Wie ihr vielleicht wißt, bin ich mit meinen 32 Jahren noch ein recht blutiger Anfänger, und so mancher Erstklässler versteht vom Angeln mehr als ich. Daher war es für mich ein ganz besonderes Vergnügen, in der letzten Woche zum allerersten mal an einem Fluß zu angeln.
Ich habe einen guten Kumpel, der schon seit seiner Kindheit angelt. Mit ihm war ich auch vor elf Jahren zum ersten mal überhaupt am Wasser, und nun sollte sich das nach meiner langen Pause wiederholen. Leider ist es nicht immer einfach, ihn für etwas zu gewinnen, da er einen riesigen Bekanntenkreis und einen dementsprechend gefüllten Terminkalender hat.
Als er mich letzten Freitag anrief, war es jedoch endlich soweit. Er wohnt selbst nur wenige hundert Meter von dem Fluß entfernt, hatte bereits gepackt und ist nach dem Anruf bei mir gleich losgefahren. Ich brauchte natürlich etwas länger, da ich erst noch meine Ausrüstung verladen und die viertelstündige Anfahrt hinter mich bringen mußte. Nachdem ich am Fluß ankam, stellte ich das Auto ab und ging neben dem Feldweg noch einige Meter ins Gebüsch, wo die Angelstelle lag und mein Kumpel schon fleißig bei der Sache war.
Er ist in dem Angelverein, der diesen Flußabschnitt gepachtet hat. Tageskarten für Gastangler gibt es nicht, aber man kann ein Vereinsmitglied begleiten und mit ihm zusammen fischen. So wartete ich dann auch höflich, bis er mich schließlich fragte, warum ich denn meine Angeln noch nicht ans Wasser gebracht hätte. Ssssssstttt...nur wenige Sekunden später stand ich am geöffneten Kofferraum und packte meine beiden neuen Ruten aus (oh je...meine Frau weiß noch gar nix von der zweiten ). Nach einer kurzen Inspektion derselben durch meinen Kumpel folgte ein bestätigendes Nicken, und ich freute mich über die Tatsache, daß man heutzutage für relativ wenig Geld schon sehr brauchbares Gerät bekommen kann.
Der beangelte Fluß ist in dieser Gegend noch nicht so breit, im Normalfall etwa 4,50 Meter. An der Angelstelle meines Kumpels ist jedoch eine Biegung, und die Breite reduziert sich da auf etwa 3 Meter. Der erste davon ist noch sehr flach, so daß sich praktisch alle Fischbewegungen in einer zwei Meter breiten und fast ebenso tiefen Kuhle abspielen. Ich brauche wohl nicht erst zu erwähnen, daß es da mit vier Angeln ziemlich eng werden kann, erst recht, wenn einer der Angler noch Anfänger ist
Naja - ich montierte halt noch an meinen Ruten rum, während mein Kumpel bereits alle zwei bis drei Minuten Bewegung an den Angeln und Fisch um Fisch am Haken hatte, allerdings handelte es sich dabei ausnahmslos um Gründlinge sowie kleine Rotaugen und Giebel, die alle wieder zurück durften. Das Fischchen des Tages allerdings sollte mir vorbehalten bleiben
Bis dahin war es jedoch noch ein weiter Weg. Endlich hatte ich die erste Angel fertig, beköderte den Haken und war dann für den Auswurf meiner Laufbleimontage bereit. Geübt, wie ich als bisheriger Weiher-Only-Junkie nun mal eben war, schaffte ich dann auch gleich den ganz großen Wurf bis auf die Steinböschung am gegenüberliegenden Ufer. Zu meinem Glück verfing sich der Haken jedoch nicht darin, sondern erst weiter unten im Wasser. Er konnte nach etwas Zupfen unbeschädigt geborgen werden, doch der Fluß hatte zwei Maden und ein großes Stück Mistwurm als Beute zurückbehalten. Ich entfernte die Reste und beköderte neu. Beim nächsten Auswurf war ich entsprechend vorsichtig und stellte fest, daß man eigentlich nicht mehr als zwei Meter raus konnte, dann war man schon am Ziel.
