Es wird Zeit meine Angelerlebnisse der letzten Wochen zusammenzufassen bevor die Fische immer groesser und die Drills immer heftiger werden in den Muehlen eines Anglerhirns.
Nach dem unglaublichen Angelerlebnis am Fraser River mit meinem Freund Glenn, meinem Sohn Ricardo und meinen beiden Angelgaesten aus Deutschland, fuhren Hubert und Juergen auf eigene Faust in den Norden BCs um an den Fluessen wie dem Skeena noch ein paar Lachse und Abenteuer zu erwischen. Ich gab Juergen noch mein Belly Boat mit auf die Tour und so gelang es den beiden noch einige schoene Forellen, Saiblinge und Silberlachse in den noerdlichen Fluessen und Seen zu ueberlisten. Huberts ca. 15 pfuendiger Coho aus dem Skeena war das Highlight aus anglerischer Sicht.
Am Wochenende nach Huberts und Juergens Abfahrt, kam ein schweizer Paehrchen in Victoria an. Gabi und Michael. Gabi ist Forumleserin und hatte mich schon vor Wochen kontaktiert und einige Auskuenfte erfragt und ich hatte beiden angeboten, falls es sich einrichten laesst, sie mal zum Angeln vor Victoria/Sooke mitzunehmen. Passte auch ganz gut und am 24.8. war Michaels Geburtstag; was bot sich Besseres an als das sonst saiblingsangelnde Geburtstagskind an einen schoenen Lachs zu fuehren. Die Fangberichte der Tage zuvor waren durchwachsen – wie eben den ganzen Sommer ueber hier. Ich holte die beiden am Vormittag am RV-Campingplatz in Victoria ab und ich glaube, Gabi hatte Michael erst am selben Morgen in die Angelplaene eingeweiht – als Geburtstagsueberraschung sozusagen.
Zusammen fuhren wir dann zur Bootsrampe in Sooke und waren so gegen 11:00 Uhr auf dem Wasser. Ich hatte geplant, die Nachmittagsflut am Otter Point und Muir Creek zu fischen. Wir reihten uns bei leicht gekraeuseltem Wasser in die Menge schon fischender Boote am Otter Point ein. Ich erklaerte beiden kurz die Idee des Downriggerfischens, welches fuer beide vollkommen neu war. Ich montierte 3 Ruten mit vorrangig Sockeye und Cohokoedern (alles was pink und in Shrimpgroesse ist, ist ein potenzieller Topkoeder fuer diese beiden Lachsarten). Dann schleppten wir weg von der Kueste und zogen 2-3 Stunden weite Kreise ueber tiefem Wasser. Nicht ein Biss war das enttaeuschende Ergebnis dieses Versuches.
Ich beschloss schliesslich dieses Unterfangen abzubrechen und was anderes zu versuchen. Ich ruestete zwei Ruten auf Chinookfischen um und wir naeherten uns wieder der Kueste. Mein Coho-Killer Blinker lief jetzt tief auf ca. 40 m und ein Koederfischsystem auf 25 m. Wir waren noch nicht ganz im unmittelbaren Kuestenbereich, wo man normalerweise auf Grosschinook probiert und wo sich die Mehrzahl der fischenden Boote tummelte, als ploetzlich die Blinkerrute hart ausloeste und schwer pumpte. Michael nahm die Rute auf als der Fisch schon Schnur abzog. Die Rollenbremse war noch sehr hart eingestellt und ich riet Michael sie etwas nachzubessern. Aber irgendwie kam Michael in der Aufregung und Hektik der ploetzlichen Action nicht dazu und es kam wie es kommen musste, der Fisch, offensichtlich ein guter Chinook, exerzierte ein paar wuchtige Kopfschlaege und zerriss das 30 Pfund Vorfach wie einen Bindfaden.
Enttaeuscht aber ermutigt montierten wir neu und liessen wieder ein. Ich kreiste ein paar Mal ueber der gleichen Stelle, konnte aber keine weiteren Bisse erzielen. Kurze Zeit spaeter konnten wir in der Naehe einen Heringsschwarm an die Oberflaeche kommen sehen, der sofort eine Horde Moewen anzog. Ich drehte nun einige Runden um diese Stelle, an der mit Sicherheit Lachse die Heringe nach oben trieben. Tatseachlich zog kurz darauf die Koderfischrute ab und ich setzte den Haken und uebergab die Rute an Michael. Auch das schien ein guter Fisch zu sein, nach der Biegung der Rute zu urteilen. Und ploetzlich war der Widerstand weg. Gibt’s doch nicht! Schnell wieder bekoedert und wieder ueber die Stelle hinweg. Diesmal kam der Biss in ca. 20 m Tiefe nachdem ich etwas weitere Kreise um den Heringsschwarm drehte.
Die tiefere, um die 25 m, Rute loeste ploetzlich aus und verneigte sich tief. Da ich am Steuer sass, rief ich Michael zu und er sprang zur Rute. Wieder zog der Fisch Leine ab und wieder drillte Michael den Fisch wahrscheinlich etwas zu hart denn nach kurzer Zeit war der Kontakt weg und Michael kurbelte nur enttaeuscht das komplett ruinierte Koederfischsystem ein. Eine Hakenflunke des Drillings war sogar etwas aufgebogen. Gibt’s doch nicht, dachte wir. Gabi stand jedes Mal mit der GoPro bereit um Michael im Drill und bei der erhofften Landung zu filmen. Bis jetzt gab’s nicht viel zu sehen auf diesem Video!
