bewusstsein, Intelligenz, Vernunft verschaffen. In diesem Sinne ist es durchaus gerechtfertigt zu konstatieren: Die Natur ist für den Menschen da. Denn die Mission des Menschen im Kontext der Schöpfung ist die des Trägers von Selbsterkenntnis und Verstand - auch wenn er letzteren ziemlich regelmäßig geradezu teuflisch missbraucht...
    Nur dadurch, dass er sich in jeder Hinsicht zum Herren über seine Mitgeschöpfe erhob, konnte er der Schöpfung auf die nächsthöhere Evolutionsebene, die der Noosphäre (der Vernunftssphäre), helfen.
    Ob uns das nun gefällt oder nicht: Das Töten unserer Mitgeschöpfe, das Auffressen unserer Mitgeschöpfe - das gehört so untrennbar zu unserem Wesen, Werden und Sein, dass es müßig und töricht ist, darob zu lamenieren und daraus eine Schuld konstruieren zu wollen. Ist denn der Wind schuld, weil er den Fels schleift? Ist es böse vom Fluss, dass er ein tiefes Bett in die Erde gräbt?
    Ich hoffe, mit diesem ersten Posting (weitere zum Thema werden folgen) konnte ich in groben Zügen erklären, weshalb "Fleischfressen" nur scheinbar ein ethisches Problem ist. Im nächsten (vielleicht schon morgen) werde ich aufzeigen, wie die Evolution ihre Individuen bzw. Arten ausgestattet hat, damit sie die ihnen in diesem Beziehungsgeflecht zugewiesenen Funktionen effektiv ausüben können. Ich werde dann beweisen, dass es bei Fischen kein Schmerzempfinden im traditionellen Sinne gibt. Im dritten Abschnitt will ich Sie dann schließlich davon überzeugen, dass Jagen und Fischfang tief in unserer kulturellen Existenzweise verwurzelte Rituale sind. Sie zu verteufeln ist ähnlich irrational wie die Jahrhunderte währende Verteufelung der Sexualität durch die katholische Kirche. Beidem liegt ein eklatantes Unverständnis der menschlichen Rolle innerhalb der Evolution/Schöpfung zugrunde.


    Übrigens bin ich der Überzeugung, dass die Menschen in ferner Zukunft - wenn es sie dann überhaupt noch gibt - allein aus Gründen der Effizienz ihren Energiebedarf mit ganz anderen - synthetischen - Produkten oder sogar mit ganz anderen physiologischen Prozessen decken werden. Dann werden sie auch keine Tiere mehr fressen müssen, und vielleicht werden sie sogar ihren immer noch ganz und gar tierischen Körper umgestalten oder sogar durch ein artifizielles Konstrukt ersetzen und so endlich befreit sein vom Ballast ihrer animalischen Herkunft und all deren moralisch-ethischen Implikationen.
    Aber diese Vision hilft uns bei dieser Diskussion keinen Schritt weiter. In diesem Sinne.
    Bis zum nächsten Mal,
    Michael/Blinker

  • Gast: Nunja der sportliche Aspekt ist bei einigen Angelarten schon gegeben. Als Beispiel wähle ich mal die Schleppangelei. Sofern vom Ruderboot gefischt wird un das Boot durch Ruderkraft angetrieben wird denke ich handelt es sich um Sport. Es ist nämlich gewiss kein Zuckerschlecken ein 400kg schweren Stahlkahn gegen Wind und Strömung bei brütender Hitze oder klirrender Kälte über ein Gewässer zu rudern dabei über 20 km zurückzulegen und am Ende des tages doch ohne Fisch nach hause zu fahren.


    Zur Moral: Dass die Moral in heutigen Zeiten nicht mehr viel wert ist sieht man denke ich am politischen Weltgeschehen. Da sind einige Fische, die von den Anglern zum Eigenbedarf schonend gefangen, betäubt und getötet werden zu vernachlässigen, selbst wen sie gegen die Moral verstoßen sollten.
    Auch ist die Moralvorstellung individuell und kulturell verschieden, so dass die Moral mit Sicherheit keine einheitliche Größe darstellt.

  • Vielleicht ist das Problem des "Gastes" hier nur folgendes:
    Die moralische "Verwerflichkeit" empfindet er wohl deswegen, weil er unterstellt, dass das Töten der (einzige) Teil des Angelns ist, der den Anglern "Spass" macht (Vermutung von mir, keine Unterstellung).
    Wo besteht aber eigentlich der Unterschied zum Gärtner, der sich nach Monaten, in denen er Salat oder Radieschen gezogen hat, diese umbringt für seinen Verzehr??
    Weil das eine Tiere sind und das andere Pflanzen?
    Dann würde sich der Gast ja damit "anmassen", qualitative Unterschiede zwischen den einzelnen Lebensformen zu machen (Salat darf man killen, weil nur pflanzliches Leben, Fische nicht, weil tierisches Leben). Er will also quasi "Gott" spielen, indem er seine eigenen (ihm durchaus zugestandenen) Massstäbe als allgemeingültig setzt.


    So wie die Vegetarier Menschen brauchen, die Pflanzen aufziehen und töten, gehört es bei Anglern auch dazu, die Fische vor dem Essen zu töten.
    Und letztlich müsste es gerade "Schützern" lieber sein, wenn Gewässer naturnah und kleinräumig durch Angler statt durch die von Brüssel subventionierte Industriefischerei genutzt werden.


    Auf jeden Fall wird immer für die Landwirtschaft die Abkehr von der industriellen Produktion zu Gunsten kleinräumiger bäuerlicher Produktion gefordert.

  • Irgendwie reden wir aneinander vorbei. Ich habe nichts gegen das Töten, da ich mir sehr wohl bewusst bin, dass es zum natürlichen Ablauf des Lebens gehört. Das steht überhaupt nicht zur Debatte. Es ist mir ein Rätsel warum meine Aussagen nicht verstanden werden! Ich verurteile das Töten als Zeitvertreib, als Spaß, zur Freizeitgestaltung Ich kann es nur nochmal wiederholen: Das Angeln ist für mich moralisch absolut verwerflich, weil Fische (Lebewesen) aufgrund einer "sportlichen Herausforderung" gefangen werden. Das Angeln dient also nicht als Stillen des Hungers, was für mich kein Problem wäre.


    Da so oft die Nebenaspekte des Angelns (Natur geniessen, körperliche Herausforderung) genannt werden, würde ich gerne erfahren, was denn nun den Reiz am eigentlichen Angelvorgang ausmacht. Wenn das Angeln nicht des Fisch-Fangens wegen gemacht wird, warum ist es denn dann nicht möglich sich uneigennützig für den Naturschutz und die Gewässerreinigung zu engagieren, oder einen meiner Meinung nach echten Sport auszuüben?


