Deutschland, ein anglerisches Entwicklungsland?

  • Moin Alle zusammen,


    ich hab mich letztens mit einem Kumpel darüber unterhalten, dass wenn es um Innovationen im Bereich des Angelsportes der letzten Jahre geht, Deutschland nicht wirklich weit oben steht. Zugegeben meine Aussage betrifft hauptsächlich den Bereich, in dem ich am meisten unterwegs bin und die meiste Expertise besitze; sprich Raubfischangeln, vor allem das Spinnfischen, Fliegenfischen und Elektronik für auf und am Wasser und vielleicht gab es neue Innovationen im Bereich das Karpfenangelns oder Stippfischens aus Deutschland, die ich nicht mitbekommen habe.


    Nichts desto trotz fällt immer wieder auf, dass neue Techniken, Köder, Montagen, Produkte hauptsächlich im Ausland erfunden und bekannt werden. Nach Deutschland kommen sie dann meist erst ein paar Monate oder Jahre später.
    Wenn ich da zum Beispiel an das Hechtfischen denke, kamen die meisten Innovationen aus dem skandinavischen Raum. Allen voran Schweden, Finnland und Dänemark. Auch von der Muskyfischerei in den USA oder Kanada wurden Techniken und Köder dem europäischem Pendant Esox Lucius angepasst und haben sich hier etabliert.
    Für Barsch und Zander sind viele der Techniken und Köder aus dem asiatischen, allen voran dem japanischen Raum und/oder aus den USA. Ursprünglich zwar gedacht für Bass und Walleye aber für "unsere" stacheligen Freunde mindestens genauso effektiv.


    Das Fliegenfischen ist was Produkte, Gerät und Techniken angeht in amerikanischer, britischer und skandinavischer Hand. Einzelne spezielle Techniken für das Wettkampffischen kamen dann aus dem östlichen Raum Europas oder aus Frankreich.


    Mich würde mich mal interessieren, was ihr zu dem Thema sagt. Seht ihr das ganze ähnlich? Oder seid ihr komplett anderer Meinung?
    Und woran glaubt ihr könnte das liegen, falls ihr ähnlicher Meinung seid?

  • Vielleicht liegt es auch daran dass ein guter Angler mit alten Equipment genauso gut fangen kann wie mit den ganzen "neumodischen Kram?" ;)


    Für mich wirklich tauglich war die Dänische Erfindung des Silkekrogens auf Horni - Aussteiger zu 99% nicht möglich.


    Ein Carolina oder Texas-Rip z.B. ist für mich keine echte Revolution, ähnliches hat man sich vor langer Zeit schon einmal selbst ertüftelt.


    Kurze Rede - langer Sinn:
    Viele sog. Innovationen oder "Wunderwaffen" die neu erfunden auf den Markt kommen sind für mich auch nur dafür gedacht um Kohle zu machen.


    Selbst mal was verrücktes basteln was der Logik folgend tauglich erscheint, austesten und fertig.

  • Ach ja.............wenn ich mal einfach Fisch fangen will, nehm ich einen Mepps und gut ist {ß*# ..........kenne ihn seit 55Jahren und der hat immer gefangen.........und das ohne jegliche Inovationen..........


    Ich hab eher den Eindruck, das alles was durch das WEB gejagt wird, den Fischen völlig egal ist.....nur wir Angler werden immer neugierig ;)


    Wenn es eine Inovation gegeben hat war es der Siegeszug der Geflechtschnüre und damit verbunden die gesamte Gummifischangelei und natürlich als logische Konsequenz, mußten auch Ruten und Rollen angepasst werden............also eher weiterentwickelt...... ;)


