Gestern hatten wir endlich unser diesjähriges Königsfischen. Der Termin war wegen einer Mitgliederversammlung um eine Woche verschoben worden, und wir mußten nun bangen, daß die Veranstaltung nicht in den derzeit üblichen Regengüssen unterging. Doch allen Befürchtungen zum Trotz hielt das Wetter.
Unser Verein hat 110 Mitglieder, doch mit den Nachzüglern, die erst nach 7 Uhr am Weiher eintrafen, waren wir gerade mal zehn Angler. Nun - konnte mir ja egal sein, im Gegenteil, so gab es auch keine Probleme bei der Platzwahl, und man hatte beim Angeln seine Ruhe (dachte ich jedenfalls).
Obwohl wir nur wenige Teilnehmer waren, kamen ein breites Spektrum an Angelmethoden zum Einsatz. Unser Vereinsvorsitzender (und, um es vorwegzunehmen, auch mit 2,5 kg Fisch der spätere Sieger) nahm beispielsweise zwei Matchruten. Mein direkter Nachbar wollte es etwas gemütlicher haben und bestücke seine beiden Ruten mit Futterkörben. Andere angelten nur mit Grundruten oder zum Teil in Kombination mit einer Stippe. Ich selber setzte nur eine Stipprute ein, um Hektik zu vermeiden und den Futterplatz kleinzuhalten.
Gegen halb sieben erschien ich am Weiher und stellte erfreut fest, daß mein "Trainigsplatz" vom Vortag noch nicht besetzt war, obwohl schon mehrere Angler mit dem Aufbau beschäftigt waren. Dieser Platz war durch irgendjemanden vor kurzem mit einem kleinen Loch versehen worden. Welchen Zweck es auch ursprünglich hatte, es eignete sich nun vorzüglich, um meine Stippe hineinzustellen und mit den Füßen festzuhalten, so daß Fischversorgung und Beköderung möglich waren, ohne aufstehen zu müssen.
Ich baute meine Ausrüstung auf und fütterte den Platz mit zwei größeren Futterballen an. Für diesen besonderen Tag hatte ich nicht gespart und meine Mischung (Mosella Honig spezial, Mosella Bream, ein wenig canal Carp, Paniermehl, Mais und Haferflocken) mit fast einem halben Liter Maden versehen. Um sieben Uhr ging es dann los. Mein Köder war noch keine Minute im Wasser, als der Schwimmer schon untertauchte und sich der erste Brassenzwerg die Ehre gab. Eineinhalb Stunden lief es sehr gut, doch dann sollte sich das Blatt wenden.
Mittlerweile hatten rechts von mir zwei Nachzügler aus der Vereinsjugend Position bezogen, und mit fortschreitender Angelzeit wurde es immer unruhiger. Sie redeten andauernd und warfen alle paar Minuten große Futterballen mit lautem Geplatsche an ihre Angelstelle, die nur knapp fünf Meter von meiner entfernt lag. Der eine suchte sich nun einen Platz weiter hinten, aber der andere blieb mir erhalten und beglückte mich bald darauf auch noch mit seiner direkten Gesellschaft, als er sah, wie ich Fisch um Fisch aus dem Wasser zog, während er in einer Stunde nichts fing außer einem kleinen Rotauge, das sich eher zufällig an seinen Haken verirrte. Kein Wunder - da waren ja nicht nur die Futterbälle, die wie Bomben auf das Wasser knallten. Beim Einwerfen klatschte jedesmal seine Stipprute auf die Oberfläche, und als ich einmal seine Montage sah, konnte ich ein Schmunzeln nicht unterdrücken: Sein Schwimmer war um fast einen ganzen Meter zu flach eingestellt.