    Szameit: viel Arbeit, aber am "Punkt" vorbei (bin kein Veganer)
    Thomas: Gärtner pflanzen und das gezielt. Er wird nur das pflanzen, was er bzw. die Kundschaft auch verwenden möchte.
    Der Fischer: moralisch vertretbar aus spaß zu "killen"?

  • @ Gast:
    Nee, nicht am Punkt vorbei. Nur so kann ich anfangen. Zuerst muss klargestellt werden, dass das Aufessen von Tieren in jeder Hinsicht legitim ist.
    Im Folgenden geht es darum, ob Fische Schmerz empfinden. Ein unverzichtbarer zweiter Schritt vor dem dritten, in dem ich mich dann morgen oder übermorgen der von Ihnen aufgeworfenen Frage "Lust am Töten" zuwende. Übrigens hatten Sie das Thema "Ist Angeln Tierquälerei" genannt - und nicht "Die Lust an der Tierquälerei".
    Da müssense sich jetzt schon meinen Sermon ansehen, tut mir ja überhaupt nicht leid ;)



    Wie gestern angekündigt, hier also die Fortsetzung meines Diskussionsbeitrags zum Thema "Ist Angeln Tierquälerei?"
    Gestern hatte ich - leider zu sehr verkürzter Darstellungsweise gezwungen - zu erläutern versucht, dass die Ernährung mit tierischem Protein ein wesentlicher Faktor für die Akzeleration der Evolution ist und letztlich unverzichtbare Voraussetztung für das Entstehen der menschlichen Zivilisation. Wie dieser Zusammenhang unsere Kultur bis tief hinein in metakognitive Prozesse determiniert, werde ich morgen im abschließenden Posting darlegen. Heute soll es um des Pudels Kern gehen: den Fisch.
    Man mag das "Gesetz vom Fressen und Gefressenwerden" als Fluch oder als Segen betrachten - wir alle sind so oder so seine (missratenen?) Kinder. Ob Mensch oder Fisch.
    Fische sind die niedersten Wirbeltiere, deshalb stehen sie auf allen Skalen, die den Evolutionsfortschritt der Vertebraten beschreiben, an unterster Stelle. Man kann alle diese Skalen zu einer zusammenfassen, auf der die zunehmende Individualisierung der Einzelwesen ablesbar ist. Auf dieser Skala hat der Fisch den Rang eines Subkonstituenten seiner Art mit vernachlässigbarer Individualität, d.h.: seine Rolle ist auf die eines beliebig austauschbaren Elements seiner Art beschränkt - der uns bekannte Höchtswert auf dieser Skala hingegen sind wir selbst: Nur unsere hochentwickelte Individualität ermöglichte die Sozialisierung der stark differenzierten Art Mensch durch Arbeitsteilung. Die Art Fisch dagegen ist homogen und isotrop organisiert, es gibt innerhalb ihrer Struktur - abgesehen von der Unterstruktur "Schwarm" - keinerlei Differenzierung, keine soziale Hierarchie mit verteilten Aufgaben wie bei höher entwickelten Vertebraten. Deshalb mussten die Fische keine kognitiven Fähigkeiten entwickeln. Eine Fischart benötigt zu ihrem Erhalt keine qualitativen Leistungen wie Flexibilität, strategische Fähigkeiten (z.B. Kooperation), Antizipationsvermögen usw., sondern gründet ihre Erhaltungs-"Strategie" (unpassender Begriff, aber mir fällt gerade nichts Besseres ein) auf rein quantitative Faktoren: sie strebt lediglich hohe Populationszahlen an. Diese "Strategie" favorisiert physisch-physiologische Kriterien bei der Weiterentwicklung der Art (z.B. die Fähigkeit zur vieltausendfachen Reproduktion), während die neurophysiologische Entwicklung stagniert. Der Beweis ist trivial: Obgleich die Fische die entwicklungsgeschichtlich ältesten Wirbeltierklassen und -arten stellen, haben sie nicht den geringsten Ansatz von Kognitionsfähigkeit ausgebildet.
    Fische besitzen keinerlei Bewusstsein. Weil sie es nicht brauchen.
    Fische sind - im cartesianischen Sinne geradezu exemplarisch - der Maschine näher als den fühlenden, verstehenden Geschöpfen, die die Evolution in Gestalt zahlreicher (hochentwickelter) Säugetierarten hervorgebracht hat. Dieser wichtige Aspekt wird zu oft auch von den Fachexperten vernachlässigt, was zu unnötigen Missverständnissen führt. Die Beschaffenheit unserer Welt wird allgemein durch zwei Begriffe gekennzeichnet: belebt und unbelebt. Diese Einteilung ist entschieden zu grob. In Wahrheit manifestiert sich Leben in Gestalt eines Gradienten, der die Entwicklungsgeschichte vom Mineralreich bis zum Menschen überstreicht. Prionen z.B. (die Erreger von BSE gehören dazu) sind Grenzgänger zwischen Leben und unbelebter Natur. Dieses Bild von der Natur müssen wir verinnerlichen, wenn wir den inneren Zusammenhang der Biogeozönose wirklich verstehen wollen: Den im Unbelebten wurzelnden und aus ihm aufsteigenden Stammbaum der Arten, sich verzweigend und verästeln, und von Zweiglein zu Zweiglein in unendlich kleinen, kaum unterscheidbaren Variationen sich in einer dieser Linien vom biochemischen Automaten zum fühlenden und denkenden Wesen entwickelnd. Weit von unserer Linie entfernt, die sich vor hunderten Millionen Jahren von der ihren abzweigte: die Fische.
    Hochkomplexe biochemische Maschinen. Fressmaschinen. Vermehrungsmaschinen. In ihrer Gestalt hat eine von unzähligen Grund-Varianten seltsamer, zu einer Doppelspirale gewundener Nukleinsäuren einen Weg zum Erhalt und zur Replikation ihrer Struktur gefunden, der ohne die Fähigkeiten auskommt, die ein hochentwickeltes Gehirn besitzt.
    Zwar verfügen Fische über einen ausgezeichneten Perzeptionsapparat, dessen einzelne Rezeptoren in etlichen Belangen den menschlichen haushoch überlegen sind - aber die von diesem Apparat gelieferten affektiven Sinnesreize werden vom Thalamus oder bereits in Stammhirn und Rückenmark in reflektorisch, instinktiv oder endokrin gesteuerte effektorische Reaktionen umgewandelt. Deshalb müssen die Rezeptoren viel feiner und effizienter arbeiten als die des Menschen: Die Sinnesreize werden nicht von einem zentralen Denkorgan verarbeitet, aufgewertet, veredelt - weil es so etwas beim Fisch nicht gibt.
    Beim Menschen z.B. dient der Thalamus als Sammel und Weiterleitungszentrale für affektive Reize, von hier wird ein Schmerzsignal zur kortikalen Frontalrinde weitergeleitet - wo es erst zum wahrnehmbaren Schmerzerlebnis wird. Die Lokalisierung des Schmerzzentrums ist wissenschaftlich gesichert. Ich will hier nicht weiter ins Detail gehen bzw. abschweifen. Nur soviel: Es kann sicher ausgeschlossen werden (verifikativ und falsifikativ), dass noch andere Hirnregionen am Schmerzerleben beteiligt sind.
    Fische aber besitzen keinen Kortex. Wo also sollte sich bei ihnen das Schmerzerlebnis manifestieren?
    Nein das ist keine Schlamperei der Evolution, in Gegenteil: Hier hat sie sehr weise gehandelt (ich bitte um Nachsicht dafür, dass ich die Evolution hin und wieder - nur rein rhetorisch - personifiziere. Das ist nur mein Hang zu bisweilen etwas blumiger Ausdrucksweise. Ich bin mir natürlich dessen voll bewusst, dass der Begriff "Evolution" lediglich eine Abstraktion des zwar indeterministischen, dabei jedoch kausalen Wirkens fundamentaler Naturgesetze ist).
    Was also hat sich die Evolution - oder soll ich wieder dazu übergehen, sie "Schöpfung" zu nennen - dabei "gedacht", Fische nicht mit dem für hochkomplexe Organismen doch eigentlich unverzichtbaren Warn- und Signalsystem "Schmerzempfinden" auszustatten? Warum implementierte sie diesen Mechanismus erst in den entwicklungsgeschichtlich viel jüngeren Kortex der Vögel und der Säuger?
    Nun, einen Hinweis hatte ich Ihnen gestern schon geliefert: die Energiebilanz. Neurophysiologische Prozesse beanspruchen disproportional viel Energie, und um die Energiereserven ist es bei wechselwarmen Tieren nicht gut bestellt. Es wäre verschwenderischer Luxus und würde die metabolische Balance eines poikilothermen Organismus wohl katastrophal ruinieren, würde die Schöpfung ihre niedersten Kreaturen mit dem Komfort eines Großhirns und der besonders energiehungrigen Großhirnrinde segnen.
    Das wäre etwa so, als würde ich mir in meinen acht Jahre alten Mondeo ein Skalar-Interferometrie-Radar einbauen lassen. Dann müßte ich nämlich auch den computertechnischen Unterbau (der Kortex) installieren, und beim ersten Fahrversuch würde die Lichtmaschine wahrscheinlich nach knapp hundert Metern Fahrt ihr Leben aushauchen...
    Da die Wahrnehmung des Schmerzerlebnisses ein hochentwickeltes Gehirn verlangt - es sich um einen kognitiven Prozess handelt -, kann Schmerzempfinden bei Fischen bedenkenlos ausgeschlossen werden. Dasselbe gilt für "Leid" allgemein. Fische haben keine Gefühle und Empfindungen.
    Selbst wenn die Natur den Fisch mit der Fähigkeit Schmerz zu erfahren gestraft hätte (denn es wäre in diesem Falle eine Strafe, weil sinnlos) - was sollte es nutzen? Schmerz befähigt ein Individuum zu zielgerichtetem Handeln - und dazu ist ein Fisch grundsätzlich unfähig. Sein Handeln ist ausschließlich reflektorisch, instinktiv und endokrin gesteuert.
    Ein weiterer, allerdings eher indirekter, mittelbarer Beweis ist die Tatsache, dass kognitive Faktoren das Schmerzerlebnis beim Menschen stark beeinflussen können (zentralnervöse Schmerzmodulation). Man denke an Hypnose, Autosuggestion, Trance, Meditation - auch das zeigt, dass Schmerz ein Phänomen der höheren Nerventätigkeit ist. Höhere Nerventätigkeit gibt es - wie bereits mehrmals festgestellt - bei Fischen nicht.



