Ein ganz normaler Ausflug zum Rhein-Herne-Kanal

  • Hallo User,
    ich habe zwar nicht so traumhafte Gewässer bei mir in direkter Nähe wie Ihr, aber es macht doch meistens Spaß. Als ich einmal irgendwie in Schreiblaune war habe ich dann einen Ausflug einfach mal aufgeschrieben. Es kommen keine Rekordfänge, Riesenfische, Gefahren, Abenteuer, super Drills oder so was vor, es war ein ganz normaler Tag.



    Wie gesagt war ich am Sonntag den 11. Juli 2004 auf Barsche unterwegs. Der Trip fing eigentlich schon beschissen an, da ich meine Zigaretten vergessen hatte und der Typ am Kiosk keinen 50 ¤ Schein wechseln konnte! Nun ja, Angeln ist stärker als die Sucht! Also weiter zum Wasser. Auf meinem Parkplatz an der "Künstlerzeche Fritz" war die Hölle los, nichts frei! Zu meinem Erstaunen hatte der benachbarte Ruderverein Jahresfeier oder so was, das bedeutete ungefähr 10.000 Menschen am und im Wasser dazu noch ca. 326 DLRG-Motor-Boote die immer auf und ab fuhren. Na toll! Also war das Angeln zwischen Fritz und Münsterstraße so gut wie aussichtslos. Also ging ich mal links runter, auch um nervigem Gequatsche mit irgendwelchen Spaziergängern aus dem Wege zu gehen. Aber im Laufe des Tages sollte es noch viel schlimmer kommen.....


    Zuerst musste ich jedoch eine halbe Ewigkeit an den von mir so gehassten Spundwänden entlang gehen. Nun ja, ein paar Würfe habe ich dann doch gemacht aber alle erfolglos. Zu allem Überfluss fing es auch noch an zu regnen. Zum Glück stand ich unter einer Brücke und machte ein paar Würfe. Durch den aufkommenden Wind flog sogar mein kleiner Wobbler rund 20 Meter weit. Das war schön anzusehen. Es regnete immer stärker und unter der Brücke sammelten sich nun einige Fahrradfahrer und Spaziergänger. Und ich stand genau dazwischen mit meiner Angel. "OK, einen Wurf noch und dann ab durch die Mitte, bevor mich einer anquatscht!" Kaum war der Spinner wieder an der Angel "Und, schon was gefangen? Ich habe hier immer als kleiner Junge große Hechte gefangen! bla bla bla…" Is klar Opa! Und früher im Kriege war alles schlimmer! Und tschüß!... Weg war ich.


    Diese blöde Spundwand hörte dann endlich auf und dann kam ich an eine Stelle die mir besser gefiel. Steine bis zum Wasser und überhängende Bäume die mich vor den letzten Tropfen schützen konnten. Zwei Würfe rechts, zwei Würfe links. Der rote Mepps Spinner war irgendwie nicht so der Bringer von heute. Also noch mal den Gelben ausprobieren. Den habe ich zurzeit nur in Größe 3, also ein wenig schwerer. Der Wind trug ihn bestimmt 30 Meter weit. "Nicht schlecht, schöner Wurf" dachte ich und schon merkte ich einen Widerstand. Zwar ein kleiner aber immerhin etwas. Ich bin übrigens dazu übergangen, Barsche um die 20 cm abzuschlagen und einzufrieren. Es fehlen nicht mehr viele dann mache ich mir ein paar Barschfilets im Wok, da habe ich tolles Rezept gefunden. *Lecker* Dieser gehörte allerdings nicht dazu. Der Spinner war mal wieder fast größer als der Fisch. Schnell abgehakt und weiter ging es. Der Wind lies nach und leider kam ich nicht so weit raus wie eben. Also Köderwechsel. In letzter Zeit steige ich immer wieder auf die kleinen Wobbler um. Vielleicht liegt es ja auch an der Jahreszeit. Die Brutfische von diesem Jahr haben fast die gleiche Größe und der Kanal ist voll davon. Nur leider ist das Werfen mit diesen Dingern ziemlich schwierig, da einfach das Gewicht fehlt. Trotzdem halte ich sie für super fängig. Ein weiteres Problem ist auch der Tiefgang, gerade am Kanal, wo das Ufer immer flacher wird die Steine als Hängergefahr lauern. Ich halte hierbei die Rutenspitze so hoch wie möglich und der Wobbler schießt aus dem Wasser. Und dann passierte das was ich bislang nur aus Erzählungen kannte. Eine Bugwelle tat sich auf und schoss hinter meinem kleinen Wobbler her. Ein großer Barsch!!! Leider schnippte der Wobbler kurz vor dem Fisch aus dem Wasser und der Fisch drehte ab. Sofort noch einmal auswerfen der kommt bestimmt wieder..... und noch einmal und noch einmal und noch einmal. Natürlich passierte nichts. Also zog ich weiter. Aber das Bild des Erlebten blieb.


