War es eine Gute Alte Zeit?

  • War es früher wirklich besser mit der Fischerei, oder gilt auch hier das Wort von Werner Schneider, dass man nur lange genug warten muss, dann wird aus jeder beschissenen Gegenwart eine Gute Alte Zeit?


    Früher gab es D.A.M, oder Balzer, Hohlglas, oder Vollglas. Die restlichen Marken waren entweder nicht erhältlich, Schrott, oder unbezahlbar. Heute ist der Rutenkauf eine Dschungelexpedition durch den Rutenurwald.


    Früher war man froh, wenn eine 20er Schnur satte 2 kg trug. Heute braucht man bei gleicher Tragkraft eine Lupe zum Knotenbinden, wenn man jenseits der 40 Schonzeiten angekommen ist.


    Früher gab es den Effzett, den Heintz und den HiLo von Abu. Heute ist die richtige Wahl des Spinnköders bald schwieriger, als der Fischfang selber.


    Früher galten Friedfischangler, die mit Maden fischten, als nasentote Saubären, weil es Maden nur aus eigener Zucht gab. Heute besteht ein Boilie aus wertvolleren Zutaten, als das Schulbrot der eigenen Kinder.


    Früher glichen viele Flüsse eher einem Schaumbad und stanken nach den vereinigten Chemiewerken Europas. Heute wachsen manche Fischarten nicht mehr so prall ab, weil die Gewässer wieder so sauber sind.


    Und so weiter und so fort.


    Haben wir uns allgemein verbessert, oder hatten die Alten das Glück der frühen Geburt?

  • Das kann ich nicht beurteilen, da ich mich noch nicht zu den Alten zähle :lol:


    Am Beispiel Rhein zähle ich mich jedoch glücklich, dass ich "Ein Junger" bin.
    Sicherlich gab es dort früher Fische in unbeschreiblichen Mengen, von Brassen über Karpfen bis hin zum Hecht. Auch Zander gab es dort in guter Stückzahl.
    Aber was bringt mir als bekennender Kochtopfangler ein sensationeller Fischbestand, wenn dieser nicht zu genießen ist.


    Immer Brassen fangen, hier und da auch Rotaugen ? - Nein, die Barbe ist aus anglerischer Sicht interessanter.


    Ich bin froh, dass ich heutzutage fischen kann und nicht anno dazumal

  • Hallo Andal
    ein wirklich interessanter Punkt, den du hier "ansprichst".


    Gerade im Bereich der Ruten finde ich die Marktentwicklung beängstigend.
    Braucht man wirklich über 50 Ruten um die ganze Breite des Angelns abzudecken? Ich denke Nein !
    Übertrieben formuliert: man kann auch mit einer Karpfenrute einen Aal fangen.
    Brauchen wir wirklich eine Jerkrute, Dropshotrute, Spinnrute für Barsch, Spinnrute für Zander, Feederrute, usw usw usw.


    Die Köderfische für den Hechtansitz, haben wir früher auch mit der gleichen Rute gefangen, die wir auch nachher für den Hecht benutzt haben.
    Sicher, gibt es Ausnahmen z.B. Brandungsangeln, aber ich meine das man vielleicht mit 5 Ruten das Angelspektrum abdecken könnte.


    Ist die Anzahl der Ruten nicht mittlerweile für einige Angler zum Statussymbol geworden?


    Den riesigen Kunstködermarkt möchte ich gar nicht erst ansprechen.
    Das erschlägt doch jeden Angelanfänger.


    @ Helmut
    Wieso gab es früher bei euch keine Hygiene?
    Igitt Igitt! :lol:


    Gruß Tino

  • Zitat von meindl

    Hehe!


    Bei vielen gilt wohl eh das teuer gleichzusetzen ist mit fängig ;).


    Teuer muß nicht unbedingt gut bedeuten, aber das sieht eben nicht jeder so.
    Viele junge ( natürlich auch ältere ) Angler kaufen sich "Statussymbole", wie diverse Markenartikel, die man nun braucht oder auch nicht, alles Ansichtssache. Manche brüsten sich dann damit, was sie alles haben, aber können nicht mal ein Vorfach selbst binden, Schwimmer montieren usw. Das ist mal echt traurig. Früher gabs die Schwemme an dem ganzen Zeugs nicht und man hat trotzdem gefangen. Von den "Alten" kann man lernen, wie man angelt. Die können noch improvisieren, haben Erfahrungen, die man heute vielleicht gar nicht mehr sammeln kann. Natürlich habe ich auch viele Markenartikel, die ich nicht missen möchte, aber ich habe ganz klein mit einfachem Gerät angefangen und konnte so nach und nach dazulernen und tue das noch immer. Sicherlich hat jede Zeit ihre Vor- und Nachteile, es kommt darauf an, was man daraus macht.

  • Zitat von Smirfknift

    ..................können nicht mal ein Vorfach selbst binden


    Wie wahr, wie wahr! :o


    Zu mir kam mal ein anderer Angler und fragte mich ob ich ihm evtl. mit einem Vorfach für Köderfische aushelfen könnte. Als ich sagte das ich ihm einen kleinen Haken und ein Stück Vorfachschnur geben kann schaute der mich an wie ein VW-Käfer :lol:. Hab ihm dann aus Gutmütigkeit auch noch das Vorfach gebunden.

  • Zitat von andal

    ... dass man nur lange genug warten muss, dann wird aus jeder beschissenen Gegenwart eine Gute Alte Zeit


    Der Mensch ist ein "Gewohnheitstier" und lehnt Veränderungen zuerst mal reflexartig ab.