    Es gab und gibt zahlreiche Versuche von "Tierfreunden", wider jede wissenschaftliche Erkenntnis zu beweisen, dass es doch ein Schmerzempfinden bei Fischen gäbe. Alle Resultate lassen sich leicht erklären:
    1. Zum einen werden (absichtlich??) Schmerz/Leid und Stress miteinander verwechselt, zum anderen wird der Begriff "Stress" von Laien für gewöhnlich neurophysiologisch falsch, weil vulgärsprachlich interpretiert. Stress ist ethisch wertfrei, er dient der Aufrechterhaltung der Homöostase des Organismus. Im TSG wird Stress als "behelfsmäßige (sic!) Annahme zugunsten des Fisches" eingestuft, weil angeblich keine gesicherten Erkenntnisse aus der neurophysiologischen Forschung vorlägen - in keinem anderen Fall habe ich bisher erlebt, dass der Gesetzgeber sich derart unverhohlen zu seiner Inkompetenz bekennt!
    2. Versuche mit schmerzhemmenden Morphinen wurden falsch interpretiert: Morphine dämpfen signifikant reflektorische und vegetative Reaktionen - was mit fragmentarischem Halbwissen und dafür überhöhtem Sendungsbewusstsein schon mal als Schmerzreaktion missverstanden werden kann.
    3. Fehlinterpretation von Verhaltensprogrammen. Ein Beispiel: Das sprichwörtliche Zappeln des Fisches auf dem Trockenen. Oft nehmen das - bestenfalls mit rudimentären Schulkenntnissen gesegnete - Amateur-Tierschützer zum Anlass, auf das vermeintliche Leid des Fisches hinzuweisen, das darin zum Ausdruck käme. Wenn soviel Blödheit nicht eine Tragödie wäre, könnte ich dabei an Lachkrämpfen ersticken. Dieses Zappeln bedeutet lediglich, dass aus dem Stammhirn vorprogrammierte Verhaltensstereotypen abgerufen werden: der Fisch schwimmt! Das ist alles. Er versucht, der Desorientierung durch eine nicht in seine Verhaltensschemata passende Situation zu entrinnen, indem er "davonschwimmt"...


    Zusammenfassung:
    Fischen fehlt das zum Schmerzerleben erforderliche Organ: das Großhirn.
    Da andere Hirnteile keine kognitiven Leistungen erbringen können (dazu ist ausnahmslos der Kortex imstande), ist jegliches Schmerzerlebnis auszuschließen.


