Unbekümmertes Angeln, wo bist du hin?

  • Schultasche in die Ecke und ab gings zum Löschweiher unserer Dorfeigenen Feuerwehr um Schleien, Karpfen und Barschen nachzustellen. Alles was wir dazu brauchten, war ein stück Schnur mit einem Schwimmer und einem Haken, Mais und Mistwürmer. Doch eines Tages kam der große Augenblick. Meine erste eigene Angel, pünktlich zu meinem 10. Geburtstag!


    Von nun an war ich nicht mehr vom Wasser wegzubekommen. Wir fingen Schleien in Weihern die der Stadt gehören, in Weihern die von Angelvereinen gepachtet wurden und natürlich in unserem Dorfeigenen Löschweiher. Wir hatten keinen Angelschein und keinen Erlaubnisschein. Jeder der uns "erwischte" hatte ein lächeln auf den Lippen und drückte beide Augen zu.


    Auch über die Angelmethode hat sich niemand Gedanken gemacht! Wir kannten nur eine und dachten es gibt auch keine andere! Warum sollten wir uns auch Gedanken machen, diese Methode hat einfach immer funktioniert! Ganz einfach! Hauptschnur, Stopper, Schwimmer, Wirbel, Blei, Haken, Mais oder Wurm! Das wars! Wir fingen Weisfische, Barsche, Karpfen und Schleien!


    Aber warum erzähle ich euch diese ganze Geschichte? Ich glaube, heutzutage gibt es wenige Möglichkeiten, dieses "Lausbubenhafte" Angeln so auszuleben, wie wir es früher tun konnten. Gerade diese Art zu angeln, war die schönste der Welt! Vielleicht hört es sich für euch an, als wäre ich mittlerweile Rentner und war vor 50 Jahren mal Jung. Um das gleich vorab klarzustellen, ich bin 23 Jahre alt.


    Bei "schwarzfischen" verstehen heute viele Gewässerbesitzer keinen Spaß mehr. Umbekümmert angeln, Fehlanzeige. Eltern werden angezeigt und den Kindern ihr heiß geliebtes Angelgerät beschlagnahmt. Andere Zeiten? Vielleicht! Für mich ist es ein Unterschied, ob ein paar 10-Jährige Lausbuben am Wasser sitzen und gerade ihre unbekümmertsen Angeltage ihres Lebens verbringen oder ob ein 30-Jähriger mit 10 Ruten schwarz angelt um möglichst viele Fische zu catchen. Anscheinend gibt es dafür keinen Platz mehr in unserer Gesellschaft.


    Früher war Angeln so einfach. Heute ist es meiner Meinung nach an Komplexität fast nicht mehr zu überbieten. Ich hab früher Angelzeitschriften geliebt! Ich hab sie gesammelt und mich Stundenlang damit beschäftigen können. Leider macht es mir heute nicht mehr so viel Spaß! Mir kommt es so vor, als ob zu jeder Ausgabe einer Angelzeitschrift zeitgleich eine neue Angelart erfunden wird. Ich denke oft an die Zeiten zurück, in der wir nur eine Schnur mit Schwimmer und Haken in der Hand hielten, und es funktionierte.


    Ehrlich gesagt, hab ich keine Ahnung was Twitch Angeln genau ist, wie das Drop Shot Angeln funktioniert und was genau die Texas Carolina Methode darstellen soll. Ich könnte hier (leider) noch viel viel mehr aufzählen. Zum Glück gibt es für "moderen" und "klassische" Methoden jeweils eine extra Rubrik. Nur leider gibts für mich damit nur noch halb so viel zu lesen als vor 10 Jahren. Alles wird immer spezieller und spezieller. Früher hatte ich 1 Rute, mit der konntest du alles fangen, heute ist das ein no-go. Da wirst du als Hartz 4 Angler betitelt, wenn du keine Schubkarre voll mit Ausrüstung ans Wasser bringst und nicht deine Drop Shot Ruten auspackst. Das schlimme ist natürlich auch, du brauchst für jede neue Angelmethode natürlich immer die dazugehörige Ausrüstung! Da stellt sich für mich die Frage, ist die neue Methode wirklich fängig oder nur gut für die Kasse der Gerätehersteller?