    gruß degl

  • Klar sind neue Techniken auch für das Vermarkten gedacht aber wenn man immer so denkt "Hat früher funktioniert, funktioniert immer noch. Alles andere ist neumodischer Kram und nur zum Geld machen." Wird es nie Neuerungen geben. Und das nicht nur auf's Angeln bezogen. Die Erde dreht sich weiter, Zeiten ändern sich, es gibt mehr Angler, mehr Druck und häufig schwindene Bestände. Wenn man jetzt 40 Jahre nur mit dem Profi-Blinker angeln will (deren Erfinder übrigens mittlerweile völlig abgedreht ist :-S ), kann man das ja machen muss sich dann aber nicht wundern wenn der Rest der "Angelwelt" einen abhängt. Die verschiedene Systeme, Rigs und Köder sind defintiv keine Allzeit-Immer-Fangmaschinen, aber sie sind zusätzliche Mittel, die richtig eingesetzt, einem dann Erfolg bringen, wenn der Standardköder versagt. Habe schon oft genug mit modernen Methoden Fisch um Fisch beim Barsch oder Hechtangeln gefangen während das Nachbarboot mit Mepps, Effzett und Co. komplett leer ausging. An anderen Tagen ist vielleicht der normale Gummi dem Texas Rig wieder überlegen, aber wenn ich mich diesen Techniken komplett verweigere laufe ich Gefahr durch Unflexibilität meinen Erfolg einzuschränken.
    Wenn du einem europäischen Wettkampffliegenfischer z.B. erzählen willst, dass dieses Czech Nymphing nur "Neumodischer Schnickschnack" ist und man mit der guten alte March Brown genauso gut fängt, wirst du von ihm nur ein müdes Lächeln mit belustigtem Kopfschütteln bekommen. Genauso belustigt wird der Skandinavische Profi reagieren wenn du ihm weismachen willst, dass man mit dem guten alten Köfi am Grund mindestens genauso gut XXL Zander fangen würde wie mit seinem "pelagic sharpshooting".
    Meiner Meinung nach muss man defintiv nicht jedem neuen Köder oder jeder neuen Technik sofort hinterher rennen aber es komplett sein zulassen Neuerungen aus der Welt des Angelns aufzunehmen, halte ich persönlich für zu rückständig.

  • Moin,
    ich kann beide Seiten verstehen und sehe Deutschland eher als Land der "Bewahrer" an. Ich zähle mich selbst auch dazu. Probiere zwar auch gern Neues aus (allerdings eher bezogen auf das Forellenangeln als das Angeln auf Hecht & Co.), bewahre mir aber auch Altbewährtes und schmeiße nicht alles komplett um weil eine Methode/ ein Köder besonders gehypt wird.


    Altbewährtes schlägt so manches Mal jede neue Technik. So habe ich beim Zanderangeln im Kanal immer noch gute Fische auf Köfi am Grund gefangen während die Gummi-Fraktion wenige Wochen nach Saisonstart schon über nachlassende Fänge geklagt hat. Beim Hechtangeln an der mecklenburgischen Seenplatte fängt der DAM Effzett Executor Glockenspinner in Gold verlässlich seine Fische und so manches Mal auch den Größten des Tages während mein Sohn und Norman nur Gummi angeln. Manche Tage wollen sie fast nur Gummi, manche Tage läuft der Spinner dem Gummi weg, am Ende gleicht sich alles aus. Man sollte sein Angeln (Gerät, Technik, Köder) immer der Situation anpassen.


    Allerdings schlägt auch "Neues" so manches mal Altbewährtes. Am Forellensee sind leichte Spoons und vor Allem Gummis, an der UL angeboten, in der Regel deutlich fängiger als das Powerbait am Grund oder die Bienenmade an der fetten Wasserkugel mit 40er Schnur und Bambusstock :D


    Ich denke, man sollte immer offen für Neues sein ohne die alten Methoden zu vernachlässigen. Der Mix macht´s. Und der Händler wird das anbieten,was am Meisten nachgefragt wird. Ich würde uns daher tackle-technisch nicht als Entwicklungsland bezeichnen, wir haben nur gesunde deutsche Skepsis vor Allem Neuen (wat de Buur nich kennt...) :lol: :lol: :lol: Entwicklungsland sind wir meiner Meinung nur in puncto nachhaltige Gewässerbewirtschaftung sowie Catch and Release.

  • Die ursprüngliche Frage war ja, warum solche neuen Techniken nicht hier entwickelt werden. Ich vermute da auch, dass es an der fehlenden Wettkampfkultur liegt. Der Antrieb "ich muss mehr fangen, als der Andere" dürfte stärker sein, als das reine "ich muss mehr fangen".

  • Genau so sehe ich das auch!
    Von wem kommen denn die Entwicklungen? Von Profis die damit ihr Geld verdienen!
    Und die gibt es hier evtl. im Bereich Guiding, aber ob man davon alleine leben kann...?
    Hier gibt es keine Wettkämpfe etc., also woher sollen die Entwicklungen denn kommen?
    Und außerdem scheint der deutsche Angle auch immernoch tief in sich das ichweißwaswasdunichtweißt-Denken zu haben.
    Wissen wird eher selten freiwillig geteilt und da man hierzulande mit einer Innovation auch nicht wirklich Geld verdienen kann, ist imho auch kein Anreiz da sich`nen riesen Kopf zu machen!

