Tag 2
Die Nacht ueber passierte nichts an den Ruten/Leinen. Ich war paar Mal aufgestanden und hatte die neue Eiskruste von den Loechern entfernt so das die Schnuere nicht einfroren. Die dem steifen Wind zugewandte Seite fror dabei viel schneller zu als die andere Hausseite. Wir lernten spaeter, dass man bei Schnee auf dem Eis den Schnee an die Eishuettenwaende aussen anschuettet um zu verhindern das der kalte Wind unter die Huette bliess und die Loecher schnell frieren liess. Aber hier hatten wir ja keinen Schnee; das Eis war blank.
Gegen 6:00 Uhr im Daemmerlicht hoerte ich ein Bimmeln. Ryan und ich sprangen gleichzeitig auf – wo war das hergekommen? Leider klangen alle Gloeckchen gleich und so musste man raten und fuehlen gehen wo die Action herkam. Aber hier sah ich gleich wie die eine Koederfischrute vor meinem Bett nach unten zog, Die Pose war noch unter dem Eis in Sichtweite. Ich riss die Rute hoch und schlug an. Widerstand! Ich kurbelte vorsichtig – jupp, irgendwas zappelte da rum. Ein schoener Barsch tauchte im Gruen auf und ich bugsierte ihn ins Loch und schwuppte ihn schnell raus. Klasse! 30 cm Barsch, der geht mit! An schlafen war jetzt nicht mehr zu denken. Ein Barsch kam selten allein. Waehrend ich die Jigrute bediente, checkte Ryan alle anderen Schnuere. Bei einer war der Koederfisch verschwunden. Und alle Loecher mussten neu enteist werden. Waehrend Ryan dann Fruehstueck bereitete, rappelte eine der Koederfischschnuere los aber bis Ryan dran war, war nichts mehr zu spueren. Ich zitterte meinen Jig weiter. Da, ein Ruck am Jig, ich riss hoch…nichts. Liess wieder runter, jiggte weiter, fuehlte dann irgendwie ein Festhalten, hieb an, und Fish On! Super Spass!
Wieder kam ein Barsch hoch; diesmal etwas kleiner, vielleicht 27-28 cm. Ging auch mit. Super bequehm war, dass man die gefangenen Fische nur abschlagen/abstechen musste und dann einfach vor die Tuer auf’s Eis werfen konnte. Heute bei Frost waren die innerhalb einer halben Stunde gefroren und haltbar gemacht. Beim Rausgehen merkte man heute den Wetterwechsel. Der Weg zum Klo war eisig durch den kalten, steifen Wind und super glatt weil all das gestrige Regenwasser auf dem Eis schon uebernacht voll durchgefroren war. Damit war die Eisdecke jetzt schon weit ueber 60 cm dick. Aber auch sauglatt zum Belaufen. Ich waere gerne mal bisschen weiter spazieren gegangen und haette mal bei den anderen Huetten, Anhaengern und Zeltsanglern nachgefragt wie es dort so laeuft und was geht und was nicht. Aber bei dem eisigen Sturmwetter wagten wir uns nicht weiter weg vom Haus.
Vormittags kam einer der Resortarbeiter vorbei und sah nach uns; fragte ob wir irgendetwas braeuchten. Er wechselte die Klotuete aus und gab uns noch paar Angeltipps. Er meinte, momentan wuerden die meisten Fische beim aktiven Jiggen gefangen. Konnnten wir bestaetigen. So 3-4 Fische waren pro Huette gestern gelandet worden. Same here. Er meinte, so ein grauer, bedeckter Tag wie heute wuerde vielleicht auch ein paar Bisse tagsueber bringen. Ansonsten sollten wir uns am Nachmittag/Abend wieder auf vermehrte Action einstellen. Ob wir mehr Koeder braeuchten? Nee, alles gut. Gut zu wissen, dass die sich hier gut um die Gaeste kuemmern.
