Waidgerechtigkeit

  • In einigen threads wird immer wieder der Begriff Waidgerechtigkeit aufgeführt.
    Die Waidgerechtigkeit ist eigentlich ein sehr dehnbarer Begriff. Er liegt irgendwo zwischen "gesetzlich verordnet", "selbst definiert" und "aus Tradition überliefert".
    Oder: Eventuell ganz wo anders?
    Wurde er von Menschen für Menschen, oder für Tiere geschaffen?
    Gottgegeben ist er wohl sicher nicht!


    Daher meine ernsthafte Frage an Euch:
    Mich würde interessieren was Ihr persönlich unter Waidgerecht versteht?


    Grüße aus München,
    Peter

  • Zitat

    Die Waidgerechtigkeit ist eigentlich ein sehr dehnbarer Begriff. Er liegt irgendwo zwischen "gesetzlich verordnet", "selbst definiert" und "aus Tradition überliefert".


    Genau so ist es, wie groß die Rolle der Tradition dabei ist kann ich nicht so sicher bewerten.
    Für mich jedenfalls ist Waidgerechtigkeit schon ein Konglomerat aus diesen Dingen, setzt sich aber auch aus einer gewissen Portion Persönlichkeitsentwicklung zusammen, die dann zur Selbstdefinition führt.
    Dabei kann es auch zu kritischen Stellungen zu den gesetzlichen Vorschriften kommen, ich sehe zum Beispiel das gesetzliche Verbot von C&R um jeden Preis recht kritisch.
    Was ist nun für mich waidgerecht, das ist zum einen der verantwortungsvolle Umgang mit den Lebewesen Fisch zum anderen sind es auch hegerische Gesichtspunkte bei der Fischerei.
    Wen man ein Gewässer sehr lange befischt und dabei auch ausgiebig beobachtet und einiges Wissen über die Zusammenhänge an diesem und anderen Gewässern erwirbt und nicht ganz vernagelt ist, gewinnt man dann auch hegerische Einsichten.

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  • Wie ich schon mal ein einem anderen Thread betont habe, bedeutet Waidgerechtigkeit, dass ich einem Tier gerecht werde.


    Was heißt das nun?


    Das heißt, dass ich das Tier erstmal nicht als lebloses Ding, als reines Objekt sehe, sondern es als Mitgeschöpf, Kreatur usw. begreife, das zu Empfindungen, also auch zu Leid fähig ist. Wenn ich nun dieses Tier töten oder fangen will, muss auch darauf Rücksicht nehmen, dem Tier möglichst wenig Leid zuzufügen. Auch wenn Fische keine Schmerzen empfinden, so gibt es für sie doch etwas wie Stress. Deshalb habe ich meine Methode, den Fisch zu fangen und gegebenenfalls zu töten, dem anzupassen. Es geht also darum, dass der Fisch möglichst wenig leidet bzw. möglichst unverletzt wieder zurückgesetzt wird.


    Dies ist meine Definition von Waidgerechtigkeit. Das hat mit Traditionen durchaus zu tun, denn dass ich ein Tier als Mitgeschöpf oder empfindendes Wesen begreife, ist in meinen Augen Ausdruck der christlich-abendländischen Kulturtradition. Und diese Tradition stellt auch den Hintergrund für die Gesetzgebung da, wo daher für mich nicht ganz unverständlicherweise steht, dass einem Tier ohne vernünftigen Grund kein länger andauerndes Leid zugefügt werden darf.

    Fischer mit Segelbooten glauben leichter an Gott als Fischer mit Motorbooten. (Bertrand Russell)


    Ich hab höchstens ein Ruderboot!

  • Waigerechtigkeit bedeutet für mich, neben den bereits genannten Gründen, auch dem Fisch eine faire und im ursprünglichen Sinne sportliche Chance zu geben. Also z.B. kein Wurmangeln im Forellenbach.