    Ich kam wieder an eine Brücke und traf auf zwei Angler die auch mit Spinnruten unterwegs waren, so ungefähr mein Alter. Die sahen ziemlich erfahren aus und ich hätte mir gern etwas abgeschaut. Aber mehr als "Petri" kam nicht zu Stande. Schade eigentlich. Mit aktiven Anglern zu reden macht mir wiederum Spaß, aber vielleicht denen nicht. Auf der anderen Seite verrate ich nicht befreundeten Anglern nicht gerne meine Köder, Stellen und so weiter - ist vielleicht Quatsch - aber so bin ich nun mal. Also flugs den Wobbler runter und einen gelben Mepps 3 Spinner drauf. Und wie es nun mal so ist. Wir standen dann rund 10 Würfe erfolglos und wortlos unter einer Brücke nebeneinander und auf einmal zappelte es an meiner Angel. Sofort hatte ich zwei Augenpaare auf mich gerichtet. Es war ein schöner Barsch, tolle Zeichnung, tolle Größe rund 20 cm, perfekt für den Wok ... Aber da die Augenpaare immer noch bei waren, lies ich ihn schwimmen. Ärgerlich! Aber egal, die Freude war auf meiner Seite. Da hatte ich nun zwei augenscheinlichen Cracks etwas vorgemacht. Die beiden gingen dann die Strecke die ich gerade hinter mir hatte. Eigentlich wollte ich auch wieder zurückgehen aber so nah auf der Pelle wollte ich auch nicht sein.


    Also über die Brücke und auf die andere Seite. Die war allerdings über und über mit Brombeeren bewachsen und ließen mir keine Chance ans Wasser zu kommen. Hier und da tat sich eine Lücke auf aber außer neuen Löchern und gezogenen Fäden in der Jeans brachten diese nichts. Dann fing wieder die Spundwand an. Natürlich warf ich paar mal aus, aber ohne Biss. Ich bin auch der Meinung, dass sich die innere Einstellung auf den Köder überträgt. Ich habe nie irgendwie Bock an der Wand zu angeln und ich glaube, dass sich diese Lustlosigkeit auch auf Köderführung überträgt und es wohl nie etwas wird. Es fehlt einfach der Wille; erst bei mir und dann auch bei den Fischen. Also packte ich den Spinner an die Rute und ging halt ein Stück. Dann fingen die Steine wieder an. Rund 2 km weiter hatte ich genau an einem solchen Übergang von Spundwand zu Steinen meinen größten Barsch gefangen und das machte mir wieder Mut und ich war motiviert. Kaum war der rote Mepps im Wasser gelandet, drei vier Umdrehungen an der Rolle und schon klingelte es. Es war ein großer.... die Rolle klickte und surrte - der Barsch zog gegen die Schnurbremse. Die bislang geschlossene Wolkendecke brach auf und die Sonne schien ins Wasser. Mit hoch aufgestellter Rückenflosse zog ich den Barsch parallel zum Ufer, um ihn dann an Land zu ziehen. Super Fisch! Wieder so um die 20 cm. Auf jeden Fall Wok-tauglich. Denn mit leeren Händen wollte ich auch nicht nach Hause gehen. Ich kramte noch in meiner Tasche nach dem Messer, als auf einmal zwei kleine Mädchen hinter mir standen. So ca. 3 und 5 Jahre alt. "Dürfen wir zuschauen?" Na toll! Du kannst jetzt nicht den Fisch vor den Augen der beiden Mädels blutig abstechen. Also Hand aus der Tasche runter vom Haken und wieder zurück ins Wasser. "Tja, so wird das sein Fabian. Auch Du wirst bald Vater einer kleinen Tochter, die dann auch in einem kleinen roten Kleidchen und Zahnlücken - die sie lustig lispeln lässt - hinter Dir stehen wird. Irgendwie rührte mich die Situation und ich fand es schön, so schön, dass ich sogar feuchte Augen bekam. Tja, die beiden blieben also ein paar hundert Meter bei mir und erzählten mir von den Angelerlebnissen Ihres Vaters und mussten auf Ihre Schuhe aufpassen, dass diese nicht dreckig wurden - sonst gibt es Ärger mit Mama. Sie fragten mich nach der Uhrzeit, da sie um 6 Uhr zu Hause sein mussten. Und auf einmal befanden wir uns wohl in einem Loch des Raum-Zeit-Kontinuums, ich sagte denen, dass es schon kurz vor sechs sei - ok es war gemein; eigentlich war es viertel nach fünf. aber die Barsche riefen mich.