    Dass dennoch Tierschützer oder Personen, die sich als solche verstehen, immer wieder versuchen, mit "gesundem Menschenverstand" als Ersatz für mangelnde Kenntnisse zu beweisen, dass Fische trotzdem Leid erleben könnten, liegt an deren fataler Inkompetenz und der damit für gewöhnlich einhergehenden, proportional wachsenden Selbstüberschätzung. Hinzu kommen oft pseudoethische Verwirrtheiten, esoterischer Blödsinn der Marke "Morphogenetisches Feld", falsch adressierte Mitleidsgefühle (wie soll man eine Kreatur bemitleiden, die nicht imstande ist, Leid zu empfinden????) und noch eine ganze Reihe ähnlicher, größtenteil aus einer absurden Mixtur von Unbildung, Selbstüberschätzung, Wahnhaftigkeit und nicht zuletzt einer gehörigen Portion scheinheiliger Heuchelei bestehende Motive.
    Ich will nicht bestreiten, dass es auch Angler gibt, auf die solch eine oder eine ähnliche Beschreibung zutrifft. Aber das ist hier nicht das Thema.


    Ich will und muss hier allerdings unbedingt erklären, dass ich religiöse Überzeugungen - z.B. die des Buddhismus, einer Glaubens- und Denkrichtung, die ich hoch schätze, und der ich mich in Teilaspekten verbunden fühle - von meiner Kritik ausnehme. Ich erkläre allen Lesern dieser Worte gegenüber, die Grund haben könnten, ihre reliösen Gefühle verletzt zu sehen, dass ich ihre Überzeugungen - auch wenn ich sie nicht teile - respektiere und sie nicht diffamieren wollte. Wer der Vorschrift seines Gottes folgend das Töten und Verspeisen von Tieren ablehnt, hat sich einem anderen moralischen Prinzip unterworfen als ich, und er hat das nicht zu beanstandende Recht, sein Leben nach diesem Prinzip - ohne behindert , verspottet und verachtet zu werden - einzurichten.


    So, ich hoffe, mich nicht zu sehr in Details verzettelt und in Nebensächlichkeiten verloren zu haben, sodass die Wissenschaftlichkeit der Argumente in ihrem Charakter als Legitimation nicht Schaden nahm.
    Morgen oder übermorgen möchte ich noch einiges zum kulturgeschichtlich-ethischen Aspekt des Themas sagen - dann geht es um die Menschen.
    Gute Nacht,
    Michael/Blinker

  • @ gast: Gärtner pflantzen gezielt?? Richtig, und nur das was sie verkaufen können und das oft in Monokulturen.
    Angler besetzen aber nicht nur die Fische die sie gerne fangen und essen, sondern kümmern sich um das gesamte Biotop, setzen auch Fische ein, die geschützt sind, auch Pflanzen und Muscheln.
    Ist doch besser als "gezielt" Monokulturen zu schaffen, oder sieht das ein Schützer anders??
    Und nicht das Töten ist der Zeitvertreib, sondern das Angeln (wobei ich das nicht mal als "Zeitvertreib" sehen würde), bei dem das Töten der Fische, die man mitnehmen will, einfach unerlässlich ist. Es sei denn, man nagt gerne lebende Fische ab.
    Das ist ja das was ich vermitteln wollte: Nicht das Töten ist der Reiz, sondern nur ein Bestandteil!!

  • Gast: Nee nicht aus Spass am "killen". Ich habe bestimmt schon seit einem jahr keinen Fisch mehr getötet, und das nicht, weil ich keine gefangen habe.
    Das Töten macht beim angeln nicht den Reiz aus sondern das Fangen, den Fisch zu besitzen und sei es blos für ein Foto. Das muss irgendwie mit dem Jagdtrieb zusammenhängen, seh es doch einfach als so was ähnliches wie Briefmarkensammeln.

  • Gast,
    du hast ein Problem, ein Problem mit deinen Mitmenschen.
    Du willst diskutieren und akzeptierst keine andere Meinung. Ist dir neben Fernsehen auch noch aufgefallen wie die Umwelt lebt.
    Du nimmst dir das Recht anderen ihr Weltbild zurechtzurücken. Deine Ansicht ist natürlich die Richtige. Ob Angeln, Schach, Kegeln, Dart, Billard Sport ist, daran scheint bei dir die Zukunft auf unserem Planeten festgemacht. Gärtner machen alles richtig, da gibt es für dich keine schlechten. Du verurteilst das Töten als Zeitvertreib, als Spaß, zur Freizeitgestaltung und stellst damit alle Angler auf die selbe Stufe. Das einzige was ich aus deinen Texten lese ist, du hast ein großes Akzeptanz Problem. Keine Vorschläge was es deiner Ansicht nach zu verbessern gibt. Vieleicht kommt da noch etwas anderes als das Fischen generell zu verbieten.

  • Guten Abend,
    kommen wir am besten gleich zur Sache.
    „Angeln ist Lust am Töten,“ unterstellen Sie.
    Es wird Sie nicht sonderlich überraschen, dass ich Ihnen widerspreche. Ich behaupte sogar, dass die Lust am Töten bei Anglern statistisch signifikant weniger ausgeprägt ist als bei den meisten anderen Menschen. Und natürlich werde ich beweisen, dass diese Behauptung wahr ist.
    Doch zuerst will ich Ihnen eine kleine Brücke in Form eines Selbstbekenntnisses bauen. Ob Sie den Mut aufbringen, sie zu betreten und weiterzugehen ins Land der Selbsterkenntnis, bleibt selbstverständlich Ihnen überlassen.
    Meine erste bewusste Begegnung mit dem Töten war das eigenhändige Abschlagen eines selbstgefangenen Fisches – das ist ein knappes halbes Jahrhundert her, und deshalb ist die Erinnerung nicht mehr so klar und eindringlich wie die an eine andere Episode, die ich Ihnen auch erzählen will. Trotzdem erinnere ich mich noch sehr gut an das Gefühl, das den etwa fünf- bis sechsjährigen Knaben durchströmte, als er dem Fisch den Schädel eindrosch. Ja, zweifellos – es war ein Lustgefühl, ein Beben, ein Zittern, eine seltsame, unheimliche Atemlosigkeit. Da stand der Bengel, mit einem toten Fisch in der Hand, und das erste Mal in seinem Leben von der Macht eines der dunkelsten Atavismen durchrauscht, die den Menschen immer und immer wieder in tiefen Widerspruch zu seiner Bestimmung stürzen. Ich hatte die Macht des Tötungstriebes gespürt.
    Bei Kindern bricht dieser Urtrieb viel heftiger und unkontrollierter hervor, wenn eine geeignete Initiation stattfindet, als bei Erwachsenen. Die Konditionierung durch moralisch-ethische Konventionen der Gesellschaft ist im Kinde noch lückenhaft, instabil. Kinder seien grausam, wird oft gesagt. Wenn man ihnen zuschaut, könnte man geneigt sein, dem zuzustimmen: Sie quälen Frösche und Mäuse zu Tode, von Insekten ganz zu schweigen, schießen mit Luftgewehren und Begeisterung auf Vögel und Katzen.
    Die verstörten Eltern erklären den Nachbarn dann beschämt, betroffen, irritiert und ziemlich hilflos, das sei doch eben die typisch kindliche Neugier.
    Falsch. Es ist die Lust am Töten.


