Wettangeln Kanada gegen USA, Praerieangeln

  • 21.7. - 28.7.2018, Leech Lake, MN


    Hier mal eine ganz andere Geschichte. Wir hatten dieses Jahr 2 Wochen Sommerurlaub bei unseren Freunden in Minnesota, US verbracht. Ich hatte dort in den 90gern viele schoene Erlebnisse am und um die vielen, vielen Seen und Fluesse. Es war hoechste Zeit dort mal wieder aufzutauchen. Natuerlich hatten wir eine heftige Portion Angelzeug im Fluggepaeck – Geraet fuer Hecht, Zander und Barsch das ich schon viele Jahre nicht mehr benutzt hatte aber gut verwahrt hatte. Meine Jungs Ricardo und Alex freuten sich auch auf diese fuer sie neue Angelei die fast ausschliesslich aus Spinnfischen bestand. Jeder von ihnen wollte einen Hecht fangen, wenn moeglich natuerlich einen Meterhecht und mehr! Auch auf Zander waren sie gespannt, gibt es diese bis auf einige kleine Ecken ganz im Osten BC hier nicht. Im Vorfeld dieses Trips kramte ich natuerlich meine Fotosammlung aus den 90gern heraus und ich zeigte meinen Jungs stolz meine grossen Faenge in Minnesotas Gewaessern. Auch Opas Krokodil-Hecht vom Leech Lake kam zum Vorschein. Wir waren alle aufgeregt und gespannt. Fuer mich persoenlich, ich wollte mal einen Musky-Hecht fangen, einen dieser wunderschoen getigerten oder gepunkteten Riesenhechte, die es in einigen Seen und Fluessen Minnesota gab.


    Ich buchte uns und meinen Freunden eine Woche im Oak Point Resort am beruehmten Leech Lake im noerdlichen Minnesota. Ich hatte dort vor vielen Jahren herrliche Tage auf und am Wasser verbracht. Wir bezogen eine ordentliche Huette und unsere Freunde parkten ihren Campinganhaenger im Resort. Wir hatten 2 fantastische Mietboote fuer die Woche: ich nahm das 18 Fuss Lund mit 60PS und Front-Minnkota Elektromotor. Nur das Echolot an meinem Boot war etwas duerftig und hatte keinen Kartenplotter. Ryan, mein Freund, uebernahm das 16,2 Fuss Lund mit 40 PS und einem neuesten Echolot-GPS Geraet, dafuer hatte er keinen E-Motor. Ryan ist nur Gelegenheitsangler und war fuer die weibliche Belegschaft zustaendig, die meist nur 2-3 Stunden am Schilfrand Posenangeln wollten. Ich nahm die ernsthaften Angler, meine beiden Soehne (15 und 13) und Ryan’s Sohn Andy (10) mit auf mein Boot und wir machten lange und ausgiebige Touren.


    Leech Lake ist ein typischer Minnesota See, Teil der riesigen Grundmoraenenlandschaft zwischen den grossen Seen und den Rocky Mountains. Minnesota ist der State of the 10,000 Lakes und das zaehlt wohl nur die groesseren Seen. Auf der 4 stuendigen Fahrt von Minneapolis zum Leech Lake kamen wir im Minutentakt an herrlichen Seen und Weilern vorbei, alle voll mit Hechten und Barschen. Auch liegt im noerdlichen Minnesota die Quelle des Mississippi. Der kommt dort als Baechlein aus einem grossen See heraus und formt auf seinen naechsten Stromkilometern eine Kette unzaehliger durchflossener Seen – aehnlich den Havelseen um Berlin und Potsdam. Leech Lake, direkt nebenan und durch den Leech Lake River mit dem Mississippi verbunden, ist ein sehr grosser See, allerdings in viele Arme und Buchten zergliedert was ihn nicht so sehr windanfaellig macht. Er hat viele ausgepraegte Krautzonen in denen vorallem die Hechte und Muskies hervorragenden Lebensraum finden. Diese Krautfelder und Zonen sind allerdings alle sehr flach. Trotz seiner riesigen Flaeche ist der Leech Lake im Schnitt wohl nur 2-3m tief. Vor dem suedlichen Ufer, um den Ort Walker herum sind jedoch auch tiefe Loecher bis zu 50m Tiefe. In der Vergangenheit hatte ich viel Fangerfolg mit in die Krautfelder geworfenen Spinnern. Dafuer gab es in der nordoestlichsten Bucht herrliche Stellen. Das Oak Point Resort war in der westlichsten Bucht, die noch flacher und krautiger war. Schien eigentlich perfekt.