    Man muss ja nicht gleich so weit gehen und im Stile alter Naturvölker vor dem Fischzug die Götter um Gnade bitten, obwohl das vom Ansatz her bestimmt nicht verkehrt wäre. Waidgerechtigkeit bedeutet für mich, mir bereits vor dem Angeln zu überlegen, wie ich mit einem potentiellen Fang verfahren möchte, wie ich meine Anwesenheit in der Natur möglichst spurlos darstellen kann.


    Waidgerechtigkeit bedeutet für mich vor allem einen schonenden Umgang mit der ganzen Natur zu praktizieren. Es wäre der Sache schon sehr geholfen, würden sich die Angler als Gäste am Gewässer sehen und nicht als Hunter und Conquistatoren. Das hätte uns in der Vergangenheit viel Ärger und in der Gegenwart eine Menge an Reglementierungen erspart.

  • Grotius: Frage: Wie willst Du einen Fisch mit der Angel fangen ohne Ihn zu verletzen? Das kapier ich nicht ganz.
    Noch was: Seit Ihr bei der Auswahl Eurer Konsumprodukte genauso penibel, z.B. Fleisch nur von freilaufenden Rindern, Eierprodukte (auch Kuchen etc) nur von glücklichen Hühnern, Kleidung (zb Levi-Jeans) nur von glücklichen Kinder-Arbeitern produziert usw..


    Nun zu meiner 'Waidgerechtigkeit': ich halte mich an die Gesetze, schlage keinen Fisch mit einem Steckerl ab sondern mit nen ordenlichen Totschläger, lass einen Fisch nach dem Fang nicht auf dem trockenen totzappeln, töte meine Aale mit dem Aaltöter und was weiss ich noch alles.


    Das was Andal über den generellen Umgang mit der Natur sagt, unterstütze ich. Ich mag es auch nicht, wenn der Uferbereich plattgewalzt ist, überall Müll rumliegt und Bäume auf den ersten 2 m von jeglichen Ästen befreit sind.


    Grüsse


    Rainer

  • @ snoek:


    Ein Wort voraus: Dein zynischer Tonfall gefällt mir nicht.


    - Der Vergleich mit dem Haken und dem Hasen halte ich für abwegig. Wenn ich einen Hasen schneller und schmerzfreier mit einer Schußwaffe töten kann, dann tu ich das.


    - Ich entnehme jeden Fisch, den ich fange, aus dem von dir angeführten Grund. Habe ich genug, dann geh ich heim.


    - Was du als "deine Waidgerechtigkeit" formulierst, ergibt sich bei mir genauso. Nur die Begründung ist halt anders.

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  • Ich versuchs mal kurz.


    Wenn ich heute angeln gehe, darf morgen keiner sehen das ich da war.


    Wenn ich am wasser ankomme und ein Reiher steht an meinem Platz,
    dann warte ich bis er weg ist oder suche mir eine andere Stelle denn:
    Ich bin Gast und nicht die Nummer 1 dem alles zu weichen hat.


    Ich fische weil ich es liebe und nicht weil ich Hunger habe.
    Daraus folgt, dass ich nur Fische wie zb Forellen entnehme und Brassen nicht töte, nur weil es das Gesetz verlangt.


    Ich mich so ruhig wie möglich verhalte, um die Natur um mich herrum
    nicht zu stören.


    Ich nur mit Ködern und Montagen fische, die vor dem Gesetz und meinem Gewissen zu vereinbaren sind.


    Ich die Tötung schnellstmöglich und hoch Konzentriert vornehme.

  • Das Problem besteht darin, wenn wir angeln wollen, müssen wir auch töten und stressen. Das es dann so schonend wie möglich geschieht, ist selbstverständlich. Doch wie bereits angesprochen, kann die Definition von Angler zu Angler recht verschieden ausfallen.


