Wieder einmal hatte ich mich zu dem jaehrlichen Angeltrip zum Harrison River im Fraser Valley auf dem Festland aufgemacht. Mein Freund Carl kam diesmal mit. Wir hatten praktisch nur einen Tag zur Verfuegung – von Freitag Abend bis Samstag Abend. Die anderen Maenner (alle vom Festland) campten schon seit Mittwoch in ihren Anhaengern vor Ort direkt am Fluss. 4 Jetboote waren die Angelplattformen fuer die Anglertruppe. Wie immer war ein Mix aus Lachs- und Stoerangeln angesagt und noch waehrend unserer 4 stuendigen Anreise, bekamen Carl und ich regelmaessig Texte mit dicken Fischbildern. Glenns Boot hatte am Freitag 5 Stoere bis knapp ueber 2 m gefangen und etliche Chums. Mike einen Chinook von geschaetzten 35 Pfund. Das hoerte sich doch gut an. Allerdings bekamen wir auch andere Nachrichten, eine Kalt-Regen und Sturmfront war im Anmarsch, hoffentlich machte das uns keinen Strich durch die Rechnung.
Es dunkelte gerade als wir am Flusslager ankamen und die letzten Boote kamen gerade rein. Alle waren zufrieden mit den heutigen Faengen aber auch bange wegen des Wetterumschwungs. Der Abend wurde feucht-froehlich um ein riesiges Feuer herum verbracht, viele der Truppe hatte ich lange nicht mehr gesehen und wir hatten jeden Menge Fischstories auszutauschen. Als wir gegen Mitternacht Schluss machten, war es schon ganz schoen stuermisch und es goss in Stroemen. Frueh morgens bogen sich die Baeume im Wind und der breite Fluss war voll mit Schaumkronen. Und der Fluss war ueber einen Meter hoeher als noch gestern Abend. Na toll!
Glenn fuhr Carl, Jason und mich in seinem Thunder Jet zuerst flussauf zum Lachsangeln. Der Fluss war dort schmaler und nicht ganz so windanfaellig; allerdings waren viele der Kiesinseln, die den Jungs die letzten Tage noch als Lachsangelstellen gedient hatten, voellig unter Wasser. Wir fanden noch eine kleine Insel die noch etwas vor einer Stroemungsrinne herausschaute und erfolgsversprechend aussah. An den groesseren Lachsfluessen muss man schon genau darauf achten wo man seine Angelversuche startet. Die Lachse ziegen nicht ueberall im Fluss und man hat nur einen begrenzten Wurfradius. An kleineren Fluessen wie denen auf Vancouver Island ist das nicht so kritisch weil man von fast jeder Uferstelle aus die gesamte Flussbreite anwerfen kann. Glenn wusste genau wo hier die Lachse ziehen.
Ich machte mein #8 Fliegengeraet mit der schweren Sinktipschnur und den selbstgebundenen Lachsfliegen, die schon am Sooke River erfolgreich waren, klar. Die anderen 3 angelten mit der Bodendriftangel. Wichtig war in der relativ starken Stroemung schnell an den Boden zu kommen, dort wo die Lachse zogen. Hin und wieder sahen wir maechtige Chinooks oder Chums springen. Warum sie beim Aufstieg manchmal springen ist unbekannt, obwohl es einige wilde Theorien dafuer gibt. Das Wasser war durch den Regen ein klein wenig angetruebt aber nicht zu sehr. Das war auch wichtig, besonders beim Flugangeln.
Ich war am weitesten stromauf positioniert und warf meine blaue Fliege etwas stromauf um sie dann 5 bis 10 m vor mir durch die Stroemungsrinne durchtreiben zu lassen. Ich hatte ein kurzes 1.2 m langes Vorfach aus 12kg Fluoroschnur um die Fliege unbedingt schnell an den Grund zu kriegen, der hier aus Kies bestand. Eine Weile passierte nichts, bei keinem von uns. Ich wechselte dann zu einer pinken Fliege. Ploetzlich zog die Schnur straff und ich ruckte an. Der hing! Er zog schnell ein paar Meter Schnur ab und stellte sich dann in die Hauptstroemung. Hier musste ich regelrecht Gewalt anwenden um den Lachs aus dieser Stellung wieder herauszubekommen - um ihn muede zu kriegen. Es war ein langes hin und her und machte richtig Spass an der Fliegenrute. Nach einiger Zeit brachte ich eine ordentliche Chum-Dame ins Flache. Glenn warf einen Blick darauf und beschloss diesen Lachs zu behalten – das Fleisch zum Raeuchern und die Eier zum Stoerfang. Weiter gings. Die anderen Jungs stellte auch auf pink um.