    Ein weiterer Aspekt spornte besonders meine beiden Jungs zum Fangerfolg an, ihre Freunde Alec und Owen waren zur selben Zeit mit ihrer Familie zu einem gleichen Urlaub in Saskachewan, CAN, aufgebrochen. Auch sie verbrachten dort einige Tage an einem grossen See bei Freunden und wollten angeln. Mal sehen ob Kanada oder USA Hechte, Zander und Barsche groesser waren! Ohne Wettkampf geht bei den Teenagern nichts!


    Wir bekamen erzaehlt, dass wir gerade eine 2 woechige Hitzewelle im mittleren Westen der US verpasst hatten. Es war wohl 2 Wochen um die 40 Grad gewesen. Wir waren froh, dass das Wetter bei unserem Seeaufenthalt sehr angenehm dagegen war; ca. 25-28 Grad und immer eine Brise Wind. Fuer den Fischfang war das allerdings nicht so ideal. Wir mussten bald feststellen, dass die flachen Krautzonen von der vorherigen Hitzewelle so aufgeheizt waren, dass die Fische wohl unter Sauerstoffmangel litten und recht lethargisch waren. Wir fanden das gleich am ersten Angeltag heraus an dem wir Krautfeld nach Krautfeld mit unseren Spinnkoedern bombardierten und kaum etwas vorzeigen konnten. An einem Schilfguertel hakte ich endlich einen schoenen Schwarzbarsch, ca. 45cm und 4 Pfund. Der hatte klasse gekaempft und einen ca. 1m hohen Sprung vor dem Kescher hingelegt. Er hatte nur knapp gehangen – Glueck gehabt!


    An einem anderen Krautfeld hatte ich einen harten Anfasser der aber nicht haengenblieb. Wir bearbeiteten die Stelle weiter und Andy hatte einen Hechtnachlaeufer bis an’s Boot. Ich rief ihm zu den Spinner im Wasser zu lassen und neben dem Boot entlang zu ziehen. Tatsaechtlich sah ich den ca. 60-70 cm Hecht den Spinner kurz anschnappen aber Andy spuerte nichts und schlug nicht an. Als ich ihm zurief, hatte der Hecht den Koeder schon wieder ausgespukt. Damn!


    Wir muehten uns die naechten Tage ab was brauchbares ins Boot zu bringen. Wir wollten wenigstens mal eine Fischmahlzeit fuer uns alle haben. Die Frauen und Maedchen mit Ryan hatten bei der Posenangelei mehr Glueck und fingen viele Flussbarsche und Sonnenbarsche die sie allerdings alle wieder freiliessen. Es bliess nun tagsueber immer recht kraeftig Wind und wenn sich auch keine grossen Wellen aufbauten durch die Zergliederung des Leech Lakes, machte der Wind die Positionierung des Bootes zum Werfen sehr schwierig. Der E-Motor am Bug half dabei sehr gut, ansonsten waere eine vernuenftige Angelei so gar nicht moeglich gewesen. Wir verlegten unsere Angellei so mehr in die Morgen- und Abendstunden wenn der Wind meist etwas abliess und die Fische sowieso ihre aktivste Phase hatten. Tagsueber machten wir dann lieber ein paar Landausfluege oder schleppten die Kinder mit Reifen hinter dem Boot oder badeten im warmen See. Die Lodge hatte auch eine grosse Gemeinschaftshalle in der eine Tischtennisplatte, ein Kicker und viele andere Spiele, Puzzle, Buecher und ein TV mit vielen DVDs waren. Da konnte man locker fuer einige Tage bei Regen oder Schietwetter genuegend Unterhaltung finden.


    Am zweiten Abend fuhr ich mit den Jungs ins tiefere Wasser vor Walker. Mein Kalkuel war, wenn das flache Wasser zu warm war, zogen sicher einige Fische in die tieferen Bereiche und die Raeuber mussten dort aktiver sein. In 15 Minuten erreichten wir ca. 5-10 m Wasser. Wir schleppten dort kurz vor Sonnenuntergang grosse Wobbler. Go Big or Go Home war das Motto und ich montierten einen 20 cm Rapala im Barschdekor und einen 8 cm gelben Rapala auf der anderen Seite. Beide natuerlich mit Stahlvorfach – ich kannte die Leech Lake Hechte als aggressiv und es war nicht ungewoehnlich gewesen, wenn die Hechte Wobbler und Spinner voll verschluckt hatten. Und diesmal hatten wir eine magische halbe Stunde: Andy, der auf diesem Trip das erste Mal angelte, rief ploetzlich Fisch On! Seine Rute war krumm und Schnur lief von der Rolle. Alex coachte ihn toll waehrend Ricardo die andere Rute herausholte. Der Fisch nahm noch mal hier und da einen Rutsch Schnur ab und kam dann ans Boot. Ich erwartete einen guten Hecht, war aber freudig ueberrascht als ein praechtiger Zander auftauchte. Ricardo sackte ihn im Kescher ein bevor Andy noch irgendeinen Fehler machen konnte. Was fuer ein Brocken! Amerikanische Zander sind nahe verwandt mit dem europaeischen Zander, werden allerdings nicht ganz so gross. Ein Zander ueber 60 cm und 5 Pfund gilt da als gross. Auch ist die amerikanische Version mehr golden gefaerbt. Aber die Amis sind verrueckt auf Zander und lieben ihn auf dem Teller. Ein 10 Pfund Zander bekommt dort ein Vielfaches an Aufmerksamkeit im Vergleich zu einem vieleicht 30 Pfund Hecht.