    Versteht mich bitte nicht falsch, ich bin aufgeschlossen für neues, nur es geht mir manchmal viel zu schnell mit den neuen Methoden! Klassisch funtkioniert auch! Es erinnert mich vielleicht auch mehr an die gute alte "Lausbubenfischerei", die schönste Angelart auf dieser Welt! In diesem Sinne, Petri Heil!

  • Hallo Brachsenfischer,


    ich habe ähnlich angefangen wie du. Die Schule war aus und man ist mit dem besten Freund an den nächsten Fluss und hat nicht mehr wie seine Schnurr und seinen Haken gehabt. Es war unbeschwertes fischen, das will ich nicht abstreiten. Doch ich wusste auch nicht wie ich mit einem Fisch richtig umgehe, was ich mit diesem Lebewesen genau machen soll wenn ich es gefangen habe. Daher verstehe ich die konsequenz mit der das momentane Gesetz durchgesetzt wird.
    Was man nun genau mit einem 8 Jährigen macht den man erwischt ist wohl eine Frage die jeder für sich selbst beantworten muss.
    Doch es geht auch anders, man kann auch im jungen Alter anderen Fischern zu schauen, von ihnen lernen und erwischt man einen netten lässt dieser einen sicher auch mal die Rute halten.
    Spätestens mit dem zehnten Geburtstag hatte es sich bei mir dann eh erledigt, endlich den Jugenfischereischein! Selber Angeln und das ohne Angst haben zu müssen erwischt zu werden.


    Ich beobachte natürlich auch die Entwicklung in der Angelwelt und auch ich frage mich oft was zur Hölle soll das den sein. Doch probiert man es aus, beschäftigt man sich damit stellt man meist sehr sicher fest. "Hey, das klappt ja prima." Ich war immer skeptisch was das DropShot-System angeht doch dies änderte sich 2008 beim Forum Treffen am Edersee. Ich habe mit das bisschen Zubehör gekauft und damit gefischt. Es war ein tolles und den Umständen erfolgreiches fischen. Ich denke das keine Methode, die nicht Potenzial hat, in einer Fachzeitschrift vorgestellt wird. Dann liegt es aber an jedem selber zu Entscheiden ob diese Methode für einen persönlich etwas ist. Möchte ich es probieren? Ist es für meine Gewässer sinnvoll? Will ich mich damit beschäftigen. Niemand wird gezwungen so etwas aus zu probieren. Ich persönlich erweitere gerne meinen Horizont, probiere immer gern wieder Neues.


    DOch um mal eines auch klar zu stellen. Ich fische heute noch mit Montagen die nur aus Stoper, Schwimmer, Wirbel, Blei und Haken bestehen. Und ja es funktioniert immer noch! Ich fange immer noch Karpfen damit. Wenn auch nicht merh so viele, was allerdings am Fliegenfischervirus liegt welches 95% meiner Angeltage in Anspruch nimmt.


    Was man aber auch bedenken sollte, will ich in einer Angelzeitschrift lesen wie ich eine Montage anbringe die wie oben genannt sehr einfach ist? Die ich seit 15 Jahren erfolgreich fische? Nein ich will das nicht lesen. Wenn ich mir eine Fachzeitschrift kaufe, möchte ich Neues erfahren. Ich will von Gewässern hören die ich nicht kenne, ich will von Methoden lesen die andere Sportsfreude fischen und damit ihren Fangerfolg haben. Und ja, ich möchte auch über aktuelle Entwicklungen der Gerätehändler informiert werden, den auch ich komme sicher wieder in die Gelegenheit wo neues Gerät her muss.


    Ich diesem Sinne, Fortschritt ist nicht nur negativ zu sehen.


    Petri Heil
    Dennis

  • Vielen Dank für deinen Beitrag! Wirklich interessant die Sache von einer anderen Seite zu betrachten. Natürlich ist Fortschritt nix negatives! Ich probier auch gerne neue Methoden aus! Ich möchte in einer Fachzeitschrift natürlich auch über die ein oder anderen Kniffe und Tipps informiert werden. Ich vermisse nur manchmal diese Anglerischen Geschichten vom "einfachen Angeln".