    Eine Eigenart des irdischen Lebens ist, dass die Organismen in der Ontogenese die Phylogenese nachvollziehen: Von der befruchteten Eizelle bis zur Geburt durchreisen sie in Windeseile die gesamte Stammesentwicklung ihrer Art. Den Säugetierembryonen wachsen in ihrer frühen Entwicklungsphase Kiemen, später ist deutlich eine reptilienhafte Anatomie zu erkennen – Sie erinnern sich wahrscheinlich daran, das alles im Biologieunterricht gehört zu haben. Nur eines haben Sie mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht gehört: Der Nachvollzug der Phylogenese endet nicht hinter Mutterns Schenkeln. Auch die Weiterentwicklung ausserhalb des Mutterleibes folgt der einzig zuverlässigen Orientierung – der Entwicklung der ganzen Art. Allmählich bildet sich das Kognitionsvermögen aus, mit der Sprache entwickelt sich das Denken usw.usf.
    Doch immer noch sind es vor allem die Gene, die den Weg des Individuums bestimmen (später kommen die Meme hinzu, aber ein Ausritt in die Gefilde der Memetik wäre für uns hier noch zu früh). Gene, die in gut 2,5 Millionen Jahren Menschwerdung von der Evolution ausgelesen wurden (etwa 2,5 Mio Jahre vergingen vom Homo habilis, dem ersten Hominiden, der Werkzeuge herstellte, bis zum Homo sapiens).
    Viele Millionen Jahre selektierte die Evolution Eigenschaften und Fähigkeiten, die den Hominiden befähigten, in einer unbarmherzigen, harten und lebensgefährlichen Welt zu bestehen. Bestimmte Kombinationen von Verhaltensweisen und Lust- oder Unlustgefühlen erhöhten die Überlebensaussichten. So bildeten sich u.a. Jagd- und Tötungstrieb heraus. Diejenigen Individuuen, die beim Jagen und Töten Lust erlebten, waren fitter als andere. Und in der Abfolge tausender und abertausender Generationen sanken so der Jagd- und der Tötungstrieb immer tiefer in das Wesen des Mannes. Ja, vor allem des Mannes, denn die erste Gesellschaftliche Arbeitsteilung – die zwischen Mann und Frau - wies den weiblichen Individuuen vollkommen andere Aufgaben zu, die auch vollkommen andere Fähigkeiten erforderten. So enstand der Gegensatz zwischen adamischem und evischem Prinzip.
    Wenn wir von einer Zivilisationsdauer von 10.000 Jahren ausgehen (das ist immerhin doppelt soviel, wie durch schriftliche Überlieferungen belegbar – dürfte also nicht zu knapp geschätzt sein), beträgt der Anteil der Sozialisation an der Stammesentwicklung vom Homo habilis zum Homo sapiens lächerliche 0,4 Prozent.
    Vereinfacht heißt das: 99,6 % seiner Existenz musste der Mensch jagen und töten – 0,4% seiner Geschichte ernährt er sich von Viehzucht und Ackerbau....
    Wenn man sich vergegenwärtigt, was das für die Entwicklung unserer rezenten Verhaltensweisen, Instinkte und Triebe bedeutet, dürfte man sich eigentlich gar nicht mehr vor die Haustür wagen...
    Was die Ausstattung mit Handlungsmotiven, Verhaltensmustern und Antrieben angeht, dürfte sich ein Fünfjähriger auf jeden Fall noch auf dem psychosozialen Niveau eines Sammlers und Jägers befinden, denn allein schon seine noch mangelhafte Ausrüstung mit Sprach- und Denkfähigkeit begrenzt stark die Wirkungen kulturell-zivilisatorischer Relativismen. Die soziokulturellen Regel- und Kontrollmechanismen können erst ab einem gewissen Kommunikationsniveau ihre volle Kraft entfalten.
    Das Kind ist grausam? Nein, es befindet sich in einem gesetzmäßigen Entwicklungsstadium, wird von Kräften gesteuert und gelenkt, die über Jahrmillionen für das Überleben der Individuen und der Art gesorgt haben.


    Ich hatte Ihnen ein zweite Episode versprochen (ich langweile Sie doch hoffentlich nicht mit solchen persönlichen Erlebnissen??):
    Als ich das erste Mal meine Tochter mitnahm zum Angeln, war sie auch etwa sechs Jahre alt. Beim Abschlagen der Fische drehte ich ihr absichtlich den Rücken zu, damit das zarte Seelchen nicht durch den Anblick von Blut und verröchelnden Kreaturen erschreckt würde. Sie aber drängelte sich immer wieder so vorbei, dass sie etwas sehen konnte. Ihre Augen glänzten. Sie schaute mich mit einem Leuchten der Begeisterung auf dem Gesicht an und bettelte atemlos: „Ohh Papa, bittebittebitte – darf ich auch mal?!“
    Glauben Sie mir bitte: Ich war erschüttert und brauchte eine ganze Weile, um die Fassung wieder zu erlangen. Mein zartes, süßes, engelgleiches Töchterchen.
    Ich zeigte ihr, wie sie den Fisch töten muss, und das Engelchen kloppte allen noch verbliebenen Barschen das Hirn aus dem Kopf. Ich muss dazu noch bemerken, dass meine Tochter ein ungewöhnlich sanftes, verständiges, vernünftiges und liebes Kind war, an dem ich nur Freude hatte.
    Es scheint also, dass sich der Tötungstrieb auch in weiblichen Individuen manifestieren kann. Die evolutionstheoretischen Zusammenhänge sind wahrscheinlich etwas diffiziler und verschachtelter als beim männlichen Jagd- und Tötungstrieb, wo die Sache klar und einfach auf der Hand liegt.


