Eine denkwürdige Nacht

  • Als ich kurz vor 22 Uhr an der kleinen Holzbrücke die über die Vils führt meine Ruten auslegte hoffte ich zwar insgeheim auf einen Aal, doch eigentlich hatte mich der Realist in mir schon wieder für sich gewonnen.
    Ich habe heuer insgesamt 47 Aalansitze hinter mich gebracht, bei 47 mal Nachtangeln konnte ich exakt 3 Aale landen.
    Ich möchte gar nicht ausrechnen, wieviele Stunden ich im Schnitt für einen Aal am Wasser verbringen muss….


    So nun zu Ansitz Nr. 48 !


    Wie fast immer beköderte ich eine Rute mit einem Fischfetzen und die andere mit 2 Tauwürmern, die mit der Ködernadel aufgezogen werden.
    Bereits nach einer halben Stunde "klingelte" es das erste mal, zuerst eher vorsichtig und dann kam ein kleines "Sturmläuten". Ohne größere Probleme landete ich einen 50cm langen Aal. Der kleinste meiner Vils-Angler Laufbahn. Das gibt mir jedoch ein bisschen Hoffnung, dass ich auch in ein paar Jahren noch den ein oder anderen Aal erwischen kann.


    Ich war gerade dabei den Aal zu "verrichten", als die Rute mit dem Fischfetzen "Alarm" schlug. Nach einem kurzen, aber heftigen Drill landete ich den nächsten Aal - 75 cm.


    2 Aale an einem Abend, das ist hier nahezu rekordverdächtig. Ich war irgendwie so richtig zu zufrieden. Deswegen beschloss ich gegen 24 Uhr die Stelle zu wechseln und an einem ruhigeren abgelegen Plätzchen die Nacht zu verbringen. Doch leider hatte ich keine Tauwürmer mehr. Was sollte ich nun machen? Die Aale laufen und du hast keine Würmer, ich rief Georg an und teilte ihm mit, dass ich Würmer brauche, da die Aale laufen.
    So und jetzt stelle man sich das vor, Georg kam um 22 Uhr von der Schicht nach Hause, legte sich in´s Bett und schlief. Um 24 Uhr ruf ich an, und sage ich brauche Würmer.
    Keine 15 Minuten später rollte Georgs Auto an, er stieg aus drückte mir 2 Packung Tauwürmer, und ein Kanne Kaffee in die Hand und lud mich gleichzeitig noch zum Frühstück bei sich ein.


    An der neuen Stelle, wieder das alte Spiel - Fischfetzen und 2 Tauwürmer und raus damit.
    Aber irgendwie konnte ich gar nicht so recht entspannen und vielleicht auch ein bisschen schlafen. Ich war ob meines Erfolges irgendwie etwas aufgebracht. Also bin ich zum Auto gegangen und habe mir mein Buch geholt. Ein Buch fährt bei mir immer mit, so kann man die Nacht wenigstens etwas "sinnvoller" nutzen, außerdem macht es müde, im Schein der Kopflampe zu lesen. Ich hatte gerade Seite 142 und 143 aus Michael Moore´s "Stupid White Men" gelesen, als sich die "Wurmrute" mit einem heftigen "Bimmeln" meldete.
    Ehe ich mich versah schlängelte sich schon ein 82 cm langer Aal vor mir im Gras.
    Ich konnte es kaum glauben, 3 Aale in einer Nacht… das ist schier unmöglich.
    Ich war nun total entspannt, ich hatte schon 3 Aale gefangen, was wollte ich mehr ?
    Nun genoss ich nur noch die Stille der Nacht. Ich saß in meinem Stuhl, beobachtete den Sternenhimmel.

    Da ich schon damit rechnete, dass ich irgendwann einnicken würde, habe ich (mein Großvater möge es mir verzeihen) den Elektrodeppen im Fachjargon auch Elektronischer Bissanzeiger genannt "scharf" gemacht. Die andere Rute überwachte ich nach Großvaters Methode, einfach die Schnur um den Zeigefinger wickeln. Ich würde gerne auf den Piepser verzichten, aber ich hab so einen gesunden Schlaf, dass ich schon manchen Aal verpennt habe.


    Es müsste wohl ca. 2 Uhr morgens gewesen sein, als ich ins Reich der Träume überging.
    Irgendwann im Morgengrauen weckte mich der "Elektrodepp" mit seinen furchtbaren Tönen. Ich ging zur Rute und sah gleich, dass ein Ast der mit der Strömung angeschwemmt wurde die Schnur von der Rolle riss. Ich holte die Rute ein, kontrollierte den Köder und platzierte sie wieder unter dem überhängenden Busch auf der anderen Seite.



    Ich fühlte mich ausgesprochen wohl, die Mütze Schlaf hatte mir richtig gut getan. Es überraschte mich selbst, wie "fit" ich war. Da ich nun wieder wach war, wurde der Elektrodepp wieder ausgeschalten und meine Lieblinge, die Aalglöckchen an die Rutenspitzen geklemmt.
    Es muss ziemlich genau 5 Uhr gewesen sein, als ich ein ganz vorsichtiges "Zupfen" an der Rute mit dem Fischfetzen vernahm. Ich weiß nicht ob es auch so geht, aber gerade beim Angeln mit Fischfetzen oder Köderfischen steigt mein Adrenalin schon bei der leisesten Andeutung auf einen Biss sprunghaft an. Plötzlich nahm der Fisch zügig Schnur und raste die Vils hinunter. Der Anhieb saß. Mein Gefühl sagte mir, dass es ein Aal ist, doch ich täuschte, ein Döbel von ca. 50cm hatte sich den Fischfetzen einverleibt. Gut, ein Aal wäre mir sicherlich lieber gewesen, aber irgendwie rundete der Döbel den Tag bzw. die Nacht sehr schön ab.