  • Zitat von Gruni


    Und außerdem scheint der deutsche Angle auch immernoch tief in sich das ichweißwaswasdunichtweißt-Denken zu haben.
    Wissen wird eher selten freiwillig geteilt


    Oh ja. Der Vater eines Freundes aus meiner Kindheit war Angler. Wenn der sein Anfutter gemischt hat, durften wir auf keinen Fall zugucken :roll:

  • Also ich geh da nicht mit, das in Deutschland nun garnix "Neues" entwickelt wird und hier nur auf die "Profs" aus Übersee gewartet wird.......Nein, bei unserem Tackler wird derzeit viel von den kleinen und "inovativen Anbietern" gekauft.....Aber, wieviele "Tacklebuden" aus Deutschland(ausser die kl.Neuen) gibts denn noch.....KEINE einzige......alles in Händen der Asiaten..............und selbst die "Inovativen" müssen sich der "Produktion" in Fernost bedienen, damit sie überhaupt Wettbewerbsfähig sein können...........
    Ich weis nicht wie man Marktzugang erhalten kann.........aber wenn es leicht wäre, würden sich hier auch mehr "Entwickler" tummeln...... ;)


    Und nicht jede "Neuigkeit" ist abzulehnen....im Gegenteil....nur erzähle mir keiner das heute die Karpfen keine Kartoffeln mehr mögen sondern nur mit bunten "Lollipops" zu fangen wären............


    gruß degl

  • Mit ein Grund neben den nicht vorhandenen Turnieren und damit verbundenen Möglichkeiten Geld zu verdienen, mag auch sein das Angeln in Deutschland immernochn belächeltes Hobby ist und ich gefühlt mehr Zeit damit verbringen muss mich rechtzufertigen warum ich elender Lump die armen Fische jage...und wenn ich ne gute Idee hätte...wie ohne Hintergrund entwickeln und vermarkten?
    Und wenn ich die Entwicklung der letzten Wahlen und den Sprung einer gewissen farbigen Partei sehe...mal abwarten...wir haben leider keine Lobby und daher ist auch kein Focus/Geld da um einer guten Idee mal ne Chance zu geben...die großen Marktführer hier brauchen doch eh nur auf die Entwicklungen aus dem Ausland zu warten.

    Zitat von Argail

    ....die Bienenmade an der fetten Wasserkugel ....


    Wer hat beim Treffen nochmal wie die einzige Tigerforelle gefangen? 8)

  • Zitat von Gruni

    Mit ein Grund neben den nicht vorhandenen Turnieren und damit verbundenen Möglichkeiten Geld zu verdienen, mag auch sein das Angeln in Deutschland immernochn belächeltes Hobby ist und ich gefühlt mehr Zeit damit verbringen muss mich rechtzufertigen warum ich elender Lump die armen Fische jage...und wenn ich ne gute Idee hätte...wie ohne Hintergrund entwickeln und vermarkten?
    (...)...wir haben leider keine Lobby und daher ist auch kein Focus/Geld da um einer guten Idee mal ne Chance zu geben...die großen Marktführer hier brauchen doch eh nur auf die Entwicklungen aus dem Ausland zu warten.


    So sieht es leider aus!


    Ich kenne es aus Skandinavien wo Angeln wirklich ein Volkssport ist und sich die Angler wirklich Gedanken dazu machen etwas zu "optimieren." Hier in D ist der Angler in Sichtweise diverser Leute ein Hobbykiller - man sieht den Sinn als Verwerter nicht und daher ist die Lobby wohl eher negativ.


    Hier in Germany wird der Tradition folgend meistens noch Oldschool geangelt - aber auch das funktioniert immer noch Bestens.
    Ich bin immer offen für einige Neuerungen - sehe aber oft keinen echten Sinn darin. Es gibt Ausnahmen wie z.B. Anti-Tangle - sehr gut und hilfreich gegen verheddern - trotzdem funktioniert das klassische Laufblei weiterhin. Beim Brandungsangeln wird gerne ein Einhänger mit Hakenclip verwendet um noch ein paar Meter rauszuholen - wozu wenn man den richtigen Standort bei optimalen Bedingungen gefunden hat?


    Wenn man an bestimmten Gewässern aktiv ist und - mehr oder weniger - weiß wo der Zielfisch steht kann man mit alten Montagen und den üblichen, bekannten Ködern (...fast) immer etwas fangen. Ich habe vor etwa 20. Jahren im Schweriner See mit einem Bekannten (hat da ein Boot) das erste mal mit Fischfinder geangelt, einen Barsch nach den Anderen - wie langweilig. Zwei Tage später habe ich ihm gesagt "lass die Scheiße mal aus!" Haben auch gefangen, war aber viel spannender. ;)


    Man muss nicht jeden Hype mitgehen, das klassische Fischen funktioniert nach wie vor, garantiert.

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