    Unsere ganze menschliche Kultur ist eine Kultur des memento mori – Tod und Töten spielen eine zentrale Rolle in allen unseren Mythen und Religionen, Ritualen und Zeremonien.
    Machen wir es eine Nummer kleiner: Schauen Sie in eine x-beliebige TV-Programm-Zeitschrift, und eigentlich müßten sich Ihnen die Haare sträuben. Nur Mord und Totschlag. Unsere Medienkultur ist zu einer Gewaltverherrlichungskultur verkommen. Die Gesellschaft verweigert ihren Individuen in zunehmendem Maße ihre wichtigste Dienstleistung: Die Gegenregulation durch moralisch-ethische Wertsetzung. Sie überläßt die Individuen immer mehr der Steuerung durch atavistische Triebe und Instinkte. In nur wenigen Jahrzehnten sind alle humanistischen Ideale – unendlich wichtige memetische Regularien der Sozialisation – vollkommen entwertet worden, nicht zuletzt auch durch die uns übergestülpte Lebensweise des american way of life.
    Aber da ich nicht politisch werden wollte, muss ich dieses Thema anders abschließen (schade, denn die Manipulation unseres Denkens ist eine zutiefst politische Angelegenheit, und zur Zeit ereignet sich geradezu Exemplarisches...)
    Der genetisch und entwicklungsgeschichtlich implemetierten Lust am Töten wird nicht durch ethische Gegenentwürfe, ideelle Kontrollmechanismen und soziopädagogische Konzepte entgegengewirkt – nein, sie wird skrupellos benutzt, um Profit zu erlangen. Auch das verdanken wir im Wesentlichen dem amerikanischen Kulturimperialismus.
    Inzwischen sind alle Katharsis-Theorien von Psychologen in aufwendigen Untersuchungen widerlegt worden: Gewaltdarstellung wirkt nicht deeskalierend, sondern – im Gegenteil! – konditionierend, eskalierend.
    Ein amerikanischer Militärpsychologe hat dazu eine eindrucksvolle Studie vorgelegt: Gewaltkonsum macht aggressiv, gewaltbereit oder sogar gewalttätig.
    Und nun denken Sie: „Hahaha, der Szameit beweist ja mit diesen Worten genau das, was ich behauptet hatte!“
    Irrtum, lieber Gast, der Szameit beweist Ihnen nun das genaue Gegenteil!
    Während sich zum Beispiel bei einem Counterstrike-Spieler (ein sehr blutrünstiges PC-Spiel) im Laufe der Zeit nicht nur ein Absinken der Hemmschwelle in Bezug auf Gewalttätigkeit einstellt, sondern im Regelfall auch ein Abstinenzsyndrom – denn er kann ja, so ein Elend aber auch, immer nur virtuell töten und möchte nun endlichendlichendlich auch einmal echtes Blut vergießen - , geschieht im Unterbewusstsein des Anglers das exakte Gegenteil. Da er regelmäßig töten muss, verliert sich zwangsläufig jegliche emotionale Färbung der Handlung – gleich, ob lust- oder unlustbetont. Hierbei muss man überhaupt nicht mehr in Betracht ziehen, ob auch bei einem Erwachsenen das Töten eines Fisches noch ähnliche Lustgefühle auslösen kann wie bei einem Kind (was ich keineswegs ausschließen kann) - man muss es nicht in Betracht ziehen, weil es – wenn überhaupt – nur eine zeitweilige Erscheinung sein kann. Ich denke, nachdem ich die psychosozialen und entwicklungsgeschichtlichen Ursachen der im Menschen (Mann) immer noch schlummernden Lust am Töten erläutert habe, werden Sie diese nüchterne Analyse nicht als Zynismus abtun.
    Das regelmäßige (durch gesetzliche Vorschriften genau regulierte) Töten von Fischen bewirkt im Gegensatz zu virtuellen Handlungen und Darstellungen des Tötens tatsächlich einen Katharsis-Effekt. Durch Gewöhnung, Übersättigung, Abnahme der Reizintensität.
    Dass die wenigsten Angler Vergnügen, Lust oder Spaß am Töten ihrer Beute haben, können Sie sehr gut daran ermessen, wie hastig und ungeduldig sie i.d.R. ihren Fang versorgen – um endlich weiter angeln zu können!
    Natürlich wird es auch unter Anglern Menschen geben, in denen der Urtrieb ausser Kontrolle geraten und pervertiert ist. Jedoch wage ich die Behauptung, dass dies statistisch betrachtet bei Anglern bedeutend seltener auftritt als bei anderen Menschen. Wahrscheinlich liegt das zu einem nicht geringen Anteil auch daran, dass sie mit ihren eigenen Händen töten müssen. Eine krassere, direktere und konsequentere Art des Tötens gibt es nicht. Daher verlaufen alle Bewusstseinsprozesse ungleich schneller als beim virtuellen oder dem Töten aus der Distanz, z.B. mit Schusswaffen. Wer mit eigenen Händen töten muss, wird sehr rasch die Erfahrung machen, dass die vermeintliche Lust doch nur Illusion ist. Das aber ist eine Erfahrung, die man jedem Menschen angesichts unserer entwicklungsgeschichtlichen Herkunft und Prägung zugestehen muss.
    Möglicherweise ist es am zweckmäßigsten, wenn man diese Erfahrung bereits in der Kindheit macht.
    Ich weiß es nicht.
    Ich weiß nur, dass mir heute – als Erwachsenem – das Töten von Fischen nur noch lästig ist.
    Ich habe weder Spaß daran, noch ein schlechtes Gewissen.
    Aber ich kann sie ja nicht lebendig in die Pfanne hauen, ne?


    Ich habe fertig. ;)
    Michael/Blinker

  • @ Der Fischer:


    Zitat

    Szameit: Da haste im letzten Abschnitt deines Mammutpostings aber ganz schön den Science-Fiction-Autor raushängenlassen ne?



    Nö, das meine ich ernst. Wenn's nicht zu sehr off topic wäre, könnte ich dazu mindestens soviel zusammen labern wie zur Quälerei-Frage. Du musst dabei bedenken, dass ich von einer sehr, sehr fernen Zukunft sprach. Falls Dich das Thema interessiert, findest Du dazu auf meiner HP einen etwas längeren Beitrag. Der ist inzwischen zwar stark revisionsbedürftig, stimmt aber in groben Zügen noch.
    Viele Grüße,
    Michael/Blinker
    http://www.michael-szameit.net

  • @ Gast:


    Nachtrag
    Guten Morgen, Gast,
    entschuldigen Sie bitte, dass ich gestern Abend vergaß, eine von Ihnen zum Thema nachgereichte Frage zu beantworten. Sie fragten sinngemäß: „Was findet Ihre denn überhaupt am Angeln? Was daran bereitet Euch Spaß, Vergnügen?“
    Es wäre ein interessantes Experiment, Sie zu bitten, einmal in die Rolle eines Anglers zu schlüpfen und diese Frage selbst zu beantworten – denn das nötige Instrumentarium für eine sinnvolle, weil wissenschaftliche Antwort gab ich Ihnen mit den ersten drei Postings an die Hand.
    Aber ich fürchte, über diesen großen Schatten wollen Sie nicht springen.
    Nun gut.