    Andy war sehr stolz auf seinen Fang – 73 cm - und wir mit ihm. Der ging mit und sollte uns gut schmecken! Im Resort wurde er mit dem Fisch schnell beruehmt und es stand ein ganzes Gratulationskommittee beim Schlachttisch spaeter! Wenige Minuten nach dem Zander war Alexanders Rute am kleinen Wobbler krumm. Auch der nahm etwas Schnur. Alex brachte einen mittleren Hecht ans Boot – auch so knapp ueber 70 cm schaetzte ich. Ich gab Andy den Kescher und dachte er wuerde das schon machen. Aber er hob den Kescher nicht an als der Hecht halb drin war und so kam es wie es immer wieder kommt, ein loser Drilling verhakte sich im Netz und riss den Wobbler aus dem Hechtmaul und der Hecht machte eine Rolle rueckwaerts und war wieder weg. Verdutzt sahen wir uns an – Andy entschuldigte sich mehrfach aber Alex nahm es sportlich – auch wenn ich wusste, dass er seinen ersten Hecht gerne mal gehalten haette. Wir haetten ihn ja eh wieder freigelassen, meinte ich. “Und wir kriegen schon noch mehr und groessere”, war meine feste Ueberzeugung.


    Naja, im Nachhinein muss ich sagen war das eine Fehleinschaetzung. Wir fingen zwar noch einen ganze Anzahl Hechte, auch Alex, aber keine groesseren mehr. Frueh zum Sonnenaufgang konnten wir immer 2-3 Hechte aus den Krautfeldern herauskitzeln. Einmal hatte ich einen schweren Anfasser auf einen 20 cm Hechtimitatwobbler. Ich sah den grossen Schwall kurz nach dem Hit aber er blieb nicht haengen. Das war ein grosser gewesen. Am letzten Tag war der Wind ruhig genug und ich fuhr mit den Jungs in die oestliche Bucht, die ich von frueher her kannte. Gute 40 Minuten Vollgas! Und dort rappelte es auch. Wir fingen um die 10 Hechte, auch Andy landete mindestens 2, allerdings nichts ueber 60 oder 65 cm. Viele Flussbarsche blieben auch haengen, aber auch hier eher die Kinderstube. Wir hatten trotzdem viel Spass, alle paar Minuten hing was dran!


    Unterdessen hatten uns unsere Freunde in Kanada ihre Erfolgsbilder geschickt. Wow, die hatten 2 Tage Grosshechtalarm. Sie landeten 4 Hechte ueber einen Meter! Da mussten wir uns eindeutig geschlagen geben! Wir konnten allerdings in der Zander und Barschkategorie einen leichten Vorteil verbuchen. Aber insgesamt muss man schon eingestehen, Kanada klar vor USA diesmal! Aber Leech Lake, wir kommen wieder – wir haben noch eine Rechnung mit Deinen Grosshechten offen und ich ein Date mit der grossen Muskydame!
    Ein Erlebnis will ich noch schildern weil es mich pesoenlich beschaeftigt. Aus der oestlichen Bucht fliesst der Leech Lake River bei Federal Dam heraus. Ein idyllisches Gebiet denn der ca. 10 m breite Fluss zog sich maeandernd und traege fliessend durch die Wiesen und Waelder. Der Fluss hatte sehr krautige Ufer und war das Zuhause von vielen Hechten, wie ich aus frueheren Touren wussten. Ich bin damals ein paar Mal mit dem Kanu den Fluss befahren und hatte herrliche Momente erlebt. Einer beschaeftigt mich heute noch. Wir waren jungen Maenner als Ryan und ich im Kanu an eine alte Holzbruecke am Fluss kamen. Wir landeten und ich schaute von der Bruecke in den Fluss. Da stand der groesste Hecht, den ich bis damals je gesehen hatte; direkt hinter den hoelzernen Brueckpfeilern. Der war 1,2 m lang, mindestens. Aufgeregt holte ich meine Angelrute und versucht den Hecht von der Bruecke zum Anbiss zu reizen. Aber was ich ihm auch vor das riessige Maul hielt, interessierte ihn nicht. Launische veraergert zog er irgendwann ab- unter die dunkle Bruecke. Meine Knie hatten geschlottert – ich konnte es nicht fassen, dass der nicht beissen wollte. Ich fing ein-zwei andere ordentliche Hechte von der Bruecke - um die 80-90 cm - aber dieser Riesenhecht blieb unfangbar fuer mich!


