13.01.2005
Küstenangeln
Gefahr für die 200-Meter-Schutzzone!
Kiel (WS) - CDU-Politiker planen, die 200-Meter-Sperrzone für Netzfischer abzuschaffen - wenn sie die Wahlen gewinnen. Lesen Sie dazu den Beitrag von Werner Schumacher aus Kiel.
War das 2004 ein Salmonidenaufstieg in der Kieler Schwentinemündung! Bis zu 2000 Meerforellen und Lachse sind im vergangenen Jahr den Fluss hoch gewandert, um dort zu laichen. So gehen jedenfalls die Schätzungen der Mitglieder des Angelvereines "An de Waterkand", der in diesem Bereich sein Revier hat. Es waren Fische in allen Größenordnungen: von der "frühreifen" Untermaßigen, bis hin zum etwa Vierzigpfünder. Vom Spätsommer an bis in die letzten Novembertage war der Laichaufstieg zu beobachten, wobei die Hauptzeit wohl im Oktober lag.
Im Strom des Schwentine-Wehrs tummeln sich Forellen (Fotomontage).
Dass so viele Salmoniden in den Fluss zurückgekehrt sind, um sich zu vermehren, ist Folge einer Entwicklung, die in den letzten zehn Jahren stattgefunden hat. Anfang der achtziger Jahre waren diese herrlichen Fische im Strömungsbereich der westlichen Ostsee schon fast ausgestorben. Erst umfangreiche Besatzmaßnahmen des Landessportfischerverbandes und einzelner Angelvereine, deren Gewässer in die Ostsee mündet, haben die Bestände wieder stärker werden lassen. Vor allem aber waren es entsprechende Aktivitäten in Dänemark, wo im Seegebiet der Inseln Fünen, Aerö und Langeland über einen langen Zeitraum jährlich etwa drei Millionen Meerforellen direkt in die Ostsee eingesetzt worden sind, mit dem Ziel, dort den Angeltourismus anzukurbeln. In Verbindung mit guter Werbung hatten unsere nördlichen Nachbarn, bis zum Wegfall der Fährverbindungen, damit auch guten Erfolg. Gleichzeitig ergänzten sie dadurch allerdings auch den Fischbestand vor Schleswig-Holsteins Küste, denn Salmoniden sind Wanderfische, die ständig durch den Strömungskreislauf vagabundieren, in dem sie beheimatet sind, und das ist in diesem Fall der der westlichen Ostsee.
In einem Fischernetz verreckte Eiderente.
Auch dieser Eiderenten-Erpel kam in einem Netz ums Leben.
Entscheidend gestützt wurden all diese Maßnahmen jedoch erst durch eine Änderung des Schleswig- Holsteinischen Fischereirechts: seit 1994 gilt hier ein 200 Meter Schonabstand für die Stellnetzfischerei im küstennahen Saumbereich. Bis dahin konnten die Fischer, vor allem waren es die ca. 630 Nebenerwerbsfischer des Landes, ihre Netze ungehindert in die Flachzonen legen, wo sie überaus erfolgreich die von den Anglern und Dänen ausgesetzten Salmoniden fingen, die sich gern in Ufernähe aufhalten. Dabei sind aber auch, wie eine Untersuchung der Kieler Universität belegt, pro Jahr rund 15 000 Seevögel, vor allem die geschützten Meeresenten, die hier überwintern, bei der Nahrungssuche in die Maschen der Netze geraten und jämmerlich ertrunken. Dieses wurde Ende 1992/Anfang 93 umfangreich in den Medien des Landes behandelt und sorgte für so viel Empörung, das der damalige Minister für Landwirtschaft, Forsten und Fischerei, Hans Wiesen (SPD), gute Gründe sah, die Schutzzone einzuführen, aber auch die Wanderfischarten zu schützen, wie er ausdrücklich betonte.
Sollte aber bei der Landtagswahl im Februar nächsten Jahres die CDU an die Regierung kommen, gibt es für dieses Gesetz einen Salto rückwärts. Die Christdemokraten waren schon seinerzeit gegen die Regelung und formulierten entsprechende Veränderungswünsche bei einem politischen Machtwechsel in ihren Regierungsprogrammen. Im 2000er hieß es unter Punkt VIII, Absatz 4 - Die Zukunft der Fischerei sichern - unter anderem: "Generelle und unbefristete Null-Nutzungszonen in Fanggebieten lehnen wir ab. Einschränkungen von Fanggebieten müssen sachlich begründet werden und sollen mit den Menschen vor Ort und durch freiwillige Vereinbarungen erfolgen". Das waren exakt zwei Sätze aus dem Redebeitrag des Sprechers der CDU in der Kurzdebatte des Landtags, die der Beschlussfassung zur Änderung des Fischereirechts vorausging. Im aktuellen Regierungsprogramm wird die Absicht etwas versteckter angekündigt. Hier wird lediglich unter Punkt 6.2 - Naturschutz -, erwähnt, dass man dem Freiwilligkeitsprinzip (und dem Vertragsnaturschutz) Vorrang einräumt. Darauf angesprochen, redete vor einiger Zeit ihr Fraktionsvorsitzender, Jost de Jager, Klartext und begründete die Absicht, die Verbotszone für Stellnetze wieder aufzuheben damit, dass allein über 200 Familien in seinem Wahlbezirk von der Fischerei leben, und diese würden durch die derzeitige Regelung der Fischereiordnung erheblich in ihrem Einkommensmöglichkeiten beschnitten.
Von diesem Vorhaben hält Lutz Pfitzner rein gar nichts: "Dann waren unsere ganzen Besatzmaßnahmen der letzten Jahre, die zum Ziel haben, sich selbst erhaltene Bestände aufzubauen, für die Katz, weil unsere Fische wieder von den Nebenerwerbsfischern großräumig abgefischt werden". Der Dreiundvierzigjährige ist nicht nur ein besonders aktives Mitglied des Kieler Angelvereins, sondern auch Skipper des Angelkutters "Nordwind" und hat deshalb auch die touristischen Aspekte im Auge. Er wundert sich darüber, dass weder der Tourismusverband noch die Landesregierung besondere Anstrengungen unternehmen, bzw. unternommen haben, den Angeltourismus so zu entwickeln, wie es seinerzeit die Dänen gemacht und viel Geld verdient haben und verweist auf ein Gutachten aus dem Jahr 1999, nach dem allein im Bereich des Amtes Fünen, Einnahmen von über 150 Mio. Mark gemacht worden sind und das auch noch außerhalb der normalen Saison, denn das erfolgreiche Meeresangeln, vor allem auf Salmoniden, passiert in der kalten Jahreszeit, wenn die Bettenkapazitäten in dieser Landschaft nahezu ungenutzt bleiben. Auch ein Gutachten der K.E.R.N. Region zur Reanimierung der Langeland-Line, die zwischen Kiel und Bagenkop verkehrte, das diese Aussage unterstützt, scheint offensichtlich völlig übersehen worden zu sein. Diese Schlafmützigkeit der Entscheidungsträger in Politik und Wirtschaft ärgert Skipper Lutz enorm: "Sogar in Mecklenburg-Vorpommern wird das Produkt Angeltourismus inzwischen mit guten Erfolg verkauft, nur wir hinken mal wieder hinterher. Außerdem: bei entsprechendem wirtschaftlichen Erfolg, könnte die 200 Meter Schutzzone sicherlich auch nicht mehr von der CDU in Frage gestellt werden".