Es gibt Angeltage, an denen man sich wünscht, man wäre doch im Bett geblieben, im warmen, kuscheligen Bett. Ein Kopfkissen, eine Decke, vielleicht auch ein Sofa, weich und gemütlich zum Sitzen. Ein Fernseher im Vordergrund oder ein gutes Buch in der Linken, je nach belieben eine heiße Schokolade, einen warmen Tee oder einen gut gemachten Kaffee in der Rechten.
Einfach mal einen gemütlichen Sonntag alleine, mit der Freundin oder mit der Familie im trauten Heim verbringen. Vielleicht einen kleinen Spaziergang unternehmen und sich dann schnell wieder ins Warme begeben, um zu Kaffee & Kuchen einzuladen. Ja, so könnte ein windiger, regnerischer und kalter Sonntag im Frühjahr aussehen, perfekte Harmonie und Erholung pur von einer anstrengenden Woche.
„so könnte er aussehen...“
Meine Finger zitterten, Kälte suchte sich ihren Weg durch die dünne Regenjacke. Der Wind peitschte über den kleinen See, das Wasser hatte längst seine Ruhe verloren. Unregelmäßig fegten starke Windstürme über meinen Kopf hinweg, bildeten lange Furchen und Wirbel, die sich schnell ihren Weg durch das Wasser bahnten. Ein leichter Nieselregen setzte ein. Im starken Wind prasselten die kleinen Tropfen gegen meinen Regenschirm. Bäume krächzten im Sturm, schaukelten bedrohlich hin und her, jederzeit bereit umzufallen. Morsche Äste brachen ab, fielen mit einem lauten Platschen ins Wasser. Blesshühner suchten Schutz unter tief hängenden Bäumen und Sträuchern.
„Handschuhe wären jetzt nicht schlecht“, dachte ich laut vor mich hin. Mein Nachbar nickte zustimmend, die Hände in den Jackentaschen verkrochen, die Schultern bis zum Kopf hochgezogen. Ein Ast brach ab, verfehlte nur knapp meine linke Hechtangel, landete mit einem lauten Platscher im Wasser. Der Wind tobte erneut, wie eine Wildgewordene Büffelherde wütete er über dem Baggersee, ungezügelt und ungezähmt.
„Was hättest du jetzt gerne?“, schallte von rechts eine Frage in meine Ohren. „Weiß nicht...eine Badehose und ein paar Schnorchel hätten ihren Reiz“, ich antwortete und grinste.
„Gegenfrage: Warum sitzen wir bei orkanartigem Wind und Regen an einem See?“, „Gute Frage, glaube deine Mutter wollte Sonntags Hecht essen...“, „Wir könnten viele Rotaugen fangen, sie filetieren und mit Edding „Hechtfleisch“ darauf schreiben, denkst du sie würde es bemerken?“, „Ein Versuch wäre es Wert...“, wir grinsten.
„Wenigstens müssen wir uns heute um einen möglichen Hechtsprung keine Sorgen machen.“, „Warum?“, „Na ja, abgesehen davon, dass ich nicht glaube, dass ein Hecht bei dem miesen Wetter freiwillig sein Wohnzimmer verlässt, bei unserem Glück wird der Hecht im Sprung sicher von einem Ast getroffen und ordnungsgemäß betäubt.“
Einen Hecht haben wir an diesem Tag nicht mehr zu Gesicht bekommen. Am Sonntag Abend gab es dementsprechend auch Hünchen mit Kartoffeln (Hat auch gut geschmeckt ;))
Dieser Tag hatte mich jedoch zu einer sehr wichtigen Erkenntnis gebracht:
Es ist schön, bei „Schmudelwetter“ den ganzen Tag gemütlich in den vertrauten vier Wänden zu verbringen.
Doch noch viel schöner ist es, den halben Tag unter den vertrauten vier Bäumen zu verbringen, um dann den Abend zu Hause, im warmen, umso mehr zu genießen.
Denn erst wenn der Angler einmal so richtig patsch nass, bis zu den Zehen hin durchgefroren war und Arme wie ein Gorilla hatte, weiß er ein kuscheliges Bett, eine warme Badewanne und eine Tasse Heißwasser überhaupt zu schätzen.