Das Murmeltier grüßt deshalb täglich, weil es längst noch nicht erledigt ist. Mir hängen die immer gleichen Scheinbegründungen zwar auch längst zum Hals heraus, aber es gibt keinen anderen Weg, als da beharrlich und immer wieder gegenzuhalten. Wenn's sein muss, tausendmal.
Auch das folgende Beispiel habe ich anderswo schon oft gebracht, und es macht mir nichts aus, es zu wiederholen:
Eine kleine Handvoll aktiver, versierter Raubfischspezies, die alles abschlagen und sich auch sonst wie die Wildsäue aufführen, können einen 20ha-See binnen weniger Jahre auf den Hund bringen. In bereits stark angeschlagenen Gewässern ist jedes, ich wiederhole: jedes Viech, welches vermeidbar das Zeitliche segnet, ein Verlust. Und umgekehrt jedes Viech, das überlebt, ein signifikanter Gewinn.
Es ist langsam an der Zeit zu kapieren, dass wir selbst es gewesen sind, die die miserable Situation an allzu vielen Gewässern herbeigeführt haben. Und nicht Russen, Polen, Schwarzangler oder irgendwelche anderen obskuren Finsterlinge. Wenn wir wollen, dass es eines Tages wieder besser wird - die Fehler der Vergangenheit lassen sich freilich nicht über Nacht und kostenlos mehr reparieren -, müssen sich nicht alle anderen ändern, sondern wir selbst. Und das beginnt im eigenen Kopf und nicht im Hinterteil, auf dem man sitzt.
Ein verbaler - sorry - Arschtritt kann da nicht schaden. Falsch verstandene Harmoniesucht um des lieben Friedens willen bringt an dieser Stelle keinen Millimeter weiter. Denn hier handelt es sich um fest in den Köpfen verankerte Gewohnheiten und Vorstellungen mit Jahrzehnte langer Aushärtung hinter sich, die buchstäblich aufgebrochen werden muss. Und die Zeit drängt. Denn am Horizont hängt bereits die Gesetzeskeule mitsamt empfindlicher Beschränkungen. Ich habe aber keinen Bock darauf, die herunter sausen zu sehen.
Woher ich das weiß mit der "Aushärtung"? - Weil ich den gleichen Mist in meiner eigenen Birne habe und daher eine ziemlich exakte Vorstellung davon besitze, wie schwer es ist, sich davon zu befreien. Die ganzen sattsam bekannten Scheinargumente und Rechtfertigungen habe ich erst einmal in meinem eigenen Kopf zur Stecke bringen müssen Zug um Zug, und ich kenne sie alle. Deswegen habe ich weiter oben auch geschrieben: "Darauf habe ich gewartet". Denn mir war klar, was gleich kommen würde - alles schon tausendmal gehört, das ganze Programm und die ganzen bauernschlauen Winkelzüglein.
Zuverlässig kommt dann nämlich stets was von dieser Art: "Dann darf man ja auch nicht mehr stippen ohne Stahl, denn da könnte ja auch ein Hecht beißen!" - Äh, ja sicher, wirklich clevere kleine Ausflucht, würdig jedes mittelprächtigen Provinzpolitikers. Bloß dass in einem Falle ein winzig kleiner Einerhaken im Maul sitzt, während im anderen Falle ein oder mehrere Drillinge dem Viech das Maul vernageln können, so dass es nicht mehr fressen kann und jämmerlich zugrunde geht.
Die Frage hier, und nicht bloß hier, um die man nicht herum kommt, und wenn man sich noch so dumm stellt: Was ist jetzt wichtiger, Onkel Heiners selbstverliebte Fangquote oder der versaute Fisch? Man kann diese Frage so oder so beantworten, aber was man nicht kann: So tun, als existierte diese Frage nicht oder als hätte man keine andere Wahl, um das eigene schlechte Gewissen einzulullen. Denn das ist nicht so, man hat und trifft hier ganz offensichtlich eine Wahl - Stichwort: Selbstverantwortung. Und der kleine Bauerntrick, einen konstruierten Idealzustand gegen die niemals ideale Realität auszuspielen, zieht hier nicht. Shit happens, unvermeidlich, aber es macht einen Unterschied, ob es sich um vorsätzlichen, lernresistenten Shit handelt oder nicht.
Beispiel, kein ausgedachtes: Wenn ich zum wiederholten Male gesehen habe, dass beim Fischen mit gewissen Minnows immer mal wieder ein Drilling in einem Schniepelauge landet, bei anderen Baittypen aber nicht, dann ist irgendwann der Moment gekommen, wo eine Entscheidung fällig wird. Denn wenn ich das realisiert habe, weil die allseits bekannten Verdrängungsmechanismen und Ausflüchte nicht mehr greifen wollen, liegt jeder weitere Schniepel, den ich so verangle, in meiner eigenen Verantwortung und nirgendwo anders sonst. Die Frage nämlich auch hier wieder, ganz ähnlich gelagert: Was ist wichtiger, mein erklärter Lieblingsbait oder zwei Dutzend Schniepel mit einem Drilling im Auge? - Und Punkt.