    Nur manchmal fühl ich mich von diesen ganzen neuen Methoden so erschlagen und ich hab wirklich den Eindruck, das wir Angler vielleicht etwas an der Nase herum geführt werden. Gerade auf dem Spinnfischermarkt gibts unzählige neue Methoden, die bestimmt auch gut funktionieren. Aber es bleibt natürlich jedem selbst überlassen, das ein oder andere auszuprobieren. Glaub das ist ein sehr weitreichendes Thema, über das es viele verschiedene Meinungen gibt :-). Jeder hat eben eine andere Sichtweise. Vielleicht vermute ich immer gleich schlechtes, weil wir in einer Konsumgesellschaft leben und eben immer nur kaufen kaufen kaufen sollen. Ich glaub ich werde das in Zukunft ein wenig offener betrachten ;-)

  • Hallo Brachsenfischer,


    ich weiß was du meinst, ab und an muss ich auch einen Artikel zweimal lesen bis ich überhaupt verstanden habe was sie nun da genau machen. Gerade weil auch leider in der "Anglerwelt" engliche Begriffe immer mehr einzug halten.


    Nun ob wir an der Nase herum geführt werden ist eine gute Frage. Jede Methode hat sicher eine existenz Berechtigung solange sie fängig ist. Es liegt wohl an uns selber zu entscheiden was man für sich braucht. Wenn etwas nicht zu mir, meinem Gewässer passt werde ich mich nicht weiter damit beschäftigen. Genau das selbe ist es wenn ich ne neue Rute bräuchte um irgend etwas aus zu probieren. Dann liegen meine Prioritäten auch anders und ich geb das Geld lieber fürs Fliegenfischen aus.


    Doch die Entwicklung ist sicher nicht schlecht, alleine wenn ich die Entwicklung bei Blanks beobachte war diese doch vor zehn Jahren noch oft wirkliche Knüppel und ich würde meine ultra leichte Spinnrute mit tollem Rückrat nicht mehr missen wollen. Natürlich merk ich persönlich auch die Entwicklung beim Fliegenfischen sehr, ist da ein guter Blank doch schon sehr sehr wichtig da man ja die ganze Zeit damit arbeitet. Wogegen ich meine Karpfenruten nun schon eine Weile fische und sie nicht ersetzen würde, da ich einfach auswerfe und dann die Rute oft Stunden nicht mehr in der Hand habe.


    Was ich damit sagen will, es gehören immer Zwei dazu. Einer der sich an der Nase herum führen lässt und einer der führt. Und genau um zu Entscheiden ob ich mich auf etwas neues einlassen will, finde ich Fachzeitschriften hilfreich.


    In diesem Sinne, lasst uns das wichtige nicht vergessen. Das Erlebnis Natur und die spannenden Momente wenn man die Fische sieht oder den Adrenalinkick wenn man plötlich Wiederstand an der Rute hat.


    Grüße und Petri Heil


    Dennis

  • Brachsenfischer, du sprichst mir aus der Seele. Mir geht es genauso.


    Gegen die immer strengere Reglementierung kannst du wohl nicht viel machen (ausser Auswandern :D ), aber aus der eskalierenden Komplexitaetsspirale kannst du ja zum Glueck einfach aussteigen.


    Ich habe selber so angefangen, wie du und habe mich dann eine zeitlang im 'modernen" Angeln verirrt. Nun gehe ich wieder fischen mit einer Angel, einer Zange, einem Taschenmesser und soviel Geraet/Koeder wie in die Hosentaschen passt.


    Dafuer muss man sich nur entscheiden. Jeder wie er will.



    Gruss, Hogy

  • Du kannst den status quo beklagen, mitmachen, oder dich ganz einfach am A...bend besuchen lassen und einfach so fischen, wie DU es für richtig hältst.


    Wenn ich an den Fluss gehe, dann wohl mit einer deutlich feineren Ausrüstung, als vor Jahren. Aber die Methode und meine Freude an der simplen Sache ist die gleiche geblieben. Wer zwingt mich denn, einer Mode nachzurennen, wenn es ausreicht, nur etwas Blei, den Haken und einen Köder an der Schnur zu befestigen?


    Ach und so ganz und gar unbekümmert war es in der "schwarzen" Bubenzeit auch wieder nicht. Schließlich lief man auch da Gefahr, entdeckt zu werden. Angezeigt wurde man nicht. Dafür fing man sich bisweilen ordentliche Watsch'n ein und die waren auch nicht ohne! ;)

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