    In einem anderen Thread gab es die Diskussion zum Thema lebender Köderfisch. Ich habe mich da zwar nicht geäußert, aber meiner Meinung nach sollte man mit frisch geangelten, lebenden Fischen aus dem gleichen Gewässer für eine bestimmte Zeit anködern können. Vielleicht eine Stunde, und auch nur bei Fischen, die groß genug sind, um durch den Haken keine ernsthafte Verletzung davonzutragen. Danach sollte man die Angel einholen und den Fisch wieder freilassen. Ich finde es einfach blöd, wenn man beispielsweise ein 20 cm-Rotauge, welches bei der Größe immerhin schon 7-8 Jahre alt ist, fängt und tötet, um es einem Raubfisch anzubieten. Wenn dann keiner beißt, ist es umsonst gestorben. Ich weiß von mir flüchtig bekannten Anglern, daß die schon wochenlang vergeblich auf Raubfische ansaßen. Dafür mußten etliche Köderfische ihr Leben lassen. Eine für mich ebenfalls zu vereinbarende Möglichkeit wäre, man verbietet das Angeln mit dem Köderfisch komplett und erlaubt in dem Bereich nur noch Kunstköder.


    Wie von Rallymann schon erwähnt, ist auch das Verbot des Zurücksetzens ein gesetzlicher Witz. Mir ist das zwar nicht in diesem Umfang bekannt - ich hab im saarländischen Gesetz nicht nachgeschaut -, aber warum sollte man einen Fisch töten, den man eh nicht verwertet? Vor allem dann, wenn man andere, durch Mindestmaß und Schonzeiten geschützte Fische zurücksetzen MUSS? Das wär ja dann absolut bescheuert: Hier die untermaßige Bachforelle, die darf und muß sogar zurück, aber der kleine Klodeckel, der danach kommt, hat weder Schonzeit noch Mindestmaß, also abschlagen und ab in die Mülltüte? Würde ich auch nie machen. Naja...daß es eine Menge sinnloser Gesetzesvorschriften in allen möglichen Bereichen gibt, ist ja sowieso schon lange bekannt.


    Ich glaube, daß die meisten Angler die Waidgerechtigkeit zwar unterschiedlich, aber dennoch immer mit Rücksicht auf den Fisch und die Natur unter mehr oder weniger starker Beachtung mehr oder weniger sinnvoller Gesetze ausüben. Letzten Endes hat man halt die Fische am Haken, die dabei (zumindest) Streß erleiden. Dafür sollte man auch immer etwas zurückgeben. Daß man beispielsweise in einem Angelverein zugleich auch an Gewässerpflege und -renaturierung beteiligt ist oder als 'freier' Angler mit dem Kauf der Tageskarten diese Maßnahmen finanziell unterstützt, bringt der Natur schon eine ganze Menge mehr, als man durch das eigene, vernunftorientierte Angeln 'kaputtmachen' kann. Zusätzlich kann sich ja sonst noch etwas einfallen lassen, z.B. keinen Fisch mehr zu kaufen, der von Berufsfischern gefangen wurde, da die Fische dort ungleich mehr leiden als beim Angeln.

  • Grotius: Sorry für meinen Zynismus, jedoch sehe ich keine andere (zurückhaltentere) Möglichkeit auf einen Satz wie diesen zu antworten:
    Zitat:.....sollte man einen gefangenen Fisch möglichst unverletzt zurücksetzen.
    Desweiteren sprichst Du von gegebenfalls töten. Nach Deinem zweiten Statement dürftest Du einen Fisch nicht 'gegebenfalls' töten, sondern müsstest Du jeden Fisch (der massig und nicht in der Schonzeit ist) abschlagen. Ich denke, dass tust Du eher doch nicht.


    Ich fange meine Fische nicht mit den Händen, deshalb bleibt eine Verletzung desselbigen nicht aus.