    Das meiste zur Beantwortung auch dieser Frage ist bereits – zumindest sinngemäß – gesagt.
    Jagd und Fischfang trugen wesentlich zur Ausbildung von Sprache, Denken und soziokulturellen Strukturen bei – zählen mithin zu den ältesten Kulturgütern der Menschheit.
    Für den Jagdtrieb gilt dasselbe wie für den Tötungstrieb (beide hängen ohnehin eng zusammen): Da er ein wichtiges Instrument der Evolution zur Unterstützung ihrer beiden Fundamentalbefehle zur Selbst- und Arterhaltung war, wurde er in Verbindung mit Lustgefühlen implementiert – über ca. 99,6% der Evolutionsdauer vom Homo habilis bis zum Homo sapiens hinweg.
    Das kann von 0,4% Evolutionsdauer (Zivilisation) nicht ausgelöscht werden – der Jagdtrieb wirkt also weitgehend ungehindert, unverändert, ungebremst weiter in uns, obleich er seine Bedeutung im Prinzip verloren hat.


    Viel bedenklicher ist – das muss ich in diesem Zusammenhang unbedingt einmal ansprechen -, dass die Menschheit die inhärente Tötungshemmung verloren hat, die Hemmung, Individuen der eigenen Art zu töten. Seltsamerweise kräht danach kein Hahn von seinem Misthaufen herab.


    Während in beinahe allen (klassischen) Sportarten mehr oder weniger ritualisiert Kriegs- und Jagdszenen nachvollzogen werden, befriedigen Fischfang und Jagd den Jagdtrieb direkt, ohne Umweg.
    Es sei Ihnen freigestellt, darin etwas Verwerfliches zu sehen, schließlich ist eines der höchsten Kulturgüter der Demokratie Meinungsfreiheit.
    Nur dürften Sie sich dann nicht wundern, wenn ich in schallendes Gelächter ausbrechen würde.


    Dass sich Basistriebe auch verselbständigen können, erleben wir (Sie doch hoffentlich auch?) beinahe täglich: Der Sexualtrieb z.B. wurde durch unsere soziokulturelle Evolution längst von seinem Sinn entkoppelt. Paradoxerweise versuchen wir sogar mit viel Aufwand und Kreativität, ihn an der Wahrnehmung seiner Aufgabe zu hindern. Über Entartungen von Trieben gar will ich hier besser nicht referieren, das führte zu weit weg vom Thema.
    Der Jagdtrieb ist ähnlich wie der Sexualtrieb – nur auf andere Weise – seines Sinns benommen, hat sich mit ähnlichen Folgen verselbständigt: Auslöser ist nicht mehr der Evolutionsbefehl, sondern der Lustgewinn.
    Die Lustgefühle beim Angeln zu beschreiben ist sehr schwer. Versuchen Sie doch einmal, den ungleich stärkeren Lusthöhepunkt eines Orgasmus zu beschreiben – dann wissen Sie, dass solche Empfindungen schwer zu vermitteln sind. Vermutlich sind die Lust bereitenden Faktoren solche wie der Aneignungsakt, das Überlegenheitsbewusstsein, Selbstbestätigung – und zumindest bei mir persönlich unbedingt die Vorfreude auf ein saftiges Filet. Ich will jedoch ausdrücklich klarstellen, dass die Tätigkeit des Angelns auch ohne dieses Verwertungsziel ethisch legitim ist.
    Im Übrigen – auch das sollte abschließend klargestellt werden – handelt es sich nicht um „niedere Instinkte“, sondern um fundamentale Evolutionsfaktoren (wie allein der Sexualtrieb unsere Kultur prägt, muss ich sicherlich nicht weiter thematisieren).
    Diffamierungen von Anglern zeugen also lediglich von einem eklatanten Bildungsmangel. Meistens auch von einer gewissen Scheinheiligkeit – aber auch das ist ein anderes, zumal sehr komplexes Thema aus dem Bereich der Psychologie-Wissenschaften und soll hier nicht weiter erörtert werden.


    Für gewöhnlich gehen „Tierschützern“ (pardon, ich muss an dieser Stelle apostrophieren) späteststens an diesem Punkt der Diskussion die Argumente aus – diese Erfahrung wiederholt sich mit schöner Regelmäßigkeit. Die einen verlieren die Kontrolle und lassen ihrer Wut in einer Flut von Beleidigungen freien Lauf – die anderen versuchen es ein letztes Mal mit sophistischen Spitzfindigkeiten.
    Sie wären schlecht beraten, es mit dem einen oder dem anderen zu probieren, denn wirklich gut bin ich erst, wenn man mich reizt – und was Sophistik betrifft: Das ist eine meiner Spezialitäten.
    Am sinnvollsten wäre also, Sie schlucken Ihren Ärger hinunter und versuchen, die Zusammhänge zu begreifen (denn dass in dieser arg verkürzten, gestrafften Darstellung der Sachverhalte vieles nur gestreift, angedeutet werden kann, muss nicht gerechtfertigt werden – dafür bietet es hoffentlich einen gewissen Anreiz, die eigenen Kenntnisse zu vertiefen).
    Wenn es auch sonst nichts bewirkt, sind Sie danach zumindest ein bisschen klüger – und das wäre doch immerhin ein Ergebnis!
    Mit freundlichen Grüßen,
    Michael Szameit
    Blinker

  • Mann, mann, mann! Das ist ja nicht auszuhalten. Ich gehe jetzt lieber an den See und genieße hoffentlich die Ruhe.
    Meinen Müll nehme ich natürlich im eigenen Interesse wieder mit.
    Außerdem fange ich nur so viel wie ich verwerten kann.
    Ich angel jetzt seit 15 Jahren, soviel Unverstand ist mir lange nicht mehr begegnet.
    Petri...

