Ich bin auch der Frühaufsteher - allerdings nur wenn&s zum Angeln geht...
Es ist eine Qual für mich um 8.15 Uhr im Seminar sitzen zu müssen (vor allem im Winter), wenn der Wecker hingegen um 4.15 klingelt weil ich mich um 5 mit einem Kumpel am See verabredet habe bin ich schlagartig wach - und super gelaunt.
Ich vermute es ist etwas völlig anderes aus dem Bett getrieben zu werden, als freiwillig aufzustehen. Früh aufstehen fällt mir vor dem Angeln einfach leicht und ist nicht unangenehm. Das ist schon mal der erste Schritt zu dieser Gewohnheit, denn Fische fangen kann man auch den Rest des Tages.
Der zweite Grund für mich ist, dass ich gerne Abends wieder zu Hause sein möchte und mit meiner Freundin/Familie/Freunden den Fang zubereiten und essen möchte, wenn er noch frisch ist.
So kommt unmittelbar nach der seelischen Entspannung am Wasser noch der körperlich Ausklang hinzu.
Würde ich erst Mittags zum Angeln gehen, hätte ich entweder nicht genug Zeit zum fischen (beim Angeln vergeht die Zeit rasant) oder ich müsste auf das gesellige Beisammensein am Abend verzichten, doch das gehört für mich irgendwie dazu.
Ich möchte gerne ohne Hetze und Zeitdruck am Wasser sein, wenn ich schon früh da bin habe ich noch was vom Tag und bin nicht darauf angewiesen auf die Uhr zu schauen - größer kann der Abstand vom Alltag nicht sein. Nach 12 Stunden Angelei (wir schreiben nun 17 Uhr) bin auch ich nicht traurig dass es schon nach Hause geht und habe noch genug Zeit den Heimweg zu bewältigen, den Fang zu putzen, in die Dusche zu hüpfen, das Gerät zu verstauen um mich dann zum Abendessen kochen in die Küche zu begeben.
Ich bin kein Feierabend- oder "Mal-eben-2-Stunden-Zwischendurch"-Angler. Ich buche ja auch keine Tage Urlaub.
Die beste Fangzeit zu erhaschen spielt dabei aber eine geringere Rolle, da würde es an meinem Gewässer auch reichen um 9 an Ort und Stelle zu sein.
Mir ist es hingegen wichtig den See zumindest eine Zeit lang für mich allein zu haben - oder mir zumindest einen Angelplatz aussuchen zu können. Jeder hat seine Lieblingsstellen und es ist ärgerlich wenn diese besetzt ist. Wenn man sich dann zu "seinem" Ausweichplatz begibt, dieser dann auch belegt ist, dann zu einer anderen tollen Stelle geht, an dieser aber auch ein Petrijünger angelt dann steht man das nächste mal garantiert früher auf.
Das größte Privileg des Frühaufsteher ist wohl, der Natur beim Erwachen zusehen zu dürfen. Ich denke den meisten Leuten bleibt dieser Augenblick im Leben vergönnt.
Nachts und am frühen Morgen feiern die Tiere eine Party, das würde man nie vermuten. Die Fledermäuse schwirren um einen herum, ein Igel spaziert munter neben einem her und lässt sich auch vom kurzen Fotoshooting überreden und drei Meter weiter im Gebüsch fängt es plötzlich laut an zu rascheln, ein kurzer Adrenalinstoß, man zuckt unwillkürlich zusammen und dann: Och, doch nur ein Bisam der gemütlich zurück ins Wasser tuckelt.
Und dann geht die Sonne auf. Man glaubt nicht wie farbenprächtig der Sonnenaufgang an einem Morgen sein kann, wenn man durch das Gewässer freie Sicht darauf hat und man sich mal wirklich Zeit lassen kann und seinen Blick schweifen lässt.
Jetzt erwacht auch die Vogelwelt; der Specht abut sich nebenan ein neues Eigenheim, der Kuckuck lässt seinem ADS freien Lauf und der Eisvogel wippt fröhlich auf der Rutenspitze und fliegt dann weiter den Fischen nachzustellen. Ich wünsche ihm viel Glück und hoffe ebenso erfolgreich zu sein. Elegant schreitet ein Reiher ins Wasser und ich komme mir in meinem Bundeswehrparka, Thermohose, Schal und Mütze fast plump vor.
Dann ein Schwall genau vor meinen Füßen, ein Barschrudel bläst zum Angriff und stößt in einen Schwarm Kleinfische, die aus dem Wasser sirren um den Räubern zu entkommen. In wenigen Sekunden ist der Spuk vorbei und ich sitze verdattert im Stuhl. Die Angelrute unberührt neben mir, so schnell habe ich nicht reagiert. Doch der Jagdtrieb ist geweckt, die Spinnrute montiere ich mit einem fingerlangen Wobbler, der die eben noch gejagten Kleinfische imitieren soll.
Zielgenau schleudere ich den Köder etwa 20 Meter neben mir parallel ans Ufer, vielleicht ist der Barschtrupp noch in der Nähe. Arglos zuckelt jetzt ein kleiner Fisch aus Balsaholz im Flachwasser entlang. Mal schneller, mal langsamer, zwischendurch mal ein kleiner Stopp, als ob der Fisch vor dem Krautfeld nach einer Zwischenmahlzeit ausschau hält. Dann beschleunigt er kurz und flitzt einen halben Meter übermütig durchs Wasser, so wie es kleine Fische manchmal tun. Mein denken ist ganz auf die Führung des Köders gerichtet, ich kann das kleine Ding im klaren Wasser schon erkennen. Dann schießt etwas hinter einem dicken Ast hervor und stürzt sich auf den Kleinfisch, ich kann mir schon denken wer der Übeltäter ist und tatsächlich: ein nur wenige Zentimeter größerer Barsch hat sich den Wobbler einverleibt und spreizt wütend die Rückenstacheln. Ich kann den kleinen Kerl einfach ranholen und bin wieder einmal erstaunt was Kleinbarsche doch für große Köder imitieren. Der Kleine ist nur wenig Zentimeter größer als mein Fischimitat. Ich ködere ihn ab und lasse ihn zurück ins eiskalte Wasser gleiten. Vielleicht sieht man sich in zwei Jahren noch mal.
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Kein Angler muss früh aufstehen, aber es hat was und gehört für mich dazu.