Ein sehr guter Freund meines Sohnes, ich nenne ihn aus Datenschutz mal Horst, sprach mich vor einiger Zeit an. Du Gerd,sagte er, Du gehst doch angeln. Ich würde auch gerne mal angeln gehen, würdeste mich mal mitnehmen ? Natürlich sagte ich ihm zu. Der Plan war der, dass ich mit ihm an einem schönen Tag an einen Altrheinarm gehe, Plötzen, Brassen und vielleicht ein Barsch oder Rapfen sollten die Zielfische sein. Immer wieder musste ich ihn vertrösten, da die Monate November, Dezember sowie Januar, Februar und März bekanntermaßen nicht so die Monate zum Stippen sind. So sagte ich ihm, dass wir in den Osterferien angeln gehen werden. Die erste Woche der Ferien konnte ich leider keinen Urlaub nehmen, aber für die zweite Woche war es mir möglich. Also mal das Wetter gecheckt, Frost und Wasser von oben in verschiedenen Formen , nicht gut Sollte ich da wirklich mit ihm angeln gehen, obwohl die Erfolgsaussichten sehr gering waren ? Also Planänderung, Ausflug an einen Forellensee war die Alternative.
Ich teilte Horst mit, dass ich ihn morgens um 6 Uhr abholen werde zum Angeln. Ich stellte die Ausrüstung zusammen, kurze Spinnruten habe ich ja zu Hauf, da war was passendes dabei zum Spoonfischen und auch etwas härteres für Gummis. Meine längste , forellentaugliche Rute ist 2,40 Meter lang, bei einer Wassertiefe von rund zwei Metern wird sich der Bursche bestimmt schwer tun , eine Posenmontage auszuwerfen, also was tun ?
Die Gerdsche Lösung lautet in dem Fall : Ab zum Dealer. Ein bissel gestöbert und was taugliches gefunden, nach 'harten' Verhandlungen bekam ich auch einen akzeptablen dreistelligen Preis für das Auslaufmodell.
Zu Hause angekommen und die Rute vormontieren wollen. Im Kopf stellte ich mir die Frage, aus welchen Gründen mir der Dealer nicht noch eine Rolle verkauft hat, also im Schrank gewühlt und was taugliches gefunden. Sollte ich aber tatsächlich die Schnur für 30 Euro runter schmeißen um ein Monofil aufzuspulen, Ersatzspule ist nämlich Fehlanzeige?
Was macht man nicht alles für die Jungs, also Schnurwechsel.
Somit war die Ausrüstung fertig, wir konnten starten.
Und zwar wie abgesprochen, Montag morgen um sechs Uhr stand ich bei Horst auf der Matte, erstaunlich ausgeschlafen war er für einen Teenager in den Ferien. Er warf seine Tasche mit Ersatzklamotten ins Auto und wir fuhren los. Allerdings konnte ich es mir nicht nehmen lassen, ihn etwas zu schocken und ich sagte zu ihm:
Horst, wir gehen nicht angeln
Der Schreck stand ihm ins Gesicht geschrieben. Nach einer kleinen künstlerischen Pause löste ich dann jedoch auf und ergänzte:
Wir gehen nicht angeln, sondern Fische fangen. Seine Nachfrage, was denn der Unterschied sei beantwortete ich, dass wir zwar Angeln benutzen werden, aber die Fische extra in den Teich verklappt werden und wir sie nur rausfangen müssen. Als ich dann den Vergleich zog, dass es ist, wie wenn man mit einer Waffe ins Wildtiergehege geht verstand er, es war ihm aber herzlich egal Er freute sich aufs Fische fangen.
Nach einer Stunde Fahrt kamen wir dann an der Anlage an und konnten direkt unseren Platz einnehmen, natürlich baute ich direkt das Tackle auf und Horst begann zu angeln.
Das Werfen klappte erstaunlich gut und bis auf drei kleine Tüddeleien konnte ich mich gut auf das Keschern und Versorgen der Fische konzentrieren, selbst angeln war erstmal nicht möglich, da Horst mich gut beschäftigte und einen Fisch nach dem anderen aus dem Teich zog.
Wohlgemerkt, es handelt sich nicht um einen Kiloteich, in dem die Forellen nach Gewicht bezahlt werden müssen !!! Irgendwann lies dann die Beißerei etwas nach und ich konnte auch mal die Rute schwingen. So konnte ich dann tatsächlich auch meinen ersten Fisch des Jahres fangen, welcher wie all die Jahre zuvor untermaßig war und zurück in sein Element durfte. Der Betreiber der Anlage hatte das Treiben natürlich mitbekommen und gesellte sich zu uns, sichtlich auch erfreut durch den Burschen, der Heidenspaß hatte. Er fragte uns, ob bei uns alles ok ist was ich mit einem Grinsen beantwortete und meinte, dass die Fische wohl gefüttert seien, weil sie so 'schlecht' beißen. Sowas bekommt Claudiu immer zu hören, wenn Leute an der Anlage angeln und nichts fangen. Da selbst der dreizehnjährige Teenager beim ersten Angelausflug erfolgreich ist, sollte diesen Leuten doch sehr zu denken geben.
Ich fragte Claudiu, ob er denn eine Wurst für uns hätte und er meinte, dass er uns welche warm macht. Pünktlich zum Highnoon um 12 Uhr konnten wir also eine Kleinigkeit essen.
Danach angelten wir noch ein wenig weiter und Horst konnte noch den ein oder anderen Fisch überlisten, bevor wir das Fische fangen einstellten und ich mich ans Schlachten der Fische machte.
Alles in allem hatten wir tatsächlich genau 50 Fische gefangen, Horst hatte tatsächlich auch einen Saibling und eine 'Lachs'forelle auf der Artenliste abhaken können - und das am ersten Angeltag seines Lebens.
Das frühe Aufstehen und ein ganzer Tag bei Aprilwetter, Sonne, Regen und sogar Schnee hatten den Burschen ganz schön gefordert und schon auf der Heimfahrt konnte ich beobachten, wie ihm hier und da die Augen zu gefallen sind. Als ich ihn wieder seinen Eltern übergeben hatte meinte ich noch zum Abschied zu ihm: Horst - beim nächtsen mal gehen wir dann Angeln und nicht nur Fische fangen. Er grinste mich an, bedankte sich für den schönen Tag und verschwand - vermutlich direkt ins Bett.
Auch ich fuhr nach Hause , schleppte mich unter die Dusche und setzte mich mit einem Bierchen zur Frau auf die Couch. Fazit des Tages war, dass Horst mich ganz schön hat rennen lassen, fix und fertig fielen mir auch immer wieder die Augen zu. Für den Schock, den ich ihm morgens verpasst habe, hat er sich übel gerächt Aber ich vermute, dass er auch weiterhin für unsere Passion zu begeistern ist.