    Wenn es dem einzelnen wirklich zuwider ist einen Fisch zu verletzten, so sollte er es wie vor 100 Jahren die englischen "Gentlemen" machen: mit Fliege fischen, den Haken aber abkneifen und nur den Fisch zum Anbiss überlisten.
    Ansonsten finde ich es etwas absurd, die Verletzung und den Stress eines Köfis zu verurteilen (wenn dieser noch lebt) aber selbiges beim Karpfen / Hecht usw. billigend in Kauf zu nehmen um ihn zu fangen. Denn den Stress empfinden diese Fische genauso. Oder ist dieser Stress humaner, da er vielleicht nur 10 min dauert, da dann die Drill-Phase abgeschlossen ist?


    Wie bereits erwähnt, ich fische bei uns nicht mehr mit lebenden Köfi, jedoch nur weil dies verboten ist und drastische Sanktionen nachsich zieht. Mit allen anderen Begründungen würde ich mir und anderen etwas vormachen.


    Grüsse


    Rainer

  • @ snoek:


    Wie ich oben bereits geschrieben habe, schlage ich tatsächlich jeden Fisch, der nicht aufgrund von Größe oder Jahreszeit geschont ist, ab und verwerte ihn.
    Mit dem "möglichst unverletzt zurücksetzen" meine ich zum einen geschonte Fische, zum zweiten bezieht sich das auf die Methode, die auch dem Fisch angemessen sein soll (also z.b. nicht zu kleine Haken, um gegebenenfalls einen geschonten Fisch möglichst gut abhaken zu können), und zum dritten sollte das (nicht für mich) als Regel für alle, die C&R praktizieren, gelten.


    Wie ich schon gesagt habe, soll die Belastung für den Fisch bzw. seine Leidenszeit möglichst gering und kurz gehalten werden. Das schließt für mich einen Verzicht auf den lebenden Köderfisch mit ein, unabhängig davon, ob er verboten ist oder nicht.


    @ Smine:


    Deinen Vorschlag, große Köderfische für etwa eine Stunde zu verwenden und sie dann verletzt wieder freizulassen, halte ich für abwegig, denn einem Fisch sein "Lebensrecht" zurückzugeben, nachdem man ihn eine Stunde lang angeködert hat rumschwimmen lassen, ich für mich falsch verstandene Tierliebe.


    Nix für ungut!


    Florian

    Fischer mit Segelbooten glauben leichter an Gott als Fischer mit Motorbooten. (Bertrand Russell)


    Ich hab höchstens ein Ruderboot!

  • Zitat von Grotius

    Wie ich oben bereits geschrieben habe, schlage ich tatsächlich jeden Fisch, der nicht aufgrund von Größe oder Jahreszeit geschont ist, ab und verwerte ihn.


    das ist eigentlich die beste Methode ein Gewässer sinnvoll zu befischen, und auch das sehe ich mit im Begriff "waidgerecht". Selektive Entnahme von Fischen (Fischarten) führt zwangsläufig zu Missverhältnissen der Arten zueinander. Leider bin ich nicht immer so konsequent........

    "Loyalty to a petrified opinion never yet broke a chain or freed a human soul." Samuel Longhorne Clemens

  • Das verbot von C & R wurde von Tierschützern ins Leben gerufen
    Und nicht von Anglern.
    Ich fische zu meinem Vergnügen und nur weil irgendwelche Angelgegner
    dieses verbot, auf dem weg das Angeln zu verbieten durchsetzten,
    fühle ich mich nicht weniger Waidgerecht als jemand, der seinen Fang verwertet.
    Ich kenne einen See, der Karpfenfischen ermöglicht.
    Aber Graser und Karpfen über 10Kg sind dort ganzjährig geschützt.
    An diesem Gewässer verstoße ich nicht mal gegen geltendes Recht,
    weil ich ja die Auflagen im Tagesschein erfüllen muss.


    Ich halte mich für Waidgerecht und Gesetzestreu.
    Nur das verbot von C&R kann ich nicht akzeptieren, weil es von Angelgegnern ins Leben gerufen wurde und nicht von Anglern oder unabhängigen Organen.
    Nicht zu vergessen auch, dass Deutschland glaube ich, dass einzige Land ist, das C&R verbietet.

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