Neudeutsch oder Fachchinesisch?

  • Hallo Leute,


    Ich hätte da mal eine (für mich) interessante Frage an Euch:


    Was haltet Ihr von den Anglizismen, die in unserem Hobby Einzug gehalten haben - und vor allem: sind diese in dieser Häufung wirklich nötig?



    Unser liebster Zeitvertreib (natürlich meinte ich das ANGELN!) wird immer schwieriger.


    Gehst Du zum Pirschangeln, beissen die Fische nicht (wenn, dann nur zufällig) denn Du mußt es mit "stalking" versuchen


    Wanderst Du wie eh und jeh mit einer leichten Grundbleimontage am Fliessgewässer entlang und klopfst den Gewässergrung somit weiträumig ab klappt das so scheinbar nicht mehr - denn die Erfolgsmethode heist jetzt "trotting"


    Wenn Du Karpfengerät kaufen willst, brauchst Du ein englisches Wörterbuch um klar zu deffinieren was Du eigentlich benötigst
    RodPod, Buzzerbar, Sounderbox, etc., etc.



    Wir können uns doch eigentlich glücklich schätzen, dass die Anglernation, die uns als Vorreiter beibringt wie man Fische fängt, die Engländer sind.
    Deren Sprache ist den meisten doch mehr oder minder geläufig und wird doch auch sehr gerne bei uns angewandt um etwas banales als höchst wichtiges Ereignis erscheinen zu lassen.


    (Ich erinnere mich an meine Jugend, wie wir uns köstlich amüsierten und über die Österreicher mokiert haben wenn ein Fußballspiel auf ORF übertragen wurde und der Sprecher sich freute wenn seine Mannschaft ein Goal geschossen hat, der gegnerische Linksaussen eine Corner getreten hat und diese im Off gelandet ist)


    Man stelle sich vor, die führende Anglernation wäre China.
    Dann glaube ich, hätten wir aber ein Problem!
    Um unser Hobby ausüben zu können müßte zuerst ein Kurs in einer Volkshochschule belegt werden, damit wir verbal beschreiben können, was wir eigentlich bereits seit Jahrzehnten erfolgreich in der Praxis ausüben.


    Ich bin gespannt auf Eure Meinung zu diesem Thema!



    Grüße aus München,
    Peter

  • Naja, die fachbegriffe sind mir selbst gar nicht mal so geläufig, vorallem bei den techniken verstehe ich oftmals nur Bahnhof.
    Wenn man diese "modernisierung von begriffen " mal genauer beobachtet, so merkt man doch mittlerweile, dass nix mehr so ist, wie es früher war.
    So wird das treffen und rumhängen mit freunden jetzt als ChillOut bezeichnet.
    Das rumfahren mit dem Auto als Cruisen usw.


    Die Zeit hat und wird einen immer stärkeren Einfluss von Englischen Wörtern in die Deutsche Sprache bringen. Man könnte jetzt ne ewig lange liste mit wörtern machen, die wir aus dem englischen genommen bzw. die wir variiert haben.


    Was das Angeln betrifft, so finde ich, dass die egnlischen begriffe einfach eine Vereinfachung sind. Wörter wie Trolling, Trotting etc. kürzen das ganze einfach wunderbar ab.

    4Millionen Menschen in Deutschland können nicht richtig "Googlen".


    Schreib dich nicht ab, lern "Googlen" und posten ;)

  • Ist doch gut, wenn man gelegentliche geistige Ergüsse in Worte fasst und niederschreibt. Bitte nicht sooo ganz ernst nehmen. ;)


    Ein moderner Karpfenangler nennt sich nicht so. Er ist ein Carper, oder noch besser, ein Carp Hunter. Er geht auch nicht nur ganz banal zum Fischen. Er veranstaltet Sessions.
    Überhaupt verbrämt er sein Tun mit allerlei Anglizismen, hauptsächlich um sich vom gemeinen Volk der Posenkieker und Wurmbader zu unterscheiden.


    Das schaut dann ungefähr so aus.
    Zu Hause hat er mit seiner Boiliegun und seinem Rollingtable geflavourte High Protein Boilies hergestellt. Diese Selfmades sind den Readys natürlich haushoch überlegen, da er sie nach den neuesten Erkenntnissen seiner Specimen Hunting Group gemischt hat. Wer jetzt glaubt, dass der Hunter nun zum Fischen geht, der irrt!
    Jetzt wird der Hot Spot vorbereitet und die schönen, für teures Geld gemachten Boilies fliegen ins Wasser.


