Angelbericht von Viet Anh, Hanoi, Vietnam
Das Angeln auf Con Dao Insel (*)
Die Nacht Mitte November ist stockdunkel. Vom weiten Horizont sind die Lichter der Kutter, die Tintenfisch angeln, zu erkennen. Es ist so hell wie die Straßenlichter einer kleinen Stadt. Die erste Nacht auf einem gemieteten Kutter sind wir, die fünf Angler aus Hanoi vor dem ersten Angeln auf Meeresfische so aufgeregt, daß keiner von uns schlafen kann. Wir sind auf der Suche nach Tintenfischen als Köder für das Angeln auf große Fische. Der Kutter läuft um 12 Uhr Nacht vor Anker. Das mehr ist fast wellenlos, so still und ruhig. Oft und zu sausen die Flugfische erschrockend durch die Luft mit beachtlicher Geschwindigkeit wie richtige Vögel. Manche Fische sind im bleichen Licht des Kutters zu erkennen. Doch wir wissen gar nicht wie sie fangen zu können. Hong Son und Trung, zwei von der Schiffbesatzung wollen sie mit bloßen Angelhaken aus dem Meer heraus ziehen, was natürlich nicht klappt. Meine Anglerfreunde fangen an mit Wobler auf Tintenfisch zu angeln. Ich mache ihnen nach. Doch es scheint, daß die Tintenfische sich nicht auf meinen Wobler zu reagieren vermag. Meine Freunde können aber ihr Angeln mühelos unternehmen. Mit Senkblei und bunten Fadenbündel als „Fliege“ können sie Titenfische aus dem tiefen Meer heraus holen. Doch so erfolgreich ist es auch nicht.
Um 4 Uhr früh ziehen wir weiter zum eigentlichen Angelplatz. Die Morgendämmerung kommt langsam. Zum ersten Mal in meinem Leben kann ich den Morgenrot vom weiten Horizont so beeindruckend erleben. Da wir in der Nacht spät auf Angeln gehen, können wir nicht so viele große Tintenfische erbeuten. Insgesamt sind es nur 6. Als der Kutter vor Anker läuft, sind alle Angeln herausgeworfen. Die Köderfíche schwimmen bis zu 100 m weit vom Boot weg. Während des Frühstücks ruft Herr Khanh, der Kuttenbesitzer laut „ein Biß!“. Alle gucken nach seiner Handrichtung. Doch der Köder an der Leine vom dicken Du, eines unserer Anglerfreunde ist samt Vorfach und Senkblei weg gebissen. Gleich danach zieht wieder Herr Khanh mit einem schnellen Ruck an die 3-Meter-Tica-Rute von Nam und gibt sie ihm gleich zurück. Wie kann es mit diesem Glückskind sein! Immer, wenn er auf Angel geht, kann er auf große Fische treffen. Nam drillt und drillt. Der Fisch zieht ihn von einer Seite zu der anderen Seite des Kutters hin. Er schwitzt wahnsinnig vor Müde und Ratlosigkeit. Nach 20 Minuten drillen kann Nam den Fisch bezwingen. Die Makrele wiegt 9 kg. Nam lächelt wie ein Kind vor Freude und setzt sich erschöpfend auf den Deck des Kutters.
Nam mit seiner 9 kg Makarele
Herr Khanh läßt wissen, daß es in diesem Gebiet größere Fische schon zu Raritäten gehören. Der Kutter wurde zu einem anderen Platz geführt und der Tag von Tuan ist gekommen. Seine Rute biegt sich wie eine U, die Rolle zischt wie eine Dampfpfeife. Die 500 m lange Schnur ist fast abgezogen aber der Fisch läßt sich noch nicht erkennen. Jeder von uns stellt sich einen ganz riesigen Fisch vor. Tuan´s kalte Miene ist im Nu verschwunden, dafür aber ein ganz ernstes Gesicht. Vielleicht hat er Angst, daß der Fisch die letzten Meter von seiner Schnur weg zieht und dann „auf Wiedersehen“ sagt. Er zieht die Bremse der Rolle an und fängt an an den Kurbel zu drehen. Seine Handmuskeln krampfen sich. Er brüllt die anderen an ihre Angeln aus dem Wasser herauszuholen um Verwicklungen zu vermeiden. Es ist ein starker Fisch. Tuan lehnt die Rute an seinen Bauch, strengt alle Musken an um den Fisch heran zu kurbeln. Er kann jedoch kaum ein Meter Schnur gewinnen. Der Fischt fängt aber langsam an mal nach links mal nach recht zu fliehen. Nach langer Weile ist er jedoch ziemlich dicht an den Buck des Kutters gezogen, läßt sich aber noch nicht erblicken. Da brüllt der Bootsbesitzer Khanh plötzlich laut „Ein Riesenthunfisch! Gebt mir die Harke her!“ Als der Fisch auf dem Boot gezogen ist, wirft Tuan seine Rute auf den Boden, setzt sich ermüdigend nieder und holt sich Luft. Ich habe noch nie einen so großen Tunfisch gesehen.