  • Tut mir leid, dass ich sie enttäuschen muss. Trotz ihrer Mammutpostings, die mich wirklich wie eine "kleine Wurst" haben wirken lassen, ist es ihnen nicht gelungen mich in meinen Argumenten auszuhebeln. Der Mensch wird natürlich stets von Instinkten gesteuert, selbst meine Wenigkeit. Doch gottseidank besitzen einige Menschen den Verstand ihre Instinkte zu zügeln. Ich "lenke" meine Triebe in andere Bereiche und befriedige sie zum Beispiel mit Sport. Genau das erwarte ich von den Anglern, die einen gesunden Menschenverstand besitzen. Übrigens verlange ich selbiges von KFZ-Führern, die ihre Balzrituale mit möglichst großen und starken Fahrzeugen vollziehen. Warum ist es denn nicht möglich, den Fisch in Ruhe zu lassen, wenn man sich doch so wie sie im klaren über die Primitivität unserer Verhaltensweisen ist?


    Ich halte ihre Theorie über Gewaltbereitschaft übrigens für äußerst bedenklich. So ist es beispielsweise nicht bewiesen, dass durch Bestrahlung gewaltätiger Inhalte durch die Medien, eine Abstumpfung gegenüber Brutalität entsteht. Und wo ist die Logik in ihrer Aussage, dass Angler weniger gewaltbereit sind, da sie Regelmäßig töten? Das Töten von Fischen ist ausgelebte Gewalt.


    Sniper: Ich akzeptiere keine anderen Meinungen? Und du?

  • @ Gast:

    Zitat

    Warum ist es denn nicht möglich, den Fisch in Ruhe zu lassen, wenn man sich doch so wie sie im klaren über die Primitivität unserer Verhaltensweisen ist?


    Bitte verdrehen Sie mir nicht das Wort im Munde: Ich habe nirgends von der "Primitivität unserer Verhaltensweisen" geschrieben, sondern erläutert, dass Verhaltensweisen bzw. Motivationen wie der Jagdtrieb evolutiven Fortschritt bewirkten, dem Menschen erst gestatteten, aus dem Tierreich herauszutreten, indem sie die Ausbildung von Sprache, Denken und soziokulturellen Strukturen herausforderten. Wenn gewünscht, kann ich das detaillierter erörtern.
    Ich habe diese Triebe atavistisch genannt, nicht primitiv. Das Wort kommt von Atavus, und das heißt Urahn bzw. Vorfahr.
    Dass Sie nicht bereit sind, Ihre unwissenschaftliche und irrationale Sicht aufzugeben, überrascht mich in keiner Weise - denn so ist ja viel bequemer: Sie müssen sich nicht der Mühsal unterziehen, sich Kenntnisse anzueignen, sich weiterzubilden.
    Ich habe diese Postings auch nur pro forma an Sie adressiert. Die wahren Adressaten sind meine Mitangler, denen ich damit einerseit Sicherheit darüber geben will, dass sie sich von Leuten wie Ihnen kein schlechtes Gewissen einreden lassen müssen, und denen ich zum anderen wissenschaftliche Argumente für weitere Auseinandersetzungen - die uns immer wieder aufgedrängt werden - zur Verfügung stelle.


    Zitat

    Ich halte ihre Theorie über Gewaltbereitschaft übrigens für äußerst bedenklich. So ist es beispielsweise nicht bewiesen, dass durch Bestrahlung gewaltätiger Inhalte durch die Medien, eine Abstumpfung gegenüber Brutalität entsteht. Und wo ist die Logik in ihrer Aussage, dass Angler weniger gewaltbereit sind, da sie Regelmäßig töten? Das Töten von Fischen ist ausgelebte Gewalt.


    Ich frage mich nun mit einiger Sorge, ob Sie nur nicht verstehen wollen - oder womöglich nicht verstehen können, weil das Thema Sie überfordert.
    1. Zur Steigerung der Gewaltbereitschaft durch regelmäßigen Gewaltkonsum, u.a. per Bildschirm, liegen inzwischen seriöse Studien vor. Ich habe dazu vor etwa einem Jahr im Spiegel-online-Forum Quellenverweise gepostet (allerdings nicht unter meinem bürgerlichen Namen). Da Sie anscheinend zur PC-Spieler-Fraktion gehören, sollten Sie sich damit einmal befassen.
    2. Nirgends habe ich geschrieben, die Gewaltbereitschaft würde durch das regelmäßige Töten von Fischen abnehmen. Sie vermischen hier entweder aus Unsicherheit oder aus hinterhältiger Absicht zwei Dinge, die in unserem Zusammenhang nichts miteinander zu tun haben:
    - Jagtrieb und der damit verbundene Tötungstrieb sind vom Ursprung her auf Nahrungserwerb gerichtete Antriebe und sind nicht gegen die eigene Art gerichtet.
    - Aggressionbereitschaft ist gegen die eigene Art gerichtet und vom evolutiven Ursprung her sexuell determiniert (Balz- und Rangordnungskämpfe)


    Das Töten von Fischen hat absolut nichts mit dem individuellen Aggressionspotential eines Menschen zu tun. Ausserdem - und das hatte ich Ihnen ausführlich genug dargestellt, ist es nicht Ziel, sondern lediglich abschließende Notwendigkeit (in einigen Fällen vom Gesetzgeber strikt verlangte!) bzw. Handlung der "Jagd". Ich hatte geschrieben, dass die im Menschen aufgrund der geringen zeitlichen Distanz zu seinen Wurzeln immer noch wirkende Lustkopplung (algedonisches Prinzip - Sie erinnern sich hoffentlich) durch Übersättigung abgeschwächt bzw. beseitigt wird. Bei Bedarf kann ich auch dieses allgemein bekannte psychophysiologische Grundprinzip näher erläutern. Ich hatte offensichtlich Ihren Bildungsstand überschätzt.
    Der Kontext, in den Sie Ihre nicht stichhaltigen Einwände stellen, läßt bedauerlicherweise darauf schließen, dass Ihre Positionen bestenfalls auf einer Melange aus Halbwissen und "gesundem Menschenverstand" gründen.
    Bitte beherzigen Sie meinen Rat, und befassen Sie sich mit den wissenschaftlichen Grundlagen. Vielleicht weniger BILD, dafür mehr "Bild der Wissenschaft" lesen - das wäre ein Anfang. "P.M." bietet ebenfalls mundgerecht aufbereitete Kost, die den Einstieg in wissenschaftliche Bildung schmackhaft macht. Wenn Sie Beiträge von Nobelpreisträgern lesen wollen, empfehle ich Ihnen "Spektrum der Wissenschaft". Und Bücher zu allen relevanten Themen gibt's bei amazon.de zuhauf...
    Schönes Wochenende,
    Michael Szameit
    Blinker

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