    Am Tage der Session selbst gleicht der Carper einem total überladenen Sherpa. Bepackt mit Carryall, Quiver, Rods, Rod Pod, Bivy, Carp Bed, Unhooking Mat, Bait Canteen, Soundern, Landing Net, Weight Sling, Carp Sack und sonstigen Bergen von Tackle müht er sich ans Wasser, um dort das perfekt Carp Camp zu installieren. Gelegentlich schaut das aus, als wollte der gute Mann dort sesshaft werden. So können ohne weiteres einigen Stunden ins Land gehen, bis alles seinen Platz gefunden hat und eine weitere Ladung Futter per Bait Rocket, Boilie Catty, oder Cobra Feeding Tube gen Horizont verbracht ist. Zu guter Letzt werden tatsächlich die Ruten ausgeworfen, selbstverständlich bestückt mit den ausgeklügeltsten Rigs, an denen optimal mit Dips geboostete Baits baumeln. Perfektionisten schicken ihre hochkomplizierten Montagen gar mit ferngesteuerten Bait Boats auf die Reise. Nur so lässt sich „Karl der Große“ millimetergenau befischen! Die Plätze liegen natürlich mindesten einhundert Meter entfernt. Neueste Studien der Carp Society haben nämlich ergeben, dass Big Carps niemals näher am Hunter stehen.
    Endlich kehrt Ruhe ein im Camp. Die Rods ruhen auf dem Pod, die Baitrunner sind auf „Run“ geschaltet, die Swinger in Position. Jede Form des bisherigen Aktionismus ist urplötzlich verflogen. Lange Stunden, ja Tage des ereignislosen Wartens können folgen und oft genug tun sie das auch. Der Carphunter weiß diese Zeit komfortabel zu verbringen. Geschützt vor den Unbilden der grausamen Natur hält er ein Nickerchen auf seinem Carp Bed im wohlig warmen Carp Dome. Einen Biss versäumt er dabei aber nicht. Seine Sounder sind mit der Sounderbox verbunden. Antiquierte machen das mit einem Kabel, wer aber en vogue sein möchte vertraut auf die Errungenschaften der Funktechnik. So gerüstet kann man den Drill gut aufnehmen, vorausgesetzt der Reißverschluss des Four Seasons Sleepingbag verklemmt sich nicht und man legt sich beim Sprint zur Rod nicht in der Dunkelheit auf das Antlitz. Nach dem Niederringen von „Karl dem Großen“, womöglich vom Schlauchboot der Marke „Green Duck“ aus, wird der Fisch nicht etwa schnöde gekeschert. Nein, diese Aufgabe erledigt das Landing Net. Jetzt zeigt sich die wahre Passion der Specimen Carp Hunter. Mit äußerster Sorgfalt wird Karl auf eine butterweiche und angefeuchtete Unhooking Mat gebettet, vom scharfen Boiliehook befreit, die Einstichstelle mit Klinic desinfiziert, das Gewicht in einer Weight Sling genauestens ermittelt, sowie sämtliche Maße akribisch ermittelt. Lassen die äußeren Umstände keine sofortige fotographische Dokumentation zu, wird Karl in einem seidenweichen Carp Sack im Uferwasser zwischengelagert, auch damit er sich von den erlittenen Strapazen erholen kann, aber nur so lange, wie man es unbedingt für nötig hält. Danach wird er mindestens genauso liebevoll und unter der gelegentlichen Selbsteinbringung in das Gewässer released.


    Und Schneidertage kennt der Hunter nicht. Er hat Blanks.


    Das ist ein Auszug aus einer etwas längeren und bitterböse zynischen Abhandlung. Gedacht und geschrieben habe ich sie, um einen befreundeten Extremcarper damit zum Geburtstag zu beglücken.


    Ach ja, nebenbei oute ich mich ja auch immer wieder als Anglophiler. Das bin ich aus Gewohnheit und Faulheit. Wenn man bevorzugt die englischen Methoden fischt kommt das beinahe automatisch. Ausdrücke, wie Feeder, oder Tungsten Putty gehen einem halt leichter von den Lippen, b.z.w. Fingern beim Schreiben. Futterkorb geht ja noch, aber knetbare Bleiersatzpaste auf Wolframbasis ist dann schon ein bisschen eigenartig.

    Angler neigen sehr stark dazu, dort mit Lösungen aufzuwarten, wo gar keine Probleme bestehen.