Glenn hakte den naechsten, einen maechtigen Chum-Bullen. Ging wieder zurueck wie auch alle der folgenden Lachse. Ich hatte wieder einen knallharten Einstieg – aber nach einem guten Run schlitzte der Haken aus bevor ich den Gegner zu sehen bekam. Es musste gerade ein neuer Schwall Lachse durchkommen denn Glenn hakte zwei schnell hintereinander und liess Jason, ein Angelneuling, die Lachse drillen. Dann blieb auf einmal meine Schnur in der Abdrift stehen, Anschlag, Rute voll krumm! Der machte ein Hoellenspektakel mit Luftspruengen und wilden Fluchten. Ein toller Chum-Bulle, mit Hakenkiefer und gefaehrlichen Zaehnen! Carl half mir bei der Landung. Er war noch Schneider und verfeinerte sein Geschirr auf Glenns Hinweis.
Als ich wieder einmal am Ende meiner Abdrift war und die Schnur gerade einzustrippen begann, hing ich ploetzlich fest. Aber nicht am Grund sondern an einem Fisch – oje, wahrscheinlich von aussen gehakt, dass konnte ein langer Tanz werden , dachte ich. Und wurde es auch. Es stellte sich heraus, dass ich einen etwa 20 pfuendigen Chum an der Schwanzwurzel gehakt hatte und daher konnte er seine volle Kraft entfalten. Dieser Gewaltakt einen Grosslachs so zu landen war eigentlich zu viel fuer jegliches Flugangelgeraet und war daher nicht mehr richtig Spass. Ich hoffte immer der Haken wuerde irgendwann herausreissen, aber nichts. Ich musste wirklich das Biest so um die 10 Minuten aus den Fluten herauskaempfen. Bei den wilden Fluchten schlug einige Male die Rollenkurbel hart auf meine kalten Finger – tat weh trotz der Neoprenhandschuhe! Irgendwann hatte ich es dann geschafft und war total erschoepft.
Dann hakte Carl endlich seinen ersten Lachs – ein wunderschoenes Chum-Maennchen um die 15 Pfund. Hatte den Koeder schoen seitlich im zaehnestarrenden Maul. Nun war auch er zufrieden. Auch Glenn hakte noch ein oder zwei. Wir beschlossen noch 10 Minuten weiterzuangeln aber dann auf Stoer umzustellen. Ich strippte wieder mal meine Fliege zurueck und sah einen Schatten hinterherkommen. Keine 3 m vor mir riss es dann ploetzlich an der Rute und ich war wieder im Geschaeft. Wieder ein Brocken von einem Chum, aber schon alt und fleckig. War aber trotz seines schon fortgeschrittenen Zustandes noch sehr sportlich und verlangte mir und meinem Geraet wieder alles ab. Der hatte die Fliege voll inhaliert – war daher aber auch leichter zu baendigen als ein von aussen gehakter. Jason erwischte nun auch noch einen Chum und nach erfolgreicher Landung beider unserer Lachse packten wir das Lachszeug zufrieden ein.
Dann fuhren wir den Fluss hinunter um an die Stoerstellen zu kommen. Diese Urtiere stellen sich um diese Jahreszeit fast ausschliesslich auf Rogen und Lachskadaver ein und folgen den aufsteigenden Lachsen. In Fluessloechern unterhalb von Laichgebieten liegen sie dann und warten bis lose Eier und auch tote Lachse herabgetrieben werden. Glenn wusste wo diese Loecher waren. Das erste war wegen des starken Windes nicht befischbar. Weitere Stellen stromab waren zwar etwas windgeschuetzter aber nicht produktiv. Wir waren mit anderen Booten, die ebenfalls auf Stoer um uns herum verankert waren, in Kontakt und bis auf ein Boot hatte niemand Erfolg bisher. Glenn machte den Wetterumschwung dafuer verantwortlich. Wir fuhren sogar noch in den Fraser River hinein um vielleicht dort noch was zu erwischen aber dort kam der angeschwollene Fluss mit solcher Gewalt durch das Tal gerauscht, dass unser Anker uns nicht an den guten Stellen festhielt. Einmal brachten Jason und Carl beim Koederkontrollieren verfaulte Buckellachsskelette ins Boot die sich durch die Stroemung an den Grundmontagen verfangen hatten. Die einsetzende Situationskomik hellte die Stimmung wieder etwas auf. Am Nachmittag brachen wir dieses Unterfangen ab. Stoer sollte eben nicht sein heute.
Die letzten 3 Bilder noch vom Tage zuvor. So schnell kann sich das Blatt wenden!