    Ganz relaxed, und mit einer unglaublichen Zufriedenheit sank ich wieder in meinen Klappstuhl zurück.
    Langsam kroch die Sonne hinter dem kleinen Wäldchen am Horizont hervor, dazu der Morgennebel. Mit solchen Bildern kriegt man mich echt weich. Ich saß da und begrüßte den neuen Tag mit einem erfrischendem "Mir geht's so saugut" !
    Nun wurde es Zeit fürs Frühstück.
    Heute gönnte ich mir ein Frühstück für Sieger.
    Kaffee schwarz und eine Marlboro.
    Gerade als ich Tief einatmete und der Duft des Kaffee´s in meine Nase zog, DONNERTE , und wenn ich schreibe DONNERTE dann meine ich auch DONNERTE die "Wurm-Rute" los.
    Sofort war ich zur Stelle und nahm Fühlung auf, mehr als deutlich spürte ich die SCHLÄGE, und wenn ich schreibe SCHLÄGE dann meine ich auch SCHLÄGE, in der Rute.
    Sofort setzte ich einen HAMMERHARTEN, und wenn ich schreibe HAMMERHARTEN, dann meine ich auch HAMMERHARTEN Anhieb. Meine "Westline Solution Sic Deep Sea M" von 2,60m länge und einem Wurfgewicht von 100-200g bog sich bis ins Handteil. Obwohl die Bremse der Quantum Energy zu war, nahm der Fisch noch Schnur.
    In diesen 10 Sekunden, war ich das erste mal wirklich davon überzeugt, dass eine 17er Whiplash, ein Meereswirbel, und ein 0,40 er Mono Vorfach nicht zu brutal für ein so kleines Flüsschen sind.
    Dank meines sehr robusten Gerätes konnte ich dem Fisch gut "Paroli" bieten und ihn nach gut 5 Minuten Drill ans Ufer hieven.
    Nun lag da etwas vor mir, etwas, an das ich immer geglaubt habe, etwas was ich in meinem Leben unbedingt noch fangen wollte, etwas, wofür ich mir jede verdammte Nacht um die Ohren haue.
    Diesen Fisch hätte ich nur einem Menschen auf diesem Planet gegönnt, und zwar meinem Lehrmeister, Freund und Leidensgenossen Georg.


    JA VERDAMMT, ICH HAB IHN GEFANGEN DEN METERAAL !!!!!
    GENAU 100CM - 5 PFD ….


    Ich habe versucht ihn mit dem Aaltöter zu bezwingen, was mir jedoch nur mit einem wirklich enormen Kraftaufwand glückte.
    Sofort packte ich alles zusammen, setze mich ins Auto und fuhr zu Georg.
    Langsam schlich ich mich in den Hof, und hing den Aal samt Vorfach an die Türklinke, klingelte und verschwand hinter dem Hauseck.
    Als Georg die Tür öffnete, fiel sein "Kinnladen" fast auf den Boden, als ich hinter der Ecke hervorkam, stürmte er auf mich zu, packte mich am Kragen, zerrte mich in die Küche, setze mich auf einen Stuhl und sagte: "Los, raus mit der Sprach"… jedes kleinste Detail musste ich ihm gestehen. Kurz nach 6 kam ich bei Georg an, und aus dem schnellen Frühstück wurden dann 3 Stunden in denen wir über diesen Aal redeten.


    So und weil ihr jetzt so brav gelesen habt dürft ihr ihn auch mal sehen, aber nicht so lange hinschauen, ist nämlich meiner :q ;)






  • Aale(äh........Alle) Achtung zum Aal und außerdem eine saugute Geschichte!

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  • Nachtangeln in Bayern, tz - tz - tz.
    Aber da spricht wohl der Neid aus mir.
    Am schonsten fand ich den "Elektrodeppen"!
    Herzlichen Glückwunsch zu den tollen Fängen!

    Fischer mit Segelbooten glauben leichter an Gott als Fischer mit Motorbooten. (Bertrand Russell)


    Ich hab höchstens ein Ruderboot!

  • Mensch Franz - eine echt spannende Story...


    .... und dann dieses Foto von dem Mega-Aal!!!


    Petri heil - dat is n Klopper!!!


    Gruß,
    Peter

  • Gratuliere Franz!
    Solche Anacondas fängt man bei uns höchstens noch im Chiemsee.
    Die Berufsfischer fangen längst nicht alle Aale, die sie mal gesetzt haben.
    Wirst Deinen gesamten Fang sicher räuchern, oder?
    Diese Kapitalen sind nämlich ganz schön fett. Wenn Du sie brätst, brauchst Du hinterher mindestens einen Schnaps.
    Aber beim Räuchern brutzeln sie gut aus.

  • Heidewitzka (schreibt man das so?), Glückwunsch zu dieser Strecke und der Geschichte!
    Da wird mit wieder bewusst, dass ich das ganze Jahr noch keine Zeit zum Fischen fand..... :cry:

    "Loyalty to a petrified opinion never yet broke a chain or freed a human soul." Samuel Longhorne Clemens

  • Ein klasse Fisch :o Ich warte auch auf so einen Fisch.Und eine Frage,wie heist das Gewässer?

    Angeln ist kein Hobby,
    es ist eine Passion:D


    Gruß an alle Mitsüchtigen;)


    Man sollte die Leute nie nach ihrem Alter beurteilen,die Jugend ist im Kommen

  • Zitat von Tobbes

    Wer lesen kann ist klar im Vorteil!! ;)


    VILS!!!


    Tobbes es sind doch Ferien... nu hör aber mal uff dett kannste doch nich machn :lol:

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