    Einmal editiert, zuletzt von andal ()

  • @ Andal
    Spassfaktor: 100% :lol:



    Genau eben das ist es, was ich mit meiner Frage anstoßen wollte!


    Die Tätigkeit die Andal oben so köstlich beschrieben hat nennt sich an und für sich schlicht Karpfenangeln.


    Wenn ich es "a session by carphunting" benenne wird dann daraus eventuell eine edlere Tätigkeit? Eigentlich nicht.


    Oder soll es sich einfach wichtiger anhören und das Hobby aufwerten?
    Das kann es auch nicht sein denn es spricht die Kunst, Fische zu fangen, für sich selbst genug.


    Dass es in manchen Dingen eine Verkürzung der Begriffe erlaubt ist schon zum Teil richtig -
    aber haben wir etwa beim Angeln keine Zeit mehr, dass wir uns mit unseren Gesprächspartnern und Kollegen unterhalten können?
    Wir könnten ja alternativ nur noch in Kürzeln kommunizieren - das würde noch mehr Zeit sparen.
    Das ist aber scheinbar ebenfalls nicht der Beweggrund .....


    Und dass wir unsere eigenen, vor Jahrzehnten geprägten Begriffe nicht gerne verwenden weil ......


    ..... ja warum denn eigentlich nicht?


    Ich bin gespannt auif Eure Antworten!!!


    Grüße aus München,
    Peter

  • Zitat von munich-taxler

    Und - hast Du auch eine Meinung zum eigentlichen Thema?


    Na klar habe ich da auch ne Meinung dazu, aber mir ist neu das man jetzt genötigt wird auf jedes Thema zu Antworten. ;)


    Ich halte gar nichts von der Verenglischung die immer weiter Einzug hält. Vielleicht bin ich da etwas Altmodisch, aber ich Versuche den Kescher immer noch Kescher zu nennen, und möglichst viele dieser "Trendi" Worte zu Umgehen bzw. die alten beizubehalten. Da mir das Fischen durch meine Großmutter beigebracht wurde, bin ich sehr durch sie Geprägt worden. Und die kannte solche Neumodischen Umschreibungen nicht.
    Außerdem finde ich es einfach Peinlich für ein Land langsam aber sicher die Sprache von den USA zu Übernehmen, das hat was von wir haben kein Selbstwertgefühl. So sehe ich die Sache. :!:

  • Die Sprache ist halt ein sehr dynamisches Dingens. Je kleiner die Welt wird und das tut sie mit dem Internet immer schneller, desto mehr werden wir uns an diese Mischungen der einzelnen Sprachen gewöhnen müssen. Schön ist das sicher nicht, wenn man sieht, wie damit auch der Ausdruck leidet.


    Sprachforscher gehen davon aus, das in ca. 200 Jahren weltweit ohnehin nur noch ein englischartiges Kauderwelsch gesprochen wird. Eigenständige Sprachen sind dann nur noch in Bibliotheken zu finden. Keine schöne Aussicht.


    Ich habe mir vor einiger Zeit mal den Spaß gegönnt und mir ein neues Handy zu leisten. Die sehr bemühte Fachverkäuferin schüttete mich mit handyspezifischen und natürlich denglischen Ausdrücken zu. Also forderte ich sie auf, die Beratung entweder auf deutsch, oder aber auf englisch fortzusetzen, beide Sprachen beherrsche ich fließend. Nur solle sie mich bitte vor diesem Kauderwelsch verschonen. Sie entschied sich dann für deutsch. Ich hätte mir beinahe ins Beinkleid genäßt. Am Schluß tat sie mir richtig leid, wie sie um passende Worte rang.


    Die Moral von der Geschicht', ohne denglish geht es nicht. :D
    Wir werden uns schon daran gewöhnen. Wohl dem, der mehrsprachig ist.

  • Zitat von Deckert

    Vielleicht bin ich da etwas Altmodisch, aber ich Versuche den Kescher immer noch Kescher zu nennen, und möglichst viele dieser "Trendi" Worte zu Umgehen bzw. die alten beizubehalten.


    Ich will jetzt hier nicht den Korinthenkacker machen, aber ich halte es für möglich, dass es sich auch beim Kescher oder Käscher um ein eingedeutsches englisches Wort, abgeleitet von to catch, handelt. Beweisen kann ich es leider nicht. "Richtig" deutsch wäre dann Fangnetz!
    Nix für ungut! :D

    Fischer mit Segelbooten glauben leichter an Gott als Fischer mit Motorbooten. (Bertrand Russell)


    Ich hab höchstens ein Ruderboot!