    Etwa 25 Jahre lebte ich nun schon mit dieser Geschichte und diesem unerfuellten Traum von diesem Brueckenhecht. Ich hatte inzwischen andere Meterhechte gefangen aber dieser Kerl bleib in meinem Gedaechtnis eingebrannt. Nun, auf unserem Heimweg vom Leech Lake nach Minneapolis dieses Jahr wollte ich einen kleinen Umweg in Kauf nehmen um meinen Jungs diese Bruecke, von der sie ihr ganzes Leben schon gehoert haben, zu zeigen – falls sie ueberhaupt noch da war. Aber das Leben hier am Rande der Wildnis geht noch etwas langsamer und simpler vonstatten und die Veraenderungen sind klein und langsam. Und so fand ich die Bruecke vor wie frueher. Der Fluss so lieblich und unberuehrt wie frueher und als wir von der Bruecke herunterschauten – noch etwas war wie frueher: da lag hinter dem selben Brueckenpfeiler ein Riesenhecht – wie frueher! Und was fuer ein Brocken! Wir rieben uns die Augen – der hatte unglaubliche Ausmasse! Ricardo bettelte ob er das Angelzeug nochmal herauskramen duerfte. Ich konnte seine Aufregung sooo gut verstehen. Er montierte den groessten Blinker den wir hatten und liess ihn direkt neben dem Hechtmaul herab. Mal ganz davon abgesehen, dass die Chancen enorm gering waren so einen Riesenhecht zwischen hoelzernen Brueckenpfeilern und anderen Hindernissen im Wasser und ohne guten Zugang zum Ufer ueberhaupt erfolgreich landen zu koennen, Ricardo wollte ihn erstmal nur haken und dann weitersehen. Er sah sich schon auf Knien diesen vielleicht 40-50 Pfund Hecht kaum halten koennen und die mageren Meterhechte seiner Freunde in Kanada wie Koederfische dagegen aussehen zu lassen! Der Hecht hier war noch groesser als der den ich vor 25 Jahren hier gesehen hatte. Er war nicht nur 1,3-1,4 m lang aber als Ricardo den Blinker fast auf seinen Kopf schmiss drehte er langsam zur Seite und zeigte uns seine Tiefe – der hatte einen Meter Leibumfang! Wahnsinn! Aber auch er blieb unfangbar, egal was Ricardo auch als Koeder an seinem Unterstand vorbeitreiben liess.


    Alexander versuchte es auch noch – ich konnte die Rute nicht anfassen – ich war einfach nur fasziniert von dem Tier und dem Dejavu. Mutter mahnte schon zum Aufbruch und Alexander machte mit dem Blinker noch ein paar Wuerfe am krautigen Ufer entlang – von der Bruecke. Ploetzlich schoss ein schoener Hecht darauf, ein harter Ruck aber der Fisch hing nicht. Alex liess den Blinker in der Stroemung taumeln und der Hecht kam zurueck und schaute sich den Blinker genau an. Wir konnten das sehr gut von der Bruecke mit den Polbrillen beobachten. Der Hecht folgte dem langsam eingezogenen Blinker und attakierte ihn ein – zweimal ohne den Haken ins Maul zu kriegen. Alex kribbelte es in den Haenden – es war ein getigerter Musky – wir konnten die schoene roetliche Zeichnung deutlich unter uns sehen. Jetzt hatte er den Blinker wieder im Maul und Alex hieb an – weg. Nun hatte der Hecht genug und verschwand im Kraut. Unglaeubich schauten wir uns alle an – der war vielleicht 80-90 cm lang gewesen und waere unser aller erster Musky gewesen.


    “Nun, meine Jungs”, sagte ich zu beiden, “jetzt werdet ihr fuer die naechsten 25 Jahre eine Geschichte in eurem Gedaechtnis haben, die euch nicht mehr verlaesst! Viel Spass!”. In Gedanken versunken, packten die Jungs zusammen und blieben wortlos fuer die naechte Stunde im Auto. Ich sah Ricardo hin und wieder seine Hand verkrampfen wie um einen Rutengriff gewickelt und lautlose Woerter murmeln. “Ich kann Euch so gut verstehen, Jungs!” Aber die Erinnerung wird eine schoene wenn auch unvollendete bleiben!

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