Wir schauten uns ein paar alte Filmklamauken an und lachten und alberten tagsueber herum. Es schien wirklich nichts zu beissen. Ich machte aber sicher, dass immer frische und gutaussehende Koeder am Band waren und die Loecher eisfrei. Wir sassen gerade am Tisch und spielten Karten als ich ein lautes und wildes Klingeln hinter mir hoerte. Das war dasselbe Loch wie vom ersten Barsch heute morgen. Ich schaute mich um und sah die Rute schon gar nicht mehr – nur der Staender des Plastik-Rutenhalters war noch am Lochrand zu sehen. Ich flog regelrecht hin und wir hatten wirklich Glueck gehabt, dass sich der Rutenhalter am Lochrand verkeilt hatte und die Rute ziemlich fest im Rutenhalter sass sonst waere die Rute weggewesen! Die Rutenspitze war schon tief im Loch verschwunden und ich konnte die Minirolle aechzen hoeren. Wow, der nahm Schnur! Jetzt wurde es hektisch!
Ich fummelte die Rute plus Halter aus dem Loch und oeffnete etwas die Bremse. Ich fuehlte heftige Kopfstoesse. Das war kein Barsch oder kleiner Zander; entweder ein richtiger Zanderbrocken – oder und ich tippte darauf, ein Hecht. Wieder riss der Fisch ein paar Meter Schnur von der Rolle und zog mehr seitlich weg. Ich fuehlte wie die Schnur am unteren Lochrand rieb. “Mann, der wird uns die Schnur durchscheuern!” rief ich. Ryan versuchte mich zu beruhigen: “Nur mit der Ruhe…”. Ich gewann ein paar Kurbelumdrehungen bis es dann ploetzlich wieder in die andere Richtung abging. Ich steckte die Rute tief in das Loch und erreichte gerade so mit der Rutenspitze die untere Lochoeffnung. Damit konnte ich die Schnur von der Eiskante weghalten. Jetzt konnte ich den Fisch sich austoben lassen. Um einen grossen Fisch durch so ein Loch zubekommen, muss man den Fisch sicher eh gut ausdrillen. Ich dachte kurz den Rest der Montage durch. Die Rute hatten wir als Ruten-Rollen Kombo gekauft und die Schnur war etwas staerker als die auf meinen mitgebrachten Rollen. Ich schaetzte mal so auf 5kg Schnur, das sollte eigentlich halten fuer einen Hecht oder guten Zander. Es schien hier im Wasser weit und breit keine Hindernisse zu geben; so konnte ich ohne Probleme Schnur geben. Ich hatte vorsichtshalber an dieser Rute zwei Einzelhaken im Tandem angeknotet. Sozusagen mit Angsthaken. Daher nahm ich mal an der Fisch hing gut. Nur, wenn es Hecht war bestand jeden Augenblick die Gefahr das er die Monoschnur zerbiss. Wir angelten ohne Stahlvorfach; Hechte waren hier draussen selten, sagte man uns. Wenn das mal gut geht!
Die Rolle war furchtbar; billiges Zeug, hakelige Bremse; was kann man schon fuer $30-40 erwarten!? Aber wer konnte denn auch ahnen, dass wir einen wirklich ordentlichen Fisch hier drankriegen wuerden? Wir die Anfaenger! Aber ich bekam das hin und bald kriegte ich den Fisch heran. Dann kam der fantastische Moment als der Fisch das erste Mal unten am Loch dicht vorbeizog. Boaaaah! Ein schoener Hecht, vielleicht 70-75cm und fett kam er stattlich wie an einem U-Bootfenster vorbeigeschwommen. Ryan yahoote auf bei dieser Ansicht. Das Wasser schien den Eindruck noch zu vergroessern. Ich hatte gesehen, dass ein Haken im Maul sass aber der zweite sich aussen in der Haut ausserhalb des Maules noch verhakt hatte. Er hing dadurch wohl ziemlich fest fuer’s erste aber der Zug am Kopf kam etwas seitlich was das Einziehen des Fisches in den Eistunnel mit dem Kopf zuerst etwas erschwerte. Und natuerlich konnte die Monoschnur zwischen den zwei Einzelhaken jederzeit reissen da sie durch die Zaehne ging.