Ich erklaerte Michael nochmal in Ruhe den Ablauf bei Rutenaufnahme, Anschlag und Rolleneinstellung. Ich ermahnte ihn nochmals die Rolle einfach loszulassen, wenn ein groesserer Fisch Schnur nehmen will. Alles klar. Die naechste halbe Stunde tat sich nichts mehr. Inzwischen hatte ich beide Ruten auf Koderfischsystem umgestellt. Wir hatten nur noch etwa 20 Minuten und ich erflehte von den Fischgoettern noch eine Chance zum Abschluss. Ich steuerte das Boot weg vom Ufer und RIchtung Heimathafen. Als wir ueber ca. 120 m tiefem Wasser angekommen waren, riss es ploetzlich die flachere Rute nach unten. Nach 2-3 tiefen Verneigungen der Rute lief schon Schnur von der Rolle. Ich sprang noch schneller als Gabi oder Michael zur Rute und nahm Fuehlung auf.
Der FIsch zog schon unaufhaltsam in die Tiefe als ich Michael die Rute in die Hand drueckte. Vorher hatte ich die korrekte Bremsstellung ueberprueft – jetzt sollte nichts mehr schiefgehen. Und Michael machte auch alles richtig. Der Drill dauerte schon 5 oder 7 MInuten und ich sah die Schnur schon flacher kommen und Michael Schnur gewinnen. Doch da drehte sich der Fisch ploetzlich zum Boot und Michael schaffte es nicht die Schnur momentan straff zu halten. Jemand der noch nicht erlebt hat, mit welcher Geschwindigkeit ein Lachs auf das Boot zugeschiessen kann, hat kaum eine Vorstellung mit welchem Affenzahn man vorallem die Centerpinrollen bedienen muss, um Schritt zu halten. Jedenfall brach es mir fast das Herz als ich sah, wie Michael erneut einen leeren Haken einholte. 4 gute Fische innerhalb von 1,5 Stunden verloren, das kann dem besten Angler das Selbstvertrauen brechen. Ich war einfach nur sprachlos.
Ich ueberlegte, ob es noch Sinn machte, nochmal einzulassen. Eigentlich hatten wir nur noch so 5-10 Minuten bis geplanten Abflug. Da die 2. Rute noch fertig bestueckt war, liess ich die nochmal ein – wenigstens solange bis ich die andere weggepackt hatte. Ich kam in 27 m Tiefe mit dem Downrigger an, spannte die Rute und drehte mich um, um an das Steuer zu gehen. Im selben Augenblick hoerte ich ein Kreischen, drehte mich um, sah zuerst Gabis weit aufgerissene Augen auf die Rute gerichtet und dann sah ich die Rutenspitze im Wasser tief versenkt und die Rolle im Affentempo abspulen. Ein Screamer!
Der Fisch musste schon im Eiltempo entgegengesetzt zur Fahrtrichtung angeflogen gekommen sein und den Koeder ergriffen haben, als ich gerade den Rutengriff losliess. Die Wucht die dadurch an der Rute und Rolle erzeugt wird, ist unbeschreiblich. Trotz sehr hart eingestellter Bremse waren die Kurbelgriffe nicht zu erkennen – so schnell drehte sich die Rollentrommel. Ich nahm die Rute aus dem Halter und uebergab sie Michael mit der eindringlichen Warnung die Finger einfach komplett von der Rollen fern zu halten. Als der Fisch endlich etwas langsamer wurde, griff ich Michael noch mal ins Geraet und stellte die Bremse etwas weicher. Und wieder nahm der Fisch Geschwindigkeit auf. Mittlerweile waren mindestens 150 m Schnur von der Rolle.
Die andere Rute war ja schon aus dem Wasser; so musste ich nur noch die Downrigger einholen und den Kescher klarmachen. Dieser Fisch musste einfach an Bord kommen! Unmoeglich konnten wir 5 gute Fische verlieren und als Schneider nach Hause kommen! Ich coachte Michael Stueck fuer Stueck durch den Drill um auf jedenfall Schnurspannung zu erhalten und half dabei manchmal mit dem Motor nach. Michael gewann jetzt jede Menge Schnur. Der Fisch hatte sich gleich zu Beginn ausgepowert. Dann sahen wir einen breiten Ruecken und eine grosse Schwanzflosse ca. 30 m hinter dem Boot das erste Mal an der Oberflaeche auftauchen. Auch den kritischen Moment, wenn der Flasher die Oberflaeche durchbricht, ueberstand Michael. Der Fisch hing wohl gut. Dichter am Boot hatte der schoene Lachs noch ein paar Tricks parat und brachte Michael noch paar Mal ins Schwitzen. Gabi und ich fieberten mit.
Nach ein paar bangen Momenten als der Fisch Vorliebe fuer die Motoren zeigte, bot sich eine Gelegenheit zum Keschern. Ich hiess Michael straff anziehen und dabei zum gegenueberliegenden Bootsrand zurueckzugehen waehrend ich den Kescher unter den auf mich zuschliddernden Fisch schob. Gewonnen! Endlich! Na also!
Wir jubelten und strahlten als der 22 Pfuender vor unseren Fuessen lag. Ein toller Drill und ein toller Abschluss eines interessanten und fast schon frustrierenden Tages. Manchmal liegen Glueck und Unglueck so dicht beisammen! Beschwingt fuhren wir zurueck zur Marina und ich filetierte den Fisch unter den bewundernden Augen von Gabi, Michael und ein paar anderen vorbeilaufenden Anglern. Was haetten die fuer Augen gemacht, haetten wir heute eine 100% Quote gehabt!
Michael schenkte mir die Haelfte des Fisches da sie zu zweit unmoeglich so viel Fisch im Wohnmobil verwerten konnten. Danke schoen! Ich hatte leider an diesem Tag meine Kamera vergessen und habe die von Gabi geschossenen Fotos leider noch nicht erhalten. Wenn Ihr dass lest, Gabi und Michael, bitte schickt mir mal die Fotos!