Während ich meine zweite Rute montierte, machte mich mein Kumpel auf die Bewegung an meiner Angel aufmerksam, der ich - wie in solchen Momenten fast immer - den Rücken zudrehte. Ich ließ alles fallen, ging hin...aber da war es bereits zu spät. Die Angel lag bis auf die Bewegung durch die Strömung wieder völlig ruhig da. "Genau deshalb habe ich mir diese Glöckchen gekauft", sagte ich zu meinem Kumpel und zog selbige aus meinem Angelkasten. Bevor ich sie jedoch montieren konnte, sah ich, wie sich meine Rutenspitze wieder bewegte.
Diesmal wollte ich unter keinen Umständen den Biß verpassen. Ich ging also schnell die 1-2 Schritte zur Rute hin, nahm sie aus dem Halter und zog kurz und heftig an, wie ich es halt vom Weiher gewohnt war. Noch in der Bewegung fiel mir ein, daß ich hier ja am Fluß war und statt 20 oder 25 Meter Schnur gerade etwas mehr als zwei im Wasser hatte, aber da war es bereits zu spät: In hohem Bogen flog die Montage aus dem Wasser und landete samt "Fisch", einem kleinen Ästchen, welches durch die Strömung die vermeintliche Bißbewegung ausgelöst hatte, mitten im hinter uns liegenden Dornenbusch. Mein Kumpel lachte sich natürlich weg, während ich unter Fluchen und gelegentlichen Schmerzensschreien meinen Haken aus dem Gebüsch fuddelte.
Ich montierte dann meine Glöckchen. Sie blieben nicht lange drauf - dann hatte ich einen Hänger, und mein Kumpel mußte mir helfen. Genervt von dem Gebimmel beim Befreiungsversuch nahm er das Glöckchen kurzerhand wieder runter und sagte, ich solle stattdessen konzentrierter auf die Angel schauen. Nunja, dachte ich mir, es kann ja nicht immer sein, daß ich der Angel im entscheidenden Moment den Rücken zudrehe. Also probierte ich mein Glück und zog kurz darauf meinen allerersten Flußfisch - einen Gründling - aus dem Wasser. Irgendwann lernt es selbst der Dümmste
Der fischliche Höhepunkt des Abends fand sich etwa 30 Minuten später an meiner Angel ein. Ich hatte gerade nach einem weiteren Hänger den Haken mit Bienenmaden frisch beködert, da ich an Ködern nur noch dabeihatte, was von den Vortagen übrig war. Und Bienenmaden hatte ich eben noch am meisten, wobei ich mir jedoch keinen Erfolg damit ausrechnete. Denkste! Nach kaum fünf Minuten zuckte die Rutenspitze, ich schlug an, und landete nach einem verhältnismäßig bemerkenswerten Drill meine erste Bachforelle. Die Süße hatte die stolze Größe von 18 Zentimetern und wurde, nachdem sie mir hoch und heilig versprochen hatte, in einigen Jahren nochmal bei mir vorbeizuschauen, auf Bewährung entlassen.
Mitten im Drill des Forellchens mußte mir mein Kumpel noch eine aufkommende Perückenbildung beseitigen, die bei einem größeren Fisch wohl zum Abriß oder Ausschlitzen geführt hätte. Fassungslos mußte ich plötzlich mitansehen, wie ohne den geringsten Anlaß die Schnur von der Rolle herunterpurzelte und sich im Bügel verfing. Selbstverständlich passierte mir das in diesem entscheidenden Moment zum ersten mal - aber das ist ja im Moment noch normal bei mir: wenns gilt, passiert wieder irgendwas. Bin mal gespannt, wann das aufhört