    Vor mir tauchten auf einmal zwei weitere Spinnangler auf. So stolperte ich weiter am Ufer über die Steine und suchte nach einem weiteren Barsch. Als ich hinter einem Strauch vorbei ging, stoße ich auf einen der beiden „Spinner". Wobei es gar kein „Spinner“ war, sondern ein „Twister“. Und zwar groß und gelb. Und der fing dann an zu erzählen. "Hier ist meine Zanderstelle, letzte Woche habe ich hier einen 55 cm Zander rausgeholt." Cool! Zander will ich auch mal. " Einfach weit raus mit dem Ding, und über den Grund ziehen, dann klappt das!" Zum Glück habe ich immer alles dabei, also rauf mit dem roten Twister und los geht’s. Doch ich merkte schon beim Auswerfen, dass meine 10-40 g Rute viel zu weich für einen guten Wurf mit dem schweren Twister ist. Also hörte ich nach kurzer Zeit auf und zog weiter. Doch irgendwie war ich dann doch heiß auf das Twistern und so lies ich ihn dran. Nach 100 Metern hatte ich genug Platz und warf ein paar Mal aus.


    Lautes Plätschern erregte meine Aufmerksamkeit, nur ein paar Schritte von mir entfernt stiegen ein paar Fische aus dem Wasser, die sprangen fast auf das Ufer. Klar, da ist ein Räuber unterwegs und hat Hunger!!!!! Jetzt aber schnell, raus mit dem Twister, schnell raus aus dem Wasser, jetzt bloß keinen Hänger an den Steinen verursachen, mein Puls stieg. Endlich hatte ich den Twister an der Luft, jetzt ging dieser scheiß Sicherheitswirbel nicht auf, runter damit, der Fisch raubte schon wieder, das Wasser schien an diesem Punkt zu kochen, so sehr flüchteten die Rotaugen. Schnell wieder den kleinen Wobbler an die Schnur, dass klappt auf jeden Fall. Rein damit in den Kessel. Und dann hatte ich ihn am Haken. Nach kurzem Drill war der Räuber an Land. Nicht so ein Monster wie erwartet aber 30 cm hatte er, wieder ein schöner Wok-Barsch. "Guck mal Schätzchen, der hat einen Fisch gefangen!" Aaaahhhh, das kann doch nicht war sein, was ist hier los? Und da stand er, ein Typ mit Anzug und Krawatte an seinem sonntäglichen Spaziergang und zeigte seiner Frau einen Angler der einen Fisch gefangen hatte. Suuuper. Das kann doch nicht wahr sein. Ich ärgerte mich maßlos. Das kannte ich ja schon: Fisch vorsichtig vom Haken lösen und behutsam wieder einsetzen. Klasse!


    Ich war schon wieder fast einmal im Kreis gegangen, kurz vor der Fritz Brücke, wo das Auto stand. Da traf ich dann wieder die beiden anderen vom Anfang. Jetzt kamen wir ein wenig ins Gespräch und wir stellten fest, dass die beiden zusammen erst einen Barsch gefangen hatten. Hört hört, da war ich aber erfolgreicher! Mit diesem beruhigendem Gefühl ging ich dann nach Hause zu meinen (zukünftigen) kleinen Mädels und beschloss auf jeden Fall bald ein rotes Kleidchen und passende Schuhe zu kaufen; die aber nicht dreckig werden dürfen.

  • Sehr sehr schöne Geschichte. Toll erzählt.
    Auch wenn du nichts für deinen Wok mitgebracht hast, hast du doch das Beste aus der vermeintlich schlechten Situation gemacht. Und schlecht gefangen hast du doch auch nicht wirklich.

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