Warum ich darauf so penetrant herumreite? - Ganz einfach: Man kann nicht im Brustton der Empörung möglichst viele Freiheiten fordern, um im nächstbesten Moment, wo keiner guckt, besagte Freiheiten zu missbrauchen in der Art eines verantwortungsbefreiten, gedankenlosen Kleinkindes, dessen Horizont grad nur bis zum eigenen Arsch oder von 12:00 bis Mittag reicht. Dann muss man sich nämlich nicht wundern, wenn eines Tages in Gestalt von allerlei empfindlichen Restriktionen der Big Daddy daher gelaufen kommt und all die schönen Freiheiten samt und sonders wieder einkassiert.
[Sarkasmus ein]
Bei so manchen Sportsfreunden - ich sag's mal etwas überspitzt, um es auf den Punkt zu bringen - kann man sich allerdings des Eindrucks kaum erwehren, sie glaubten allen Ernstes, die Gewässer seien eigentlich ihr Privatbesitz und der unbeschränkte Zugang zu denselben so was wie ein für alle Zeiten in Granit gemeißeltes Naturrecht, das ihnen qua Geburt zustünde, am besten noch garniert mit einem offiziellen Dankesschreiben des Bundespräsidenten in Person, serviert unter dem bewundernden Applaus des "Restes" der nicht angelnden Veranstaltung.
Das ist allerdings eine ziemlich betriebsblinde, wenn nicht gefährliche optische Täuschung von fast schon rührender Naivität und Einfalt. Kein Wunder, dass die jedesmal geradezu außer sich vor lauter Empörung und Luft schnappend aus allen eingebildeten Wolken fallen, wenn solche tugendhaften terroristischen Vereinigungen wie Peta sie auf den harten Boden der erheblich weniger grandiosen Realitäten zurückholen auf ein ungeiles Sekündchen.
[Sarkasmus aus]
Und hier noch ein kleiner Perspektivenwechsel anbei:
Fertig bin ich selbst mit den alten "Selbstverständlichkeiten" längst noch nicht, aber immerhin schon mal auf dem Weg. Das ist nämlich gar keine Angelegenheit, die sich wie durch Zauberhand oder qua göttlicher Erleuchtung auf einmal in Wohlgefallen auflöst. Sondern ein Prozess, und zwar ein anstrengender. Wäre auch ein Wunder, wenn's anders wäre, denn mit besagten "Selbstverständlichkeiten" bin ich von Kindesbeinen an aufgewachsen. Das schüttelt man nicht mal so nebenbei ab wie eine lästige Fliege.
Denn, oh Wunder, am Wasser ist es jedesmal wieder der gleiche kleine Kampf: Was ist wichtiger, das liebe Ego oder eine Vorgehensweise, die besser - wohlgemerkt: besser und nicht imaginäre hundertzehn Prozent - geeignet ist, die Bestände nicht unnötig zu schädigen? Mit einem Wort: Langfristig denkender Verstand gegen das bewusstlos in die Sekunde verliebtes Gefühl. Wesentlich daran ist gar nicht, "perfekt" zu sein, denn das ist keiner, auch nicht Heiner. Wesentlich daran ist, solche Gedanken überhaupt erst einmal in die Köpfe zu kriegen, ohne dass sofort die Klappe fällt und stereotyp das sattsam bekannte Abwehrverhalten einsetzt und abspult. Das wäre schon mehr als bloß die halbe Miete.
Letztendlich geht es dabei darum, die alten internalisierten "Selbstverständlichkeiten" und "Werte" gegen andere zu ersetzen. Das freilich ist immer mit Aggressionen besetzt, denn der Mensch liebt keine Veränderungen, die das Gewohnte in Frage stellen. Und folglich wird daran festgehalten mit allen Mitteln, bis es überhaupt nicht mehr geht - und nicht selten ein Stück darüber hinaus, aber dann zu deutlich erhöhten Kosten.
Aber natürlich kann man nicht auf ewig damit leben, sich immer wieder die gleichen Fragen zu stellen. Bei kommenden Anglergenerationen wird das (hoffentlich) nicht mehr so laufen, die hätten es dann, wie man so sagt, "gefressen". Und wer aufmerksam die einschlägige Fachpresse der letzten Jahre verfolgt hat, auch und gerade auch den BLINKER, der zum guten Teil die tradierte Anglerschaft bedient, der wird gesehen haben, dass da, wenn auch sehr langsam, was in Bewegung gekommen ist, nach Jahrzehnten der Erstarrung. Wo das enden wird, wissen wir nicht. Aber es hängt zu einem guten Teil, wenn auch keineswegs ausschließlich, von uns selbst ab, wo es enden wird. Und selbstverständlich ist das auch überlagert von kommerziellen Interessen. Das ist unvermeidlich so, denn so ist unsere ganze Gesellschaft nun einmal organisiert. Widerspruchsfrei und in exakt gerader Linie verlaufen solche "Paradigmenwechsel" nämlich nie.