    Genau das beschreibt die Wahrnehmung der guten alten Zeit, weil der natürliche Weichzeichner der Erinnerung
    uns die Vergangenheit so positiv in unserem Gedächtnis erscheinen lässt.


    Deshalb geniesst die Gegenwart so, wie sie ist!
    Laufend stattfindende Veränderungen sind so sicher wie der permanente Wechsel von Tag und Nacht.
    Sich darüber zu beklagen verleidet Euch nur die momentane Laune!


    ... und später werdet Ihr Euch sowieso positiv daran zurück erinnern! :)

  • Hi! Da weiß ich gar nicht wo anfangen... .
    Mein Dealer erklährt die GAZ folgendermaßen; als es noch Lohntüten gab, tauchten Freitags die Arbeiter auf und kauften was die Überstunden hergaben.
    Die GAZ war vor der allgemeinen Einführung der Tiefkühltruhen.
    Die GAZ war, als jeder Wurf in den Rhein auch einen Fisch brachte.
    Geräte technisch hat sich natürlich viel getan - trotzdem fische ich noch exakt die gleichen Köder wie vor knapp 40 Jahren.
    Die modernen Ruten, Rollen und Schnüre will doch wohl niemand eintauschen.. .
    Auch sind nicht alle Gewässer schlechter geworden - es gibt einige schöne Wasser die früher doch eher Fischfrei waren.
    Was sich ganz gewaltig verschärft hat, ist der Angeldruck, der einige Gewässer aussehen lässt wie einen FoPu.. .
    Obwohl ich persöhnlich früher ganz andere Möglichkeiten hatte, empfinde ich jedes Jahr besser als das vorhergegangene.
    Schaut euch doch nur mal an wie verantwortungsbewußt die heutige Jugend mit der Kreatur umgeht - das gab es 1970 nicht in der Form... .
    Das beste an der GAZ war wohl das fehlen der CarpHunter... .
    Petri!

  • Hi

    Zitat von FangNix


    @ Helmut
    Wieso gab es früher bei euch keine Hygiene?
    Igitt Igitt! :lol:


    Weil das Oberland erst spät an die Wasserversorgung angeschlossen wurde :lol: :lol: :lol:
    Die gab es, zumindest bei uns im Verein, schon als ich als 12-jähriger das erste mal dort fischte. Nur haben das nicht viele gemacht und die Renke war auch bei weitem noch nicht so populär wie sie seit ein paar Jahren ist. Dementsprechend hat sich auch das angebot in den Läden entsprechend entwickelt. Ist ja beim Karpfen und Spinnfischen nicht anders.
    Ich weiss noch wie mein Bruder mitte/ende der 80iger Boilies kochen wollte...Unsere Mutter wurde damals losgeschickt diverse Zutaten zu besorgen, frag nicht wie das endete :) Heute kauf ich alles mehr oder weniger um die Ecke im Laden. Besser war es früher meiner Meinung nach nicht, schlechter aber a net. Früher hatte ich 2 oder 3 Ruten, ne alte Shakespear und zum fischen bin ich 30 km quer durch München mit dem Radl. Heute hab ich auf meinem Passat ne Skibox für die Ruten und der Kofferraum ist voll dem restlichen Geraffel. Allein nach dem, was inzwischen im Keller vor sich hin gammelt hätte, ich mir früher die Finger abgeschleckt. Mehr fangen tu ich inzwischen wie früher, was aber bestimmt net (ausschließlich) an der Ausrüstung liegt sondern einfach an Erfahrung und Zeiteinsatz.


    Gruß


    Rolf

  • Als ich vor mittlerweile 30 Jahren anfing meinen Vater zu begleiten gab es noch Ruten, bei denen sich durch deren Eigengewicht für mich der Fang eines mittleren Rotauges wie der eines kapitalen Karpfens anfühlte. 6 Meter lang und gefühlte 12 Kilo schwer die Teile. Da bin ich schon ganz froh, dass auf diesem Sektor weiterentwickelt wurde.


    Aber es stimmt schon, es gab damals Vor- und Nachteile genauso wie es sie heute gibt. Aber auch damals gab es schon fertig gebundene Vorfächer, auf die ich heute noch gerne zurückgreife :p

  • Früher war es "einfacher", regelmäßig Fische zu fangen, deshalb genügten einfache Mittel. Die Fischbestände wurden dünner, so dass es einer Spezialisierung bedarf, die Geräteindustrie brachte entsprechendes Gerät auf den Markt. Auch diente das Angeln früher dem Nahrungserwerb, inwiefern Fische aus "Kloaken" schmecken, sei mal dahingestellt (es gibt ja auch heute Leute, die Kloakenfisch essen - Pangasius). Heute ist der Nahrungserwerb in den Hintergrund getreten, das Angeln ist vielmehr eine Freizeitbeschäftigung geworden. Deshalb wird hierfür mehr investiert. Der Drill einer Brasse an entsprechend feinem Geschirr macht halt mehr Spaß, als an einer 100-Gramm-Hohlglasrute. Früher wurde mit diesem Minimalgerät Nahrung beschafft.
    Irgendwie ist es schon paradox - Freizeit lässt sich der Mensch Geld kosten, beim Nahrungserwerb gilt die Prämisse, dass mit dem geringsten Aufwand der höchstmögliche Ertrag erzielt werden muss.


    Sicherlich sind viele Angelgeräte auch eine Art Statussymbol. Aber ich gönne mir diesen Luxus - ganz ohne schlechtes Gewissen.

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