Er fragte mich dann dies und das, bat mich um ein Vorfach (er verwendete irgendeine Art Aalhaken von ca. 1 mm Dicke an entsprechender Schnur!!!) und etwas Futter. Ist ja normal kein Problem, einem Anglerkollegen mit was auszuhelfen, aber als ich sah, wie er dann mit beiden Händen beherzt in meine Schüssel griff, schrillten so langsam die Alarmglocken, und ich ermahnte ihn, daß das Futter bis 12 Uhr reichen müsse, zumal ich mich noch gut erinnerte, wie er sein eigenes Futter in kürzester Zeit sinnlos verschwendet hatte. Also ich sorge normalerweise dafür, daß mir am Wasser nichts fehlt - wenn es doch mal vorkommt, so frage ich bei den anderen Anglern, bleibe dabei aber stets so bescheiden wie möglich.
Dieser Junge (er dürfte so etwa 11-13 Jahre alt sein) kannte so etwas wie Bescheidenheit jedoch nicht. Als er weiterhin nur vereinzelt Fische fing, obwohl er mittlerweile auf richtiger Tiefe war und einen geeigneten Haken verwendete, rückte er seine Angelstelle immer weiter in meine Nähe, bis sein Schwimmer kaum noch einen Meter von meinem entfernt war. Durch die dumme Angewohnheit des Jungen, alle 10 Minuten zu seinem hinten sitzenden Kollegen zu rennen und dabei die Stipprute im Wasser liegen zu lassen (!!), hatte ich in der Folgezeit zwei mal das Vergnügen, seine abgetriebene Montage einzufangen und den dabei entstandenen Schnursalat zu lösen. Ich ermahnte ihn zwar immer, aber das hielt nur knapp eine halbe Stunde an, dann hatte er es wieder "vergessen".
Pausenlos wurde ich dabei von ihm mit einigen sinnvollen, aber meist irgendwelchen belanglosen Fragen bombardiert. Als nun auch noch sein Kollege wieder ankam, sich mit der Bemerkung "Ich hab gehört, ihr fangt hier gut!?" nun direkt links neben mir platzierte und der andere wieder mit beiden Händen meine Futterschüssel plündern wollte, platzte mir endgültig der Kragen. Ich explodierte mit einigen deutlichen Sätzen, wodurch sich der linke Neuankömmling gleich wieder verzog und der andere einen deutlichen Abstand zu mir einnahm. Nun wurde es wieder ruhiger, und ich fing auch wieder mehr, während ich vorher durch die ganze Nerverei, den Schnursalat usw. bis zu 45 Minuten lang keinen Fisch landen konnte. Allerdings konnte ich an den Fangerfolg der ersten eineinhalb Stunden nicht mehr anknüpfen.
Um 11.30 Uhr beschlossen wir dann wegen einer aufkommenden Wolkenfront das Angeln zu beenden. Am Ende hatte ich ca. 30 Fische mit einem Gesamtgewicht von 1,9 kg in meinem Setzkescher - bis auf zwei Rotaugen alles Brassenzwerge. Von fingerlang bis 1,5fache Handlänge waren alle Größen vertreten. Trotz der Nervbacke neben mir, die mich oft vom richtigen Angeln abhielt und meine Angelstelle weitgehend ruinierte, ein mehr als zufriedenstellendes Ergebnis fürs erste mal. Wer weiß, ohne meinen "Beisitzer" hätte ich die ganzen alten Hasen vielleicht sogar alle auf die Plätze verweisen können. So wurde ich Dritter. Aber das ist ja alles relativ - erfahrenere Angler hätten an meinem Angelplatz mit der Stipprute sicher mehr gefangen als ich.
Fazit: Kein Angeltag wie jeder andere. Während ich nämlich sonst meine Ruhe habe, artete das gestrige Königsfischen wegen der nervigen Jugendlichen in Streß aus. Das ist vielleicht auch die Erklärung, warum nur so wenig Vereinsmitglieder teilnehmen, denn sie wollen sich solche Erlebnisse ersparen. Ich fahr jetzt gleich noch zum Vereinsvorsitzenden und werde anregen, die Jugendlichen künftig von derartigen Veranstaltungen auszuschließen bzw. damit zu drohen, sofern sie sich nicht sinngemäß benehmen können. Ansonsten spare ich mir derartige Gemeinschaftsveranstaltungen halt. Schließlich kann ich jeden x-beliebigen Tag zum Stippen an den Vereinsweiher fahren und bin nicht auf solche Termine angewiesen.