  • Ich finde die Übertragung von Fachwörtern aus dem englischen ins Deutsche durchaus gerechtfertigt , wenn sie aus einem Fachkomplex stammen der aus einem englischsprachigen Land kommt. Das Karpfenangel kommt ja soviel ich weiß in seiner heutigen Form usprünglich aus Großbritannien . Gegen die Einbringung von Anglizismen in die deutsche Umgangssprache habe ich dagegen etwas , wenn es gleichbedeutende Wörter schon vorhanden sind z.B. goal statt Tor .


    Die absoluten Gegner der Anglizismen vergessen aber oft zu erwähnen , dass es auch massenhaft deutsche Wörter im englischen gibt und auch immer wieder neue dazu kommen . Hier ist nur ein kleiner Teil :


    Kindergarten,Lederhosen, Krug, Stein, Bier, Bretzel, Haxen, Würstle, Kraut, Pickelhaube, Blitzkrieg, Marsch, Sturzkampfbomber, Achtung, Panzer, Bundesrepublik, Kanzler, deutsche Mark , Volksfest, Bratwurst, Ersatz, Fräulein, Gemütlichkeit, Gneis, Kaffeeklatsch, Kindergarten, Kitsch, Leberwurst, Leitmotiv, Ostpolitik, Sauerkraut, Schwaermerei, Schweinehund, Weltanschauung, Weltschmerz, Wunderkind, Zeitgeist, Zink, Wolfram, Walzer, Schnitzel, Walküre, hungrig, Hunne ,apple strudel, beer stube, sitz bath . Das sind alle die mir jetzt eingefallen sind es gibt aber noch viel mehr .


    Schlimmer als andere Anglizismen im deutschen finde ich pseudoenglische Wörter wie Handy , Wellness .Oder die Benutzung von kid .


    Auch mache ich darauf aufmerksam , dass es die sogenannte Sprachbereicherung schon immer gab aber nur im Moment aus dem englischen . Vorher z.B. aus dem lateinischem ( Mittelalter) und dem französischem ( 18 Jht. ) .



    Cu

  • Dieses Wort ist sowohl im Deutschen wie im Englischen in seiner Bedeutung etwas schillernd. Möglicherweise hat es eine gemeinsame germanische Wurzel:
    1. drehen, bohren (a drill = Drillbohrer)
    2. einüben, exerzieren (drilling ground = Exerzierplatz)
    3. in gerade Furchen säen (das engl. Subst. drill kann auch Sämaschine bedeuten)


    Vom Anglerischen Wort Drill schweigen die allgemeinsprachlichen Wörterbücher. Möglicherweise wurde das Wort in seiner 2. Bedeutung in eine Art Insidersprache der Angler übernommen - wie ja auch die Jäger eine Insidersprache pflegen (z.B. heißt "Anschweißen" für einen Jäger etwas ganz anderes als für einen SChlosser).


    Generell:
    Ich liebe die englische Sprache und beherrsche sie nach wie vor ziemlich gut. Das liegt aber gerade daran, dass ich meine deutsche Muttersprache in der Schule zu beherrschen gelernt habe.
    Und darum: eine Inflation von Lehnwörtern wird schließlich dazu führen, dass man weder seine Muttersprache noch die Fremdsprache mehr richtig beherrscht.


    Grotius: "Kescher" kommt meines Wissens aus dem Französischen:
    cache = Falle, Stellnetz; cacher = fangen.
    (leider kriege ich hier keinen accent circonflexe rein...)

  • Zitat von reverend


    Grotius: "Kescher" kommt meines Wissens aus dem Französischen:
    cache = Falle, Stellnetz; cacher = fangen.
    (leider kriege ich hier keinen accent circonflexe rein...)


    Da sieht man mal wieder, wohin einseitig humanistische Bildung führen kann. :shock:
    Deutsch ist es jedenfalls nicht.

    Fischer mit Segelbooten glauben leichter an Gott als Fischer mit Motorbooten. (Bertrand Russell)


    Ich hab höchstens ein Ruderboot!

  • @ bass:


    Ich finde es sogar sehr angemessen, dass das Forum bestimmte Wörter von Haus aus unterbindet. Damit kann man sich einen Haufen Ärger sparen, denn wer kann schon wissen, wer sich so alles in einem Forum tummeln wird.

Jetzt mitmachen!

Sie haben noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registrieren Sie sich kostenlos und nehmen Sie an unserer Community teil!