Fische mit Geschichte

  • Hecht, Karpfen und Forellen sind in aller Munde. Aber wir haben auch noch Arten, die wirklich interessante Geschichten erzählen können. Diese Arten waren einmal echte Massenfische, die in Mengen auftraten, wie man es sich heute nur noch schwerlich vorstellen kann. Vor allem die Verbauung unserer Ströme und Flüsse, die Verschmutzung ihrer Laichbetten durch den Eintrag feinster Sedimente und nicht zu Letzt der Druck durch Fraßfeinde, vorneweg der Kormoran haben sie an den Rand des Verschwindens gebracht.


    Man muss sich nur einmal vorstellen, dass es noch in den Zwanzigerjahren des vergangen Jahrhunderts Äschenbestände in Europa gegeben hat, die zu regelmäßigen Netzzügen zwangen. Hans Gebetsroither, ein Wegbegleiter der Fliegenfischer Legende Charles Ritz beschreibt, wie man immer wieder mit Zugnetzen Hungerformen der Äsche aus den Uferbereichen der Gmundner Traun entfernen musste, um eine Verbuttung dieses wundervollen Fisches zu verhindern. Heute schätzen sich die Bewirtschafter glücklich, wenn überhaupt noch eine Äsche überlebt hat. Sicher gibt es noch Flüsse mit nennenswerten Beständen, aber sie werden immer weniger.


    Oder die Nase. Sie gedieh in den süddeutschen Flüssen beinahe besser, als das Kraut. Leider ist dieser Weißfisch auch ein Wanderfisch, der durchgängige Fließgewässer und unverbaute Nebenbäche mit sauberem Substrat zu seiner Reproduktion benötigt. Heute gibt es im Landkreis Rosenheim gerade noch einen Bach, sinnigerweise Nasenbach genannt, wo man in Bayern noch das einmalige Schauspiel der Wanderung und der Hochzeit der Nasen beobachten kann. Weniger unvorstellbar ist, dass dieses Gewässer in der Saison bald besser bewacht wird, als ein Staatsschatz. Die Nase schaffte es dereinst aber auch zu königlich-bayrischer Gunsterweisung. Weil das Königshaus wünschte, dass auch das einfache Volk auf dem Volksfeste auf der Theresienwiese, haute als Oktoberfest bekannt, zu einer einfachen und billigen Speise kam, erfand man den Steckerlfisch. Nasen gab es in rauen Mengen in den Flüssen rund um München und so schaffte es die Nase, auch kulinarische Würden zu erlangen. Mittlerweile sucht man diesen Weißfisch bei den Fischbratereien vergeblich.


    Atlantische Lachse und Störe gab es auch einmal in unglaublichen Massen in unseren Strömen. So zahlreich, dass sich angeblich Dienstboten und Handwerker weigerten, dass man ihnen öfter als dreimal in der Woche diese Fische auftischte und sie sollen es sich sogar in Arbeitsverträgen und Dienstbüchern bestätigt haben lassen. Es wurde aber niemals ein solches Dokument nachgewiesen. Was damals die Köche nicht erledigten, schaffte dann aber um so gründlicher die Industrie mit ihren Abwässern und die Flussverbauung. Es wird zwar sehr kostenintensiv an der Wiedereinbürgerung gearbeitet, aber es ist doch mehr ein Herumdoktern an den Symptomen, als wirklich eine Beseitigung der Ursachen.


    Leider kann man diese Aufzählung beinahe endlos verlängern, auch wenn man zu den weniger bekannten Arten keine Geschichte erzählen kann. Karauschen, Huchen, Streber, Schrätzer, Zingel, Alsen, Maifische, Gangfische, Perlfische, Bachneunaugen, Bitterlinge... wer hat die in heutiger Zeit je gesehen?


    Hoffen wir, dass ein klein wenig Umdenken stattfindet und erkannt wird, dass Natur- und Umweltschutz eben nicht an der Wasseroberfläche endet!

  • Es wird immer pro und contra Industrialisierung und Umweltschutz geben.
    Deutschland ist bzgl. Naturschutz eine der Vorreiternationen in der Welt.


    Ich möchte bei all dem was jetzt hier noch an Argumenten für den Umweltschutz kommt allerdings erwähnen, dass ich nicht in einer Lehmhütte bei Kerzenschein am Abend sitzen, meiner Frau wäschewaschend im Fluß zuschauen , mit dem Fahrrad 50km zur Arbeit fahren oder mit einer Bambusrute zum Wasser kommen möchte.


    Karauschen gibt es bei uns so massenhaft und verbuttet, dass gezielt Raubfische besetzt werden, um das Problem zu beherrschen.

  • Es gibt "Dokumente", die belegen, wie der Lachs beispielsweise mit dreizack im Rhein erlegt worden ist, mit Ausabu der Chemie war dann der Fluss biologisch so gut wie tot. Mittlerweile haben sich sämtliche Bestände drin erholt, der Lachs zieht auch wieder. Gelegentlich wird er trotz kosteintensiver Treppen leider geschreddert, aber er zieht. Und zwar so gut, dass er illegal genau darin wieder bejagt wird.
    Meine letzte Karausche habe ich 2012 im Teich meiner Ma in Südengland gefangen (barbless hooked), sie wird vermutlich wieder gewachsen sein.
    Zumindest in NRW sind meines Wissens nach Fischbratereien nicht so populär; vielleicht sind die aufgzählten Fischarten nicht nur nicht mehr vorhanden, vielleicht haben sich auch die Essgewohnheiten verändert.
    Ich habe zudem den Eindruck, dass in den letzten Jahren die Qualität der Gewässer sehr positiv verbessert worden ist. Besser geht meistens, aber die Kosten für Fischtreppen beispielsweise, die auch mit EU-Mitteln gefördert wurden, sind erheblich.
    Ein gutes Beispiel für die Pflege der Gewässer wird am 13/14.04.13 am Möhnesee vorgestellt, da öffnet der Ruhrverband die Pforten und Fischmeister Kühlmann zeigt, wie Hechtbestand (Seeforellen und Maränen) kultiviert wird.

  • Es hat definitiv ein Umdenken stattgefunden. Es gibt mittlerweile ja bereits sehr positive Beispiele dafür, dass der Wert eines intakten Ökosystems erkannt wurde und dann wiederrum für touritische Zwecke genutz wird. Beispiel Fyn: Man hat die Meerforellenfischerei dort extrem verbessert -- und zwar nachhaltig, indem die Gewässer der Insel renaturiert wurden (zum Teil dur EU fördergelder) und der Mefobestand durch Zucht- und Besatzmaßnamen verbessert worden ist. Jetzt kommen Touristen aus ganz Europa oder gar von Übersee zum Mefofischen nach Fyn und zwar im Frühjahr und Herbst, dann wenn sonst nur wenig Touristen kommen. Well done.
    Wir könnten uns davon - meiner Meinung nach -- in Deutschland noch einiges Abgucken. Statt die Angler aus dem Rest der Republik für ihren Urlaub an unsere Gewässer im Norden zu locken, verlangen Mc-Pomm und S-H. jetzt extra Fischereiabgabe für Fischereischeininhaber aus anderen Bundesländern. Das falsche Signal, wie ich finde.

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