Bei der naechsten Lochbesichtigung des Hechtes machte ich Ernst und zog den Kopf hart in Richtung Loch. Und er kam mehr oder weniger willig hinein. Jetzt packte ich schnell die Schnur und zog schnell an um den Fisch mit Momentum und Schwung direkt aus dem Loch herauszuwuppen. Er kam und war schon fast ganz aus dem Loch als dann die volle Schwerkraft einsetzte und das Vorfach riss. Der Kopf war schon im Haus und ich griff blitzschnell hinter dem Kopf zu und hatten den Fisch – momentan denn jetzt begann er sich zu kruemmen und zu biegen und klemmte seinen Schwanz zwischen Eis und Unterkante Hausfussboden ein. Der schleimige Koerper entglitt meiner Hand aber ich liess mich schnell fallen und blockierte mit beiden Haenden das Loch. So konnte er nicht mehr ins Wasser fallen sondern landete auf dem Eis neben dem Loch, unter dem Haus. “Lieg Du ruhig da, dort kannst Du mir nicht mehr entkommen.”. Ryan schaute sich das ganze Schauspiel begeistert an. Ich griff nach dem Schwanz und wollte den Fisch zu mir herziehen aber halb dabei wiggelte er wieder herum und entglitt mir und wieselte sich noch weiter unter das Haus. “Ich krieg Dich ja doch!” dachte ich eben noch als wir einen Platsch hoerten. Waaaasssss? Ich steckte meinen Kopf durch das Bodenloch…. “Nein, das gibt’s doch nicht!?”. Ryan fragte was los waere aber ohne Antwort sprang ich auf, drehte mich um und riss einen zweiten Bodendeckel vor meinem Bett auf – darunter war eines der anderen 8 Loecher – nur ca. 1m von dem Hechtloch entfernt und der Hecht hatte sich genau dorthingewunden und war in das Loch gefallen und war wieder frei. Ich sah noch seine Silhouette beim Wegschwimmen. Ich raufte mir die Haare, verkrampfte die Haende, schaute zur Decke – das kann doch nicht wahr sein! Ich hatte ihn doch schon in der Hand! Ryan lachte laut los – eine tolle Story! “The big one always gets away!”. An das dichte Nachbarloch hatte ich einfach nicht gedacht. Ich dachte ich haette ihn sicher auf dem Eis solange ich das Fangloch zuhielt. Wow. Hier zeigte sich der Anfaengerstatus sehr deutlich. Nach ein paar Minuten konnte auch ich ueber mein Missgeschick lachen.
Ich haette ihn gerne mal fuer ein Foto hochgehalten, meinen bisher groessten Eisfisch. Und noch dazu einen Hecht den man hier angeblich nicht so haeufig faengt. Aber fuer unser Fish&Chips Essen waere das mit unseren schon 3 angesammelten Fischen eh zu viel gewesen und wahrscheinlich haetten wir ihn wieder freigelassen; aber eben nach dem Fotoshooting! Naja, coole Geschichte!
Das war aber tagsueber das einzige Leben an unseren Schnueren. Am spaeten Nachmittag jiggte ich wieder eifrig aber es blieb erstmal tot. Ryan fuhr los und holte am Ufer Andy und Lance ab. Lance hatte ich auch schon lange nicht mehr gesehen und mit ihm vor vielleicht 27 Jahren das letzte Mal geangelt. Jetzt kamen auch ein paar Wiedersehensbierchen auf den Tisch. Andy war erst 16 und damit noch 5 Jahre vom legalen Trinkalter in den USA entfernt. Aber ich hatte Ryan schon gewarnt, hier in der Huette herrschten deutsche Alkoholregeln und da durfte auch ein 16 Jaehriger mal ein Bier trinken. Ich jiggte aber trotzdem noch fleissig weiter und hatte noch 3 Bisse; einer hing sogar fuer eine Weile und ich dachte ich sah schon einen Schatten im Loch aber dann ging auch der wieder ab.