Long mit den Thunfischen. Dicker Du im Hitergrund
Nun kann ich meine Ruhe nicht mehr bewahren. Da ich zu dieser Zeit gar keine andere Wahl habe, nehme ich meine 4500 Tica Rolle mit 0,45 mm Schnurdicke heraus. Tuan blickt mich mit fraglichen Augen an. Ich weiß ganz genau, was er meinen will. Es ist aber egal. Es muß erst einmal geangelt werden. Wenn es nicht klappte, würde ich alles wegschmeißen. Das Gewünschte ist aber gekommen. Jeder von uns kann nun einen nach dem anderen Fisch auf´s Boot holen. Meistens sind es Meerbrassen. Nam kann 2 Rotbarsche fischen. Ihn entgeht ein weiterer Wolfbarsch nach hartem Tauziehen mit samt Vorfach, Köder und Blei. „Dicker“ Du ist weiterhin emsig bei seinem Angeln. Er atmet sich durch als eine grosse Meerbrasse gefangen wurde. Long ärgert sich durch die Verwicklung der Schnüre, was bei ihm bisher nie passiert hatte.
Die Fische sind gar nicht so groß. Doch es ist leicht zu angeln. Bei fast jedem Wurf können wir einen Fisch fangen. Wir lachen und schreien wie die Kinder vor Freude. Bier ist wieder heraus gebracht um den Durst zu tilgen. Die beiden Tica-Ruten von Nam und von mir verlieren fast alle Ringe, da die Fische so stark sind. Nur die 4500-Tica-Rolle scheint noch einigermassen gut zu sein, obwohl sie bei jedem großen Biß sich zittert, verdreht und fast auseinander bricht.
Köder sind verbraucht. Der Traum vom dicken Du über große Makrele bleibt immer noch als Traum. Wir kehren unser Boot wieder zum Fang von Tintenfischen zurück um Köder für den nächsten Tag zu suchen. Wir können einen sehr guten Fang machen. Zwei Behälter sind voll mit großen Tintenfischen.
Tintenfische als Köder
Die kleineren haben wir als Delikatessen gekocht und verspeißt. Herr Khanh verspricht uns zu einem neuen fangreichen Platz mit großen Fischen zu bringen. Es ist eine kleine Bucht von nur ein paar Quadratkilometern. Aber es ist nicht einfach Fische zu erkennen. Von Fischsuchgeräten abgesehen hängt alles von den Erfahrungen des Crew ab, da an diesem Platz Strömung, starker wind und hohe Wellen herrschen. Der von mir erwartete Zeitpunkt ist gekommen. Meine auf Makrele gerichtete Rolle zischt und zittert ängstlich. Ich greife schnell nach der Rute. Nach langem Ziehen kehrt die Makrele plötzlich Blitz schnell zum Bot zurück. Ich kurbelt so schnell wie möglich die Schnur ein. Schnell ist der Fisch auf das Boot geholt. So kann ich meine erste Makrele bekommen, welch eine Freude!
Meine Makrele
Dicker Du kann auch seine erste Makrele herausholen. Sie wiegt auch genau 9 kg.
Dicker Du mit seiner 9 kg scherwen Makrele
So können wir alle Makrele bzw. Thunfische angeln. Und soviel Fische insgesamt haben wir noch nie gefangen. Insgesamt sind es über 20 Zentner. Jeder sucht sich 2 Fische heraus um nach Hanoi zu bringen. Es wiegen zusammen schon mehr als 70 kg. Den Rest haben wir der Schiffsbesatzung als Dank für ihre Hilfe und Unterstützung geschenkt. Unvergeßliche Tage auf Con Dao und auf dem Kutter von Herrn Khanh. Der Abschied ist schwer. Doch wir werden im nächsten Jahr wieder hierher kommen.
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(*) Con Dao Insel ist de facto eine Inselgruppe 185 km südöstlich von Vietnam mit 16 kleineren Inseln und einer Gesamtfläche von 75 Quadratkilometern und 5000 Einwohnern. Unter der französischen Kolonialzeit war die Insel mit dem Namen Pulo Condor bekannt, wo auch das berüchtigste Gefängnis für die Widerstandskämpfer gegen die Franzosen errichtet wurde. Con Dao ist heutzutage ein Naturschutzgebiet und zugleich eines der schönsten Urlaubsorte des Landes. Man kann die Insel mit den Schiffen und mit dem Flugzeug erreichen. Auf der Insel sind gute Hotels, Schwimmbäder, Tauchstationen und natürlich auch Angelplätzen zu finden.
Einige weitere Fotos von der Insel und von unserer Reise sind angehängt
Der gemiete Kutter von Herrn Khanh
Ein Teil der Insel
Straßen auf Con Dao
Das Drillen
Übersetzung und Vermerk als Neujahrsgruß von mir an alle Leser von Blinker. Für Meinmung, Kritik bzw. Kommentar, etc. wäre ich Euch sehr verbunden.
Le Trang
Hanoi, 30. Dezember 2008